(Errztalbote)

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»rack der H»chbr««erei «Ubbaber Lagblatt; Lerl«, »nd SchristleitAng Th. «a« in »ilbbad.

Nummer 1Ü2

sernraf 17»

Tagesspiegel

Nach einem Moskauer Bericht soll auf deutsche Anregung eine große deuksch-italienisch-russische Handelsgesellschaft ge­gründet werden. Der Triester Lloyd wird eine regelmäßige Dampferverbindung mit Odessa und anderen Schwaczmeer- Häfen aufnehmen.

Der politische Unterausschuß hat sich über den Inhalt der Denkschrift an die russische Vertretung .die von den Verhand­lungen ebenso wie Deutschland ausgeschlossen war, geeinigt. Dsrthou hat nun seine Reise nach Paris angekreten. In drei oder vier Tagen wird er, so heißt es, nach Genua wieder zurückkehren.

Nachdem die Türken in der Frage des Waffenstillstands eine ausweichende Antwort gegeben haben, will Griechenland den Kampf in Kleinasien wieder aufnehmen.

In den blutigen Kämpfen zwischen dem chinesischen Nord- sMandschu-jheer und dem vorzüglich bewaffneten Südheer soll das erstere siegreich gewesen sein.

Lodge hat im amerikanischen Senat einen Enkschließungs- antrag einaebracht, wonach die Verträge über Urheberrecht und Musterschutz mit Deutschland und Oesterreich wieder- hergestellt werden sollen.

Die Selbständigkeitssrage in Ober­schlesien.

Man schreibt uns von besonderer Seite aus par- l a m e n t a r i s ch e n K r e i s e n: Der letzte Aufruf der Inter­alliierten Regierungskommission, der die oberschlesische Be­völkerung zurRuhe" vermahnte, sprach davon, daß die Uebergabe des besetzten oberschlesischen Gebietes an die deut­sche und polnische Regierung nur eine Frage von Tagen sei. Man darf dies aber nicht wörtlich nehmen. Am 4. Mai treten erst die Vertreter der Parteien, für Deutschland Dr. Eck­hardt, für Polen der Vizeminister Seyda zu einer Be­sprechung über die Vorbereitungen der Uebergabe zusammen. Wohl erst Ende Mai wird die Uebergabe erfolgen. Mit dem Genfer Kompromiß ist niemand zufrieden. Man hat s ^ lei­der schon allzusehr an den Gedanken der widersinnige ^ T e i- lung gewöhnt und man weih eigentlich heute noch nicht, ob es gelungen ist, die größten Gefahren auszuschalten. Man wird es erst nach Monaten, vielleicht nach Jahren feststellen können. Die Losreißung Ost-Oberschlesiens vom Reichs­körper ist seinerzeit, wenn man die politische Seite der Ange­legenheit unberücksichtigt läßt, sozusagen geglückt. Es haben sich keine zerstörenden Folgen für den Wirtschaftsaustausch und den Verkehr an der neuen Grenze gezeigt. Aber das be­sagt gar nichts für die jetzt bevorstehende abermalige Abtren­nung. Und eines ist sicher: Sollten sich Wiedersinnigkeiten und Schädigungen Herausstellen, so wird die Entente oder was nach Genua noch von ihr vorhanden ist, keinen Finger rühren, um die begangenen Fehler zu verbessern.

Aber was dann? Dann muß das kranke, notleidende Deutschland zusehen, wie es den deutschgebliebenen Teil Ober­schlesiens vor dem Untergang rettet. Schon aus diesem Grund, also im Hinblick auf die vielleicht sehr bald notwen­dige Hilfe Preußens und des Reichs ist die Stimmung der Oberschlesier in der S e l b st ä n d i g k e i t s fr a g e umge­schlagen. Man erkennt, daß die Deutsche Volkspartei und die Sozialdemokratie- ihre ursprüngliche Zustimmung zu der Ab­trennung von Preußen zurückgezogen haben mit der kaum widerlegbaren Begründung, daß das Autonomiever­sprechen das ungeteilte Verbleiben Oberschlesiens beim Reich >m Auge hatte. Es ist anders gekommen, und daraus ergeben sich nun alle die zahlreichen Schwierigkeiten der Lage. Das Zentrum möchte aus konfessionellen Gründen an dem Selbständigkeitsversprechen festhalten. Aber viele Wähler dieser Partei fürchten, daß man den Trennungslumgen >m Rheinland, in Hannover und vielleicht auch in Nassau das Stichwort für ihre Losung: Los von Preußen! geben wurde. Sollte Oberschlesien wirklich infolge der bevorstehenden 2lv- stimmung selbständig werden, so müßte es innerpolitisch ganz von vorne anfangen, ein Parlament wählen, Minister unü Beanite aus eigenen Beständen aufstellen, ungeheure neue Steuern erfinden denn es ist heute schon eine Zuschutz­provinz Preußens und den ganzen fiskalischen Apparat von sich aus aufbauen. Wird es nicht unter der Last dieser Aufanben zusammenbrechen? Der Rerchstagsabg. Pfarrer U l i tz k a, der sich bei den bisherigen Kämpfen um das Schick­sal Oberscklenens zweifellos sehr verdient gemacht hat, schlagt vor, aus dem Rumpfgebiet eine Art chen. Aber schrecken nir't die Spuren van El,aß-Lothrlngen Man wörde eme polnische Bewegung erleben, die alle Muhen der Al-ürkechma und Verkürzung der deutschen Grenze wie­der in Frage stellte. Somit scheint es wirklich nur im In­teresse des vielgeprüften oberschlesischen Laubes zu liegen, wen,' man entweder den Volksentscheid über die Selbstan- diake-, noll: »ine Entlang mindestens auf ein Jahr h i n a u s- t schiebt od-r my in allen Parteilagern darauf einigt, zu- ! nächst nur einmal die Forderung der e r w e t t e r t e n P r o-

Mittwoch, de« 3. Mai 1-22

Uerurnf 17S

o i n z i a l t e r b st k n d i g r ei f zu betreiben, die ja auch von anderen preußischen Landesteilen gewünscht wird.

England wehrlos im Luftkrieg

FÄdmonchhall Wilson wies kürzlich im englischen Unter­haus, darauf bin, daß England seit Kriegsende sein Heer so verminderte, daß es heute mililänsch ungleich schwächer ba­sische, als 1.014 und das trotzdem seine militärischen Notwen­digkeiten heute viel größer seien, als damals. In zwei lehr­reichenTrmes"-Ai1ike!n zeigt nun ein erster Sachverständi­ger, Vrigadegemrai Eroves, daß. England heute in der Lust, verglichen mit Frankreich, noch viel ohnmächtiger ist als auf dem Land, und daß das non viel größerer Bedeutung ist, da heute und hinfort die Flotte nicht länger seineerste Verteidigungslinie" ist, sondern die Luftmacht. -

England besitzt heute zwölf Geschwader Flugmaschinen. Hinter diesen Geschwadern haben wir so gut wie kein ziviles Flugwesen und was noch schlimmer ist, nur die Reste einer Flugzeugindustrie". Wie steht es dagegen mit Frankreich? Der General antwortet:Frankreich besitzt heute 126 Ge­schwader und wird Ende dieses Jahres 220 Geschwader be­sitzen. Außerdem hat es verschiedene Hundert zivile Flug­maschinen, die für militärische Zwecke vorgemerkt sind."

Natürlich gelten diese französischen Rüstungen nur Deutsch­land,da Frankreich durch die künftige Entwicklung des deutschen zivilen Flugwesens für militärische Zwecke bedroht ist." Sagt der General: ob er's selbst glaubt, weiß man nicht. Jedenfalls hätte er in. derTimes" nichts anderes sagen dür- sp» Wie es aber auch mit der-Absicht hinter der fr

AmLAchL.

S7. Zahrr«

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schsn Luftmacht stehen mag, einmal da kann sie auch gegen England verwandt werden. Die bloße Tatsache ist eine Be­drohung Englands, das, wie der General sagt,heute gegen einen Luftangriff so gut wie wehrlos ist." Und der General weist ausdrücklich darauf hin, daß bei einem solchen Angriff, nämlich wenn er von dem nahen Frankreich aus erfolgte, London, Birmingham, Manchester, Glasgow, der ganze menschenwimmelnde Norden, jeder Hafen, jedes Dock und Arsenal ganz ebenso sehr in der Frontlinie wären, wie Ppern es im letzten Krieg war", und daß wenn England über alle Flotten der Welt verfügte und sie alle zwischen sich und dem Kontinent versammelt hätte, alles das ihm keinerlei Schutz gegen Luftangriffe geben würde. Gegen Luftangriffe gibt es nur eine Abwehr, nämlich Gegenangriffe zur Luft, und die einzig wirksame Abschreckung von ihnen bildet die Möglich­keit sofortiger wirksamer Vergeltung, der Besitz einer zu so­fortigem Angriff bereiten Luftabteilung. Der General macht die interessante Mitteilung, der Luftminister habe vor ein paar Wochen drei Geschwader für diesen Zweck breitstellen las­sen, was natürlich viel zu wenig sei. Vielleicht findet man in diesen Feststellungen einen Schlüssel, der manches in Eng­lands auswärtiger Politik verständlicher macht, als es rein an sich betrachtet ist, z. B. warum es in der europäischen Politik so ängstlich und oft schwächlich ist.

Erschwerung deutsch-argentinischer Kredit­verhandlungen

Die argentinische Regierung hat Deutschland einen Kredit von 150 Millionen Papierpesos angeboten. Der Kredit soll Deutschland ermöglichen, argentinische Lebensmittel anzu­kaufen. Deutschland zögert indessen, das argentinische Ange­bot anzunchmen, weil es ausgeschlossen erscheint, die Einwilli­gung der Verbündeten dazu zu erhalten, daß Deutschland an Zahlungsstatt Jndustriewaren an Argentinien liefert. Argen­tinien hatte zur Bedingung gemacht, daß 100 Millionen Pe­sos zum Ankauf argentinischen Gefrierfleisches, von Wolle und Häuten und 50 Millionen Pesos für Getreidekäufe die­nen sollten. Deutschland erwiderte, daß es zwar für solche Mengen Fleisch, Wolle und Häute keine Verwendung habe, nichtsdestoweniger aber bereit sei, 50 Millionen Pesos zum Ankauf solcher Produkts und den Restkredit zum Ankauf von Getreide zu verwenden unter der Bedingung, daß es das Ge­treide im Austausch für Rohstoffe nach Rußland weiter aus­führen dürfe. Argentinien war mit diesem Austausch einver­standen, nur verlangte es voll Deutschland, daß es unmittel­bar für den Gegenwert von 40 Millionen Pesos Waren, wie Draht, landwirtschaftliches Gerät, Eisen- und Stahlwaren nach Argentinien verschiffe. Von seiten einer bestimmten feindlichen Macht wurde jedoch dieser Ausfuhr deutscher Wa­ren unter Hinweis auf die rückständigen Entschädigungsliefe- rimgen widersprochen, so daß Deutschland bis heute noch nicht in der Lage war,, die erforderliche Einwilligung der Verbün­deten zu erhalten und aus dem argentinischen Kreditanaebot N-'tzen zu ziehen.

Italienische National-Propaganda

In nächster Zeit erscheint in Trient dis ZeitschriftUrima, Revue Internationale des Pays Alpins 6", als deren Herausgeber der bekannte italienische Nationalist Dr. Alfredo Degasperi zeichnet. Sie will angeblich die kulturellen and wirtschaftlichen Zusammenhänge und Interessen aller

Alpenländer von Savoyen bis Steiermark fördern und sucht' in allen Ländern in angesehenen Kreisen aller Berufe nach tätigen Mitarbeitern. In der Liste der bis jetzt gewonnenen finden sich die Namen bekannter italien. Nationalisten, ferner der des früheren stellv. Chefs des ital. Generalstabs, Gene- rals P o r r o, jedoch auffallenderweise kein Schweizer und kein Deutsch-Südtiroler. Bei aufmerksamem Durchlesen der Satzungen und des Arbeitsprogramms gewinnt man den Eindruck, daß diese Zeitschrift ganz anderen Zwecken dient und in erster Linie dazu bestimmt sein dürfte, vertrau­liche wirtschaftliche und politische Nachrichten für italienische Zwecke billig zu sammeln. Es liegt auch die Vermutung nichts fern, daß es sich bei dieser Zeitung um ein Propaganda-?« unternehmen handelt, das den Boden vorbereiten soll, um di« - Alpenländer allmählich aus ihrem jetzigen politische« Staatenverband loszulösen und unter dem Schlagwort gemeinsamer Stammes- und Wirtschaftsinteressen zusammen­zuschließen, wobei vielleicht schon jetzt das Ziel besteht, dies» geeinten Alpe nländer als wirtschaftlicher und politisches Vorfeld für Italien zu erklären und auszuwerten. Eine Zurückhaltung der deutschen Kreise, der Politiker und aller Mitarbeiter wirtschaftlicher und politischer Zeitschriften scheint dringend geraten zu sei».

Von der Konferenz in Genua

Vertagung der Konferenz.

Genua, 2. Mai. U. T. erfährt, der tschechoslowakische Mi­nisterpräsident Penesch habe die Vertagung der Konferenz auf 5 Monate wegen ihrer ungenügenden wirtschaftlichen Vorbereitung beantragt.

Hie Lloyd George hie Poincare.

Paris, 2. Mai. Die Abteilung der Rechtssachverständigen der Entschädigungskommission hat in ihrem Bericht über denZ Vertrag von Rapallo gefunden, daß Deutschland durch diesen ^ Vertrag die Artikel 236, 248 und 260 des Vertrags von Ver­sailles verletzt hat. (Die Rechtsgelehrten der Konferenz von Genua konnten bekanntlich eine solche Verletzung nicht ent­decken.)

Lloyd George bleibt Frankreich gegenüber fest.

Paris, 2. Mai. Obwohl man, wie die französischen Blätter übereinstimmend melden, in den Kreisen der französischen Delegation das strengste Stillschweigen über.die Unterredung bewahrt, die Lloyd George am Samstag mit Barthou gehabt hat, glaubt einer der Sonderberichterstatter desTemps" in Genua besräligen zu können, Saß Lloyd George mit außcrorSenttt/hrr Heftigkeit darauf bestanden habe, daß, um unüvextcate und überstürzte Entschließungen zu vermeiden. Sie ferenz der Signatarmächte von Versailles vor dem 31..

Mai «nd in der Umgebung von Versailles zusammen, trete. Trotz der Einwände Barthous habe der eng­lische Premierminister seinen Standpunkt aufrecht er­halten und jenen gebeten, ihn in Paris zur Kenntnis zu bringen.Gewisse englische Kreise", fügt der Korre­spondent hinzu,machen übrigens aus rhrer Absicht kein Hehl, daß der Vertrag von Versailles in gewissen Punkten abgeändert werden müsse in Berücksichtigung der Verständigungen und Wandlungen, die seit seiner "Redaktion stattgefunden hätten, zumal dieser, wie eine Persönlichkeit aus der nächsten Umgebung Lloyd Georges sich ausgedrückt habe, in einer Atmosphäre von Blut und Haß erzeugt sei."

Tie Stellung der Neutralen zu den Friedensverträgen.

Zürich, 2. Mai. In dem Unterausschuß, der die Verschmelzung des englischen und französischen Me­morials redigiert, ergriff der schweizerische Bundes­rat Malta die Gelegenheit, um einmal genau die Stel­lung der Neutralen zu den Kriedensverträgen darzu­legen. Er betonte, wird sind mit dem Willen zur Mit­arbeit nach Genua gekommen, um unsererseits zur Pazifizierung der Welt beizutragen. Die Fliedens­verträge sind Abmachungen unter Dritten und Tat­sachen, die wir nicht ignorieren dürfen. Aber unsere Stellung und unsere Vergehen sind nicht die gleichen, - wie die derjenigen, die sie unterzeichnet haben. Un-- sere Enthaltung darf daher nicht als unfreundlich Haltung aufgefaßt werden, denn wir wollen mögnwst zu einer Versöhnung, statt zu einer Entzweiung dec .M^ Geister beitragen. M

Barthous Antwort, an Tschitfchcrin.

Genua, 2. Mai. Der Brief Tschitscherins, in dem dieser gegen die Auffassung Protestiert, als enthalt der Rapallo-Vertrag Irgendwelche geherme Bunv Paraqraphen, ist gestern von Barthou beantwortet worden. Der Chef der französischen Delegation er U rt. daß er den Brief noch am Sonntag abend an Poincare weiteraeleitet Labe und daß er.