(Enztalbote)

Amtsblatt für Mldbad. Chronik und Anzeigenblatt

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MH

Druck der Buchdruckerei Wildbader Tagblatt; Verlag und Schriftleitung Tb. Gack in Wildbad.

Nummer 21

Fernruf 179

Wildbad, Freitag, den 26 Januar 1923

Fernruf 17»

58. Jahrgang

An England.

Von Meister Guntram von Augsburg.

Ter D:7 ..»:rs Guntram von Augsburg verbirgt einen Mann, dem es wie selten einem gegeben ist, ein Rufer in die Zeit zu sein. Von tiefer Religiosität durchdrungen und von heißer Liebe zu seinem Va er- lande erfüllt, ist er zugleich ein Anwalt der Wahr­heit und des Rechtes und gibt den Gefühlen Zunge, von denen die gewaltige Mehrheit unserer Volks­genossen durchwogt ist. Von den zahlreichen Schrif­ten des Meisters (bei G. Schloeßmann in Leipzig und Hamburg erschienen), liegt das BüchleinAn England" vor, dem wir die hier mitgeteilten Ab­schnitte entnehmen.

Weil ihr von Gott wißt, daß er allein der oberste Rich­ter ist und alles vor seinen Augen steht, und weil wir von Gott wissen, daß er allein der oberste Richter ist, und daß alles Schuld ist, was vor ihm nicht bestehen kann, darum lehnen wir in der weltgroßen Sache, um die es sich handelt, alle falschen Richter ab; wir lehnen ab den Rat der Vier, wir lehnen ab den Präsidenten Wil­son, wir lehnen ab die bestochene oder. eingeschüchterte öffentliche Weltmeinuna, wir lehnen ab die Parlamente, wir lehnen erst recht ab den Völkerbund, und wir lehnen dreimal mit Ekel ab alle menschlichen Gerichte, die Gottes Namen nur dazu im Munde führen, um Gottes ledig zu sem.

Dagegen stellen wir unsere Sache vor das Gericht Gottes und fordern euch vor das GerichtGot- tes, den ihr selbst genannt habt.

Und wir werden dieses einzige wahre und letzte Ge­richt ohne Unterlaß anrufen, bis der ganzen Welt die Ohren gellen werden.

Nun hütet euch! Damit sind wir gefährlicher geworden, als wirs mit Schiffen und Heeren waren; denn es gibt unter Menschen keine furchtbarere Kraft, als wenn ein Erschlagener seine Totschläger vor das Gericht Got­tes ruft.

*

Euer Urteil über uns ist fertig und untersiegelt und heißt: Deutschland hat allein den Krieg böslich gewollt und begonnen und war überhaupt der große Friedens­störer der Welt; Deutschland hat den Krieg barbarisch geführt; Deutschland ist zu Fug und Recht geschlagen worden, und damst es künftig nie mehr den Frieden stören kann, soll es vernichtet werden; muß es an die Kette gel gt werden und in den Kerker wandern, sagen die anderen; haben wir das Recht, es zu beherrschen und ihm Leben und Atem vorzumessen, und eS soll nicht zu viel atmen und leben, so sagen alle Und so habt ihr getan, und ob ihrS zugebt oder nicht; euer Dichten und Trachten bisher will und wirkt nichts- anderes, als dieses Urteil zu vollziehen und zur Geschichte zu machen.

Aber vor dem Gott, vor dem wir mit euch stehen, gelten auch die besiegelsten Urkunden nichts und nichts die lautesten Menscheuurteile, und nicht irgendein Hoher Rat; sondern er sieht bis zu den tiefsten Tiefen der Dinge hin­unter, und ihn täuscht kein Menschenlärm, und wenn sich die ganze Welt dazu stellte.

Der Friede hob solchergestalt an, daß Präsident Wil­son am 8. Januar 1918 als Friedenspvogramm ver­kündigte:

Grundsatz der Gerechtigkeit für alle Völker und Nationalitäten und ihres Rechtes aus gleiche Bedin­gungen für Freiheit und Sicherheit, seien sie stark oder schwach;"

und am 27. September 1918 auslegte:

Wenn es in Tat und Wahrheit das gemeinsame Ziel der gegen Deutschland verbündeten Völker ist, in den kommenden Friedens-Verhandlungen einen dauern­den und gesicherten Frieden zustande zu bringen, dann werden alle bereit und gewillt sein müssen, den ein­igen Preis zu zahlen, um den er zu haben ist. Lreser Preis ist unparteiische Gerechtigkeit in jedem Punkte, ünerlei, wessen Interessen dadurch gekreuzt werden... Tie unparteiische Gerechtigkeit darf keinen Unterschied machen zwischen solchen, gegenüber denen Wir gerecht zu sein wünschen, und solchen, gegenüber denen wir lieber nicht gerecht sein möchten. Es muß eine Gerechtigkeit sein, die keine Begünstigung und keine Abstufung kennt, sondern ein gleiches Recht für Hie beteiligten Völker;"

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und daß damals in vollem Vertrauen auf einen ge­rechten Willen, der am Werk sei, das deutsche Voll sein Ja und Amen zu diesen Grundsätzen sagte, und daß dar­aufhin eure Antwort kam, die uns zum Frieden bereit machte:

Tie alliierten Regierungen erklären (unter gewissen Einschränkungen) ihre Bereitscyaft zum Friedensschluß mit der deutschen Regierung auf Grund der Friedens­bedingungen, die in der Ansprache des Präsidenten Wilson an den Kongreß vom 8. Januar 1918, sowie der Grundsätze, die in seinen späteren Ansprmhen niedergelegt sind."

Weil aber zuletzt von Gerechtigkeit, Ehre und Freiheit nichts, dafür aber nur Unehre, nur Plünderung, nur Hunger, nur Sklaverei und Gewalt, in allen Dingen nur das höhnische Gegenbild der verkündeten Grundsätze da­stand und England tätig dabei mitgewirkt hat, deswegen rufen wir England vor Gottes Gericht.

Daß ihr längst gewußt habt, wie sich daS Gewitter des Krises zusammengezogen hat, daß sogar Lloyd George es öffentlich zugeben muhte, welche Torheit es sei, den Deutschen die Schuld am Kriege zu geben; daß fick ganz ungeheuerliche Urkunden aufgefunden haben, die' das Gegenteil beweisen, und noch ungeheuerlichere in französischen und anderen Schreinen beharrlich dem Tageslicht entzogen werden; und daß ihr trotzdem uns , »v.'- ^ ^^ Lüge ge-

und und

armen Sünder; daß ihr ans dieser Lüge den Versailler Vertrag Satz^für Satz abgeleitet habt und 440mal die Lüge wi verholen ließet, und daß heute, wo die Lüge offenkundig und lächerlich geworden ist und nur noch mit lächerlichen Mitteln ^gen die Wahrheit gehalten werden kann, der Vertrag immer noch eure Unterschrift trägt und noch nicht mit seiner verlogenen Grundlage zur Hölle zurückgesandt ist darum rufen wir euch vor daS Gericht deS nnbelügbaren Gottes.

Heimatboden ist heilig der deutsch« Heimat- Hoden so h ilig wie der britische.

Elsaß und Straßburg sind deutsch, und wenn ihr euch überhaupt jemals in andere Völker hineingedacht habt, so wißt ihr'S; aber heute weht über dem Straßburger Münster die Trikolore. Der Rhein ist nicht Deutschlands Grenze, sondern Deutschlands Strom; aber seit Ver­sailles sind weiße und schwarze Franzosen seine Herren. Danzig ist so deutsch, wie Birmingham britisch ist; aber heute bauen die haßerfüllten Polen ihr Munitionslager mitten ins deutsche Danzig. Ostpreußen ist ein so deutsches Land, daß damals, als wir mit euch gemeinsam um unsere Befreiung von Frankreich kämpften, in Ostpreußen die Wiege deutscher Freiheit stand; aber heute habt ihr Ost- ' Preußen von: Heimatleibe amputiert wie ein wertlos ge­wordenes Glied. Westpreußen. Posen als Wilson noch Professor war, hat er mit hohen Tönen unser Recht aus unsere Ostmark gepriesen; aber heute versinktS im pol­nischen Sumpf. Tirol ist ein deutsches Land bis zur Salurner Klause, Oesterreich ist deutsches Land und will deutsch bl iben und immer deutscher werden; aber heute werden die deutschen Kinder in Andreas Hofers Land aus der Schule ihrer Muttersprache gejagt und zu dem ihnen verhaßten Welschtum gepreßt, und Oesterreich darf nicht heimkommen

lieber alle diese Freveltaten gegen unseren heiliger, ^eimatsboden, und über das Lügenrecht, uas dem diese Taten geschehen sind, seid ihr vor Gott angeklagt.

Wo ihr aber euch den Schein der Gerechtigkeit borgte! und mit Volksbefragungen arbeitet so daß der bel­gische Posten in Eupcn-Malmedy die Abstimmung über­wachte und der französische Soldat in Oberschlesien den Polen unterstützte und durch alle Art von Gewalttat den Deutschen einschüchtern ließ, und daß regelmäßig unter allen Möglichkeiten gerade die von euch erfunden wurde, die unsere Volksgenossen durch fremdes, verhaßtes Joch .bis zur llnerträglichk it quälte, da ist die Verschuldung am größten, die Lüge ain schnödesten, und da rufen wir euch am lautesten vor das Gericht Gottes.

*

Vom Saarland, das deutsch ist ohne alle Einschrän­kung, durch Blut und Wahl und Geschichte so deutsch, daß

sogar unsere Feinde an seiner Deuischheit nicht zu deuteln wagten, - vom Saarland ist eine besondere Geschichte aus dem Versailler Vertrag zu erzählen, die heißt: Saarland hat Kohlengruben; die werden Frank­reich aus fünfzehn Jahre zur Ausbeutung zugesprochen. Da darf es im Saarland was denn? eines um das andere: französische Schulen einrichten, eigene Ar­beiter ansiedeln, die Bevölkerung nach -eigenem Gut­dünken verändern, verdrängen, ausfüllen, schalten und malten wie es will...

Nein. Nicht wie es will; sondern unter der Treuhand des Völkerbundes."

Aber der Völkerbund steht unter französischem Einfluß; das ist weltkundig. Ter Verwalter des Saarlandes ist Franzofcnfreund; das ist weltknndig. Ae Saarbevölke­rung haßt ihn, will ihn nicht, will frei und deutsch sein und bleiben, bestürmt den Völkerbund unter Berufung auf die weltweit verkündete Freiheit des Rechtes der Nationen, schreit ihre Not, ihr Recht in die Welt hin­aus und die französischen Schulen wachsen dennoch weiter. Tie französischen Zuzügler werden mehr und mehr. Tie französischen Treuhändler bleiben. Saarland ist von Deutschland abgetrennt und soll ihm entfremdet werden. Und nach fünfzehn Jahren französischer Volks­schulen und Treuhandregierung, Siedlungspolitik, Fran­kenwahrung,. Polizciterror und Bedrückung heimisch-deut---- scher Kultur o gerechte Richter! dannVolksbe­fragung" wie in Eupcn-Malmedy und Oberschlesien. Web dann dem, der nicht französisch antwortet! Denn Saarland hat Kohlengruben, die dürfen nicht deutsch bleiben...

Als Paris im Jahre 1871 fiel, da standen die deut­schen Provianlzüge schon bereit, um die belagerten Feinde vom Hunger zu erretten.

Als 1918 nach vierjähriger Belagerung und Aushangs- rung Deutschland fnl, da warteten da drangen ein die Vollzieher des Friedens und forderten von dem halb verhungerten Volk, das schon in den reichen Tagen vor dem Krieg nicht von seinem eigenen Boden konnte ernährt werden,

zum ersten: daß eS seine Kornkammern, die es ernähr­ten, sein Westpreußen, sein Posen, seine Kolonien und seine Werkstätten, die ihm das Brot schufen, seinen Linksrhein, sein Saarland, sein Oberschlesien ausliefere und nach dem Krieg noch bitterer Hunger leide als im Krieg;

zum zweiten: daß eS, während die Kinder vor Hunger kaum mehr leben konnten und die Säuglinge der Milch entbehrten, binnen 3 Monaten abliefere: 140000 Milch­kühe, 4000 Stiere, 40000 Stück junges Rindvieh, 700 Zuchthengste, 40000 Stutenfüllen und Stuten, 1200 Schafböcke, 120000 Schafe, 10000 Ziegen und 15 000 Mutterschweine, und daß es diesen Tribut nur als Ab­schlagszahlung zu betrachten habe;

zum dritten: daß es seine gesamte Uebersee-, ja fast seine ganz« Handelsflotte abliefere, mit der es die fehlende Nahrung für seine 60 Millionen Menschen hätte heran­holen können: und die 60 Millionen blieben im Hunger; .

zum vierten: daß es einen großen Teil seines Hand­werkszeuges, mit Äem es sich hätte heraufarbeiten kön­nen, seiner Motoren und Maschinen abliefere, und daß, was ihm gehöre, grundsätzlich dem Dienst der Feinde zur Verfügung stehen müsse, so viel nur gewünscht wird; und es wird viel gewünscht: Steine, Ziegel, Bauholz, Fenster­glas, Stahl, Kalk, Zement, Maschinen, Heizeinrichtungen, Möbel und-anderes.

Dabei ist Shylock barmherzig und will Deutschlands Leben nicht vernichten, sonderndas allgemeine Interesse berücksichtigen, das die alliierten und assoziierten Regie­rungen daran haben, das gewerbliche Leben Deutschlands nicht so weit zu stören, daß ihm die Möglichkeit, die an­deren Wiederherstellungspslichten zu erfüllen, genommen wird": nicht aber das Leben deutscher Menschen zu berück­sichtigen, deren einem Franzosen 20 Millionen zu viel sind;

zum fünften: daß deutsche Aecker, deren jeder Fußbreit uns mehr als nötig ist, um einige deutsche Menschen we­niger an Hunger sterben zu lassen, französische Flug- und Exerzierplätze werden;

zum sechsten: daß uns an Kohlenlieferungen eine Schuld auserlegt worden ist, daß alle zehn Minuten em viele Waggons langer Zug deutscher Kohlen über den