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(Enztalbote)

Amtsblatt für MM ad. Chronik und Anzeigenblatt

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Nummer 208 Fernruf 179 Wrldbad, Donnerstag, den 4. September 1924 Fernruf 179 Jahrgang 59.

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SicherheitsverLrag oder Abrüstung?

Die Fortsetzung der Londoner Konferenz in Genf.

Mac Donald, Hernot und Theunis sind zur fünften Völ­kerbundsversammlung in Genf eingetroffen. Die engere En­tente ist also wieder in ihren führenden Häuptern versam­melt. (Mussolini fehlt, läßt sich aber vertreten), und man kann nun wohl fragen: Wird hier in Genf die Probe auf das Exempel der Londoner Konferenz gemacht?

Der Völkerbundsrat, der schon am 29. August zu­sammengetreten ist, wird iteben der großen Versammlung den ganzen September hindurch tagen. Ebenso wird die so­genannte ständige Kommission Weiterarbeiten. In diesen Kreisen werden die Rollen geschrieben, die die Hauptdarsteller nachher vor der Oeffentlichkeit zu spielen haben. Wie erin­nerlich, wurde der Völkerbundsrat in seiner diesjährigen Junitagung mit dein Antrag der englischen Regierung be­schäftigt, diejenigen Bestimmungen des Vertrags von St. Germain, Trianon und Neuilly zu untersuchen, die von der militärischen Neberwachung, Oesterreichs, Ungarns und Bul­gariens handeln. Auch den Uneingeweihten dürfte dabei so­fort klar geworden sein, daß mit dieser Untersuchung auf dis militärische Ueberwachung Deutschlands abgezielt war. Der französische Vertreter de Jouvenel hat es ja auch ganz offen ausgesprochen. In seiner Verlegenheit gab der Rat die Sache an die Ständige Kommission weiter. Die Frage wurde zum ersten Mal im Jahre 1920 von Bourgeois angeschnitten, und zwar :m Zusammenhang mit der Siche rheits- frage, die seit dem Vorschlag Wilsons, Lloyd Georges und Clemenceaus vom 6. Mai 1919 über einen Sicherheits­vertrag für Frankreich nach vielein Hin- und Herschwanken zu dem Plan eines Sicherheitsvertrags geführt hat. Wie man sich ferner erinnern wird, haben England, die Ver­einigten Staaten und eine Reihe anderer Regierungen mit Einschluß Deutschlands den neuen Sicherheitsvorschlag des Völkerbunds ab gelehnt. Man ging schließlich auf die Wurzel der ganzen Entwicklung zurück, und die Wurzel heißt: A b r ü st u n g.

Damit ist ein Punkt erreicht, in dem die deutsche Diplo­matie einsetzen könnte. Cs kommt nur darauf an, daß die Abrüstung als Punkt der Tagesordnung bei der jetzigen Völkerbundsversammlung ehrlich aufrecht erhalten wird. Der Versailler Vertrag erklärt die Entwaffnung Deutsch­lands ausdrücklich als den Beginn der Abrüstung auch bei denSieger"staaten. Wie bis vor kurzem gegen diesen Ge­danken gesündigt wurde, das hat die Politik Frankreichs unter Poincare, ihr Einfluß auf die Rüstungen des Kleinen Verbands und das bisherige Scheitern aller Konferenzen gezeigt. Sobald irgendwo und irgendwann die Abrüstungs­frage auch nur angedeutet wurde, warf Frankreich die Trumpfkarte des Sicherheitsvertrags auf den Tisch, der die Rüstungen nicht beschränkt, sondern sie durch militä­rische Bündnisse fördert und der Vorherrschaft, die Frank­reich seit dem Friedensvertrag in Europa aufqerichtet hat, eine von fast allen Militärstaaten des Erdballs verstärkte Kraft verleiht. Frankreich verlangte jene unerreichbare Sicherheit, die keine Nation für sich allein besitzt, eine Sicher­heit, die auf einseitigen militärischen Bündnissen beruht und niemals zur internationalen Abrüstung führen kann.

Dann kam der brave Herriot und die Londoner Kon­ferenz. Herriot legte in seiner ersten Regierungserklärung dar, Deutschlands Eintritt in den Völkerbund müsse davon abhängig gemacht werden, daß die Entschädigungs- und die Sicherungsfrage gelöst sei. Die erstere ist in Londonge­löst" worden. Daß er die Sicherungsfrage für noch ungelöst hält, bekundete Herriot in London durch sein starres Festhal­ten an der Ruhrbesetzung noch für ein Jahr. Hier brach die Auseinandersetzung über die Sicherheitsfrage in London ab. Hier soll sie in Genf fortgesetzt werden.er.

Die erste Jahreszahlung

Nach dem Sachverständigenplan, der in diesem Teil r dem Londoner Schlußprotokoll übernommen worden ist, Deutschland in den ersten beiden Jahren aus dem zu seil Verfügung bleibenden Reichshaushalt also ohne Reichsbahn nichtszu zahlen. Die gepfändeten Stem werden zwar an den Steuerkommissar gezahlt, sind von i sem aber der deutschen Negierung sofort wieder zur Ver gung zu stellen. Sofort ist freilich etwas zu viel gesagt, de die Londoner Abmachungen bringen der deutschen Reut Kasse schon da einen mindestens bankmäßigen Nachteil: Einnahmen sind spätestens am 20. ds. Mts. an den Ko missar zu zahlen, der die sämtlichen Steuern überwacht. U dieser überweist sie der deutschen Regierung, wenn säm liche Einnahmen aus den nachgeprüften Einnahn ffuellen abgeführt sind. Vis dahin sind sie gesperrt, j Heu also der Reichsregierung nicht zur Verfügung, und v

Verzinsung ;st nichts gesagt.

, .Wr das erste Jahr ist darüber hinaus nach eine V e Nh lech terung eingetreten. Die erste Jahreszahlung i ^echnung der Verbündeten soll nach dem Zahlungsplan ! Sachverständigen eine Milliarde Mark betragen,. 800 .Will

Tageslpregei

Reichskagsabgeordneker Dr. Adalbert Düringer. Mitglied der Deutschen Volkspartei, starb in Berlin an einem Herz­leiden.

Das Amtsblatt der RheinlandkommissionEcho du Rhin" meldet, Dortmund und Hörde werden nicht voc 10 Wochen von den Truppen geräumt werden.

Rach der ägyptischen ZeitungAhram" wird der ägyp­tische Ministerpräsident Zoglul Pascha wahrscheinlich am 22. September (aus England) nach Aegypten zurückkehren.

Der japanische General Fukuda wurde bei der Gedenk­feier des Erdbebenkags von einem Kommunisten durch einen Schuß verwundet. Der Täler ist feftgenommen. Man nimmt an, daß eine Rachetat vorliegk, weil bei den An­ruhen, die beim Erdbeben von den Kommunisten verur­sacht wurden, mehrere Aufwiegler von den Truppen erschos­sen worden waren. l

neu aus der Auslandanleihe, 200 Millionen Teilzinsen von den Eisenbahnschuldverschreibunaen, beides also Beträge, die der Reichsregierung unmittelbar entzogen sind. Nach Art. 4 c der Anlage 3 zum Londoner, Schlußprotokoll muß das Deutsche Reich diesen Betrag aber vorläufig dek - k e n. Das haben die Franzosen als einen besonderen Erfolg der Londoner Konferenz gepriesen, und nicht mit Unrecht. An der angegebenen Stelle ist gesagt: Deutschland zahlt in der Uebergangszeit an den Generalagenten einen' monat­lichen Betrag, der gleich einem Zwölfte l der ersten Jahreszahlung ist, also 83,33 Millionen Mark, ver­mindert um die geschätzten monatlichen Erträge der engli­schen 26prozentigen Ausfuhrabgabeoder etwaiger ähnlicher Maßnahmen der andern verbündeten Regierungen" wo­bei also die Einführung einer Entschädigungsabgabe durch Frankreich in Rechnung gestellt ist und um die für dis Besetzungsheere gelieferten Papiermcrrkbeträge. Es ist also auf jeden Fall mehr als etwa die bisherigen Zahlungen an die Besetzungsheere, und deshalb eine Verschlechte­rung für Deutschland, deren Höhe man noch nicht absieht. Zu diesem Zwölftel kommen in der Uebergangszeit noch 2 Millionen monatlicher Belastung hinzu, die das Deutsche Reich aber nicht tatsächlich zahlen muß, weil die Verbands­stellen sie im besetzten Gebiet als Erhsbungskosten für die Steuern und Zölle einbehalten; die Reichskasse erhält sie nur weniger. :

Die Zahlung ist genau geregelt. Sie hat alle zehn Tage zu erfolgen und beträgt an den beiden ersten Fälligkeitstagen je 20 Millionen Mark, um 3. den Rest der Monätszahlung, also 43,3 Millionen, vermindert um die oben genannten Be­träge. Der erste Verfalltag war der 1. September, nachdem der Wiederherstellungsausschuß die berühmte ersteFest­stellung" gemacht hat. Der folgende liegt zehn Tage später, und so weiter, zunächst, bis die Uebergangszeit beendet ist.- Der Begriff der Uebergangszeit ist in dem Schlußprotokoll nicht genau bestimmt. Wahrscheinlich ist die Zeit bis zur vollen Ingangsetzung des Sachverständigenplans gemeint,' und diese soll nach dem Schlußprotokoll möglichst bis zum 22. Oktober erfolgt sein. (Der 5. Oktober ist genannt, abest alle Termine sollen nach der Einleitung wegen des später» Abschlusses der Konferenz um 17 Tage hinausgeschoben wer­den.) Da in dieser Uebergangszeit aber die Anleihe noch nicht bezahlt sein dürfte, sollen die Zahlungen des Reichs of­fenbar weitergehen, und das Schlußprotokoll bestimmt des­halb, daß die folgenden Zahlungen Deutschlands der Gene­ral-Agent bestimmt, und zwar in einer Höh«, daß ihm stets während der zehntägigen Periode ein Drittel der Monats­rate zur Verfügung steht unter Anrechnung der von den Be- satzungsmächten geleisteten Zahlungen und der englischen Entschädigungsabgabe. Wenn die Anleihe eingezahlt wird, stehen dem Deutschen Reich die entsprechenden Beträge zur Verfügung, denn es braucht dann aus dem Ertrag entspre­chend weniger an den Generalagenten abzuführen: bis zum Eingang der Anleihe aber muß es die Beträge aus eigenen Mitteln vorlegen,-und da die Anleihe einstweilen noch nicht gesichert ist. weiß inan noch nicht, wann die Rückdeckung er­folgt, ja nicht einmal, ob sie erfolgt. Praktisch ist also dis Zahlungsfrist, die uns für zwei Jahre zugesichert war, einst­weilen aufgehoben, und das Reich muß zunächst die erste Jahresrate selbst zahlen. Wie das sich auf die Aufrechterhar­tung des Reichshaushalts auswirken wird, ist einstweilen eine offene Frage.

Neue Nachrichten !

Reichskanzler Marx auf dem Katholikentag '

Hannover, 3. Sept. Die gestrige Hauptversammlung des Volksvereins für das katholische Deutschland wurde gestern durch den ersten Vorsitzenden, Reichskanzler Dre Marx, mit einer Ansprache eröffnet: Ohne Optimismus kann das Volk die in London übernommenen ungeheuren Lasten, nicht fragen. Aber ich.bin nun einmal ein u nbell-

barer Optimist. Wir haben seit sechs Monaten ein absolutisti-^ sches und drakonisches Regiment, wie es in Deutschland noch nicht vorhanden gewesen ist. Der Regierungsgedanke in den letzten Monaten war: sollen wir unser deutsches Volk wirt­schaftlich zugrunde gehen lassen, oder sollen wir das deutsche Volk in seiner Einheit erhalten und es wirtschaftlich und materiell allmählich wieder in die Höhe bringen? Die Re­gierung entschloß sich für das letztere. Dann mußten aber drakonische, überaus schwer zu tragende Uebergangsverord- nungen ergehen, die von dem Gedanken ausgehen, alles daran zu geben, um unser Vaterland zu retten. Jetzt muß den einzelnen Berufs- und Wirtschaftsgruppen gesagt wer­den: Ihr habt euch unterzuordnen der Gesamtheit. Weiß man denn noch nicht, daß wir bankerott sind und daß wir auf der Grenze gehen, auf dem Grat, der uns in den Unter­gang zu leiten in Gefahr bringt? Ich weiß, wie schwer die Landwirtschaft bedrängt ist und wie schwer die Steuern auf ihr lasten. Aber es geht nicht an, daß man nun den Staat um Steuerstundung bittet und auf der arideren Seite neue Anforderungen an ihn stellt. Wo nichts ist, da hat auch der einzelne Stand sein Recht verloren. Es müssen erst die, Kassen gefüllt werden, um den Ansprüchen gerecht zu wer­den. die ich gerne erfüllen möchte. Wenn das Volk mit seinen Ansprüchen nicht aufhört, muß der Staat schließlich ausein­anderfallen. Für die Regierung hat es kaum jemals sine, schwerere Entschließung gegeben, als die Entscheidung in der, Frage der Aufwertung. Die Frage mußte aber so entschie­den werden, mochte uns das Herz auch brechen. Die soziale Frage ist keineswegs gelöst. Selbst wenn die Gutachtrn- gesetze in günstigem Sinn ausgelegt werden, wird doch eine schwere Last auf dem ganzen deutschen Volk liegen. Es mag, sein, daß die Entwicklung Len Arbeitgebern eine günstigere Position den Arbeitnehmern gegenüber verschafft. Da ist es' vom christlichen, aber auch vom politischen Standpunkt aus notwendig, den Arbeitgebern zu sagen: Ihr dürft eure Macht nicht bis zum äußersten ausnützen. Ihr müßt Gerechtigkeit üben!

In der Festversammlung der katholischen Schulorganisa­tion dankte der Reichskanzler den anwesenden Bi­schöfen für ihre warme Hingabe an die katholische Kirche und Deutschland. Der Unglaube unserer Zeit müsse bekämpft und der christliche Geist in den Schulen erhalten werden.

Abends wurde der Katholikentag geschlossen.

Tagung des Evangelischen Bunds

München, 3. Sept. Die Versammlungen des Evang. Bunds hatten einen solchen Andrang, daß Nebenversamm- lungen abgehalten werden mußten. Es wurde u. a. ange­regt, daß es notwendig geworden sei, den evangelischen Ge­danken auch in der Politik zur Geltung zu bringen, wie das Zentrum den Katholizismus vertrete. Die nächste Haupt­versammlung des Evang. Bunds wird in Königsberg statt- sinden. !

Aus dem Parkeileben ^

Berlin, 3. Sept. Wie die Blätter melden, haben eine Reihe von Landesverbänden der Deutschnationalen Volks­partei die Zustimmung eines Teils der Fraktion zum Lon­doner Abkommen scharf mißbilligt, aber betont, daß dis Ge­schlossenheit der Partei unter allen Umständen gewahrt blei­ben müsse.

Zurückgezogene Ausweisung

Berlin, 3. Sept. DieD. Mg. Ztg." meldet aus Kownch die Zentralregierung habe den Ausweisungsbefehl gegen deutsche evangelische Geistliche in Memel infolge des scharfen Widerstands der Deutschen zurückgezogen. Z"'7''-"'H

kommunistische Tscheka : ;

Bochum, 3. Sept. In einem Schlupfwinkel der Gemeinde Garthe entdeckte die Polizei ein kommunistisches Lager von Waffen, Munition, Handgranaten und Dynamit, das in deck Kohlengruben gestohlen worden war. Außerdem wurden Massen von Flugblättern, Pläne zur Zerstörung von Eisen­bahnen und gewisser Fabriken usw. gesunden, ferner Ver-" zeichnisse von Polizeibeamten, die ermordet werden sollten/ Die Anweisungen und Befehle kamen aus Moskau, Ueber SO Beteiligte der Tscheka sind bereits verhaftet. '

Gens, 3. Sept. In der heutigen Sitzung, die von Mott um 11.10 Uhr eröffnet wurde, erschienen Mac Donal und Herriot. Sie begrüßten sich durch Händedrm Mvtta feierte die Anwesenheit der beiden Erstminister a! eme Bürgschaft des Friedens. Professor Gilbert Murry (England) wünscht, daß die Volksminderheite besser geschützt werden, z. B. die Deutschen in Pole, Nansen (Norwegen) verlangt, daß der Bericht des ständige Völkerbunds-Ausschusses für dieMandate^ von der Vei sammlung genau untersucht werde. (Mac Donald mit übr gen Engländern sowie Herriot und Briand hatten sich ir zwischen LUS chLM ZsaheMernt,^, llt aulen Lemänaelt:

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