daß diese Verletzung der Rechte britischer Nndertaneik durch eine internationale Konferenz erledigt werden könne. In alle« Fragen, nämlich in der Propaganda, der Entschädigung für die Mißhandlung britischer Untertanen und der Beschlagnahme des Schisserdampfers sei die russische Antwort durchaus unbefriedi­gend. Zum Schluß sagte Mac Neill, die Regierung habe solange zwecklos mit Rußland verhandelt, daß sie dessen müde geworden sei. Die Forderungen an Rußland seien durchaus nicht übereilt gestellt worden, sondern in einer Vollsitzung des Kabinetts unter dem Vorsitz Bonar Laws beschlossen worden.

London, 17 Mai. Entgegen der Erwartungen hat ge­stern keine Zusammenkunft zwischen Curzon und Krassin stattgefunden. Wiei jedoch von unterrichteter Seite ver­lautet, besteht aller Grund zu der Annahme, daß Curzon Krasstn im Laufe der nächsten zwei Tage empfangen wird. Reuter zufolge erklärte Krassin in einem Interview, es sei noch keine Verabredung wegen einer Begegnung zwi­schen ihm und Curzon getroffen. Er sprach die Ansicht aus, daß die Aufhebung des Handelsabkommens möglicherweise znm Kriege führen werde. DerPall Mall Gazette" zufolge besteht in London der Wunsch, festzustellen, ob Krassin Bevollmächtigter der russischen Regierung ist, oder vb er keinerlei Befugnisse hat, endgültige Zusicherungen bezüglich der Bereitschaft der Sowjetregierung zu geben, die von der britischen Negierung für unbefriedigend ange­sehenen Punkte der russischen Antwort abzuändern.

London, 16. Mai. Nach Anhörung des größten Teils der Ilnterhausdebatte erklärte Krassin in Unterredungen mit Presse­vertretern, er habe gestern ein Schreiben in das Foreign Office gesandt. Es sei ursprünglich nicht seine Absicht gewesen, um eine Unterredung nachzusuchen. Jetzt hoffe er jedoch, daß eine Zu­sammenkunft stattfinden werde. Die russische Regierung wolle keineswegs einen Bruch des englisch-russischen Handelsabkom­mens. Sie wünsche, alle strittigen Fragen auf der Grundlage der Gegenseitigkeit zu erörtern. Auf einer Konferenz zwischen politischen Vertretern Großbritanniens und Rußlands könne die Frage der Propaganda geklärt werden.

Lloyd George Uber Nutzland.

London, 16. Mar. Die Erörterung im Unterhaus verlief zum größten Teil ruhig. Nuo gegen Schluß der Debatte kam es zu einer Szene, die zur Ausweisung des kommunistischen Mitglieds Newbold aus dem Haus führte. Während Lord Creane über die Frage der Propaganda sprach, rief Newbold, der Redner sage die Unwahrheit und beschwerte sich, daß der Speaker ihm keine Gelegenheit gegeben habe, das Wort zu ergreifen. Das seien Bourgeoisie-Manieren. Der Speaker erklärte darauf, daß New­bold das Haus sofort zu verlassen habe. Dieser weigerte sich, worauf unter großem Lärm der Ausschluß Newbolds vom Hause init 300 gegen 88 Stimmen beschlossen wurde. Dieser verließ »arauf ohne weiteren Protest das Haus. Im Verlauf der Debatte über die russisch« Antwortnote drückte Lloyd George sein« Befriedigung über die Mitteilungen Mac Neills aus. Er sagte, es sei sehr klar, diese Frage in Ruhe zu erörtern. Was die Frage der Propaganda betreffe, so habe Rußland Vis zum Jahre 1SV1 (!) große Summen für seinen Geheimdienst ausge- zeben, um sine Propaganda im Osten gegen die britischen In­teressen durchzuführen. Man rede von einer revolutionären und einer zaristischen Regierung. Es bestände indessen in Wirklich­keit kein grundlegender Unterschied zwischen dem Zarismus und dem Bolschewismus. Tschitscherin sei auch ein Revolutionär im gewöhnlichen Sinne des Wortes. Zur Heiterkeit des Hauses er­klärte Llohd George, Tschitscherin sei ein ebenso großer Aristo­krat wie Curzon. Der größte Teil der russischen Beamten hätte feine Ausbildung unter dem früheren Regime genossen und der Russe käme zum Vorschein. Allmählich werde sich der Bolschewis­mus wieder zum russischen Imperialismus entwickeln. Die Rus­sen machten Propaganda im Namen des Friedens und der Brü­derlichkeit. Jetzt stehe man dem alten Rußland gegenüber, vor dem er sich immer gefürchtet habe. Man dürfe jedoch keinen Feh­ler begehen und glauben, es sei Bolschewismus. Lloyd George bat die Negierung, da sie diesen Schritt unternommen habe, vor allem Nutzen daraus zu ziehen. Er wies auf die augenblicklich sehr ernste Lage der Welt hin, in der man keine Streichhölzer fallen lassen dürfe Wenn man den russischen Handelsvertreter wegichicken und alle Verbindungen mit Rußland abschneiden würde, so würde die dortige Revolution auf sich selbst zurückge- worfen werden und würde auf ihre früheren Mittel zurückgrei­sen. Glaube das Haus nicht, daß einer in Rußland vorhanden sei, der lieber eine herausfordernde Antwort von Seiten der britischen Regierung beachte. Das Ergebnis würde sein, daß jener Mann triumphiere. Aus der ganzen Rede spricht nur die Angst vor Rußland.

Donar Law in Paris!

Paris. 16. Mai. Havas meldet: Der englische Minister­präsident Bonar Law ist heute vormittag 10 Uhr im streng­sten Inkognito in Paris angekommen. Er wünscht den völ­lig privaten (?) Charakter seiner Reise in Paris zu wah­ren und wird jeden offiziellen Besuch vermeiden. Bonar Law hält sich einige Tage in Paris auf, reist aber nicht unmittelbar nach London. Das nächste Ziel seiner Reise ist ist noch nicht bekannt.

Ausland.

Uebers'lhrung der Leiche Worowskis nach Berlin.

Lausanne, 18. Mai. Die russische Delegation ist heute morgen nach Berlin abgereist. Die Leiche Worowskis wurde mit dem gleichen Zug nach Berlin verbracht. Der bei dem Attentat verwundete russische Pressechef-Ahrens wurde auf Einer Krankenbahre in den Wagen getragen. Frau Wo- rowski hat heute vormittag die Rückreise nach Rom ange- itreten, wo Me Tochter stch in sehr krankem Zustflnde^aus-

(die Samstags-Nummer) bestimmte Anzeigen wolle man uns baldmög­lichst zusenden.

hält, die von der Ermordung ihres Vaters noch keine Ahnung hat.

Gin Essen in dee deutschen Botschaft in Rom zu Ehren Mussolinis.

Rom, 16. Mai. Zu Ehren Mussolinis hat gestern der deutche Botschafter ein diplomatisches Essen gegeben, an welchem der Ministerialdirektor im Ministerium des Aeutzern, Contarini, der amerikanische und der englische Botschafter, sowie andere Per­sönlichkeiten teilnahmen.

Einführung der Sommerzeit in Frankreich.

Paris, 16. Mai. Die französische Kammer hat mit 313 gegen 246 Stimmen die Einführung der Sommerzeit be­schlossen.

Edison und der Kino.

Paris» 16. Mai. Nach einer Havasmeldung aus New- york hat Edison bei einer Vernehmung durch eine Unter­suchungskommission der Regierung erklärt, wer die kino- mathographische Industrie kontrolliere, kontrolliere das mächtigste Mittel zur Beeinflussung des Publikums. Edison ist bekanttlich der Erfinder der Kinomathographie.

Das Riiüberunwefen in China.

London, 15. Mai. Wie Reuter aus Hankau meldet, ist in der Umgebung der Stadt eine Bande von etwa 1600 Räubern aus Hunan erschienen, die als Preis für ihren Abzug 150000 Dollar und die Lieferung von Munition fordert. Die Bewohner haben die Forderungen der Räu­ber abgelehnt. Die Ausländer sind in großer Sorge und erwarten Unruhen. Jeder Zug der Strecke PekingHankau führt einen Panzerwagen mit 40 Soldaten und Maschinen­gewehren mit sich.

Deutschland.

Der Deutsche Beamtenbund zum Regierungsangebot u. zur sranzöstsche« Antwort.

Die Leitung des Deutschen Veamtenbundes hat folgende Entschließung angenommen: Der Deutsche BeamtenbuNd begrüßt den Schritt der Relchsregierung, durch ein weitgehendes An­gebot an die Entente Verhandlungen einzuleiten und im Wege der Verständigung unserem Vaterlands, Europa und der Welt den Frieden zurückzugeben. Er stellt mit Genugtuung fest, daß in dem deutschen Vorschlag verlangt wird, die Befreiung der deutschen Beamten und die Wiedereinsetzung in ihre Wohnstät­ten und Dienststellen mit zum Ausgangspunkt der Verhandlun­gen zu nehmen, eine Forderung, hinter der die gesamte deutsche Beamtenschaft steht und an der sie unbedingt festhalten wird. Der Deutsche Beamtenbund gibt seiner Entrüstung Ausdruck über Inhalt und Form der verneinenden Antwort der französischen Regierung und wird im Hinblick darauf sein Aeußerstes tun, um die Beamtenschaft in ihrem Widerstande gegen die Anwen­dung der französischen Macht und Gewalt auch fernerhin zu stärken und zu stützen. Nach dem Angebot der Reichsregierung und dem haßerfüllten Antwortschreiben der Franzosen, nach den unerhörten Drangsalierungen, Verfolgungen und Verurteilun­gen pflichttreuer deutscher Beamten müsse» die schmählichen Ur­teile im Krupp-Verfahren sowie neuerdings gegen deutsche Ge­werkschaftsführer umso aufreizender wirken. Der Deutsche Be­amtenbund spricht seinen tiefen Abscheu aus gegen diese fran­zösische Justiz, die wie ein Hohn auf Recht und Gerechtigkeit und wie ein Peitschenschlag ins Gesicht der deutschen Nation empfunden wird. Die Gewaltakte der Franzosen sind nur ge­eignet, uns in unserem Widerstand zu bestärken, für dessen wei­tere Durchführung wir mit allen Mitten wirken und auf dem wir beharren werden, bis anstelle von Gewalt, Willkür und Un­verstand wieder Recht. Gesittung und Vernunft eingekehrt sein werden.

Die Frage der Sicherung der Brotversorgung im kommenden Wirtschaftsjahr.

Berlin, 15. Mai. Der Reichsrat hat den Gesetzentwurf zur Sicherung der Brotversorg-ung im Wirtschaftsjahr 1923-24 angenommen. Der Entwurf bedeutet voraussicht­lich eiie« letzten Schritt von der Getreidebewirtschaftung zur freien Wirtschaft. Es soll nunmehr vom 15. August ab von der Erhebung der Umlage abgesehen werden, jedoch soll in der öffentlichen Hand eine Vrotgetreidereserve in Höhe bis zu 8,5 Millionen Tonnen gehalten werden. Diese Reserve soll teils aus dem Inland, teils aus dem Auslage beschafft werden. Mindestens 1,25 Mill. Tonnen Jnlands- getreide sollen durch Lieferungsverträge und 1,25 Millio­nen Tonnen durch freien Ankauf aus dem Jnlandsmarkk beschafft werden. Für den Fall, daß die Lieferung von 1,25 Mill. Tonnen Jnlandsgetreide nichts bis zum 15. Juni vertragsmäßig gesichert ist, soll die Reichsregierung ermäch­tigt sein, bis 1,25 Mill. Tonnen Brotgetreide im Wege des Umlageversahrens zu beschaffen. Für eine gewisse Ueber- gangszeit soll die öffentliche Brotversorgung noch fortge­setzt werden. Gegen die Vorlage stimmten Braunschweig, Württemberg, Thüringen und Hamburg. - ^

s Die Neichstagsparteien

für eine reichsgesetzl. Regelung der Lehrerbildung,

Berlin, 17. Mai. Die vier Parteien der bürgerlichen Arbeitsgemeinschaft und die Deutschnationalen, sowie die Sozialdemokratie haben sich zu einem gemeinsamen Von stoß in der Lehrerbildungsfrage entschlossen, die von der Reichsregierung bisher den Ländern zur Regelung über­lassen war. Die sechs Parteien haben den Schulrat Neuer­mann ermächtigt, der Regierung zu erklären, daß die Par­teien alsbald die Vorlage eines Rahmengesetzes für die Lehrerbildung von der Reichsregierung wünschen.

Die Deamtenteuerungszufchläge.

Berlii, 17. Akli. Die Beamtenteuerungszuschläge sind für die beiden Maihülsten auf 1220 und 1600 Prozent, die Frauenzuschläge auf 16 000 -K erhöht worden.

Eine republikanische Notwehr in Thüringen.

Berlin» 17. Mai. Wie die Blätter berichten, finden in Thüringen zwischen Sozialdemokraten und Kommunisten^ Verhandlungen statt, die die Kommunisten zum Eintritt! in die Regierung veranlassen sollen. Von Seiten der So-! zialdemokratie sind MHtMriin für die gemeinsame Arbeit! aufgestellt worden. In dioscn wird u. a. eine Umwandlung! des vorhandenen prolctar,scheu Selbstschutzes in eine r e-i publikanischeNotwehr vorgesehen, die sich der Re. publik zur Verfügung stellt und die Verfassung anerkennt., In der kommunistischen Presse werden diese Richtlinien al°n Dolchstoß gegen die sächsische Arbeiterschaft bekämpft. Wieder ein Einbruch in die Weimarer Fürstengrust.

Berlin» 17. Mai. Von neuem ist ein Einbruch in die! Weimarer Fürstengrust unternommen worden. Die Zink-, särge zweier GrcHherzoginnen wurden von den Einbrechern , am Kopfende ausgeschnitten, um Schmuckstücke de Toten ent-! wenden zu können. Auch verschiedene andere kleinere Ge-' genstände der Eruftkapelle wurden entwendet.

Vermischtes.

Der Druckfehlerteufel.

Schon Im 16. Jahrhundert hatten die Buchdrucker dem bösen Druckfehlerteufel grimmige Fehde ungesagt und für Druck­fehler, die in ihren Prachtwerken gesunden und ihnen übermittelt > wurden, Prämien ausgesetzt. Die Drucker der alten hervorragen- ^ den Druckwerke, Estienne und Plantin, gingen dabei mit gutem, Beispiel voran. Auch später, bei der Drucklegung der prächtigen ^ Ausgabe von KlopstocksMessias", wurde, wie in der Zeitschrift, Die Bücherstube" erwähnt wird, demjenigen, der zuerst einen Druckfehler darin finde, der stattliche Preis von einem Louisdor zugesprochen. Als John Pytches das große Wörterbuch der englischen Sprache erscheinen ließ, erhielt jeder Borbesteller vor der Drucklegung einen Druckbogen zu Verbesserungen und An­merkungen zugesandt, die nach Rückgabe vom Verfasser gesammelt und berichtigt wurden. Zum Dank dafür erhielt dann jeder dieser Mitarbeiter das Buch unentgeltlich.

Eine launige Druckfehlergeschichte erzählt der Mathematiker Professor Hesster in Freiburg. Als er noch in Kiel mar, kündigte er einen Bortrag unter dem TitelMaschinen für Denkarbeit", an. Eine Kieler Zeitung verkündete das mit den Worten:, Professor Hesster wird einen Vortrag über Maschinen für Dock­arbeit halten". Auf eine Berichtigung war am nächsten Tage! zu lesen:Professor Hesster wird nicht über Maschinen für Dock-! arbeit, wie wir irrtümlich schrieben, sondern über Maschinen für' Druckarbeit sprechen". Der Mathematiker bedankte sich bei der Zeitung für die glänzende Reklame, aber sprach zugleich die Befürchtung aus, daßbei etwaiger nochmaliger Berichtigung aus der Druckarbeit gar noch eine Dreckarbeit werden könnte".

Einen niedlichen Beitrag zu dem Kapitel leistete sich in den 80 er Jahren ein mitteldeutsches Kreisblatt in einem Bericht über die Durchreise des Kronprinzen (nachmaligen Kaisers) Friedrich. Es schriebman habe allgemein das frische Aussehen des Knor- prinzen bewundert". Die Berichtigung im Briefkasten der nächsten Nummer lautete:A. X., Hier. Selbstverständlich muß es heißen, Kornprinz; wir hatten den Druckfehler übrigens längst vor Ihnen entdeckt. Er war uns in der Ausregung der Festtage entschlichst." , Das Kreisblatt hat dann aber nicht weiterberichtigt". ,

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Steht der Weltuntergang bevor?

Nach der Wärmemenge gemessen, die die Sonne täglich ins das Weltall hinausstrahlt, müßte die Sonnenenergie in 4000 ^ Jahren völlig verbraucht sein. Das würde den Tod für alles > irdische Werden und Wachsen bedeuten. Nun weist aber Max Baller in derGartenlaube" darauf hin. daß in den Ster-> nenräumen zahllose kleine Körper von Nuß- bis Faust-, Kopf-,, Kasten-, Haus- und sogar Berggröße herumjchwirren. die Meteore und Sternschnuppen. Jeder größere Stern wird daher infolge! der Reichweite seiner Schwerkraft Gelegenheit haben, alle die in einer gewissen Umkugel vorhandenen derartigen Kleinmassen an sich zu reißen. Unsere Sonne wird z. B. zehn Milliarden Kilo- l meter in den Umraum hinaus alles zusammensangen und gegen sich zum Absturz bringen können, was ihr ins Gehege kommt. Die Geschwindigkeit, mit der dergleichen meteoritische Körper auf der Sonnenoberfläche austreffen, läßt sich leicht berechnen und ergibt den ungeheuren Wert von rund 600 Kilometersekunoen (also 600 mal so viel wie die Geschwindigkeit unserer flinksten Kanonenkugeln). Der furchtbare Ausprall liefert natürlich für jede Tonne Material Milliarden Kalorien. 3m ganzen ergibt sich, daß eine Masse gleich der unseres Erdballs rund für hundert Jahre hinreichen würde, um die Sonne anzuheizen und den Strahlungsverlust zu ersetzen. Jährlich ein Hundertstel der Erb­masse würde also genügen. Indem also die Sonne jährlich Milliarden von kleinen Weltkörpern verspeist, gewinnt sie immer wieder neues Material, um ihren riesigen Glutosen zu Heizen.! Wir können also unbesorgt sein. -

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