(Enztalbote)
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Nummer 161
Fernruf 179
Die Lasten des Dawes-Gutachtens
Im Hinblick auf die bevorstehende Londoner Konferenz und die Verhandlungen im Reichstag erscheint es angebracht, eine Uebersicht über die finanziellen Lasten des Berichts zu geben.
Gegenüber allen anderen Vorschlägen zu einer endgültigen Regelung der Entschädigungsfrage unterscheidet sich der Bericht zunächst grundsätzlich durch das Fehlen der Festsetzung irgendeiner zu leistenden Endsumme wie auch des Zeitpunktes, an dem die deutschen Zahlungen ihr Ende erreichen sollen. Einen Anhalt gewährt jedoch u. a. die Bestimmung über die Tilgung der Eisenbahn- undJndustrieobligationen, die nach dem vorgesehenen Plan in 38 Jahren beendet sein kann. Der Bericht beschränkt sich auf die Festsetzung der zu leistenden Jahres Zahlungen und die Bestimmung ihrer Quellen: Staatshaushalt, Eisenbahnen und Industrie.
Für das erste Jahr (1924—25) fordert das Gutachten für den Staatshaushalt eine Freiheit von Zahlungen an die Verbündeten, da in diesem Jahre nach Ansicht der Sachverständigen nach Ansicht der Sachverständigen Deutschland Gelegenheit gegeben werden sollte, seinen Staatshaushalt ins Gleichgewicht zu bringen. Auch für das zweite Jahr (1925—26) wird aus dem gleichen Grund mit einem Ueberschuß der ordentlichen Einnahmen über die Ausgaben, der für Entschädigungszwecke verfügbar wäre, nicht gerechnet.
Trotzdem haben solche Zahlungen zu erfolgen, und zwar von dem Erlös aus dem Verkauf von 500 Millionen Goldmark Vorzugsaktien der Eisenbahngesellschaft, von denen 250 Millionen für Zahlungen an die Verbündeten zu verwenden sind. Nach Ablauf des zweiten Jahrs wird mit einer so starken Gesundung der deutschen Wirtschaft gerechnet, daß die Erzielung eines Ueberschusses im Haushalt zum Zweck der Zahlungen den Sachverständigen als künftig möglich erscheint. Es wird daher für die nächsten Jahre folgender Zahlungsplan aufgestellt, nachdem in gewaltiger Steigerung im fünften Jahr der normale Stand erreicht ist:
3. 3ohr (1926—27)
4. Jahr (1927—28)
5. Jahr (1928-29)
119 Millionen Goldmark 599 Millionen Goldmark 1259 Millionen Goldmark
1. Jahr (1924—25) 3 Prozent
2. Jahr (1925—26) 4 Prozent
3. 3ahr (1926—27) 5 Prozent
4. Jahr (1927—28) u. folg. Jahre
339 Will. Golömark 465 Mill. Goldmark 559 Mill. Goldmark
Wildbad, Freitag, den 11. Juli 1S24
Fernruf 179
Jahrgang 59.
Diese Zahlen sollen eine Abänderung erfahren, wenn die Höhe der Einnahmen aus den Zöllen und Abgaben für Branntwein, Tabak, Bier und Zucker der vorgeseheneil Summe von 1 Milliarde Goldmark im Jahr 1926—27 und von 114 Milliarde im Jahr 1927—28 nicht entspricht. Ist der Betrag größer, so erhöhen sich die Zahlungen um ein Drittel des Ueberschusses, ist er niedriger, vermindern sie sich um ein Drsttsl des Fehlbetrags.
Als zweite Quelle der Cntschädigungszahlungen werden die Eisenbahnen genannt. Der Bericht empfiehlt bekanntlich ihre Umwandlung in eine Aktiengesellschaft. Als Zahlungsbeitrag der Eisenbahnen sollen von dem auf 26 Milliarden veranschlagten Anlagekapital 11 Milliarden in der Form von Hypotheke n-Pfandbrie- f bch angefordert werden, die mit 5 Prozent zu verzinsen und mit 1 Prozent zu tilgen sind. Während der Zeit der Umwandlung der Eisenbahnen soll der volle Betrag noch nicht gefordert werden. Das Gutachten empfiehlt entsprechend Zahlungen:
5 Proz. u. 1 Proz. Tilgung 669 Mill. Goldmark
Zu diesen Beträgen hinzu kommt der Ertrag aus der ^ ^ k e h r s st e u e r mit 250 Millionen im Jahr 1925—26 und mit 290 Millionen in den folgenden Jahren. Die Berechnung dieser ^ .omnen beruht lediglich auf einer Schät- zung. Ob es möglich ist, entsprechend hohe Erträge aus der Eisenbahn zu erzielen, läßt sich nicht vorausbestimmen.
Von der Industrie soll als Beitrag zu den Reparationszahlungen eine Summe von mindestens 5 Milliar-, den Goldmark gefordert werden. Diese Summe wird durch hypothekarisch an erster Stelle stehende Schuldverschreibungen dargestellt, die mit 5 Prozent zu verzinsen und mit 1 Prozent zu tilgen sind. In der Würdigung der Tatsache, daß Deutschland keine flüssigen Kapitaloorräte zur Verfügung hat, wird auch in dem Zi'nsendienst eine Erleichterung gewährt, die erst im vierten Jahr die normale Summe erreichen läßt. Es sind folgende Zahlungen zu leisten:
erstes Jahr (1924—25) keine Verzinsung
Zweites Jahr (1925-26) 2)4 Proz. Zinsen 125 Mill. Golömark drittes Jahr (1926-27) 5 Proz. Zinsen 259 Mill. Goldmark vom vierten Jahre (1927—28) ab 5 Proz.
Zinsen und 1 Proz. Tilgung 399 Mill. Goldmark
Tagesspregel
Halbamtlich wird von französischer Seite zu dem Abkommen Herrioks und Mac Donalds durch havas erklärt, es sei von größter Wichtigkeit, daß England sich verpflichtet habe, über die Regelung der Verbandskriegsfchulden mit den beteiligten Mächten zu verhandeln. Ferner soll sofort über die Regelung der Verbandskriegsschulden mit den beteiligten Sicherheit Frankreichs gegen deutsche Ueberfälle beraten werden. Endlich werde Deutschland zur Konferenz in London nicht zugezogen werden. Das seien Erfolge herriots.
Aus Washington verlautet, die Regierung der Vereinigten Staaten werde für den amerikanischen Vertreter in der Durchführung des Sachverstävdigen-Plans keine Rolle annehmen, wie sie ihm die gemeinsame Erklärung Herriots und Mac Donalds zumute.
Der demokratische Parteitag in Rewyork hak. nachdem Mac Adoo und Smith ihre Kandidatur aufgegeben hakten, da sonst die Abstimmungen endlos geworden wären, im 103. Wahlgang den früheren Botschafter in London. Davis, zum demokratischen Präsidentschaftskandidaten gewählt.
Begründet wird diese Belastung der Industrie mit der Angabe, daß die Schulden der Vorkriegszeit in der Inflationszeit zum größten Teil abgetragen seien. Hingegen wird für die Landwirtschaft eine Befreiung von einer entsprechenden Hypothek vorgeschlagen und es der deutschen Regierung anheimgestellt, einen Ausgleich in der Belastung für die verschiedenen Wirtschaftszweige zugunsten des Haushaltes vorzunehmen. ^
Eine nennenswerte Zahlung serleichterung bedeuten mithin lediglich die Leistungen im ersten Jahr. Von den 330 Millionen Zinsen aus den Eisenbahn-Pfandbriefen sollen nur 200 Millionen gezahlt, der Rest im folgenden Jahr entrichtet werden. Um jedoch die laufenden Verpflichtungen, vornehmlich die Sachlieferungen und Besatzungskosten, auch !m ersten Jahr in der beträchtlichen Höhe aufrecht erhalten zu können, ist Deutschland eine ausländischeAnleihe von 800 Millionen Goldmark zu gewähren. Der Zinsendienst und die Tilgung stellen jedoch keine neue Ent- schädigungsläst dar. Die hierfür benötigten Summen sind von den späteren Zahlungen in Abzug zu bringen.
Die Gesamtbelastung der deutschen Wirtschaft
umfaßt daher folgende Zahlungen:
nen nicht die Schwierigkeiten ganz neuer Art, die dieser Vorschlag mit sich bringt, Schwierigkeiten, die nur durch Erfahrung überwunden werden können.
1. Jahr (1924/25 Eisenbahnen, Anleihe)
2. Jahr (1925/28 Eisenbahnen, Transportsteuer, Staatshaushalt und Industrie)
3. Jahr (1926/27)
4. Jahr (1926/27)
5. Jahr (1987/28) und folgende (N o r- m a l s u m m e)
1999 Mill. Goldmark
1229 . ^
1299 .
1759 .
2599 . - H
Die Jahresbelastung von 2500 Millionen Gold mark entspricht dem Vorschlag Bonar Laws vom Januar 1922. Wie in diesem Vorschläge ist die Normalsumme des Dawes-Gutachtens ebenfalls eine Mindest- s u m m e. Sie ist zu e r h ö h e n, wenn der künftige „Wohlstand" Deutschlands über die Schätzung steigt, und zwar gemessen an einem Wohlstandsindex, der die Zahlen der Außenhandelsstatistik, des Staatshaushalts, des Eisenbahnverkehrs, der Bevölkerung, des Verbrauchs an Zucker, Tabak Bier und Alkohol und Kohle in den Jahren 1926—29 zur Grundlage hat. Die Erhöhung kommt in Betracht nur für "den Beitrag des Staatshaushalts von 1929—1934 in den späteren Jahren.
Der Grundgedanke des ganzen Gutachtens ist für die Gesamtsumme eine Festsetzung der von deutscher Seite möglichen Höchstzahlungen, ohne die Festigkeit derdeutschen Währung zu gefährden. Deshalb unterscheidet das Gutachten scharf zwischen der Summe der von Deutschland zu leistenden Zahlungen an sich und den Bedingungen ihrer lieber führung an das Ausland. Falls der Stand der deutschen Zahlungsbilanz im Interesse der Aufrechterhaltung der Festigkeit des Wechselkurses eine Ueberweisung der deutschen Zahlungen auf Entschädigungskonto an das Ausland durch Sachlieferungen oder Devisenkäufe nicht zuläßi, so.sind sie bei der Bank zu sammeln und im Inland anzulegen. Eine solche Ansammlung soll jedoch den Höchstbetrag von 5 Milliarden nicht übersteigen. Ist bei der Erreichung dieser Summe auch eine Ueberführung an das Ausland nicht möglich, so sind die Zahlungen Deutschlands aus dem alten Staatshaushalt und der Transportsteuer her abzu setzen bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Ueberweisungen an die Verbündeten ohne Schädigung der deutschen Währung erhöht werden könnten. Diese Bestimmungen sind der wichtigste Teil des Gutachtens, wichtig durch den Anreiz, den die Anlage der Summen im Inland für die deutsche Wirtschaft bedeutet, wichtig aber vor allem als Sicherheit im Hinblick auf die Unmöglichkeit, die deutsche Leistungsfähigkeit für die Zukunft genau zu bestimmen. Die Sachverständigen leug-
Gemeinsame Erklärungen Herriots und Mac Donalds
Unterwerfung Mac Donalds — Sieg Poincarös
Paris, 10. Juli. In der gestrigen Beratung Herriots, Mac Donalds und ihres Stabs wurde folgende gemeinsame englisch-französische Erklärung beschlossen:
Die beiden Regierungen erkennen die Notwendigkeit an, einen Zustand des Vertrauens herbeizuführen, der etwaigen Geldgebern die nötige Beruhigung verschafft, aber sie sind nicht der Ansicht, daß diese Notwendigkeit mit der Einhaltung der Bestimmungen des Versailler Vertrags unvereinbar ist.
Die beiden Regierungen seien über folgende Punkte einig geworden: Am 16. Juli tritt in London eine Konferenz zusammen. Die beteiligten Regierungen werden zuerst für ihren Teil die Annahme der Entschließungen des Dawesplans bestätigen. Die zustandekommenden Abmachungen dürfen d i e Befugnisse der Entfchädigungskom' ission nicht beeinträchtigen. Da aber den Zeichnern der Anleihe von 800 Millionen Goldmark und den Obligationsträgern Sicherheiten gegeben werden müssen, werden die beiden Regierungen ihre Anstrengungen vereinigen, um die Anwesenheit eines Amerikaners in der Entschädigungskommission zu erreichen für'den Fall, daß die Verbündeten eine deutsche Verfehlung festzustellen hätten. Sollte diese Lösung unmöglich sein und die Kommission sich über die Beurteilung der Tatsache nicht verständigen können, so würden die beiden Regierungen Vorschlägen, daß die Kommission den Generalagenten für die Entschädigungszahlungen hinzuzieht, der amerikanischer Staatsangehöriger sein soll. Eine vorsätzliche Verfehlung von Bedeutung würde alsbald die Frage des Vertragsbruchs Deutschlands aufwerfen. Sollte die Entschädigungskommission eine derartige Verfehlung feststellen, so würden sich die beteiligten Regierungen verpflichten, sich sofort über die Mittel zu verständigen, mit deren Hilfe Maßnahmen ins Werk gesetzt werden sollen, worüber sie sich zu ihrem eigenen Schutz und zum Schutz der Interessen der Geldgeber geeinigt haben. Der Plan, auf Grund dessen die deutsche Wirischafts- und Finanzeinheit wieder hergestellt wird, sobald die Entschädigungskommission festgestellt hat, daß der Dawes- bericht zur Ausführung gelangt ist, wird von einer Ver- bandskonserenz festgesetzt werden. Die Vorschläge für diesen Plan sollen von der Entschädigungskommission der Verbandskonferenz unterbreitet werden.
Etwa notwendige Abänderungen an dem Sachverständigenplan könnten nur mit allen erforderlichen Sicherheiten gegenseitig zwischen den beteiligten Regierungen vorgenommen werden. Zur Einziehung der Entschädigungszahlungen werden die Verbündeten ein Spezialorgan schassen, das den beteiligten Regierungen ein Gutachten über ein System zur Nutzbarmachung der deutschen Zahlungen übergeben soll.
Jede Rechtsschwierigkeit, die sich bei der Auslegung der vorstehenden Vereinbarungen ergeben sollte, wird an die Rechtssachverständigen der beiden Regierungen verwiesen werden.
Die beiden Regierungen haben einen vorläufigen Meinungsaustausch über die Frage der Verbandsschulden gepflogen. Hierzu erklärt die englische Regierung, daß sie mit den beteiligten Regierungen eine gerechte Lösunh anstreben wird. Diese Frage wird zum Zweck einer ernsten Prüfung den sachverständigen Finanzverwaltungen überwiesen. Desgleichen haben die beiden Regierungen einen vorläufigen Meinungsaustausch über die Sicherungsfrage vorgenommen. Sie haben festgestellt, in welchem Grad die öffentliche Meinung die Herstellung eines völligen Friedens wü'nscht.
Sie sind darüber einig, daß sie dieses Ziel mit den besten Mitteln anstreben werden, bis die Frage der allgemeinen Sicherheit der Nationen eine endgültige Lösung findet.
Wir haben also wieder die alte Leier: Die englische Regierung lehnt sich gegen die französischen Vertragsverletzungen und Gewalttätigkeiten auf und tut aller Welt seinen „ehrlichen und dem wahren Frieden dienenden" entgegengesetzten Standpunkt kund und zu wissen; dann kommt man zusammen, um einander die Meinung zu sagen, und man geht auseinander „im vollkommensten Einverständnis". Das war schon unter T.oyd George so, es hat sich unter Bonar Law und Baldwin fortgesetzt, und unter Mac Donald ist es nicht anders geworden. Mac Donald, dem „Pazifisten", scheint der Frieden mit Frankreich über alles zu gehen, selbst über den Frieden der Welt. Er hat mit der famosen Pariser Erklärung vom 9. Juli so ziemlich alles widerrufen, was er in der Denkschrift an die britischen Botschafter als di« Willensmeinung seiner Regierung zum Sachverständigen- Guiachien bezeichnet und selbst was er in Chequers mit Her- riot verabredet hatte. Aber freilich, inzwischen hat der , ^
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