(Enztalbote)

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Hummer 276

Ferur^ 178

V!?i!äba<j, vonnerstsg äen 24. November ld21

Fernruf 179

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Tagesspiegel.

Zu der gestrigen Meldung derRoten Fahne" über einen Hungerstreik der politischen Gefangenen in dev Strafanstalt Tegel -ei Berlin erfährt derBerliner ^ Lokalanzeiger" von der Direktion der Strafanstalt, daß lWo>on einer Belegschaft von 1500 Mann nur 6 Häftlinge Hungerstreik befinden. Diese sind sofort isoliert H'und nnter ärztliche Beobachtung gestellt worden. Sie werden nötigenfalls zwangsweise ernährt werden.

Die Pforte in Konstantinopel soll Mitteilungen er­halten haben, daß in London Friedensvorschläge aus- gearbeitet werden, die auf der Washingtoner Konferenz vargclegt werden sollen. Die Griechen wollen an­geblich eine Linie Enos (am Aegäischen Meer)-Mi- dia (am Schwarzen Meer) als türkische Grenze in Europa und eine selbständige Regierung in Smyrnä unter einem griechischen Gouverneurannehmen": In Konstantinopel glaubt man nicht, daß die nationalistische Regierung in Angora auf diese Vorschläge eingehen wird.

Renter meldet ans Washington, daß die Frage der Rüstungen zu Lande endgültig erledigt sei und zwar infolge der Rede Briands, in der man den Beweis" dafür sehe, daß unter den gegenwärtigen Verhältnissen irgend eine Regelung der Frage der : Landstreitkräste unmöglich sei. Eine abgekartete rrj Sache!

Hi Wie aus Madras (Indien) gemeldet wird, sind zwi- , schen dem 11. «nd dem 13. November 232 Moplah- Stusständische getötet und 64 gefangen genommen wor­den. Amtlichen Berichten zufolge erlitten 64 gefangene Moplahs während ihrer Beförderung in geschlossenen Eisenbahngepäckwagen den Erstickungstod. Eine Un- suchung ist angeördnet.

1 Prozent.

Seit der ersten. Entschädigungszahl ng am 1. August d. I. gingen die Devisenkurse stark nach oben und es setzte eine neue sogenannteKatastrovhenhausse" an den deutschen Börsen ein. Rein wirlscha t ich betrachtet voll­zieht sich darin die Anpassung der Bewertung der Di- vidcndenpapiere an die durch die Geldentwertung her- vorgerusene höhere Bewertung aller Sachwerte in Pa­piermark. Aktien und Kuxe bilden eben Anteilscheine an Unternehmungen und stell.m somit einen Teil der viel­genannten Gold- oder Sachwerte dar. Infolge der ge­waltigen Steigerung der Kurse werfen aber die Divi­dendenpapiere heute, worauf die ,D. Tagesztg." mit Recht aufmerksam macht, eine ganz außerordentlich niedrige Verzinsung ab. Diese niedrige Verzin­sung ist den Käufern aber völlig gleichgültig, da sie ja nicht auf diesen Papieren sitzen bleiben wollen, sondern nur an dem Kurs zu verdienen die Absicht haben. Es ist ihnen völlig gleichgültig, welche Dividende ein Unternehmen ausschütten kann,' wenn nur die Aktien M Kurs steigen und durch Kapitalserhöhungen ihnen womöglich noch wertvolle Bezugsrechte in den Schoß fallen.

Sieht man sich die Kurse unter Vergleichung der letzt- gezahlten Dividenden an, so sind Verzinsungen von etwa ^ Prozent bereits ziemlich zahlreich zu entdecken. Die es Nichtberücksichiigen der Erträge aus den Aktien und Kü­ken ist das Kennzeichen des Spekulationstaumels, der alle Welt erfaßt hat. Klagt doch sogar das Korre- spondenzblatt des sozialistischen Gewerkscha tsbunds, daß auch Arbeiter sich Börsenzeitungen kaufen und speku­lieren.

Durch die gewaltige Steigerung der Kurse der Ti- bwendenpapiere werden die Vermögen, o^ec vielmehr die -Papierkapitalvermögen, gaüz ungeheuerlich gesteigert. Es Pot heute in Deutschland bald Millionäre wie Sand am Er, und der Reichsfinanzminister freut sich schon auf ^ we gewaltigen Einnahmen aus dem Vermögens zuwachs i aus der Nachkriegszeit. Dem Reichstag ist jetzt das große ! «teuerbündel unterbreitet worden, worin auch die starke ; Egsteuerung dieser Gewinne aus der Spekulation zu > Puden ist. Ob es eine reiche Ernte werden wird? Wir wollen nur darauf Hinweisen, daß diese Papiere alle .hl Kurs unterliegen. Es wäre nicht das erstemal, daß 'pfolbe einer steuerlichen Maßnahme ein Kursrückschlag -Antritt, der den gan en herrlichen Reichtum in ganz "wzec Zeit sehr stark verflüchtigen und damit denVer-

! mögenszuwachs" nach dem Krieg größtenteils, wenn nicht . ! ganz hinfällig, werden-läßt. , f

Alle festverzinslichen Werte stehen heute ganz außerordentlich niedrig, namentlich aber sind es die Staats- und Reichspapiere, während die Pfandbriefe und Obligationen wesentlich besser bewertet werden. Bei den am schlechtesten im Kurs stehenden festverzinslichen Pa- : Pieren springt eine Verzinsung von 6 bis 7 Prozent her- > aus. Allein selbst diese Verzinsung kann zum Festhalten nicht reizen, wenn sie unzureichend ist zur Beibehaltung der früheren Lebensführung und weil man das Kapital dahinschwinden sieht. Dann wird sehr oft der Besitz gewechselt, um aus Dividendenpapieren mit Hilfe der Kurssteigerungen sich die größeren Einnahmen zu ver­schaffen und das Kapital entsprechend zu vermehren. Nur eine Sorge beschleicht im stillen diese-sich wider Willen der Börsenspekulation zuwendenden Kreise, ob sie auch zur rechten Zeit wieder den Weg. zurück zu denFest­verzinslichen" finden werden. Zu den Festverzinslichen mit den reicher fließenden Erträgen, die man zudem zu einem so außerordentlich niedrigen Kurs erstehen kann, ' die allerdings dem Nennwert nach ein geringeres Ka­pital darstellen.

Jeder leise auf eine Baisse gerichtete Börsenwind läßt sie erschauern. Solange die Inflation (die starke Papier- geldherstellung) fortdauert und die Devisenkurse immer weiter steigen und damit die Mark immer weiter ent­wertet wird, (staubt man ohne Sorge sein zu dürfen. Kommt doch rmmer neues Geld in den Verkehr, dass soweit es nicht für den Tagesverbrauch umläuft, nach Anlagemöglichkeiten sucht. Und diese An agemög.ichk.itcn werden ihm durch Scha'fnng von immer nmen Aktien- Ausgaben geboten. In olge der steigenden Aktienfnllc aber verbreitert sich das Geschäft an der se immer mehr. Mit den allen Einrichtungen und dem alten Per­sonal ist die Arbeit nicht mehr zu bewältigen gewesen. Trotz Einlegung von Börsen eiertagen und schließ ich der Beschränkung des Verkehrs auf zwei Tage in der Woche ist man auch noch nicht zu einem normalen Funktio­nieren des Betriebs gekommen. So hat man denn zu dem Mittel des passipen Widerstands gegriffen -und be­stimmt, daß ab 1. Dezember nur noch Börfena'oschlüsse von je 5000 bzw. 6000 Mk. nominal von den ver­eideten Maklern angenommmen werden.dür eu. Diese Er­schwerung des Verkehrs trifft in erster Linie die kleinen Kapitalisten, die weniger als 5 Aknen von einem Pa­pier besitzen.

Inwieweit diese Maßnahme oder die erhöhten Börsen­umsatzsteuern oder auch andere Vorgänge zu einem leich­ten Schwanken des Kursgebäades in der verflossenen Woche geführt haben, bleibe dahingestellt. Tatsache' ist, daß sich die kleine Spekulation noch nicht hat eiuschüch- tern lassen. Darüber, daß einmal der große Tag kom­men wird, wo die Frage nach dem Ertrag des Papiers statt nach dem Kursgewinn die ausschlaggebende Rolle spielen wird, darüber sind sich alle Gelehrten der Bölle einig. Nur fragt es sich, wann wird er kommen? Wird er durch steuerliche Maßnahmen herbeigeführt werden oder wird er durch die Befestigung des Werts der Mark, womit naturgemäß die Spekulationshausse ihr Ende fin­det, sich einstellen? Auf jeden Fall werden die Maß­nahmen der Wiederherstellungskommission die wichtigste Rolle spielen. Wenn auch die Frage des Moratoriums, 'd. h. die Stundung der Zahlungen an die En.eute, für die ersten beid.n Termine im Januar und Februar des nächsten Jahres noch nicht in Frage zu kommen scheint, so wird diese nun einmal aufgeworfene Frage sicher nicht zur Ruhe kommen. Rückt das Moratorium aber einmal in greifbare Nähe, dann besteht die Aussicht, daß es nur unter der Bedingung gewährt wird, daß mit der^Notendruckerei in Deutschland unbe­dingt Schluß gemacht wird, weil sonst jedes Mo­ratorium zwecklos wäre.

Neues vom Tage.

Maßnahmen gegen den Wucher. i

Berlin, 23. Nov. Das Reichskabinett trat heute zu- ^ sammen, um Maßregeln gegen den Wucher zu erwägen. ! Zunächst sollen die Preisprüfungskommissionen durch stärkere Zuziehung der Vertreter der Verbraucherkreise umgestaltet und der Polizei erweiterte Befugnisse über­tragen werden, damit sie bei Fällen wucherischer Preis- , treiberei sofort einschreiten kann. »

Elreiskommandos der Polizei prüfen die Lebens­mittelgeschäfte auf Preistreiberei. Etwa 100 Inhaber wurden bis jetzt zur Anzeige gebracht. Außerdem wur­den erhebliche Mengen von Lebensmitteln gefunden, von denen angenommen wird, daß sie zum Zweck späterer Preiserhöhung zurückgelegt worden seien. - Revolution, nicht Revolte.

Berlin, 23. Nov. In fünf Versammlungen der Kom munistischen Partei wurde ausgesührt, durch die Plün­derungsrevolten werde die proletarische Kraft nutzlos verpufft, nur eine große Revolution könne zum Ziel führen.

Aus dem Berliner Stadtparlament.

Berlin, 23. Nov. In der gestrigen Stadtverordneten­versammlung wurden zu Stadiverordnetenvorstehern und Stellvertretern Fabian (D natl.), Oberma ec (Dem.) und Schwarz (D.Vp.) gewählt. Zu Beisitzern und deren Stell­vertretern wurden nur bürgerliche Stadtverordnete ge­wählt.

Gehaltserhöhungen im Ruhrbergbau.

Berlin, 23. Nov. Nach demBerl. Lokalanzeiger" führten die Essener Verhandlungen zwischen dem Zecheu- verband und den Verbänden der technischen und kaufmän­nischen Grubenangestellten zu einem llcbereiukommen, wo­nach die Gehälter um 42 Prozent erhöht we den. .Haus­standsgelder und die Kinderzulagen werden um je 200 Mark monatlich erhöht. ^

Gründung der Main-Donan-Stromverband A. G.

München, 23. Nov. Wie im Staatshaushaltsausschuß des Landtags mitgeteilt wurde, wird nächsten Montag die Gründung der Aktiengesellschaft Main-Donau- Stromverband erfolgen. Das Reich soll daran mit 45 Prozent und Bayern mit 35 Prozent des Aktien­kapitals beteiligt sein. Ausgegeben werden voraussicht­lich 600 Millionen Mark in Stamm- und 600 Millio­nen Mark in Vorzugsaktien, sowie 300 Millionen Mark in Obligationen. Es ist auch mit einer recht lebhaften Beteiligung der interessierten Körperschaften zu rechnen.

ExPlosronsnnglLck in Ludwigshafen.

Mannheim, 23. Nov. In der Bleilöterei der -Bad. Anilin- und Sodasabrik platzte ein Kompressor. Der mit dem Füllen der Wasserstosfplombe beschäftigte Ar­beiter Wilhelm Gütz aus Mundenheim wurde dabei getötet, während der Arbeiter Georg Koch aus Lud­wigshafen sehr schwer verletzt wurde. 8 weitere Ar­beiter wurden mehr oder weniger schwer verletzt.

Französische Zwangsmaßnahmen gegenüber Deutschland?

Paris, 23. Nov. Ter nationale Block tritt in der Befürchtung einer baldig eintretenden Zahlungsuu'ä- higkeit Deutschlands dafür ein, daß Deutschland für diesen Fall ein Mo a o. ium er ei t wird unter Gewäh. rung gewisser Sicherheiten. Als Sicherheiten werden vorgeschlagen: 1. Eingehende Kontrolle der Finanz. Wirtschaft und 2. Kontrolle der Produktion der Hauvr- industriezweige. In London ist man der Anftckl, daß die Produktionskontrolle sich auf das Nuhrgcvect beschränken werde. Gleichzeitig verlautet, daß der französische Generalstab Anordnungen getroffen had«, zwei Divisionen beschleunigt mobil zu machen.

Entmündigung Deutschlands.

Paris, 23. Nov. Der französische Handelskammer- tag hat in einer Entschließung zum Ausdruck gebracht, Frankreich müsse aus der Frist zur Ausführung des Friedensvertrags von Versailles angesichts der finan­ziellen Lage Frankreichs bestehen. Man müsse sofort die Kontrolle über die Steuern und die Eisenbahn­tarife fordern, die stets in Golddollar oder zu einem Kurs berechnet werden müßten, der dem Frankreichs, Englands und Italiens gleichkomme.

Stinnes bei Lloyd Georges.

Rotterdam, 23. Nov. Der.Courant" meldet aus London, Geheimrat Stinnes habe sich mit dem deut­schen Geschäftsträger in London, Dr. Sthamer, am Montag früh auf den Landsitz Lloyd Georges beg.ben. Nene Unruhen in Ulster.

Belfast, 23. Nov. Heute wurde in Belfast wieder viel geschossen. Sechs Personen wurden getötet, viele verwundet. Zwei weitere Personen erstickten in ihrem Schlafzimmer, da eine Kugel die Gasleitung zerstörte.

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