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Quälerei,und Aufreizung des erbitterten deutfchen Voltes in der Hand l aben Die Kommissionen sind aber durchaus un- l nöt'g, s selbst die Engländer und Amerikaner zugeben. I Deutschland ist so entwaffnet, wie noch nie in der Geschichte ein Volk entwajfnet war. Es sind nämlich abgeliefert worden: 55 000 Geschütze und Röhre, 105 000 Maschinengewehre, 6 Millionen Gewehre und Karabiner, 16,5 Millionen Handgewehr-Wurfgranaten, 38X Millionen Artilleriegeschosse und Minen, 470,5 Millionen Handwaffen-Munition, 14 000 Flugzeuge und 27 700 Flugzeugmotoren. Nur noch der vertragsmäßig zugestandene Betrag an Waffen und Munition ist vorhanden. Keine deutsche Fabrik ist noch für Massenfertigung eingerichtet. Aber freilich ein französischer General bezieht neben seinem französischen Gehalt von unserem armen ausgeplünderte,! Volke monatlich 3 002 400 Mark (ein deutscher General 196 000 Mark) ein Hauptmann 980 325 Mark, ein Unteroffizier 341250 Mark (immer monatlich). Das sind allerdings durchschlagende Gründe, um die Ueberwachangs- kommission in den Augen Frankreichs zu rechtfertigen.
Lotkerieverbok in der Schweiz. Der schweizerische Nationalrat hat mit 83 gegen 30 Stimmen ein Gesetz angenommen, durch das Lotterien und Wetten verboten und Ausnahmen festgelegt werden. Prämienanleihen sind von der Bewilligung der Bundesbehörden abhängig.
Der Orienkexpreh eingeschneit. Der Orientexpreß, der Montagabend von Athen abgefahren ist, ist in den mazedonischen Bergen seit 24 Stunden eingeschneit. Der Schnee liegt drei Fuß hoch.
Einen Anschlag gegen den Luxuszug Rom—Paris vereitelte die Polizei in Spezia. Auf der Strecke waren bereits Bomben gelegt. Eine Reihe Anarchisten wurden verhaftet, denen viele Verbrechen zur Last gelegt werden, die in letzter Zeit in der Gegend verübt worden waren.
Aus der Schule. Lehrer: Fritzle, weißt du, was ein Netz ist? — Fritzle: Das send viele Löcher, wo durch Fade zsammeghalte werdet.
Amerikaspende. Konsul Semler, der Inhaber der Finna Borgfeld u. Co. in Neuyork, hat für Bedürftige aller Stände in Deutschland 70 Millionen Mark gestiftet.
Henry Markeau. der französische Violinkünstler, wurde beim Auftreten in einem Münchner Konzern als ehemaliger französischer Reserveoffizier, der bis 1916 in Deutschland Spionage getrieben habe, ausgepfissen. Der Saal inußte geräumt werden.
ep. Gegen die Ueberfremdung des deutschen Bodens. Die
Staatsregierung in Preußen hat ein Gesetz für den Verkehr mit Grundstücken ausgearbeitet und bereits dem Staatsrat vorgelegt, das für jeden Grundstückswechsel die Genehmigung der Gemeindebehörde bezw. des Landtags vorschreibt und in gewissen Fällen ein Vorkaufsrecht der Gemeinden festsetzt. Nachdem schätzungsweise 12 Prozent der deutschen Häuser in den letzten Monaten in die Hände des Auslands übergegangen sind, hat die Oeffentlichkeit diesen Schritt mit steigendem Nachdruck gefordert.
Deutsche Tannenbaume — für England! In letzter Zeit sind in großen Mengen deutsche Tannenbäume für England in Hamburg bestellt worden. Ein Teil hat inzwischen mit den nach London und Leich abgegangenen Dampfern ihren Bestimmungsort erreicht und ist dort zum Verkauf gekommen. Cs werden noch mehrere Waggonladungen Tannsnbäume zur Ausfuhr nach England in Hamburg erwartet. — Das hat gerade noch gefehlt, daß zu den 4,8 Millionen Festmetern Holz, das nach dem Rathenau-Abkommen nach Frankreich und Italien zu liefern ist, die jungen Fichten und Tannen nach England wandern. Da wird der deutsche Wald bald abgeholzt sein.
Das Dresdener Gsstmdheiks-Museum, 1911 von Dr. Lingner gegründet, befindet sich in solchen Geldschwierigkeiten, daß das berühmt gewordene Institut wahrscheinlich aufgegeben werden muß.
Deutsches Geld für französische Wühlerei. Nach einer Mitteilung einer Friedberger Zeitung wird das „Echo du Rhin", die in Mainz erscheinende französische Zeitung, ausschließlich von Deutschland bezahlt. Das Blatt arbeitet mit einem großen Fehlbetrag, und die Angestellten werden von der Militärkasse bezahlt, so daß diese Ausgaben mit zu den Besatzungskosten zu rechnen sind. Cs soll offenes Geheimnis sein, daß auch die hohen Zuschüsse von mehreren Millionen Mark Deutschland unter anderem Namen in Rechnung gestellt werden.
Der Einbruch im Kaiser-Friedrich-Museum in Berlin ist anscheinend auf eine raffinierte internationale Diebesbande zurückzuführen. Diesmal wurden gestohlen: eine Silberschale mit oesckmittener und gravierter Borte, eine wertvolle würfelförmige Perle in Gold gefaßt, der Beschlag einer Schwertscheide aus Gold mit Halbedelsteinen, alter Goldschmuck und eine sehr seltene 5 Zentimeter hohe Königsfigur. Weitere Einbrüche in das Aeamstische und Völkerkundsmuseum blieben erfolglos, da die Diebe in der Arbeit gestört wurden.
Aus dem St. Annen-Mnseum in Lübeck wurden wer Lichthalter aus dem 17. Jahrhundert von bedeutendem Wert gestohlen. Der gleichzeitige Versuch, im Ebenholzmuseum einzubrechen, glückte den Dieben nicht.
Ammoniakschieber. Ein Händler in Mörs a. Rh. wvrde wegen Verschiebung von 100 Zentnern Ammoniak ins Ausland zu 1 Jahr Gefängnis und 500 000 Mark Geldstrafe verurteilt.
Mehlfälscher. In Oberursel (Nassau) wurden zwei Kaufleute verhaftet, die in den letzten Jahren das ihnen von der Reichsgetreidestells überwiesene Getreide und Mehl nnt geringerer Ware „streckten" und dafür das gute Mehl anderweitig zu hohen Preisen verkauften. Die Mühle, die den beiden gehört, wurde geschlossen.
Entdeckung eines neuen Eskimoslamms? Nach einem Bericht der Kopenhagens „Berlinske Tidende* hat der bekannte Polarforscher Rasmussen von seiner „Gunsten Thule-Expedition" nach Nordoftamerika einen Bericht gesendet, in dem er die Entdeckung eines neuen Eskimostamms mitteilt. Cr traf zwischen Chesterfield Inlet und dem Mty- kied-See westlich von der Hudson Bai auf Stamme von Eskimos, die noch niemals ein weißer Mann gesehen hatte. Sie leben ausschließlich von der Jagd auf das Renntier un vom Fischen; sie wohnen in Schneehäusern, die sie n'cht erwärmen können, da sie noch nicht gelernt Haben, -^an z sieden. Diese Eskimos sind das reinste Naturvolk, das der Forscher bisher kennen gelernt hat. Ihre Sagen ahn denen der Grönland-Eskimos, aber ihre Religion steyr auf einer tieferen Stufe und die Zaubereien, die der ihnen am,- geübt werden, sind weniger verwickelt. Ihre Werkzeuge Einrichtungen sind außerordentlich einfach, und es lieg Anhaltspunkt dafür vor. daß diese Stämme lemals m ser Aahe heg Meers angesiedelt waren. Dadurch wurde die .
fchauung von Prof. Steensby unterstützt werden, nach der kW Eskimos ursprünglich Bewohner des amerikanischen Binnenlands waren.
Etwas von den Ameisen. Eine überraschende Beobachtung ist von dem französischen Jnsektensorscher Prof. Bvu- vier gemacht worden. In einem Bericht über seine neuesten Ameisenforschungen, den er der Panser Akademie der Wissenschaften erstattete, behauptet er, daß die männlichen und weiblichen Ameisen der gewöhnlichen Art, wie sie sich auch bei uns finden, getrennte Hügel besitzen. Augenscheinlich betritt niemals eine Ameise die Wohnquartiere von Mitgliedern des anderen Geschlechts und keine männliche Ameise würde es wagen, eine weibliche in ihrer Behausung zu besuchen. Eine andere merkwürdige Erscheinung bei diesen Ameisen ist die Auswahl der Königin. Wenn die alte Königin stirbt, dann suchen ihre Ameisenuntertan: n oft lange Zeit nach einer anderer», die als Nachfolgerin der verstorbenen Königin würdig ist. Häufig wird die neue Königin von einer anderen Ameisensiedlung geholt, und sie wird zunächst von ihren Untertanen oft sehr mißhandelt. Erst nach einiger Zeit, wenn die Ameisen sie alle kennen, bringen sie ikir den nötigen Respekt entgegen, und das Ansehen der Königin wächst in der Kolonie.
Fische als Malaria-Schuh. Das Malaria-Fieber wird namentlich durch Stiche der Moskitos übertragen. Der Hauptkampf richtet sich daher auch gegen dieses Insekt und würde bisher meist auf die Art geführt, daß Tümpel und Wasserlachen mit Erdöl übergossen wurden. Die dünne Schcht hindert die Moskitolarven am Atmen und bringt sie zum Absterben. In den Vereinigten Staaten wird ein anderes Mittel der Moskito-Bekämpfung angewendet. Einige Se'.chtwasserfische haben sich als sehr brauchbar für die Mos- kltobekämpfung erwiesen. Es handelt sich um einige Arten der Familie der Zahnkarpfen. Besonders wichtig für die Vernichtung von Moskitolarven ist der Fisch Gambusia af- stms, der ganz bedeutende Mengen der erwähnten Larven verzehrt und sich sehr rasch vermehrt. Verluchs haben gezeigt, daß dieser Fisch, sowie er in Tümpel- und Seichtwässer mit starker Moskitobesiedlung verpflanzt wird in kurzer Zeit mit den Insekten ausräumt und das Gewässer von ihnen stei hält.
24 000 Dollar ans Amerika. Bei Reichspräsident Ebert sind weitere 12 000 Dollar aus der Wsihnachtssammlung der „Neuyorker Staatszeitung" für Deutschland, zusammen also 24 000 Dollar eingetroffen. Auch nach Oesterreich sind hohe Gaben geschickt worden. Zusammen machen sie. bereits rund eine Viertelmilliarde Mark aus.
Verschleppter deutscher Knoche. Auf der deutschen Botschaft in Paris ist ein löjähriger Knabe, angeblich aus Karlsruhe, eingeliefert worden, der von einem Mann, dem er das Gepäck auf den Bahnhof besorgte, nach Paris verschleppt und dort seinem Schicksal überlassen worden sein soll.
Diebstahl. In einem Rauch- (Pelz-) Worcngsschäst in Leipzig wurden für 16 Millionen Mark Felle und Waren gestohlen.
Etwas vom Reichsmurizweseu
Das Gebäude der Münze in Berlin macht einen vornehmen Eindruck. Es liegt im Mittelpunkt Berlins in der Unterwasserstrahe, dicht an der Spree. An seiner roten Front besuchet sich ein Sandsteinfries, die Gewinnung der Metalle darstellend, dessen Entwurf noch vom alten Friedrich Gilly (um 1798) herrührt, und der später erweitert wurde. Das Haus ist in seiner jetzigen Gestalt vor etwa sechzig Jahren gebaut worden. Die Münze hat, abgesehen von der Wichtigkeit, die sie für den Staat und die Wirtschaft hat, ihre wissenschaftliche Bedeutung; sie scheidet und prüft Metalle. Nach hinten, nach den Höfen zu, befinden sich die Schmelz- ftätte, das Walzwerk, der Kühlraum, die Säle, wo das fertige Metall gestreckt und gelocht, dann dis, wo das Geld geprägt wird. Das Reichsgeld wird heute noch hier hergestellt. Aber wenn man in die Schmelzstätte tritt, wo die in die Mauer eingelassenen Oefen, fünf oder sechs, glühen, dann sieht man gleich an den Metallresten, die haufenweise in den Ecken lagern, in wessen Zeichen die Münze gegenwärtig steht — in dem des Aluminiums oder des Eisens. Das sind heute unsre „güldenen Dukaten". Sieht man heute einmal Barren edeln Metalls hier, so geschieht ihre Bearbeitung auf fremde Rechnung. Das glühende Aluminium wird in den Schmelzöfen in längliche weiße Platten, sogenannte Zaine gegossen, die geschnitten, gekühlt und der weitern Behandlung in andern Sälen überliefert werden, bis sie als fertige Münze aus den Prägemaschinen herausgleiten. In den Sälen arbeiten drei- bis vierhundert Arbeiter (im Frieden waren es etwa einhundertfünfzig), deren Beschäftigung nach den wechselnden Aufgaben von heute verschieden ist. Sie sind imstande, wenn erforderlich, täglich für zwei Millionen Aluminium-Hartgeld herzuftelben. Die Münze, wenn sie geschnitten ist, wird noch justiert, das heißt, sie wird auf das richtige Gewicht hin geprüft und behandelt, und das muß ganz genau bis auf den Bruchteil eines Gramms stimmen. Unnachsichtlich werden minderwertige oder !m Gehakt nicht stimmende Münzen ausgeschiedsn und mit den allerfeinsten Wagen n gewogen. Dann kommt die letzte Behandlung in der Pr Maschine, von denen zweiunddreißig tätig find. Die de"- Münzen der Kaiserzeit zeichneten sich durch eine be > sorgfältige und künstlerisch befriedigende Prägung aus. Noch heute erzählen die Beamten der Münze davon, wie während des Kriegs aus den Prioatsammlungen im Rausch der ersten Jahrs ganze Mulden mit edeln und un- edeln Metallen, Geräten und dergleichen b!er eingeliefert wurden, die eingeschmolzen wurden, und mit denen man die Prägungen fortsetzen konnte. Sie erzählen mit Bedauern davon, denn sie haben die wohl nicht ungerechtfertigte Ansicht, daß, wenn diese Einschmelzungen unterblieben und jene Metalle noch vorhanden wären, die deutsche Währung heute aus eine ganz andere Grundlage gestellt werden könnte.
Das neue Hartgeld, das die Republik im Sommer dieses Jahrs prägen wollte, und das mit so großer Sehnsucht erwartet wurde, ist von einem eigentümlichen Schicksal betroffen worden. Die Geldentwertung hat dabei ihre unheimliche Rolle gespielt. Man hatte schon angefangen, Zehn- und Fünfzig-Pfennig-Stücke und Drei-Mark-Stücke (darunter die sogenannten Verfassungstaler) zu prägen, und einige Millionen Stück sind davon auch hergestellt worden. Aber dann stellte sich heraus, daß die Kosten der Herstellung teurer waren als der Wert der Münze selbst, und vorläufig hängt es von den Erwägungen und Entschlüssen des Finanzministeriums ab, ob die Prägungen fortgesetzt werden. Der neue Verfassungstrler, dev bereits angefangen hat, Sammlerwert zu bekommen, ist eine technisch und künstlerisch befriedigende Münze. Er zeigt
auf der Vorderfette die Werwezerchnung: drei Mark, um- rN,mt von der Umschrift: Deutsches Reich 1922. Auf der Rückseite befindet sich der Reichsadler in der vereinfachten Farm und um ihn die Umschrift: „Versassungstag. 11. August 1922." Die Münze, die gerändert ist, wirkt in ihrem Hellen, jilberähnlichen Glanze ästhetisch schön.
So sonderbar es manche Leute berühren wird, die nur unser Papierelend kennen, bei uns werden noch ziemlich oft Münzen gefälscht. Solche geheimen Fälscherzentralen sind zum Beispiel in der Rheinprovinz in der Nähe der holländischen Grenze. In Berlin befindet sich im Erdgeschoß der Münze in der chemischen Ableitung die Falsch Münzensammlung für das ganze Reich. Und man besitzt hier auch eine Sammlung von Geräten und Werkzeugen, deren sich die Falschmünzer bedienen, wie solche sonst nur in Kliminalmuseen zu finden sind. Die Gelehrten, die hier arbeiten, untersuchen die Metalle auf ihren Gehalt hin und stellen Fälschungen fest. Der Privathandel bringt hier jährlich große Mengen edeln Metalls her, die untersucht werden sollen. Mit äußerst genau arbeitenden Wagen :st man imstande, ganz kleine Bruchteile von Gold bis zum Zwanzigstel eines Milligramms zu wägen. Hier wird zum Beispiel auch von Reichs wegen und für Nachlaß- oder Schätzungszwecke der Wert alter Kapitalien festgestellt, die in früheren Münzsorten angegeben sind, und deren heutiger realer Wert dar- zulcgen ist. Vor allem beschäftigen diese Abteilung die Falschmünzereien. Was nachgemacht wird, sind unsre alten Zwanzig- und Zehn-Mark-Stücke, auch die Taler und die großen silbernen Fünf-Mark-Stücke. Sieht man die Sammlung dieser Fälschungen an, die die Münze besitzt, so wundert man sich, mit welcher Plumpheit einige davon hergestellt sind. Man meint, den fetten, schmierigen Glanz dieser verdächtig dunkeln Fünf- oder Drei-Mark-Stücke aus Blei müßte jeder sofort erkennen. Aber man unterschätzt die Gier unsrer Zeit nach Metallgeld, den Gewinn der Fälscher, und die Leichtigkeit, sie, unter hochwertige Metallstücke gemischt, in Verkehr zu vringen. An allen Ecken und Enden der Stadt gibt es heute Juwelen, und Metalloerwertungsstellen, in Lenen nebst andern Dingen auch Münzen eingeliefert werden. Während des Kriegs haben viel mehr Leute Gold- und Silbermünzen gehamstert, als r. an dachte; dieser eigenartige Patriotismus macht sich jetzt bezahli; da die Münzen offen und versteckt wieder in den Handel kommen — zu welchen Preisen!
An das Gold klammert sich, mit Polypenarmen saugend, die Sehnsucht der Völker. Die verarmter und bedrückter Völker natürlich nur noch mehr. Das Papiergeld, wie es sich in unfern Brieftaschen immer umfangreicher anhäuft, flößt uns, je mehr es sich anhäuft, desto mehr Mißtrauen und Geringschätzung ein. Aber Metall, gleichviel woher, das ist etwas Reelles! Nach den edeln die unedeln Metalle. In Berlin stehlen sie die Bronze von den öffentlichen Denkmälern, aus oen Grüften, von den Treppengeländern der Paläste. In dcn Museen verschwinden Zinnteller und Bronzemünzen aus den Schaukästen. Der Metallhunger ist eine Krankheit dieser Zeit. Und bis in die sinkende Nacht geht es die Treppen der meist im Keller gelegenen Verwertungs- und Ankaufsstellen hinab. In Schachteln, Paketen, kleinen Körben kommt der frühere Wohlstand derer, die verkaufen müf- s e n, weil das Elend droht, ans Licht. Da sind silberne Eßbestecke, Zinnteller, alte Becher, Leuchter, auch Trauringe. Der Einkäufer erhebt sich gleichgültig aus seinem Korbsessel hinter dem säubern Verkaufstisch, holt die Wage herbei, prüft den Gegenstand. Den ganzen Tag zahlt er Scheine aus, viele, viele Hundert- und Tausendmarkscheine. Und er weiß, daß er trotzdem ein gutes Geschäft macht. — Es gibt, kaum eine Viertelstunde von der wkstlichsn Münze entfernt, nachdem man die Spree überschritten hat, eine Stelle, die im be- sondern Sinn „Die Münze" he!ßt. Das ist die Gegend der Münzstraße, nahe beim Alexanderplatz. Hier und in der bekannten Grenadierstraßs ist der Häuptsitz der Hehler
und Langfinger, der verdächtigen Trödler und der betrügerischen Aufkäufer. In den Fluren dieser Häuser wird, sobald keine Polizei in Sicht ist, manches Metallgerät verhandelt, das keine einwandfreie Herkunft hat. Und auf den schmierigen Tischen der sogenannten Frühstücks- lokale haust sich mancher Stapel von Hundertmarkscheinen. Alles bringt heute Geld ein, was hart ist und metallisch klingt. Das ist auch „Münze" im neuberlinischsn Sinne. Die wahren und einzigen güldenen Dukaten, die wir noch besitzen, das wehmütige Ueberbleibsel unsrer stolzen Zeit, befinden sich wenige Schritte von der Münze entfernt, in der Iäger- straße. Das ist die G o l d m il l i a r de, die in den Kellern der Reichs bank ruht. Die Reichsbank selbst, ein schöner, farbiger Bau im Renaissancestil, vor fünfzig Jahren von Hitzig erbaut, zählt zu den stilvollsten Gebäuden von Berlin. Den ganzen Tag ist sie erfüllt von der Geschäftigkeit und dem Treiben der Tausende, die täglich über ihre Treppen gehen. Aber tief unten in den Kellern, wohin niemand kommt ohne genaue Prüfung und ohne besondere Erlaubnis, liegt unser letzter Schatz, die Goldmilliorde. Da liegen in Beuteln noch Silbertaler aus der Friedenszeir, da liegen Goldbarren, noch ungemünzt, und da liegen noch Zehn- und Zwanzig-Mark-Stücke aus dem früheren Kriegsschatz im Juliusturm. Der Gold- und Silberschatz bleibt nicht ohne Zufluß. Denn noch immer liefern ja die Leute Goldmünzen und Silbertaler ab, die sie bisher, noch höhere Kurse erwartend, versteckt gehalten hatten. Man kennt Tage, wo Tausende in Silbergeld allein eingeliefert werden. Die Keller sind sehr sorgfältig geschützt durch raffinierte Sicherheitsvor- richtungen und durch Wächter, die Tag und Nacht in Tätigkeit sind.
Und die Bank wird doch bestohlen! Die schärfste Vorsicht genügt nicht, den auf der Lauer liegenden Verbrecher zu entwaffnen. Um Mitte November ereignete sich folgender Vorfall. An einem Abend sollte ein größerer Geldtransport nach dem Osten des Reichs abgehen und zunächst im Auto nach dem Schlesischen Bahnhof gebracht werden. Vier- zehn Packer brachten die einzelnen Geldsäcke, in denen sich die Bündel mit Zehntausendmarkscheinen befanden, aus denen 1e, Transport bestand, in einer Kette stehend in die Autos. Höhere Beamte der Reichsbank sahen dabei zu und paßten auf. Die Autos kurbelten los und fuhren nach dem Schlesischen Bahnhof. Als man dort nachzählte, fehlte ein Sack, der die Kleinigkeit von 10 Millionen Mark enthielt. Wie war er gestohlen worden? Das blieb ein Rätsel, man konnte sich nur denken, daß der Sack beim Einpacken aus der Kette unbemerkt verschwunden ist. Bis heute hat o,e Kriminalpolizei, die mobilgemacht wurde, "'st betrübliche Einsicht gewonnen, daß einem Meisterdieb, wie schon dos Grimmsche Märchen Zeigt, nichts unmöglich ist.
Wie Moden und Sitten entstehen
Es ist durchaus nickst immer der Fall, daß die Einführung einer neuen Mode auf ein Spiel der Phantasie irgend eines aroßen Modehauses .zurückzuführen ist. Moden werden übrigens in Berlin, Wien, Pgris und London jährlich viele