Noch kein Bankier Hobe die Beteiligung an der von der Regierung in Washington empfohlenen Anleihe von 1,5 Milliarden Dollar zugesagt; es würde auch nicht möglich sein sie in den Vereinigten Staaten unterzubringsn, ohne daß die Fragen der Kriegsentschädigung und der gegenseitigen Derbands- schulden endgültig geregelt feien.
Württemberg
Stuttgart, 17. Dez. Vom Landtag. Dem Haus lag gestem ein Entwurf vor, für die Neckarkanal-Aktiengesell- schaft weitere 80 Millionen Mark zu bewilligen. Abg. Strö- b e l (Bauernbund) lehnte den Antrag entschieden ab. Das Geld sei zum Fenster hinausgeworfen, da der Kanal unerschwingliche Kosten verursache und schließlich doch nicht fertig würde. Redner der Sozialdemokratie, des Zentrums und der Demokratie befürworteten den Entwurf, der Arbeit schaffe. Abg. Bazille betont, daß er schon früher gemahnt habe, daß das Werk wegen der Geldentwertung nicht fertiggestellt werden könne- Nach zweistündiger Aussprache wird der Antrag mit den Stimmen der Regierungsparteien angenommen. Der Haushaltplan für die Neuordnung des Polizeiwesens wird in 3. Lesung genehmigt.
Stuttgart. 17. Dez- Besoldungsgesetz. Nach dem neuen Entwurf der sechsten Aenderung des Beamtenbesoldungsgesetzes werden u. a. die Witwenpensionen von 10 auf 60 Prozent des Ruhegehalts der Beamten erhöht und die Teuerungszuschläge unmittelbar aus dem Ruhegehalt, dein Wartegeld uich der Witwenpension selbst berechnet.
Ein dem Landtag zugegangener Gesetzentwurf fordert die Ermächtigung für ein staatliches Darlehen von 9 Millionen Mark an die Jura-Oelschiefergesellschaft und für eine staatliche Bürgschaft für ein Darlehen der Württ. Landessparkasse in Höhe von 13 Millionen Mark an diese Gesellschaft. Außerdem will sich die Regierung mit weiteren 5,6 Millionen Mark Aktien an der Gesellschaft beteiligen. — Von der „Reederei Schwaben G. m. b. H." will die württ. Regierung unterstützungshalber weitere 4,8 Will. Mk. Anteils übernehmen.
Stuttgart, 17. Dez. Vom Rathaus. Der Gaspreis soll vom 16. Dezember ab auf 110 Mark für das Kubikmeter, der Strompreis für Licht von 165 auf 255 Mark, für Kraft von 110 auf 170 Mark se Kilowattstunde erhöhr werden.
Die Heimatnoisammlnng in Stuttgart hat bei der Hausund Straßensammlung 2 927 260 Mark, an unmittelbaren Einlieferungen bei der Zenralleitung 8 129 853 Mark, zusammen 11 057 113 Mark ergeben. Dazu kommen noch die seit dem 1. November von den Arbeitgebern der Textilindustrie und von dem Großhandel eingegangenen Stoffs und Gelder im Wert von 11 725 800 Mark. Das Gesamtergebnis beläuft sich somit bis jetzt auf 22 782 913 Mark. Von Industrie und Handel sind weitere ansehnliche Beiträge in Aussicht gestellt. Ueber die Sammlungen außerhalb Stuttgarts liegen noch keine genauen Berichte vor.
Christbäume werden von der Mittelstandsnothilfe an bedürftige Mittelftandsangehörige und Kleinrentner zu 20, 40 und 60 Mark abgegeben.
Steine statt Schmalz. Ein Stuttgarter Geschäftsmann bestellte kürzlich eine Kiste Schmalz. Als er die Sendung öffnete, war die Kiste mit Steinen und Stroh gefüllt.
Roheit. Am Donnerstag nachmittag wurde ein 62jähri- ger Fuhrmann in der Wolframstraße von einem vorbeisausenden Kraftwagen zu Boden geworfen und so schwer verletzt, daß er nach einigen Stunden starb. Der Kraftwagen fuhr davon. Ein Radfahrer fuhr über den Verunglückten und kam dabei zu Fall. Nachdem er seine Kleider gereinigt hatte, fuhr er ebenfalls weiter, ohne sich um den Verletzten zu kümmern.
Großfeuer. Am Samstag nachmittag 3.30 Uhr brach in der Großhandlung für Heilmittel von Reihten u. Scholl in der Königstraße ein gefährlicher Brand aus. Phosphor- syrup hatte sich beim Umschütten entzündet. Da sich starke Gase bildeten, war die Löschung schwierig. Die Feuerwehr mußte mit Gasmasken arbeiten. Der Materialschaden ist nicht unbedeutend, doch hat das Gebäude nur wenig Schaden erlitten.
Eßlingen, 16. Dez. Diebeslager. In einem Hause in Obereßlingen wurden dieser Tage ein solches ."ebensmittellager entdeckt, daß es mit einem Lastauto megaeschafft werden mußte. Man vermutet, daß die Gegenstände' aus unrechtmäßige Weise zusammengebracht wurden. Untersuchung ist eingeleitet.
Vom PoflbestcOdleafi. We OberpoDKMW -KNZM hat versuchsweise verfügt, daß von den AmtsvvMehern di« Ausführung der Landbestellgängeam zweiten Weih- nachts-, Oster- und Pfingstfeiertag, statt am Weihnacht»-, Oster- und Pfingstfest ungeordnet werden kann.
Heilbrona. Id. Dez. Beleidigungsprozeß. Der Schriftlester Lukas Müller des fsz. „Neckarscho" hatte euren beledigenden Artikel gegen den Abg. Regterungsvat Bazille veröffentlicht, und er war auf Grund einer Anklage der Staatsanwaltschaft vom Schöffengericht zu M> -tt Geldstrafe verurteilt worden. Das Gericht fügte aber bei, es sei Müller der Wahrheitsbeweis gelungen, daß Abg. Bazille sich beleidigender Ausdrücke gegen leitende Minister bedient habe. Die Staatsanwaltschaft und Abg. Bazille legten Berufung ein und die Strafkammer hat nun die Strafe gegen Müller auf 2000 Mark erhöht, sowie die Veröffentlichung des Urteils im „Reckarecho" ausgesprochen. Müller habe sich nicht nur der formalen Beleidigung schuldig gemacht, sondern auch üble Nachrede geübt, insbesondere habe er den Wahrheitsbeweis Wer die angebliche Aeußerung Bazillss (Dr. Wirth ist ein Schulbube) nicht erbracht. ^
Friedrichshafen. 15. Dez. Zwei Früchtchen. Zwei aus Plauen im Vogtland stammend« 12jährige Knaben wurden hier festgenommen. Sie hatten eine Fußreise nach Süddeutschland angetr^Ln. Ihren Unterhalt fristeten sie von Diebstählen und vom Mitleid guter Menschen. Man fand bsi ihnen wertvolle Sachen, die sie in verschiedenen Städte« gestohlen hasten.
Aalen, 16. Dez. Triebriemendieb st ah l. In einer. hiesigen Fabrik wurde von einem Trisbriemen ein 6 Meter langes Stück abgeschnitten und gestohlen. Der Schaden ist sehr hoch, der Täter noch nicht ermittelt.
Atthengstett, OA. Calw, 16. Dez. Mehlspende. Die Getreidemühle-Genossenschaft Althengstett Hai der Sammlung „Heimatnot" zwei Zentner Mehl Nr. 0 gespendet.
Lchussenried, 16. Dez. U n g l ü ck i m S a ll. Dem Land-, wirt Berner vom Zellerhof verendeten dieser Tag; zwei Pferde, die mit ansteckender T' ..aut behaftet waren Ein drittes Pferd soll in Gefahr sein.
Allerlei
ep. Hilfe für baltische Waisen. Der Vorstand des Syrischen Waisenhauses hat während der Nachkriegszeit, als er noch von seinem eigentlichen Wirkungsseld in Jerusalem abgeschnitten war, 327 Waisenkinder ermordeter oder vertriebener Deutschbalten in seine Fürjorgs ausgenommen, 143 davon konnten inzwischen aus derselben entlassen werden, 184 werden noch unterstützt. Dieses Liebeswerk hat manche Familie des von so tragischem Schicksal heimgesuchten baltischen Bruderstamms instand gesetzt, sich wieder selbst zu helfen, ist aber ganz auf freiwillige Gaben angewiesen.
Der IMlchpreis in Bayern bleibt für die zweite Dezember- Hälfte unverändert. Die Gemeinden und Kommunalverbände sind von der Reg-erung ermächtigt worden, im Bedarfsfall die Zwangsverteilung wieder einzuführen.
Jugendlicher Abenteurer. Die Angaben des in Paris aufgegriffenen 15jährigen Burschen aus Karlsruhe, er sei von einem unbekannten Mann verschleppt worden, haben sich als verlogen herausgestellt. Der Bursche war in einer Karlsruher Fabrik angestellt und verdiente täglich 800 bis 1000 Mark. Dieses unsinnige Einkommen verleitete ihn, auf Abenteuer auszugehen und nach Paris zu fahren, obgleich er kein Wort französisch versteht. Auf dem Schub wird er wieder in die Heimat gebracht.
Die Hocker. Ein Kaffeehaus in Landshut (Niederbayern) mußte morgens früh 5 Uhr polizeilich geräumt werden. Drei Pferdehändler hatten bereits eine Zeche von 40 000 Mark gemacht.
Einen kindischen Spork, der natürlich als sichtbarer Hohn auf unsere Geldentwertung gedacht ist, treiben die Franzosen von der Rheinbrückenwache in Mannheim. Sie angeln mit Zwanzigmarkscheinen, die sie an dünnen Fäden befestigt auf dem Gehweg auslegen, nach „ehrlichen" Findern. Bückt sich jemand danach, so fliegt der Schein weg, und die Angler lachen sich einen Ast. Bei ihrem schönen Sold auf unsere Kosten können sich die Franzosen solche Witze leisten.
Fork mik den Ueberrvachungskommissionen! Auf die feindlichen Ueberwachungskommissionen wollen die Franzosen beileibe nicht verzichten, weil sie damit ein Mittel steter
Ariegsrüfkungen Serbiens
Belgrad. 17. Dez. „United Preß" meldet, die Kriegsvorbereitungen Südslawiens (gegen Italien und Ungarn) nehmen immer größeren Umfang an und werden offen vctneben. Frankreich habe 80 Millionen Franken und für 200 Millionen Franken Kriegsmaterial zur Verfügung gestellt. — Deutschland bezahlt alles!
Heine Anleihegeneiglheik in Amerika?
London. 17. Dez. Der Finanzdenchterstatter der „Times" in Neuyork meldet, die großen Bankiers halten unter den gegenwärtigen Verhältnissen eine größere Anleihe an Deutschland. soweit Amerika in Betracht komme, nicht für möglich, heuchlerischen Beschuldigungen der Feinde zu zerreißen. Die Aufklärung der Welt ist aus dem Marsche: wie anders wäre der Durchfall Clemenceaus sonst zu erklären!
Zunächst wird nun allerdings abgewartet werden müssen, ob Poincare die Folgerungen aus seiner Niederlage zieht bezw- ob die Kammer ihn zwingt, sie zu ziehen.
Neue Nachrichten
vom Reichskag
Berlin, 17. Dez. Der Haushaltausschuß des Reichstags hat den im Finanzministerium vereinbarten Erhöhungen der Bezüge der Beamten und S t a a t s a r b e i t e r zugestimmt. Die Erhöhung beträgt bei den Beamtengehältern 64,7 Prozent (nicht 44 Prozent, wie erst gemeldet wurde).
Die deutschnationale Fraktion hat einen Antrag eingebracht, Laß vom 1. Januar 1923 an der Ankauf von Edelmetallen, Juwelen, Altmetallen nur solchen Personen gestattet sein soll, die durch Erlaubnisschein hiezu ermächtigt werden.
Die Sicherheit
Berlin, 17. Dez. In der Besprechung der Kabinettsministei legte Staatssekretär a. D. Bergmann, der das deutsche Angebot in London übergeben hatte, dar, die Lage sei nicht so ungünstig, wie sie dargestellt worden sei. Es handle sich vor allem darum, die Sicherheiten für das Angebot festzulegen. Darüber werden nun zunächst Beratungen mit Sachverständigen gepflogen wevden.
Gewißheit für die Landwirtschaft
Berlin, 17. Dez. Im Reichsausschuß für die Landwirtschaft sagte Reichsernährungsminister Dr. Luther, noch vor Beginn der nächsten Frühjahrsfeldbestellung werde die Regierung eine bindende Erklärung abgeben, ob die Zwangswirtschaft im nächsten Jahr beibehalten werde oder in welchem Umfang. Als seine Hauptaufgabe betrachte er es, die Erzeugung von Lebensmitteln zu fördern. Es müsse eine Brücke zwischen Stadt und Land geschlagen werden, denn die Möglichkeit, sich in der Stadt ausreichend zu ernähren, schwinde immer mehr. Und gerade der Mittelstand, der Brennpunkt deutscher Kultur, leide am schwersten.
Die Verelendung des Volks
Berlin, 17. Dez. Die Reichsvertreterversammlung der deutschen Aerzteschaft in der Aula der' Berliner Universität wies in einer Entschließung auf die großen Gefahren hin, die dem deutschen Volk infolge der zunehmenden Dereledung drohen. Den meisten Deutschen sind die notwendigsten Nahrungsmittel nur noch in völlig ungenügender Menge zugänglich. Unterernährung, Wohnungsnot, Koh- lemnangel, ungenügende Körperpflege, Sorgen und Entbehrungen aller Art vermindern nicht nur die Leistungsfähigkeit, sondern auch die Widerstandsfähigkeit gegen krankmachende Einwirkungen Tuberkulose, Rachitis und Blutarmut bereiten sich aufs neue aus, Skorbut und Hungerwassersucht sind keine Seltenheiten mehr. Erliegt Deutschland dieser Gefahr, so ist die ganze Welt bedroht. Kleine Mittel sind nutzlos; die gesamte verzweifelte Wirtschaftslage bedarf gründlicher Umgestaltung. Die Versammlung fordert die Welt auf, Deutschland diese Umgestaltung zu ermöglichen.
Junke frei gesprochen
Brarrnschweig. 17. D..z D-s Strafkammer hat den wegen Urkundenfälschung angeklagten früheren Justizm'N itcr Iunke ftngesprochen, wen Junke sich der Rechtswidrigkett seines Tuns nicht bewußt gewesen sei.
Im Himmelmoos.
Von Hermann Schmid.
S. (Nachdruck verboten.)
Der Sohn trat ein, nahm den Hut ab und streckte, näher kommend, dem Vater die Hand entgegen. „Grüß Gott, Vater!" sagte er in herzlichem Tone, „meine Mili- tärzei ist um — da bin ich wieder und tat' halt recht schön bitten, daß Ihr mich wieder daheim sein laßt im Himmelmoos."
„Grüß Gott auch!" erwiderte der Alte, ohne die dargebotene Hand zu ergreifen, „es ist mir so weit schon recht, daß Du wieder da bist, und wies mit dem Daheim- Sein geht, das werden wir ja sehen im zweiten Teil, wie der Herr Pfarrer in der Predigt sagt. Das wird auf Dich selber ankommen, ob Tu daheim sein und so leben willst, wies Brauch ist im Himmelmoos — da hat der Herr Soldat keinen Platz und auch kein Bursch, der mehr im Wald als aus dem Hof ist, der mit Gott und der Welt Händel anfängt, daß beim Landgericht von einem Protokoll zum andern die Tinte nicht trocken wird. Das leid' ich nicht, darauf geb' ich Dir mein Wort, und was das zu bedeuten hat, weißt Du."
„Habt keine Sorge, Vater!" sagte der Sohn, „das wird nimmer geschehen — ich Hab' mir die gache (jähe) Hitz' abgewöhnt; bei den Kürassieren lernt mans wohl. Schau' meinen Abschied an! Ich Hab', so lang' ich beim Regiment gewesen bin, 'keine Straf' bekommen." Trotz dieser Versicherung zeigte der bewegtere Ton seiner Stimme, daß die neue Gewohnheit doch noch nicht ganz festgewurzelt sein mußte; daß ihm der Vater nicht die Hand gereicht, hatte schon seine Stirn umwölkt und ihn dem Alten noch ähnlicher gemacht — daß er beim Empfng kein anderes Wort für ihn hatte als Vorwürfe, machte, daß ihm das Blut noch heißer zu Kopfe stieg.
„Das wird gut sein und am besten für Dich selber," , sagte der Vater in einem Tone, dem man den Zweifel
anhörte und der nicht geeignet war, den Sohn zu beruhigen.
Die Beiden fühlten, daß etwas zwischen ihnen lag, und verstummten; sie glichen ein paar geladenen Minen, die nur des zündenden Funkens bedürfen, um auszufliegen. Mit klopfendem Herzen gewahrte es Judika und sann darauf, wie sie dem Gespräche eine andere Wendung geben und dem Zusammenstöße Vorbeugen könne — war nur die erste Begegnung glücklich vorüber, dann traute sie sich wohl so viel Gewalt über Beide zu, sie im Geleise zu halten, bis mit der Zeit die Gewohnheit das Ihrige zum Frieden beigetragen habe würde. In der Hast vergriff sie sich leider im Stoffe, der löschen sollte, und warf selber den Funken ins Pulver. Sie meinte es besonders klug anzusangen, wenn sie nach dem Sinne des Alten redete und anscheinend ebenfalls gegen den Sohn Partei nahm; sie wiederholte die Ermahnungen des Vaters, um daran den Ausdruck ihrer Zuversicht zu knüpfen, daß Wildel die wilden Jahre hinter sich habe und „gut tun" werde.
„Er wird auch sein Wort halten," schloß sie ihre Rede, „da müßt' er nicht Euer Sohn sein, und daß es so wird, dafür gibts ein Mittel, wie kein besseres in der Welt — er ist selber schon darauf verfallen, und daß ist der beste Beweis, daß es ihm ernst ist..."
„So, was war' denn das für ein Mittel? In welcher Apotheken ist denn das zu haben?"
„In Eurer eigenen," sagte Judika eifrig und ohne die abwehrenden Blicke Wildel's zu beachten, in dem eine unheilvolle Ahnung aufzuckte. „Er will kein Bursch' mehr mehr fern; er will ein ganzer Mann werden, ber bei seinem Haus und seiner Familie bleibt — er will heiDas Wort war kaum ausgesprochen, als der Alte, wie emporgeschnellt, aufsprang, die Fäuste auf den Tisch stemmte und vor Zorn keuchend über denselben hinüber- schrie: „Was heiraten? Also auf das gehts hinaus? Habt Jhrs schon so ausgemacht miteinander und meint,
der alte Narr war' nur grad' gut genug zum Ja sagen? Das heißt wohl, ich soll Dir Platz machen, soll Dir den Hof übergeben? Ich leb' Dir zu lange, Schandbub', und Du kannst es nicht erwarten, bis ich auf dem Schrägen lieg'?"
„Aber, Vater, ich denk' ja gar nicht daran," unterbrach ihn Wildel, der bis in den Mund hinein erblaßt war, „das ist ja nur ein Gerede von der Judika."
„Was?" rief diese, nun ebenfalls außer Fassung, ihm entgegen. „Willst Du jetzt mich ans Messer liefern? Hast Du nicht den Ring am Finger? Hast Tu mirs nicht selber gesagt, daß Du einen Schatz hast?"
„Also ist es doch wahr!" rief außer sich der Vater. „Du hast wirklich eine Liebschaft und trägst einen Ring, und hast nicht einmal so viel Ehr' im Leib, daß Du dafür einstehst? Du verleugnest, sie gleich ganz und gar? Das muß ein schönes Weibsbild sein, wenn Du sie vor Deinem Vater nicht einmal zu behaupten traust."
Wildel schwamm es vor den Augen; in den Ohren tobte es ihm, als stünde er an einem Wasserfalle; dennoch bewies er, daß die soldatische Zucht der letzten Jahre nicht vergebens gewesen war — er hielt an sich, wenn er auch an allen Gliedern zitterte, und stand hochaufge- richtet, wie weiland vor seinem Rittmeiestr. „Vatf-,"> sagte er, „das habe ich nicht gedacht, daß ich einen solchen Einstand haben soll in meinem elterlichen Haus und noch dazu auf eine so Unrechte Weis'. Ja, ich Hab' einen Schatz, und ich verleugn' ihn nicht; drum leid' ich's nicht zum zweiten Mal, daß ein Mensch sie ein Weibsbild schimpft, und Wenns mein eigener Vater war'. Sie ist ein braves Dirnl, dem niemand was Unrechtes nachsagen kann, das ich für mein Leben gern Hab' und das ich heiraten will, aber jetzt Hab' ich noch nicht daran gedacht, und wenn wirs nur ein einziges Mal in meinen Sinn gekommen ist, an Euren Tod zu denken, Vater, oder ans Uebergeben, so will ich in nwinem ganzen Leben keine gesunde Stund' mehr haben."
(Fortsetzung folgt.)