feierlich, daß sie niemals neue Brnttchtnngsverträge anerkennen werde. Das deutsche Volk solle bereit sein. Der Taa sei nicht mehr fern, an dem diese Selbsttäuschungen über Verständigung mit dem Feind unter der Gewalt der Tatsachen zerfliegen werden. Dann je' die Stunde der nationalen Negierung da. die mit starkem Willen, komme, was da wolle, den Weg der Rettung gehen
Für und wider Stresemann
Berlin. 1- Okt. Im „Tag" übt Dr. M a r e tz k y (Deutsche Dolksp.) an Dr. Stresemann und seiner Politik scharfe Kritik. Er fordert die Beendigung der Großen Koalition, einen neuen Kanzler und die Bildung einer nationalen Regierung ohne Sozialdemokratie. ^
Der Parteivorstand der Deutschen Dolkspartei erläßt eine Aufforderung an alle Parteifreunde, den Führer der Partei, Reichskanzler Dr. Streseinann, jetzt mcht im Stich zu lassen. Es dürfe keine Eigenbrötelei getrieben, sondern es müsse Disziplin gehalten werden.
Die Lage in Bayern
Das Ausnahmegesetz zum Schuh der Republik in Bayern ausgehoben
München, 1. Okt. Die „Bayerische Staatsztg." meldet, daß der Generalstaatskommissar die Vollzugsverordnun-g des Gesetzes zum Schutz der Republik für Bayern außer Kraft gesetzt habe. Damit ist das Ausnahmegesetz in Bayern aufgehoben. Ferner wurde die Organisation der sozialdemokratischen „Selbsischutzkompagnien" verboten.
München, 1. Okt. Der nationalsozialistische „Völkische Beobachter" schrieb, gewisse Aeußerungen des Herrn v. K a h r lassen die Absicht verraten, vielleicht schon sehr bald die Ausrufung des Königtums zuzulassen. Dazu wird halbamtlich veröffentlicht, der Generalstaatskommissar habe aus Befragen erklärt, seine persönliche Stellung zur Monarchie sei allgemein bekannt; im übrigen habe er keine Zeit, sich mit Zeitungsmeldungen zu befassen, die mit seiner Aufgabe als Ge- nsralstaotskommissar nichts zu tun haben.
Die Deutsche Woche in München mit einem Vortrag des Admirals Scheer zum Flottengsdenktag im Zirkus Krone ist erlaubt worden. Die Nationalsozialisten stellen den Saalschutz. Erlaubt wurden ferner derDeutscheTag ln Bayreuth und ferner verschiedene Regimentssei e r n.
München, 1. Okt. Die Vaterländischen Verbände Bayerns haben eine Entschließung gefaßt: Der schm achvolle Verlust des Ruhrkampfes habe aufs neue bewiesen, daß im parlamentarischen System die Sozialdemokratie und die Gewerkschaften jeden Freiheitskampf Deutschlands und jede Besserung der wirtschaftlichen Lage zu verhindern vermögen. Zu Stresemann können die Verbände kein Vertrauen haben. Die Regierenden werden aufgefordert, sich von dem erpreßten Schandvertrag von Versailles losxusagen und die allgemeine Wehr- und Arbeitspflicht einzuführen und die Arbeit vor der radikalen Vergewaltigung zu schützen.
Der Generalstaatskommissar hat den „Völkischen Beobachter" verwarnt und ihm rücksichtslose Bestrafung angedroht, w»nn er die Angriffe gegen die Regierungsgewalt sortsetze.
Generalstaatskommissar v. Kahr hat dem (demokratischen) Oberbürgermeister von Nürnberg, Dr. Luppe, die Polizeigewalt entzogen und sie dem Staatskommissar Oberregierungsrat Gareis übertragen.
Die Zweigstelle Bayern des" Reichsverkehrsministeriums hat telegraphisch alle Dienststellen des Landes daraus aufmerksam gemacht, daß das Personal ausschließlich den Weisungen der Zweigstelle (mithin des Reichsministeriums) zu gehorchen habe.
Die Reglmenksfeier der «Leider"
München, 1. Ott. Zur Regimentsfeier des früheren Leib- regimenrs am Sonntag waren über 20 000 Angehörige des Regiments in München eingetroffen. In der Türkenkaserne enthüllte nach einer Ansprache des Generals Epp Kronprinz Rupprecht in Gegenwart des Ministerpräsidenten von Kml- ling und der Generäle v. Lossow, v. Vothmer u. a. das D»nkmal. Beim Vorbeimarsch wurde der Kronprinz von den Regimentskameraden und vom Publikum mit den stürmischen Rusen begrüßt: „Es lebe der König!" Der Kronprinz begab sich darauf mit den andern Festteilnebmern zum Armee
museum, wo das 25jährige Bestehen der Münchener Schutzmannschaft gefeiert wurde. Minister des Innern Dr. S ch w e- ger sagte in seiner Festrede, die Revolution sei ein unverantwortliches Verbrechen an Deutschland gewesen.
Die bayerischen Juden an Dr. von Kahr München, 1. Okt. Die Zeitschrift „Das jüdische Echo" richtet an den Generalstaatskommissar v. Kahr einen Artikel. Er habe in seiner Kundgebung bei der Uebernahme der bayerischen Staatsgewalt erklärt, daß er sich bei der Erhaltung der Ordnung nur auf die Staatsbürger de u t s ch e n Stammes stützen werde. Damit werden die Juden als Stützen ausgeschaltet. Die Juden erwarten aber vom gegenwärtigen Leiter des Staats Achtung ihrer Gleichberechtigung und gleiche Behandlung wie alle Bürger.
Die wilden konlrollausschüsse in Sachsen verboten Dresden, 1. Okt. Der militärische Besehlshab-r. des 4.
l^g^weit sie nicht von Behörden eingesetzt sind. ferner, die eigenmächtige Wegnahme von Vieh, Feld- und Gartenfruchten, Lebensmitteln und anderen Verkaufsgegen.tanden aus Läden und Lagerräumen verboten. Zuwiderhandlungen-werden mit Gefängnis und Geldstrafe bis zu 13 000 Goldmark
^^Jn^F reib erg durchzogen Radikale unter Absingen revolutionärer Lieder den gesperrten Bannkreis der wobei Ladenplünderungen vorgenommen wurden. Die R e i ch s w e h r säuberte die Straßen. ^ .
In Leipzig begannen abends einzelne Trupps, die die Straßen durchzogen, Läden zu plündern. Die herbeigerufene Reichswehr zerstreute die Plünderer. . , .
Weitere Unruhen werden aus Wolfenb uttel und Halberstadt gemeldet. Die Stadt Küstrin wurde von „Nationalkommunisten" überrumpelt; die Reichswehr, die Verstärkungen aus benachbarten Standorten erhielt, wurde wieder Herr der Lage. (Die Nachricht ist vorläufig nicht recht verständlich.)
Flucht ins Ausland
Wien. 1. Okt. In Wien treffen fortwährend viele Personen und ganze Familien ein. die vor der gefürchteten Ge- fahr in Deutschland flüchten. — Die Helden mag wohl das bö e Schieber- und Wucherergewissen mobil gemacht haben.
Vereidigung der Eisenbahner
Essen, 1. Okt. Die französische Eisenbahnverwaltung in den besetzten Gebieten beabsichtigt, die deutschen Eisenbahner darauf zubeeidigen, daß sie der französischen Verwaltung „mit Eifer und Ergebenheit zu dienen" bereit seien. Dre französischen Behörden haben den Verbänden erklärt, die Arbeit müsse bedingungslos ausgenommen werden; jüngere Leute werden bevorzugt. Ausgewiesene und solche, die auf der Ausweisungsliste stehen, werden nicht eingestel.lt.
Duisburg, 1. Okt. Unter dem Druck der Aufhebung des passiven Widerstands meldeten sich hier 180 Eisenbahner bei der französischen Verwaltung. Als aber die Franzosen zugleich die schriftliche Anerkennung der Rheinischen Republik verlangten, verweigerten die Eisenbahner den Dienst.
Zu diesem Wortbruch bemerkt das Blatt Stegerwalds „Der Deutsche": Frankreich will die „Verhandlungen" zu einem zweiten DiktatvonVersailles machen; Deutschland stehe vor dem Zusammenbruch aller Hoffnungen.
Gegenkundgebung in Köln
Köln, 1. Okt. In Köln fand eine Kundgebung gegen den Berrat der Sonderbündler statt, an der sich über 100 000 Personen aller Parteirichtungen beteiligten. In einer öffentlichen Erklärung kam der Abscheu vor dem verräterischen Treiben der Abtrünnigen und der feste Wille zur Treue gegen das Reich zum Ausdruck.
Der Anleihespuk
Paris, 1. Okt. Der Berichterstatter der „Central News" berichtet aus Washington, der amerikanische Finanzminister Mellon habe (wieder einmal) mitgeteilt, die Regierung sei mit dem Plan einer Anleihe zur Wiederaufrichtung Deutschlands einverstanden. — Bisher haben sich all« der
artigen Meldungen hinterher immer als Börsenmanöoer entpuppt.
Britisches Darlehen an Frankreich? >
London. 1. Okt. Die Zeitschrift „Outlook" behauptet, die j
britische Regierung unterhandle mit den Londoner Geld» ;
leuten über ein sehr hohes Darlehen Großbritanniens cm «
Frankreich. !
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Württemberg
Stuttgart, 1- Okt. Als Devisenkommissar für !!
Württemberg ist, wie verlautet, der bisherige Beauftragte des j Ein- und Äusfuhrkommissariats, Oberregierungsral Dr. -
Kümmerle, in Aussicht genommen. ' i
Tagung. Am 7. Oktober halten die dem Verband lcmdw , i
Genossenschaften angeschlossenen Mühlengenossenschaften und d.e Molkereien, Sennerei- und Milchverkaufsgenossenschaften ihre Tagungen im Stadtgarten.
Ieimngsvsrbot. Wegen aufreizender Artikel ist die kommunistische „Südd. Arbeiterzeitung" vom militärischen Befehlshaber für Württemberg vom 1. bis 10. Oktober verboten worden. i
Stuttgart, 1. Okt. Die Bilderdiebe. Wegen des ^
Diebstahls von acht wertvollen Bildern im Schloß Wilhelm« !
in Cannstatt am 5. August 1920 verurteilte die Strafkammer -
den 23jährigen Schlosser Eugen Strauß, der in den Bil- r
dersaal eingebrochen war und die Bilder aus den Rahmen §
geschnitten hatte, zu 1 Jahr 6 Monaten Zuchthaus, den !
Maler Viktor Nessel, einen Elsässer, zu 2 Jahren Zucht- .!
Haus und je 5 Jahren Ehrverlust, den Schmied Karl Reber -
in Cannstatt zu 1 Jahr 6 Monaten, dessen Ehefrau zu acht !
Monaten und die 22jährige Nähterin Lina Braun, die :
Braut Nessels, zu 6 Monaten Gefängnis. Bon den Bildern !
konnten nur drei wieder beigebracht werden, die übrigen '
wurden am Rhein durch Hehler verschachert.
Leonberg, 1. Okt. Bruderzwist. In Gerlingen ge- !
rieten zwei Brüder miteinander in Streit, in dessen Verlauf !
der eine dem andern mit der Sense tödliche Verletzungen bei- !
brachte. !
Köngen, OA. Eßlingen, 1. Okt. Mangelhafter s
Feld schütz. In der Nacht wurden von einigen Aeckern !
ungefähr 10 Ztr. Kartoffeln gestohlen, h .> leeren Säcke ir-
lagen zerstreut auf dem Boden. L
Tübingen, 1. Okt. Schwindler Ein etwa 28- bis -
30jähriger Mensch machte in Frankfurt a. M tm angeblichen !
Auftrag einer Tübinger Firma einen größeren Verkaufs- i
abschluß auf Holz und ließ sich darauf eine Anzahlung von !
37 Milliarden geben. Mit dem Geld juckte der Betrüger i
das Weite. Er soll als Merkmal verkrüppele Finger haben Gräferchausen. OA. Neuenbürg, 1. Okt. Warnungfür l. Schweinehalter. Es dürfte nicht allgemein bekannt t
sein, daß Zwetschgensteine, wenn man sie cm Schweine ver- füttert, schädlich wirken können Die Kerne enthalten Blausäure und verursachen bei den Tieren Lähmung und den Tvd. Geringe Mengen wurde an ältere Tiere verfüttert. ! ohne daß diese erkrankten, dagegen sind hier einige jüngere Schweine sofort nach dem Genuß erkrankt und teilweise ein- gegcmaen. !
Schwenningen, 29. Sept. Untersuchung. Eine Ab- (
teilung der Landespoli^ei und Reichswehr war am Don- i nerstag vormittag in Schwenningen, um nach verbotenen ^ Selbsischutzkompagnien zu forschen, wobei sie mehrere Haus- j suchungen vornahm. Die Festgenommenen wurden wieder i entlassen, nachdem sie auf der Polizeistation einem Verhör !
unterworfen worden waren. (
Schwenningen. 29. Sept. Nächstenliebe. In der ! Seidenfabrik in Bräunlingen ist eine BrandgeschLdigte von k Wolterdingen beschäftigt. Ihre Mitarbeiterinnen in der ^
Ssidenfabrik haben nun beschlossen, für ihre Kollegin eine Milliarde Mark durch Ueberstunden aufzubringen. Der Betrag ist von der Firma sofort ausbezahlt worden. Außerdem .
soll ein Kleid und ein Paar Schuhe für die Geschädigte an- ' geschafft werden.
Tuttlingen. 1. Okt. M a s s e n k r a w a l l. Im Schloß des Frhrn. v. Varnbüler in Rietheim wurden 330 Gewehre und mehrere Kisten Munition durch Schutzpolizei beschlagnahmt und nachts auf das Rathaus in Tuttlingen verbracht.
Hier hatte sich eine Menge angesammslt, die sich der Waffen zu bemächtigen und zu dem Zweck das Rathaus zu stürmen Nickten. Die Leute wurden aber zurückaescklaaen. Bei dem
Aus Münchens guter alter Zeit
(I-6X misii srs — Die Kunst mein Gesetz)
Mustkrvman von l)r. Hans Fischer-Hohenhausen.
») - (Nachdruck verboten.)
„Sie wissen doch, daß mein Vater alles dransetzen würde. . . wagte der junge Richard Strauß nochmals einzuwenden.
..die Sache zu Hintertreiben, weil Sie mal
Landgerichts- oder Regierungsrat werden sollen!" lächelte Giehrl vielsagend.
„Mein lieber Junge, wer das geschaffen hat — —,
damit wies er auf das Manuskript,-hat keine Wahl!
Ihr Weg ist Ihnen vorgezeichnet!"
„Ja, aber — ?"
„Weiß schon! Ihr Herr Vater ! Ich will Ihnen 'was sagen : Im Laufe dieses Monats kommt Hans von Bülow hierher und gibt einen Beethovenabend im Großen Saal des Odeons. Sie selbst gehen jedenfalls auch in das Konzert — er spielt die Pathetique, Appassionate, Waldsteinsonate; es lohnt also! Nach dem Konzert will ich Sie ihm vorstellen; nehmen Sie Ihr Manuskript mit. Je nachdem sein Urteil ausfällt, wollen wir dann an Ihren Herrn Vater herantreten; ist es Ihnen recht so?"
Ein dankbarer Blick aus Richards Augen traf den jungen Musikprofessor, der ihm kräftig die Hand schüttelte.
„Und nun reden wir heute nicht weiter davon — spielen Sie nachher ein paar Sachen von Chopin auf dem Klavier, dann werden Sie sehen, welcher Beifall Sie umbraust."
„Ich soll vor Ihnen Klavier spielen, vor dem berühm^ ten Virtuosen und ersten Pianisten Münchens?" zögerte Richard Strauß.
„Vielleicht spielen Sie heute schon besser, wie ich," erwiderte Giehrl lächelnd, indem er den jungen Komponisten am Arm faßte und mit ihm an den Teetisch ging, wo die ganze Gesellschaft im heitersten Geplauder bei
sammen saß und wetteiferte, der weiland gefeierten alten Primadonna ihre Huldigung zu Füßen zu legen.
Zweites Kapitel.
Scheu und geduckt saßen die Schüler der 5. Klasse des St. Bennogymnasiums in ihren Bänken; denn es blitzte und donnerte vom Katheder herab und der alte Professor Stanko — ein Altphilologe von Ruf und Herausgeber einer revidierten Ilias für den Schulgebrauch — wütete grimmig unter den Schülern, die dem Erlernen der griechischen Sprache nicht so viel Talent und Fleiß entgegenbrachten, als für einen gebildeten Menschen unerläßlich war. Grimmig, wie ein Löwe, meinte Richard Strauß, der mit Hans Fischer in derselben Bank saß, und setzte boshaft hinzu: nur nicht so edel! Er hatte heute seine Gedanken ganz wo anders, als bei den unregelmäßigen griechischen Zeitwörtern, wie denn überhaupt eine große Veränderung in seinem Innern in den letzten Wochen vorgegangen war. Das Lob, welches ein Fachmann wie Giehrl ihm über seine Komposition gespendet, hatte tiefen Eindruck auf ihn gemacht. Nur — nur — und da saß der Haken, der Konfliktstoff für den jungen Komponisten und Wagnerfeind — hatte Giehrl gesagt: „Sie gehen ja m dem musikalisch Unerlaubten noch weit über Richard Wagner hinaus, den Sie bekämpfen zu müssen glauben, den Sie nicht wie das hiesige Musikphilisterium bekämpfen, weil Sie am Alten hängen, sondern weil Sie mit Ihren dreizehn Jahren schon über ihn hinausgewachsen sind. Das gerade sollte für Sie der Anlaß sein, Richard Wagner zu studieren, einerlei, welche Stellung Sie dadurch zu ihin gewinnen."
Eine neue Fernsicht hatte sich damit für Richard aufgetan. Aber studiere einer einmal Richard Wagner, wenn, er täglich fünf bis sechs Stunden im Gymnasium sitzen muß, zu Hause Nachhilfstunden erhält und noch mindestens zwei weitere Stunden braucht, um seine Schularbeiten zu machen. Dabei mußte er für Richard Wagner-Studien eine Zeit wählen, in welcher sein Vater nicht zu
Hause war; denn der merkte am ersten Ton, wenn sein Sohn Musikketzerei trieb, und verbat sich aufs energischste, daß er in seinen vier Wänden den „Mist" anhören müsse, womit das Hostheater genug und übergenug versorgt sei.
Doch: Fleiß und Talent überwinden alle Hindernisse und das genaue Studium der Richard Wagnerschen Tondramen führte ihn zur Revision früherer Musikurteile und zu einer Annäherung an seinen Schulkameraden und Quartettgenossen Hans Fischer, der schon vorher über Richard Wagner kein so absprechendes Urteil hatte, wie die meisten damaligen Musikkreise Münchens. Wie so oft, waren die Knaben nicht präpariert und jeden Augenblick konnte das Schicksal wie Zeus' Donnerkeil vom Katheder herunter einschlagen.
„Was hast Du denn da unter der Bank?" flüsterte Hans zu Richard.
„Richard Wagners Träume". — Und Du?"
„Berlioz' Instcumentenlehre."
In diesem Augenblick schaute der Professor, der das Gewisper vernommen hatte, scharf nach jener Gegend, worauf beide Iungens sich ängstlich duckten und kurze Zeit schwiegen. Aber Richards Frechheit war nicht so schnell zu unterdrücken; er zog einen bedruckten Zettel ans der Tasche und schob ihn seinem Nachbar hin — es war das Konzertprogramm von Hans von Bülow, welcher heute den Sonatenabend gab, von dem am Schluß des vorigen Kapitels die Rede war — ein Tag, der für Richards Lebensbahn bestimmend sein sollte.
„Gehst Du auch ins Konzert?" tuschelte er zu seinem Nachbar.
„Gewiß, aber rede jetzt nichts, der Professor glotzt in einem fort zu uns her."
(Fortsetzung folgt.)
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