(Enztalbote)

Amtsblatt für W^dbad. Chronik und Anzeigenblatt

für das obere Cnztal.

Erscheint täglich, ausgenommen Sonn- und Feiertags. Bezugspreis halbmonatlich 7V Pfennig frei ins Haus geliefert; durch die Post bezogen im innerdeutschen Verkehr monatlich 1.80 Mk. :: Einzelnummern 10 Pfg. Girokonto Nr. 50 bei der Oberamtssparkafse Neuenbürg Zweigst. Wildb. :: Bankkonto: Enztalbank Komm.-Ges. Hiiberle L Co. Wildbad.:: Postscheckkonto Stuttg. 29174.

Anzeigenpreis: Die einspaltige Petitzeile oder deren Raum im Bez. Grundpr. 12 Pfg., außerh. 15 einschl. Jns.-Steuer. Reklamezeile 30 Pfg. :: Rabatt nach Tarif. Für Offerten u. bei Auskunfterteilung werden jeweils 10 Pfg. mehr berechnet. :: Schluß der Anzeigentrahine tägl. 8 Uhr vorm.:: In Konkursfällen od. wenn gerichtl. Beitreibung notw. wird, fällt jede Nachlaßgewähr, weg.

Druck, Verlag und Schriftleitung Theodor Gack in Wildbad, Wilhelmstrahe ^ 151; Wohnung: Charlottenstraße 221

R

Nummer 161

Fernruf 179

Die Lasten des Dawes-Gutachtens

Im Hinblick auf die bevorstehende Londoner Konferenz und die Verhandlungen im Reichstag erscheint es angebracht, eine Uebersicht über die finanziellen Lasten des Be­richts zu geben.

Gegenüber allen anderen Vorschlägen zu einer endgül­tigen Regelung der Entschädigungsfrage unterscheidet sich der Bericht zunächst grundsätzlich durch das Fehlen der Fest­setzung irgendeiner zu leistenden Endsumme wie auch des Zeitpunktes, an dem die deutschen Zahlungen ihr Ende erreichen sollen. Einen Anhalt gewährt jedoch u. a. die Bestimmung über die Tilgung der Eisenbahn- undJndustrieobligationen, die nach dem vor­gesehenen Plan in 38 Jahren beendet sein kann. Der Be­richt beschränkt sich auf die Festsetzung der zu leistenden Jahres Zahlungen und die Bestimmung ihrer Quel­len: Staatshaushalt, Eisenbahnen und Industrie.

Für das erste Jahr (192425) fordert das Gutachten für den Staatshaushalt eine Freiheit von Zah­lungen an die Verbündeten, da in diesem Jahre nach An­sicht der Sachverständigen nach Ansicht der Sachverständigen Deutschland Gelegenheit gegeben werden sollte, seinen Staatshaushalt ins Gleichgewicht zu bringen. Auch für das zweite Jahr (192526) wird aus dem gleichen Grund mit einem Ueberschuß der ordentlichen Einnahmen über die Aus­gaben, der für Entschädigungszwecke verfügbar wäre, nicht gerechnet.

Trotzdem haben solche Zahlungen zu er­folgen, und zwar von dem Erlös aus dem Verkauf von 500 Millionen Goldmark Vorzugsaktien der Eisenbahnge­sellschaft, von denen 250 Millionen für Zahlungen an die Verbündeten zu verwenden sind. Nach Ablauf des zweiten Jahrs wird mit einer so starken Gesundung der deutschen Wirtschaft gerechnet, daß die Erzielung eines Ueberschusses im Haushalt zum Zweck der Zahlungen den Sachverständigen als künftig möglich erscheint. Es wird daher für die nächsten Jahre folgender Zahlungsplan aufgestellt, nachdem in gewaltiger Steigerung im fünften Jahr der normale Stand erreicht ist:

3. 3ohr (192627)

4. Jahr (192728)

5. Jahr (1928-29)

119 Millionen Goldmark 599 Millionen Goldmark 1259 Millionen Goldmark

1. Jahr (192425) 3 Prozent

2. Jahr (192526) 4 Prozent

3. 3ahr (192627) 5 Prozent

4. Jahr (192728) u. folg. Jahre

339 Will. Golömark 465 Mill. Goldmark 559 Mill. Goldmark

Wildbad, Freitag, den 11. Juli 1S24

Fernruf 179

Jahrgang 59.

Diese Zahlen sollen eine Abänderung erfahren, wenn die Höhe der Einnahmen aus den Zöllen und Abgaben für Branntwein, Tabak, Bier und Zucker der vorgeseheneil Summe von 1 Milliarde Goldmark im Jahr 192627 und von 114 Milliarde im Jahr 192728 nicht entspricht. Ist der Betrag größer, so erhöhen sich die Zahlungen um ein Drittel des Ueberschusses, ist er niedriger, vermindern sie sich um ein Drsttsl des Fehlbetrags.

Als zweite Quelle der Cntschädigungszahlungen werden die Eisenbahnen genannt. Der Bericht empfiehlt be­kanntlich ihre Umwandlung in eine Aktiengesell­schaft. Als Zahlungsbeitrag der Eisenbahnen sollen von dem auf 26 Milliarden veranschlagten Anlagekapital 11 Mil­liarden in der Form von Hypotheke n-Pfandbrie- f bch angefordert werden, die mit 5 Prozent zu verzinsen und mit 1 Prozent zu tilgen sind. Während der Zeit der Um­wandlung der Eisenbahnen soll der volle Betrag noch nicht gefordert werden. Das Gutachten empfiehlt entsprechend Zahlungen:

5 Proz. u. 1 Proz. Tilgung 669 Mill. Goldmark

Zu diesen Beträgen hinzu kommt der Ertrag aus der ^ ^ k e h r s st e u e r mit 250 Millionen im Jahr 192526 und mit 290 Millionen in den folgenden Jahren. Die Be­rechnung dieser ^ .omnen beruht lediglich auf einer Schät- zung. Ob es möglich ist, entsprechend hohe Erträge aus der Eisenbahn zu erzielen, läßt sich nicht vorausbestimmen.

Von der Industrie soll als Beitrag zu den Repa­rationszahlungen eine Summe von mindestens 5 Milliar-, den Goldmark gefordert werden. Diese Summe wird durch hypothekarisch an erster Stelle stehende Schuldver­schreibungen dargestellt, die mit 5 Prozent zu verzinsen und mit 1 Prozent zu tilgen sind. In der Würdigung der Tatsache, daß Deutschland keine flüssigen Kapitaloorräte zur Verfügung hat, wird auch in dem Zi'nsendienst eine Erleich­terung gewährt, die erst im vierten Jahr die normale Summe erreichen läßt. Es sind folgende Zahlungen zu leisten:

erstes Jahr (192425) keine Verzinsung

Zweites Jahr (1925-26) 2)4 Proz. Zinsen 125 Mill. Golömark drittes Jahr (1926-27) 5 Proz. Zinsen 259 Mill. Goldmark vom vierten Jahre (192728) ab 5 Proz.

Zinsen und 1 Proz. Tilgung 399 Mill. Goldmark

Tagesspregel

Halbamtlich wird von französischer Seite zu dem Abkom­men Herrioks und Mac Donalds durch havas erklärt, es sei von größter Wichtigkeit, daß England sich verpflichtet habe, über die Regelung der Verbandskriegsfchulden mit den be­teiligten Mächten zu verhandeln. Ferner soll sofort über die Regelung der Verbandskriegsschulden mit den beteiligten Sicherheit Frankreichs gegen deutsche Ueberfälle beraten wer­den. Endlich werde Deutschland zur Konferenz in London nicht zugezogen werden. Das seien Erfolge herriots.

Aus Washington verlautet, die Regierung der Vereinig­ten Staaten werde für den amerikanischen Vertreter in der Durchführung des Sachverstävdigen-Plans keine Rolle an­nehmen, wie sie ihm die gemeinsame Erklärung Herriots und Mac Donalds zumute.

Der demokratische Parteitag in Rewyork hak. nachdem Mac Adoo und Smith ihre Kandidatur aufgegeben hakten, da sonst die Abstimmungen endlos geworden wären, im 103. Wahlgang den früheren Botschafter in London. Davis, zum demokratischen Präsidentschaftskandidaten gewählt.

Begründet wird diese Belastung der Industrie mit der Angabe, daß die Schulden der Vorkriegszeit in der Inflationszeit zum größten Teil abgetragen seien. Hingegen wird für die Landwirtschaft eine Befreiung von einer entsprechenden Hypothek vorgeschlagen und es der deutschen Regierung anheimgestellt, einen Ausgleich in der Belastung für die verschiedenen Wirtschaftszweige zugunsten des Haus­haltes vorzunehmen. ^

Eine nennenswerte Zahlung serleichterung be­deuten mithin lediglich die Leistungen im ersten Jahr. Von den 330 Millionen Zinsen aus den Eisenbahn-Pfandbriefen sollen nur 200 Millionen gezahlt, der Rest im folgenden Jahr entrichtet werden. Um jedoch die laufenden Verpflichtungen, vornehmlich die Sachlieferungen und Besatzungskosten, auch !m ersten Jahr in der beträchtlichen Höhe aufrecht erhalten zu können, ist Deutschland eine ausländischeAnleihe von 800 Millionen Goldmark zu gewähren. Der Zinsendienst und die Tilgung stellen jedoch keine neue Ent- schädigungsläst dar. Die hierfür benötigten Summen sind von den späteren Zahlungen in Abzug zu bringen.

Die Gesamtbelastung der deutschen Wirtschaft

umfaßt daher folgende Zahlungen:

nen nicht die Schwierigkeiten ganz neuer Art, die dieser Vor­schlag mit sich bringt, Schwierigkeiten, die nur durch Erfah­rung überwunden werden können.

1. Jahr (1924/25 Eisenbahnen, Anleihe)

2. Jahr (1925/28 Eisenbahnen, Transport­steuer, Staatshaushalt und Industrie)

3. Jahr (1926/27)

4. Jahr (1926/27)

5. Jahr (1987/28) und folgende (N o r- m a l s u m m e)

1999 Mill. Goldmark

1229 . ^

1299 .

1759 .

2599 . - H

Die Jahresbelastung von 2500 Millionen Gold mark entspricht dem Vorschlag Bonar Laws vom Januar 1922. Wie in diesem Vorschläge ist die Normal­summe des Dawes-Gutachtens ebenfalls eine Mindest- s u m m e. Sie ist zu e r h ö h e n, wenn der künftigeWohl­stand" Deutschlands über die Schätzung steigt, und zwar ge­messen an einem Wohlstandsindex, der die Zahlen der Außenhandelsstatistik, des Staatshaushalts, des Eisenbahn­verkehrs, der Bevölkerung, des Verbrauchs an Zucker, Tabak Bier und Alkohol und Kohle in den Jahren 192629 zur Grundlage hat. Die Erhöhung kommt in Betracht nur für "den Beitrag des Staatshaushalts von 19291934 in den späteren Jahren.

Der Grundgedanke des ganzen Gutachtens ist für die Gesamtsumme eine Festsetzung der von deutscher Seite möglichen Höchstzahlungen, ohne die Festigkeit derdeutschen Währung zu gefährden. Deshalb unterscheidet das Gutachten scharf zwischen der Summe der von Deutschland zu leistenden Zahlungen an sich und den Bedingungen ihrer lieber führung an das Ausland. Falls der Stand der deutschen Zahlungsbilanz im Interesse der Aufrechterhaltung der Festigkeit des Wechsel­kurses eine Ueberweisung der deutschen Zahlungen auf Ent­schädigungskonto an das Ausland durch Sachlieferungen oder Devisenkäufe nicht zuläßi, so.sind sie bei der Bank zu sammeln und im Inland anzulegen. Eine solche Ansamm­lung soll jedoch den Höchstbetrag von 5 Milliarden nicht übersteigen. Ist bei der Erreichung dieser Summe auch eine Ueberführung an das Ausland nicht möglich, so sind die Zahlungen Deutschlands aus dem alten Staatshaushalt und der Transportsteuer her abzu setzen bis zu dem Zeit­punkt, an dem die Ueberweisungen an die Verbündeten ohne Schädigung der deutschen Währung erhöht werden könnten. Diese Bestimmungen sind der wichtigste Teil des Gutachtens, wichtig durch den Anreiz, den die Anlage der Summen im Inland für die deutsche Wirtschaft bedeutet, wichtig aber vor allem als Sicherheit im Hinblick auf die Unmöglichkeit, die deutsche Leistungsfähigkeit für die Zukunft genau zu bestimmen. Die Sachverständigen leug-

Gemeinsame Erklärungen Herriots und Mac Donalds

Unterwerfung Mac Donalds Sieg Poincarös

Paris, 10. Juli. In der gestrigen Beratung Herriots, Mac Donalds und ihres Stabs wurde folgende gemeinsame eng­lisch-französische Erklärung beschlossen:

Die beiden Regierungen erkennen die Notwendigkeit an, einen Zustand des Vertrauens herbeizuführen, der etwaigen Geldgebern die nötige Beruhigung verschafft, aber sie sind nicht der Ansicht, daß diese Notwendig­keit mit der Einhaltung der Bestimmungen des Versailler Vertrags unvereinbar ist.

Die beiden Regierungen seien über folgende Punkte einig geworden: Am 16. Juli tritt in London eine Konferenz zusam­men. Die beteiligten Regierungen werden zuerst für ihren Teil die Annahme der Entschließungen des Dawesplans be­stätigen. Die zustandekommenden Abmachungen dürfen d i e Befugnisse der Entfchädigungskom' ission nicht beeinträchtigen. Da aber den Zeichnern der Anleihe von 800 Millionen Goldmark und den Obligations­trägern Sicherheiten gegeben werden müssen, werden die bei­den Regierungen ihre Anstrengungen vereinigen, um die Anwesenheit eines Amerikaners in der Ent­schädigungskommission zu erreichen für'den Fall, daß die Verbündeten eine deutsche Verfehlung festzu­stellen hätten. Sollte diese Lösung unmöglich sein und die Kommission sich über die Beurteilung der Tatsache nicht ver­ständigen können, so würden die beiden Regierungen Vorschlä­gen, daß die Kommission den Generalagenten für die Entschädigungszahlungen hinzuzieht, der ame­rikanischer Staatsangehöriger sein soll. Eine vorsätz­liche Verfehlung von Bedeutung würde alsbald die Frage des Vertragsbruchs Deutschlands aufwerfen. Sollte die Entschä­digungskommission eine derartige Verfehlung feststellen, so würden sich die beteiligten Regierungen verpflichten, sich so­fort über die Mittel zu verständigen, mit deren Hilfe Maß­nahmen ins Werk gesetzt werden sollen, worüber sie sich zu ihrem eigenen Schutz und zum Schutz der Interessen der Geld­geber geeinigt haben. Der Plan, auf Grund dessen die deutsche Wirischafts- und Finanzeinheit wieder hergestellt wird, sobald die Entschädigungskommission festgestellt hat, daß der Dawes- bericht zur Ausführung gelangt ist, wird von einer Ver- bandskonserenz festgesetzt werden. Die Vorschläge für diesen Plan sollen von der Entschädigungskom­mission der Verbandskonferenz unterbreitet werden.

Etwa notwendige Abänderungen an dem Sachverständi­genplan könnten nur mit allen erforderlichen Sicherheiten gegenseitig zwischen den beteiligten Regierungen vorgenom­men werden. Zur Einziehung der Entschädigungszahlungen werden die Verbündeten ein Spezialorgan schassen, das den beteiligten Regierungen ein Gutachten über ein System zur Nutzbarmachung der deutschen Zahlungen übergeben soll.

Jede Rechtsschwierigkeit, die sich bei der Auslegung der vor­stehenden Vereinbarungen ergeben sollte, wird an die Rechtssachverständigen der beiden Regie­rungen verwiesen werden.

Die beiden Regierungen haben einen vorläufigen Mei­nungsaustausch über die Frage der Verbandsschulden gepflogen. Hierzu erklärt die englische Regierung, daß sie mit den beteiligten Regierungen eine gerechte Lösunh anstreben wird. Diese Frage wird zum Zweck einer ernsten Prüfung den sachverständigen Finanzverwaltungen überwiesen. Des­gleichen haben die beiden Regierungen einen vorläufigen Meinungsaustausch über die Sicherungsfrage vorge­nommen. Sie haben festgestellt, in welchem Grad die öffent­liche Meinung die Herstellung eines völligen Friedens'nscht.

Sie sind darüber einig, daß sie dieses Ziel mit den besten Mit­teln anstreben werden, bis die Frage der allgemeinen Sicher­heit der Nationen eine endgültige Lösung findet.

Wir haben also wieder die alte Leier: Die englische Re­gierung lehnt sich gegen die französischen Vertragsverletzun­gen und Gewalttätigkeiten auf und tut aller Welt seinen ehrlichen und dem wahren Frieden dienenden" entgegen­gesetzten Standpunkt kund und zu wissen; dann kommt man zusammen, um einander die Meinung zu sagen, und man geht auseinanderim vollkommensten Einverständnis". Das war schon unter T.oyd George so, es hat sich unter Bonar Law und Baldwin fortgesetzt, und unter Mac Donald ist es nicht anders geworden. Mac Donald, demPazifisten", scheint der Frieden mit Frankreich über alles zu gehen, selbst über den Frieden der Welt. Er hat mit der famosen Pariser Erklärung vom 9. Juli so ziemlich alles widerrufen, was er in der Denkschrift an die britischen Botschafter als di« Willensmeinung seiner Regierung zum Sachverständigen- Guiachien bezeichnet und selbst was er in Chequers mit Her- riot verabredet hatte. Aber freilich, inzwischen hat der , ^

.