Gegen den Wucher

-auf die ernste Zeit, der wir unverkennbar entgegen- gehen, weist Landgerichtsrat Scheidt-Düsseldorf in der Köln. Ztg. hin, und nicht mit Unrecht mißt er dem Wucher ein vollgervttelt Maß der Schuld zu, daß sich unsere Lage im Innern so verhängnisvoll zugespitzt hat. Seine Vor­schläge zur Bekämpfung dieser Menschheitsplage möchten wir uns nicht in allen Teilen zu eigen machen, jedenfalls nicht, solange nicht der Begriff Wucher befriedigend geklärt ist, als Stimmungsbild sind aber des Richters Scheidt Aus­führungen von erheblichem allgemeinem Interesse.

Bei der furchtbaren Lage, schreibt Scheidt, bedürfen wir in erster Linie eines neuen Wuchergesetzes. Wir brauchen ein solches um so mehr, wenn die Zwangswirtschaft ganz oder teilweise wieder eingeführt wird. Niemand wird sich der Einsicht verschließen können, daß wir mit unserer bisherigen Wuchergesetzgebung nichts erreicht haben. Die geringen Strafen, die lange Dauer des Verfahrens, die üblich ge­wordenen Strafaussetzungen und der Umstand, daß die großen Schieber nur verhältnismäßig selten gefaßt wur­den, machen den Kampf gegen die Ausbeutung des Volks wirkungslos. Nie ist das deutsche Volk schamloser ausge- wuchert worden als heute. Nie hat sich das Wucherer- und Schieberpack auf Kosten der Allgemeinheit mehr gemästet und amüsiert. Nie hat Modeirrsinn einen blödern Karneval aufgeführt. Und wie wird es erst bei Wiedereinführung der Zwangswirtschaft werden? Tausende gut eingearbeiteter Schleichhändler, dis sich mittlerweile auf andere Verdienst­zweige geworfen haben, enparten sehnsüchtig diesen Augen­blick. Unsere bittern Erfahrungen sollten eigentlich jeden lehren, daß neue Zwangswirtschaft unter Beibehaltung der bisherigen Wuchergesetze nur den einen Erfolg hat: di« zrvangsbewirtfchafkete Ware versackt zum größten Teil in die Kanäle des Schleichhandels und wird dort für die Leute be­reit gehalten, die jeden Preis zahlen. Wir brauchen ein .Gesetz zum Schutz des deutschen Volks.

Das Gesetz muß sich wohl auf das materielle wi« das prozessuale Recht erstrecken. Ein kurzes, klares, umfassendes Gesetz mit weitem Tatbestandsrahmen! Der Gesetzgeber kann mir dann den Forderungen der Stunde gerecht werden, wenn er mit eiserner Unbeirrbarkeit und stolzer Verantwortungs­freude die Folgerungen aus unserer Lage zieht. Ein Volk, Lessen Dasein durch einen Krieg bedroht wird, läßt Kriegs­gesetze in Kraft treten und bestraft in abgekürztem Verfahren staatsgefährdende Verbrecher mit dem Tod oder schwerer Zuchthausstrafe. Wir befinden uns äußerlich nicht mehr im Krieg. Aber hat sich das deutsche Volk jemals in einem Zu­stand befunden, der fein Dasein mehr bedrohte als jetzt? Welches moralische Bedenken sollte denn auch den Staat ab­halten, Gauner, die beispielsweise Lebensmittel ins Aus­land verschieben, zu erschießen? Man stelle das erste Dutzend an die Wand und wird nicht mehr viele Patronen diesem Zwecke zuzusuhren haben. Der Schieber lacht heute über die Strafen der Wuchergerichte. Wer vor der Flinte hat er Respekt. Dann soll er sie auch haben! Bei den Freiheits­strafen muß vor allem die Mindestgrenze derartig nach oben verschoben werden, daß aus geringere Strafen gär nicht mehr erkannt werden kann. Aeußerst segensreich würde meines Erachtens auch die Einführung der Prügelstrafe wirken, be­sonders für junge Burschen. Was das prozessuale Recht anbelangt, so bedürfen wir eines kurzen, von Förmlichkeiten möglichst befreiten Verfahrens vor einem Ausnahmegericht, damit die Strafe dem Verbrechen auf dem Fuße folgt. Um die Anhäufung belangloser Verfahren und die dadurch be­dingte Ablenkung vom Wichtigsten zu vermeiden, ist dem Vorsitzenden des Ausnahmegerichts das Recht einzuräumen, Bagatellsachen kurzerhand niederzuschlagen. Wenn ein« solche Bestimmung nicht in das Gesetz ausgenommen wird, ist seine ganze Wirksamkeit in Frage gestellt. Wir müssen, endlich aufhören, groß im Kleinen und klein im Großen zu sein. Die ^stimmuugen über Strafaussetzung mit der Aus­sicht auf künftige Begnadigung sind von der Anwendung auf Wuchersachen auszuschließen. Die Besetzung der Richter- tznd Staatsanwaltsstellen der Ausnahmegerichte darf nicht kach dem Maßstabe destüchtigen Juristen" erfolgen.Tüch- Ige Juristen" haben wir in Deutschland genug, aber diese Eigenschaft kann uns hier wenig helfen. Was wir brauchen, sind rücksichtslos durchgreifende, unbiegsame, großzügige Männer mit klarem Blick für die Vorgänge des Alltags.

Unbedingt erforderlich erscheint es mir endlich, zugleich ant dem neuen Wuchergesetz die Bildung einer staatlichen Wucherpolizei in Angriff zu nehmen. Als Hauptrichtlinien sirr die Bildung des neuen Polizeikvrpers betrachte ich: straffe Organisation, leichte Beweglichkeit und Einstellung von Leu- en, die intellektuell und moralisch den Anforderungen ihres lchwierigen und an Verlockungen reichen Dienstes gewachsen Sämtliche Becnntt sind so zu bezahlen, daß es ihner» lkA gar zu schwer ftu... Mscechungsversuchen stanÄUch M» besonders sachverständige Beamte sind nach den örtlichen Be­dürfnissen auf das Ganze zu verteilen. Eine nach diesen Aesichtspunkten organisierte Polizei wird auch den großen Wucherern und Schiebern mit Erfolg zu Leibe rücken. Die Not ist groß, die Gefahr noch größer. Die Zeit der Einbil­dungen und Hoffnungen, der Bedenken und Halbheiten, des Sichtreibenlassens und der Worte sollte vorüber fein. Das deutsche Volk will Taten sehen.

Der neue Dollarstand

,, Teuerung und Entbehrungsfakioc

Ein volkswirtschaftlicher Mitarbeiter schreibt uns: Der Mue Rekord des Dollarkurses über 3000 Mark hinaus ist von weiten Bevölkerungsschichten mit jener stillen Hin­gebung hingenommen worden, mit der man nun schon seit vier Jahren einen Schicksalsschlag nach dem anderen über sich ergehen läßt- Die Folgen sind bekannt. Man ist ja daran gewöhnt: Neues Elend bricht über alle herein, die ihr Ein­kommen der Geldentwertung nicht anpassen können. In­dustrie und Banken kaufen weiter Devisen trotz der klettern­den Kurse. Sie müssen es tun, uni Rohstoffe hereinzubekom­men und die Erzeugung aufrecht zu erhalten. So klettern die Kurse «st recht weiter. Die Mgrk^wird verdrängt, uichtLW

als Wertmesser uns Anlagemittel, ivnoern auch als" ZÄß- lungsmittel. Welche Aufregung entstand auf der Leipziger Messe in diesem Sommer, als die Aussteller die Neuerung einführten, Aufträge nur in Goldwährung oder fremden Werten anzunehmen. Kann man es heute den Arbeit«» und Angestellten übelnehmen, wenn sie, über die Teuerung verzweifelt, den Ruf nach Goldlöhnen erheben, die der Mark aber nur den Rest geben würden?Das kann nicht so VÄter gehen!" schreibt derVorwärts" als Organ der vereinigten sozialistischen Parteien Deutschlands, ohne angeben zu kön­nen, was nun eigentlich geschehen soll, um die vollständige Auflösung der deutschen Valuta zu verhindern. Auch dre sozialistischen Volkswirtschaftler sehen offenbar die letzte Kauf­kraft des Volkes bedroht, sie fürchten neue Kreditnot und eins herannahende Absatzstockung. Aber unklar bleiben ihnen dt« Wittel und Wege zur Rettung.Mcm komme doch nicht immer mit dem Schlagwort der Mehrarbeit!" sagt düs ge­nannte sozialdemokratische Organ. Wenige Zeilen spät« aber muß es zugeben: Zweifellos brauchen wir mehr Ar­beit, besonders auf denjenigen Gebieten, wo wir sonst aus­ländische Rohstoffe einführen müßten . . . Und wieder einige Zeilen weiter:Noch mehr aber bedürfen wir eins Einschränkung des Verbrauchs."

Ganz richtig, wenn.man es nur recht versteht! In den Abhandlungen über unsere wirtschaftliche Lage spielt neuer­dings der sogenannte Entbehrungsfaktor eins groß« Rolle. Er soll den Maßstab geben für das, was jeder Deutsche von der normalen Lebenshaltung in besseren Zeiten, vor dem Krieg, abziehen muß, wenn das wirtschaftliche Gleichgewicht wieder hergsstellt werden soll. Dies« Enk< behrungsfaktor hat sich aber für die verschiedenen Klasse« und Stände ganz ungleich entwickelt. Er ist außer­ordentlich ungünstig für diejenigen geworden, die aus Vor­kriegstagen gewisse finanzielle Lasten (z. B. Wohnung, Haus­halt, gesellschaftliche Verpflichtungen) sowie Bildung und Kultur übernommen haben. Man weiß, daß der geistige Ar­beiter durchschnittlich nur ein Fünftel bis ein Sechstel seines Friedenseinkommens hat, daß Rentner, Witwen und Inva­liden einfach verhungern, daß aber der ungelernte jugend­liche Arbeiter weit mehr verbrauchen kann, als das vor dem Krieg möglich gewesen wäre.

Durch den neuen Dollar-Rekord gerät das deutsche Volk in Zustände, wie in bösester Kriegszeit Millionen deutscher Menschen wissen nicht, wie sie durch den Winter kommen sollen. Wenn aber damals letzte Geduld durch die Erwar­tung eines baldigen Endes und dadurch, daß man sich ins Unvermeidliche schicken zu müssen glaubte, aufrecht erhalten wurde, welcher Trost bleibt jetzt? Etwa die Hoffnung, in sehr langen, unabsehbaren Jahren eine Schuld abbürden zu können, deren Ratentilgung sich als Unn. glichkeit erwies? Das ist keine Hoffnung, mit der es sich leben läßt. Schon einmal führten unerträgliche Verhältnisse zu einem Zusam­menbruch und zu einer Explosion. Die Wiederholung des, selben Vorganges, nur ungleich heftiger und erschütternder, droht abermals. Die Verzweiflung glimmt schon. Heute oder morgen kann sie zur Flamme emporlodern. Im deut­schen Reichstag, der demnächst wieder Zusammentritt, werden die Parteien alle Kraft darauf verwenden müssen, di« drohende wirtschaftliche und soziale Katastrophe zu be- jchwören.

Lokales.

Wildbad, den 12. Okt. 1922.

Kriegsbeschädigte und Kriegshinterbliebene. Der Nerchsbund schreibt uns: Die Teuerungszulage nach ß 87 des Reichsversicherungsgesetzes vom Mai 1920 wird von 35 o auf 170 o» erhöht. Da diese Erhöhung mit Wirk­ung vom 1. Oktober 1922 eintritt, gelangt um 1. Novbr. der d r ei f a ch e Be t r a g zur Auszahlung. Die Pflege- zulage soll eine weitere Erhöhung erfahren. Line weitere allaemeiue Erhöhung über den 1. November hinaus ist nicht direkt abgelehnt worden.

Die Teuerungszuscyüsse werden rückwirkend vom 1. Okt. 1922 wie folgt erhöht:

Nachzahlung

Kriegsbeschädigte von 5080".>.Mk. 2000 Mk. 800 mit mehr als 80"o 3000 1200

die nur auf Rente angewiesen sind

Mk. 4000 Mk. 1600 Witwen Mk. 2000 Mk. 800

Witwen nur auf Rente angew. Mk. 3000 Mk. 1200

Halbwaisen Mk. 1000 Mk. 400

Vollwaisen Mk. 1250 Mk. 500

ein Elternteil Mk. 1500 Mk. 600

beide Elternteile Mk. 2500 Mk. 1000

Empfänger eines Uebergangsgeldes,

Hausgeldes, einerWitwenbeihilfeMk. 2000 Mk. 800 Kindrrzuschuß der Schwerbeschädigten und Empfänger eines Haus­oder Uebergangsgeldes Mk. 900 Mk. 375

Die Einkomniensgrenzen werden mit Wirkung vom 1. November erhöht. Auf Antrag des Neichsbundes soll jedoch in Erwägung gezogen werden, den auf Grund der erhöhten Einkommensgrenzen neu hinzukommenden Em­pfängern bei der Novemberzahlung den Zuschuß für Oktober nachzuzahlen. Ebenso ist eine weitere Erhöhung des Zuschusses für die Vollwaisen in Erwägung gezogen.

Blitzende Sauberkeit in der Küche ist der Ehrgeiz jeder Hausfrau; besonders zum Sonntag soll alles in rei­nem Gewände prangen.

Um Geräten aus Glas, Porzellan, Marmor, Emaille, Stein, Holz frisches, sauberes Aussehen zu geben, ist Henkel's Scheuerpulver Ata unentbehrlich. Ata ist hervoragend ge­eignet auch zum Putzen der Bestecke und ist ein vorzüg­liches schnellwirkendes Scheuermittel für Haushalt, Werk­statt, Fabrik und Wirtschafisbetriebe.

zahle ich demjenigen, weicher mir die Täter namhatt macht oder Fingerzeige zur Namhaftmachung derselben gibt, die am 11. Oktober abends die an meinem Hause angebrachten Kino-Plakate und -Bilder beschädigten und beschmutzten, sodaß ich gegen dieselben gerichtlich Vorgehen kann.

Wilh. Kllü, Linden-Lichtspiele.

TWNN

In nächster Zeit beginnt an der Gemen esiuu'e ein

Vorbereitimgslurs

zur Meisterprüfung. Außer den zur Prüfung Attgemeldetrn könne:: auch solche Handwerker teilnkhmen, die die Prüfung nicht oblegen wallen.

Besprechung wegen Lehr- und Slundenp'an: Sams­tag, den 14. Oktober, nachmittags 4 llhr Neue Schule.

Professor Stenr-r.

I: ! der Zeit vom 2. Januar ins 29. Februar 1923 können mittellose, unterernährte, kränkliche, erholungs­bedürftige, jedoch nicht eigentlich kranke Kriegs-Hinter­bliebenen fauch Kriegseltern), 2 Wochen lang vollständig unentgeldlich im Erholungsheim Gültstein untergebracht werden.

Nähere Auskunft erteilt

Vorstand Aug. Bechtle.

AMD, den !3. Möbel, abends MW halb 8 Uhr Sonntag. den 15. MM. nachmittags 1 nnd abends Z Uh?

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5 Me!. Italienisches Sensations-Kama 5 Me! Ms Beiprogramm:

PM ans der TergniignGreise

Lustspiel in 2 Men.

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E5 wird darauf aufmerksam gemacht, daß die Vorstellungen :::: pünktlich um 4 Uhr nnd halb 8 Uhr beginnen. ::::

IerEinlaßistjeeinehalbeStnndevorher.

Bestellungen auf

nehme ich noch bis Freitag abend entgegen. s Diese Woche trifft noch ein Waggon j

aus der Gegend von Ravensburg ein und wollen Bestell­ungen hieraus sofort gernacht werden.

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