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Neues vom Tage.

Reichskanzler Dr. Wirth über Genna.

' Berlin, 10. April. Reichskanzler Dr. Wirth emp­fing vor seiner Abreise nach Genua einen Korrespon­denten derUnites Preß". Dr. Wirth erklärte u. a.. er gehe nach Genua mit demselben Gefühl, wie die meisten anderen Staaten, nämlich mit nur schwa­ch enErwartungen. Trotzdem betrachten wrr, sagte der Kanzler, Genua als einen weiteren Schritt nach vorwärts. Die Währungsfrage ist nicht die erste Frage. Wenn man aber eine Währungs­reform für Deutschland vorbereiten will, müssen auch die Ursachen des Währungselendes beseitigt werden. Man spricht von einer Währungsreform unter frem­den Anleihen, aber jede Anleihe verlangt eine Basis, die man aber nur dann findet, wenn die Reparations­probleme selbst eine wirtschaftliche Grundlage erhal­ten. Trotzdem ist Genua für Europa außerordentlich bedeutungsvoll, denn es ist der erste Schritt zur An­näherung der europäischen Nationen.

Dr. Rathenau über Genua.

Berlin, 10. April. Einem Vertreter desBerliner Tageblattes" erklärte der Reichsminister des Auswär­tigen Dr. Rathenau auf dem Bahnhofe noch kurz vor seiner Abreise u. a.: Wir gehen mit dem ern­sten Willen zur fruchtbaren Arbeit und mit großer Hoffnung nach Genua. Aber ich möchte nicht, daß die Hoffnungen im Lande zu weit gespannt werden, denn auf zu weit gespannte Hoffnungen könn­ten leicht Rückschläge erfolgen. Genua kann der An­fang zu einer Reihe neuer Konferenzen sein und der erste Schritt zu einem Wiederaufbau der Welt.

Tie Konferenz von Genua.

/Genua, 10. April. Von der deutschen Delegation hatte unmittelbar nach ihrer Ankunft im Hotel der Reichskanzler und der Minister des Äeußern mit dem Italienischen Ministerpräsidenten de Facta und dem italienischen Außenminister Schanzer eine län­gere Besprechung über das Programm von Genua. Voraussichtlich wird Reichskanz­lei Dr. Wirth in der heutigen Montags- Sitzung das Wort ergreifen. Ministerpräsident de Facta muß in wichtigen Angelegenheiten der inneren Politik nach Rom zurückkehren. An seiner Stelle wird wahrscheinlich der Minister des Aeußern, Schanzer, das Präsidium der Konferenz übernehmen. Dentschland in den 4 ArbeUskommissionen in Genna vertreten.

'. Berlin, 10. April. Wie die T. U. von zuständiger Stelle erfährt, werden auf der Konferenz von Genua h Arbeitskommissionen aufgestellt, eine für allgemeine Fragen, eine für Wirtschaftsfragen, eine für Finanz­fragen und eine für Verkehrsfragen. Deutschland stellt für jede dieser Kommissionen je 2 Mitglieder. Annahme der Bedingungen von Cannes durch die Russen.

' Genna, 10. April. Die russische Delegation in Ge­nua hat die in Cannes für ihre Teilnahme an der Konferenz festgesetzten Redingungen diskussionslos und restlos angenommen. Sie wird diese Annahme in der heutigen Rede des Volkskommissars Tschitfcherin auf der Eröffnung offiziell bestätigen. Dieses Vorgehen der Russen hat in allen Konferenzkreisen einen guten Eindruck gemacht und man siebt infolgedessen den beginnenden Konferenzarbeiten mit mehr Optimismus entgegen. 7"

Die ungünstige NuterSringung der Russen in Genua.

Genna, 10. April. Die russische Delegation und die übrigen mit ihr untergebrachten Sowjetabgeordneten erklärten sich mit der'Wahl ihres Quartiers außerordentlich unzufrieden. Die Villa Sancta Marguerita sei sehr ungünstig gelegen und in den letzten Tagen haben sich wirklich stärke Störungen im Verkehr mit der Moskauer Zentrale bemerkbar gemacht. Unter diesen Umständen hat der fortgesetzte Meinungsaustausch mit der russischen Hauptstadt stark gelitten. Der Wunsch der Russen, in Genua selbst un­tergebracht zu werden, taucht wieder auf. Ihnen ist vor allem daran aeleaen. den direkten Drakt nach Ber­

lin zu bekommen, der von dort aus eine direkte Ver­bindung mit Moskau eingerichtet worden ist.

K al Pascka inossizieller Beobachter in Genua.

Genna, 10. April. Aus Brindisi wird die Ankunft Kemal Paschas gemeldet, der sich als inoffizieller Be­obachter nach Genna begeben will.

Zum Tode des Generals von Falkenhayn.

Berlin, 10. April. Beim Sohne des verstorbenen Generals von Falkenhahn sind bereits Beileidskund­gebungen des ehemaligen Kaisers, des Zaren von Bul­garien, sowie vieler Generäle eingelaufen.

Die Antwortnote nach Paris abgsgangen.

Berlin, 10. T, .. Die Antwortnote der deutschen Regierung an die Reparationskommission ist, wie die Berliner Zeitung" hört, am Samstag nachmittag direkt nach Paris gesandt worden. Sie wurde heute nach­mittag in Paris übergeben.

Der neue schweizerische Gesandte in Berlin.

Bern, 10. April. Minister Carlin, bisher im Haag, ist zum schweizerischen Gesandten in Berlin ernannt worden.

Tie Behauptung Poincares von Bayer« ans dementiert.

München, 10. April. An seiner letzten Rede vom 6. April hat der französische Ministervräsident Poin- care auch die Behauptung aufgestellt über eine angeb­liche militärische Ausbildung der bayerischen Schupo und habed arauf erklärt, die Münchener Polizeiwehr habe eine Schiabteilung von 3 Kompagnien gebildet, dis nach dem Reglement des 0. Jägerregiments in Kempten ausgebildet werde. Dazu wird von amtlicher bayerischer Seite festgestellt, daß der Bericht, auf den der französische Mrnisterpräsident Poincare sich bei seiner Mitteilung stützt, in allen Einzelheiten von An­fang bis Ende erfunden ist.

Frankreich will das Rheinland erheiraten. '

Kreuznach, 10. April. Vom Oberkommando der fran­zösischen Armee ist an die interalliierten Kommando­behörden eine geheime Anweisung ergangen, bei Heirat von Angehörigen der französ schen Besätzungstruppen mit einer Rheinländern«, deren Herkunft als Rhein­länderin einwandfrei feststeht, in Zukunft keinerlei Schwierigkeiten mehr zu machen. Das ist der neueste Weg in di: Herzen der Rheinländer, den Frankreich einschlägt. Kann es das Rheinland nicht mit Gewalt oder List erobern, so will es jetzt mit Hilfe der Sol­datenliebe das Land erheiraten. Dazu gehören aber nicht nur liebebedürstige Poilus, sondern auch die nö­tigen Nheinländerinnen. Die aber werden den Landes- fernden auf ihre Werbungen die Antwort nicht schuldig bleiben, die in solchen Fällen eines deutschen Mädcheys würdig ist. '"'

i t Ein Attentatversuch in Irland.

London, 10. April. Auf den irischen Führer Mi­chael Collins wurde gestern von den Republikanern ein Attentatsversuch unternommen. Man versuchte, den Zug, den Collins von Dublin aus nach Wexford benutzen wollte, zum Entgleisen zu bringen. Collins entging dadurch einem Unglück, daß er noch im letz­ten Augenblick von der Benutzung des Zuges a^^y.

Die offizielle Sprache in Genua.

Genua, 10. April. Es ist vereinbart, daß als offi­zielle Sprache englisch und französisch gelten soll, auch die italienische Sprache soll zugelas­sen werden.

General Erich von Falkenhayn gestorben.

Berlin, 10. April. General der Infanterie Erich von Falkenhahu, der frühere preußische Kriegsmiuister und zweiter Chef des Gsneralstabs, ist am Samstag auf Lindstedt bei Wildpark gestorben.

Churchill für den Dreibund mit Deutschland.

Paris, 10. April. Der englische Minister Churchill hat am Samstag in Dundee eine Rede gehalten, in der er von seiner Lieblingsides, von einem englisch- französisch-deutschen Dreibund sprach. Man habe Deutschland noch kein positives Angebot gemacht; aber die erste Etappe zu dem neuen Dreibund sei der Abschluß des englisch französischen Paktes.

Wechsel im Vorsitz der Reparationskommission.

Paris, 10. April. Wenn auch eine amtliche Mittei­lung darüber nicht vorliegt, so ist es jetzt doch außer Zweifel, daß Dubois demnächst von seinem Posten als Vorsitzender der Reparativnskommissian zurück - treten wird. Als sein Nachfolger wird der zweite Vertreter Frankreichs in der Reparationskommission. Maucler, genannt. Maucler ist Vorsitzender des Ga­rantie-Ausschusses und Geueralkommandeur der fran­zösischen Armee.

Württemberg.

Nitsplittgen, OA. Spaichingen, 10. April. (Früh verdorben.) Ein frecher Cinbruchsdiebstahl wurde bei der Händlerin Mäckle verübt. Sie verließ für eine Vier­telstunde ihren Laden im unteren Stockwerk, um in der Wohnung oben etwas nachzusehen. Ms sie wieder her­unterkam, fand sie die geschlossen gewesene Ladentür und auch die Kasse offen und beraubt. Es fehlten etwa 1000 Mark. Der Verdacht lenkte sich sofort Lus den hier zur Zeit als Schreinerlehrling beschäftigten, von Renquishau- seu gebürtigen Heinrich Müller, was sich auch bestätigte- Es wurden bei ihm noch 960 Mk. vorgefunden,

schramberg, 10. April. (Tödlicher Sturz.) In einem Seitentälchen bei Schappach wurde auf einer mit dem Rad unternommenen Geschäststour der Teilhaber der Weißgerberei I. I. Trautwein Söhne in Schiltach, Weißgerber Friedrich Trautwein, vom Tode ereilt. An einem steilen Abhang scheint er, lautSchramb. Ztg.", die Herrschaft über das Rad verloren zu haben, so daß er mit diesem in den durch die Schneeschmelze ange­schwollenen Bach neben der Straße stürzte, wo er, durch den Sturz bewußtlos geworden, ertrank. Seine Leiche wurde eine halbe Stunde nach dein Vorfall aufgefunden und zur gerichtlichen Obduktion nach Wolfach verbracht.

Rotteubttvg, 10. April (Jubiläum desLie­derkranzes".) Die Vo.b.rcitungeu des Liederkranzes auf sein in Württemberg bis jetzt einzig dastehendes 100- jähriges Jubiläum am 8. und 9. Juli ds. Js., verbunden mit Bannerweihe, sind in vollem Gauge. Das Inter­esse in Sängerkreisen an diesem seltenen Feste ist weit ins Land ein sehr reges, so daß niit einer großen Teil- nehmerzahl zu rechnen ist. An über 250 Gesangvereine sind Einladungen ergangen.

Talheim, OA. Rott.ttburg, 10. April. (Gluck,im Unglück.) Der Bauer Bernhard Heinz kam am Don- aufmerksam, die den dem Ersticknngstode nahen aus nerstag abend bei der Dunkelheit dem zur Zeit mit Schlamm und Wasser gefüllten Straßengraben in der Nähe vom Lamm zu nahe und ßürzte hinein. Alle Ver­süße, wieder h-erauszukommeu, waren b i ihm vergebens. Durch das Stöhnen und Schluchzen wurden Nachbarn seiner üblen Lage befreiten.

Ebingen, 10. April. (Seltene Feier.) Bei einer Abendfeier anläßlich des 80. Geburtstages des Obcr- studienrats Tr. Hehle begrüßte Laudgenchtsrat Breucha den Jubilar, Stadtschultheiß Locher gedachte der Ver­dienste des Ehrenbürgers um die Stadt. Negierungsrat Quintenz und Dekan Zimmermann beglückwünschten den Jubilar als Forscher und Verschönerer der Stadt- und Marienkirche. Die Pfarrgemeinde und das Landkapitel haben Grund, ihm dankbar zu sein. Redner teilte mit, der Bischof habe Gratulation und Segen gesandt. Stu­diendirektor Dr. Krieg üb.-rbrachte Tank des Gymnasiums und der Realschule für das segensreiche Wirken des ein-' fügen Rektors, Studienrat Bkankenhorn den Dank der ehemaligen Schüler.

Albeck, OA. Ulm, 10 Ap .il. (Tot aufgefunden.) Der Landwirt Georg Fadcnbauer wurde im Wald neben seinem Fuhrwerk tot aufgesunden. Ein Schlaganfall hat sein jähes Ende herbeige führt.

Altshausen, 10 .April. (Gestörter Holzv er­kauf.) Der vom Herzogl. Forstamt anbcranmte B.'ig- holzverkaus konnte ni^ -- >w'fiihrt werden. Nach

Ein Maienglück.

Originalroman von C. Wildenburg.

40. (Nachdruck verboten).

.Ralph Guntram Hatte still mit leuchtenden Augen bei­seite gestanden und neidisch den Liebkosungen zugeschaut, - die Wilma austeilte. Da wandte sich diese auch an ihn: ^,,Ja, lieber Freund, Ihnen muß ich zunächst einmal schön danken für alle Ihre treue Hilfe." Tann wurde Hm ein echt kameradschaftlicher Händedruck zuteil, der so herzlich ausfiel, daß er wohl Treue für das ganze Leben bedeuten konnte.

Ralphs Gesicht glühte in dunklem Braun, er beugte .sich tief auf die schlanken und doch so arbeitssamen Finger nieder, und drückte einen heißen Kuß auf die Hand seines Idols, die er so gern für sein Leben be­halten hätte.

Und als dann Wilma aussah, und sein Bück den ihren Dreiste, da mußte sie sich zum erstenmal in glücklichem Erröten abwenden. Es war nur eine Sekunde gewesen und doch.-

^ In Lillis Augen aber, die die Beiden beobachtet hatte, Ächte der Schalk auf, sie hatte also doch richtig gesehen.

>Ach, wie ich mich freue", platzte sie heraus.

Wilma sah sie erstaunt an, aber Ralph hatte sie ver­standen und lächelte.

Bei dem solennen Diner zu Dritt, das an diesem Abend in einer kleinen Weinstube folgte, klang Helles Lachen zwischen dem Klingen der Gläser, in denen die

Sektgeisterchen in schillernden Kugeln,aufstiegen.-

In Wilmas Herz aber sangen und jubelten die Stim­men immerzu dasselbe Lied: unabhängig, fast reich durch

eigene tatkräftige Arbeit.-

< -.Die nächsten Tage waren ein getreues Abbild des ersten, und der arme Guntram hatte wirklich eine schwere Prüfungszeit, denn Wilmas Stand war von den Herren WEch belagert.

Gnädigste, mir noch eine Orchidee ins Knopfloch", rief ein alter Offizier enthusiastisch.

Schönste Blumenkönigin, für mich noch drei Tube­rosen."

Wilma bediente alle mit dem gleichmäßig kühlen ge­schäftsmäßigen Lächeln. Nur wenn mal eine andere Be­stellung laut wurde, wie zum Beispiel:

Gnädigste, geben Sie mir von den blutroten Nelken etwas ab". Und wenn dann Wilma schleunigst danach griff und der Andere schmeicheln wollte:

Nein, ich meine ihre Lippen", fertigte sie den Zu­dringlichen so ab, daß er das Wiederkommen vergaß.

Sie hatte ja durch die Episode mit Graf Dieter eine gute Vorschule genossen.

Aber der arme Ralph quälte sich doch.-

Konnte sie sich nicht vielleicht doch in einen dieser Elegents verlieben, die sie so umschmeichelten und die sich nach ihrer Jugendschönheit sehnten!?

Er ahnte ja nicht, wie Wilma gegen derartige Leute gefeit war; sie lockten ihr höchstens ein kühles Lächeln oder entrüsteten sie sogar.

Ich bin ein moderner Tantalus", schüttelte der Eifei süchtige eines Abends Lilli sein Herz aus.

Doch die lachte ihn aus.Aber, Herr Guntram, sehe Sre doch nur wre Fräulein Wilma sie alle kühl ab'ertiq sie opfert sich dem Schöntun dieser Herrn doch nur cu Minuten um der Wohltätigkeit willen."

des Gesicht ^ '""klich?" Guntram machte ein zweifelt

- (L ' - uilgllluoigcr L-yomas, sie hat e doch selbst ge,agt, wie langweilig und lästig il» Sorte ist." > » >

Lilli machte eine kleine Daumenbeweguna nac Kavalieren hin.

Ralph drückte dankbar die Hand' der Kleinen.Ach, daß Sre wahr ae,machen hätten", meinte er selia.

Die Bestellungen auf Ausstellungsgegenstände nahmen 7 täglich zu, und Else Schauveling, die mit ihrem Manne 7 verreist gewesen und so erst ein paar Tage später- in 4 der Ausstellung erschienen war, hatte nun viel Mühe, s Wilma etwas abzulenken. Ralph stutzte, als er Wilmas i Jugendfreundin vorgestellt wurde.Schauveling s Schauveling?" er strich sich mit der Hand über j die Stirn,den Namen muß ich schon gehört haben, i meine Gnädigste." t -

Und am Abend, als alle zu einem kleinen Souper im Hause des Bankiers zusammen waren, kam es heraus, daß Guntram und Schauveling Schulkameraden waren. Sie waren aus derselben Stadt gebürtig, und es war daher ein lustiges und vertrautes Wiederfinden, das auch die beiden Damen hoch erfreute und alle noch rascher mitein­ander bekannt werden ließ. Um Wilma aber schien die Sonne.-

Licht, Licht aus allen Seiten, wohin sie sah.

Und heiß und glühend begann die rote Lebenssonne in ihrer einzig wahren Gestalt an ihrem Horizont aufzn- ! gehen. -

Wilma empfand es genau; das andere war nur ein häßliches und störendes Wetterleuchten gewesen.

Jetzt strahlte aber die Sonne heiß und glühend aus Blumentempelchen herab. Schimmerten nicht mit einem s Mal ihre Schätze in leuchtendem Glanze? Die Orchi­deen zeigten tausend Färbest, die Rosen gingen in das Tiefrot der Liebe über.- . :

Oder kam es nur daher, weil der kleine lose Gott hier plötzlich Quartier genommen hatte? Er hielt auch treue Wacht, als Gras Dieter eines Tages, als die Aus­stellung ihrem Schluß entgegenging, an dem Stand vorüberflanierte und prüfend seine Blicke Hineingleiten ' ließ. .

(Fortsetzung folgt.)