Metamorphosen.
Von Regierungsrat Dr. H. Elbertzhägen.
Wenn jetzt der alte Ovid wieder auferstehen würde, so könnte er wohl seine „Verwandlungen" in anderer Gestalt bringen, getreu den Anfangsworten zu diesen: „in nova fert animus mutatas dicere formas corpora".*) Die Rot hat diese neuen Formen geboren, von der Hölderlin einst sang: „Mit ihrem heil'gen Wetterschlage, mit Unerbittlichkeit vollbringt die Not an einem großen Tage, was kaum Jahrhunderten gelingt." Ja, neue Lebensformen hat die Not, von der unser Vaterland seit langer Zeit heimgesucht ist, hervorgerufen und erzeugt sie tagtäglich aufs neue. Ein Blick in die Anzeigen der Tageszeitungen, auf die Plakate an den Anschlagsäulen und leider auch an den Häusern sowie in den einzelnen Geschäften führt dies eindringlichst vor Augen. Auf den Märkten und an den Straßenecken wurden Papier, Bücher und Skripturen in Braten verwandelt, denn man konnte für den Erlös jener Gegenstände bei dem hohen Preise, der dafür gezahlt wurde, sich einen guten Braten kaufen. Wohnungen werden gegen Zimmer, Zimmer gegen Wohnungen getauscht, für Jackettanzüge kann man sich seine Polstermöbel aufarbeiten lassen, lebenslängliche Verpflegung wird erreicht durch Hergabe eines möblierten Zimmers, Damen stellen ihre Befähigung, einen Haushalt zu führen, zur Verfügung, wenn sie in den dann gemeinsamen Haushalt ausgenommen werden, Gold, Silber, Platin, Juwelen werden eingetauscht in die Möglichkeit, sein elendes Leben weiter zu fristen, Möbel, ganze Einrichtungen, Teppiche, Kostbarkeiten. alte Familienandenken wandeln sich in den täglichen Lebensunterhalt. Aber auch die Kehrseite ist zu beachten. Verwandelt sind auch die Ansprüche, die von manchen an
*) Die in neue Gestalten gewandelten Formen zu künden treibt mich der Geist.
'däs Lede'n 'gestellt werden. Dies kommt von Len unverhältnismäßig hohen Gehältern, die von den namentlich jugendlichen Angestellten bezogen werden. Man kann es ja tagtäglich in den Städten sehen, wie junge Typdamen sich eine Autodroschke Heranrufen, hineinhüpsen und nun drauf losfahren, mit oder ohne männliche Begleitung, und am Ende der Fahrt ein paar Tausend Mark bezahlen. Früher konnten sie sich diesen Luxus nicht leisten! Neulich sah ich einmal am Fahrkartenschalter einen Knirps von ungefähr neun Jahren, der ein Kinderbillet forderte; gleich nachdem er es erhalten, zog er sein vollgefülltes Zigarettenetui aus der Hosentasche, zündete sich eine Zigarette an und ging, in vollen Zügen paffend und flötend, zum bereit stehenden Zuge. Ich folgte ihm und sah, wie er sich aus einen Sitzplatz hinlümmelte, aber nicht vor einem alten, gebrechlichen Herrn aufstand. Früher hätte ich einem solchen Bengel ein paar hinter die Ohren gegeben — aber heutzutage? „Herr", mutz man ja jetzt zu einem Jungen sagen, der „schon" raucht! Das sind einige von den Verwandlungen und Wandlungen, die man beobachten kann. Zumeist ist es die grimme, unerbittliche Not, die sie hervorruft, zuweilen auch Unverstand oder Gleichmacherei. Auch das wird vergehen! Denn „uns ist gegeben, auf keiner Stätte zu ruhn, es schwinden, es fallen die leidenden Menschen blindlings von einer Stunde zur andern".
Das seltsame Gewand.
Von W. Noltens-Meyer.
Ich erinnere mich ihrer noch ganz genau aus den goldigen Tagen von ehedem. Sie trug kein gleißendes Gewand, nie einen anderen Schmuck als den ihrer Men Seele. Ja, eine Seele hatte sie, ein« himmlisch reine Seele. Und die war es wohl, welche mein kindliches Gemüt so sehr fesselte, so ganz unbewußt fesselte. Niemand ahnte das; ich glaub«, wirklich niemand außer meiner Mutter. Denn auf ihrem Gesicht allein lag beseeligende Zu
friedenheit. stille göttliche Zufriedenheit eines Mutterherzens, W immer meine Neigung sich kundtat.
Manche spotteten darüber. Es wäre unpassend, ja geradezu taktlos, heutzutage in einem derartig groben Gewand unter di« Menschen zu gehen, sagten sie.
Als ich behauptete, daß das Gewand doch gar nicht so seltsam aussähe und ihnen sicherlich nur so vorkäme, solange sie die edle Seele, die dahinter steckte, nicht entdeckten, schüttelten sie verständnislos die Köpfe. Ich wurde heftig und wehrte alle Angriffe gegen sie erbittert ab.
Jetzt gehen mir viele Menschen scheu aus dem Wege, und es gibt sogar welche, die mich hassen. Nur weil die mir Teure ein seltsam scheinendes Gewand trägt, und weil ich ihre schöne Seele so gern beschütze.
' Andere lachen achtlos. Aber glaubt mir: über eine solche Edle sollte niemand lachen. Sie ist meiner Liebe wirklich wert. Meine Mutter hat es sterbend beteuert. Und was eine sterbende Mutter ihrem Kinde sagt, das ist nichts Unwahres, ni.bls Verachtenswertes.
Nun liegt die Geliebte auf dem Krankenbett. Aus ihrem edlen Herzen fließt unaufhaltsam Blut. Es sind zuviele der Wunden, die es zerrissen haben. Nur weil sie kein gleißendes Gewand trug, geschahen die Grausamkeiten.
Fast niemand kümmert sich um sie, fast niemand außer ein paar treuen Freunden. Und wenn diese abends gegangen sind, dann kniee ich still an ihrem Lager nieder und frage flehentlich:
„Wahrheit! — Geliebte Wahrheit! Willst du wahrhaftig auf immer von uns scheiden?!"
Dann lächelt sie verklärt, und mir ist, als sei es das beseligende Lächeln meiner Heimgegangenen Min r.
Und dann bete ich andächtig für ihr Leben, für ihr edles, heilsames Leben.
Für bie Schristleltung »erantwortUch: Ott» Seltmann, Lalw. Druck und Verlag der A. Oelschläger'kchen BuchdruSerel, Calw.
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in mehreren Losen, kann zuqewiesen werden. Meldungen wollen sofort bei der Stadtpflege vorgebracht werden.
Den 12. April 1923.
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Die Stangen werden >nn 16. April durch den Forstwart Fauler vorgezeigt, öusammenkunst vormittags 9 Uhr beiui Glemseck.
De« s April 1923. Gemeinderat.
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Generalversammlung
Die
findet am Sonnta statt.-
den 22. April 1923, im „Bad. Hos" eginn Punkt 2 Uhr. "MS Tagesordnung:
1. Erstattung des Rechenschaftsberichts für 1922.
2. Bericht des Aussichtsrats über seine Tätigkeit.
3. Beschlußfassung über die Verwendung des Gewinns.
4. Entlastung des Vorstands für das Geschäftsjahr 1922.
5' Bestimmung des Höchstbetrags, welchen fremde Gelder
nicht übersteigen dürfen.
6. Festsetzung der Grenzen, welche bei Kreditgewährung ar einzelne Mitglieder eingchalten werden müssen.
7. Aenderung der W 44 und 47 der Satzungen. (Erhöhung der Geschäfts?,» eile )
8. Neuwahl von 2 Vorstandsmitgliedern. Es scheiden aus die Herren Nonnenmacher und Rheinwaid.
9. Ergänzungswahl des Aussichtsrats. Es scheiden aus und können wieder gewählt werden die Herren: Carl Costen- dader, Ernst Kirchherr, Julius Widmaier. Für den frei» willig austreienden Herr» Deyle ist ein neues Mitglied auf ein 2ahr zu wählen.
Die Mitglieder werden zu zahlreichem Erscheinen freund»
lichst eingeladen.
Calw, den 7. April 1923.
Der Borstand:
P.Georgii, Fr.Fischer, Fr. Nonnenmacher, E. Rhetnwa'd.
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