(Enztalbote)

Amtsblatt für Wildbad. Chronik und Anzeigenblatt

für das obere Cnztal.

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kricbeint täglich, ausgenommen Sonn- u. feiertags, keeugspreis monatücn Mk. 5.00, vierteljäkrück 15.00 krei ins Haus geliefert: cturcb ctie k>ost bezogen im inneräeutlcken Verkebr Mk. 16.50 einlchlieLüch pvlt- bestellgelä.

/lnreigenpreis: äie einspaltige petit^eile ober äeren kaum 75 pfg., auswärts 85 pfg., keklamereilen 2.50 Mk., bei gröberen Aufträgen kabstt nach ^arif Schluß der Änreigenannabme: täglich 8 Ubr vor­mittags.

b Druck der Buchdruckerei Wildbader Tagblatt: Verlag und Schriftleitnng: Th. Gack in Wildbad.

1 Nummer 259

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el.

2ic Bank von England hat den Diskont von 5 H 2 ans 5 Prozent herabgesetzt.

Bei den Gemeindewahlen in England hat die Ar­beiterpartei in den 78 wichtigsten Städten 36 Sitze verloren und 89 gewonnen.

Tie Polizei in Finnland ist einer kommunistischen Verschwörung a«f die Spur gekommen. In Wiborg sind dreißig Personen verhaftet worden.

Ter Tag des Waffenstillstands (1«. Nov. 1918) wurde durch Beschluß des amerikanischen Kongresses znm Na­tionalfeiertag erklärt. Las hat Wilson mit seinen 14 Punkten auch verdient.

In Indianapolis (Ver. Staaten) sind die Kohlenar­beiter in den Streik getreten, weil ihnen vom Bundesge­richt verboten wurde, die Hafenarbeiter von Wcstvir- ginia znm Beitritt in ihren Verband zu zwingen. Ter Ausstand droht sich auf andere Kohlengebiete aus- zudehneu.

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Ausverkäufe Städte.

Was sich heute in den Grenzstädten Deutschlands ab­spielt, seitdem die Markvaluta in den Abgrund zu ver­schwinden droht, spottet jeder Beschreibung. Dieser Aus­verkauf unentbehrlicher deutscher Gebrauchsgüter geht weit über alles hinaus, was wir bisher erlebten, so arg dies auch sein mochte. Die Schieber aller Länder haben gelernt, den Ausverkauf der valutaschwachen Länder nach allen Regeln der Kunst zu organisieren. Und so müssen denn diejenigen Städte Deutschlands, die der Grenze verhältnismäßig am nächsten liegen, einen entsetzlichen Druck aushalten. Die neue Valutasturmflut droht, ihnen zuerst, dann auch dem übrigen Inland, alles was nicht niet- und nagelfest ist aus dem Lande zu spülen; hinter­her kommen die Immobilien daran. Denn auch der Ausverkauf deutschen Grundbesitzes und deutschen Ka­pitalbesitzes ist in bestem Gang.

Wer mit dänischem Geld (die Krone steht auf 32 Mark) ins Land kommt, fühlt nichts mehr von der Teuerung, unter der der Deutsche leidet. Aus Flens­burg wird berichtet:Die Läden und Kaufhäuser stan­den voll von Dänen, der Einheimische sah diesen Dingen mit gemischten Gefühlen zu. Für ihn bedeutete der Rum­mel eine starke Verteuerung der Lebensnotwendigkeiten. Ä den Straßen Flensburgs hat man nicht einmal wäh­rend der Volksabstimmung so viel Dänisch gehört. Groß­spurig fragt da ein Däne in einem Geschäft, ob er die­sen Tausendmarkschein wechseln könne; leider nein; er reißt ihn durch:Geht es jetzt?"Nein!" Er zer­reißt ihn nochmals und wirft ihn 'weg! Die Stadt ist beinahe ausverkauft. Deshalb halb zieht der Frem­denschwarm weiter nach Süden. Hier winkt Hamburg, tvo sich nun dasselbe Spiel vollziehen wird

In Köln dasselbe Bild. So entsetzt ist die Bevöl­kerung über die Verelendung, daß der Oberbürgermeister um energische, schleunigste Maßnahmen bei der Reichsre­gierung vorstellig werden mußte. DieKölnische Zei­tung" vom 20. Oktober berichtet:Oft dürftig, ja ärm- lich gekleidet suchen die Fremden unsere Ansrüstungs­geschäfte auf und fahren, vom Kopf bis zu den Füßen ueu eingekleidet, wieder nach Hause. Außerdem belegen sie natürlich unsere Gasthöfe, so daß die deutschen Gäste M kurz kommen. Dek Stand der Mark erlaubt den Leu­ten ja heute nicht nur den flüchtigen Besuch eines Grenz- prts, sondern sie können es sich leisten, in aller Ruhe m der Fülle von Erzeugnissen deutscher Arbeit, wie ße in einer Großstadt wie Köln vorhanden ist, auszu- iuchm. In den Grenzorten wird, mit Hilfe von Auto­mobilen, Karren usw. die gekaufte Ware weggeschafft.

Der Obcrpräsident der Rheinprovinz hat nunmehr eine Polizeivevordnung erlassen, die den Kleinhandelsverkaus uu Ausländer und die Vermittlung solcher Verkäufe an musländer bis zum 5. November einschließlich verbietet, soweit es sich nicht um die Deckung eines augenblicklichen mengenden persönlichen Bedarfs handelt.

Wenn in Köln besonders Leute aus Holland hervvr- treten und neben ihnen Belgier, Engländer und Fran­zosen in Scharen kaufen, so sind es im Südwesten vor Mlem die Franzosen und die Luxemburger, die Deutschland arm kaufen. Auch hier handelt es sich nickt

Mjläbsä, fpeilag ciev 4. klovembei 1921

mehr um Einzelfälle, sondern um eine Massenerschei­nung. Täglich wird Saarbrücken überschwemmt von Menschen, die aus Lothringen und Luxemburg her­überkommen, um den billigen Einkauf in Deutschland zu genießen. Die Eisenbahnen können den Verkehr nicht mehr bewältigen, so daß Autos und Wagen in Massen für die Fahrt nach Saarbrücken benutzt werden. Mitte Oktober sahen sich die Geschäfte genötigt, in der zweiten Mittagsstunde zu schließen, da das Personal infolge Ueber- anstrengung nicht mehr arbeitsfähig war.

Sehr beachtlich sind die Vorschläge der Handelskam­mer in Trier: Jeder Luxemburger, der die Grenze überschreitet, hat für einen eintägigen Aufenthalt 7Hz Franken, für einen mehrtägigen 18^2 Franken, und zwar in Franken zu entrichten.

In Kehl am Rhein geht es ganz ähnlich zu. Hier sind es Elsaß-Lothringer und Franzosen, die vom frü­hen Morgen bis in die späte Nacht auf französischen Autos über die Rheinbrücke ins Land fallen. Auf viele Millionen Mark belaufen sich die Waren, die ins Elsaß abgewandert sind. Steht doch der französische Franc ungefähr 12 Papiermark im Wert gleich.

Dasselbe Bild an der tsch c ch o-sl o w a kischrn Grenze. So haben in einigen Orten des vogtländi­schen Grenzgebiets die deutschen Geschäftsleute mehrere Stunden am Tag ihre Läden schließen müssen. Ganze Ballen Stoffe und dergleichen werden eingekauft, ganze Ladungen unter Deckadresse bestellt, verteilt und nach und nach in die Tschechei hinübergeschafft. Ja die Tschecho-Slowaken stoßen als Einkäufer selbst bis nach Leipzig, wo sie für Hunderttausende gekauft haben. Sehr beliebt ist eine Reise nach Plauen. Auch auf dem Adorfer Jahrmarkt bestanden jetzt drei Viertel der Besucher aus Angehörigen der Tschecho-Slowakei. Jeder Maxkt, der in der Nähe der Grenze abgehalten wird, zieht eine Un­zahl von ausländischen Besuchern an. Die tschechische Krone, die bis vor wenigen Monaten ungefähr auf der­selben Höhe wie die deutsche Mark hin- und herpendelte, ist jetzt beinahe doppelt so viel wert, so daß es sich schon lohnt, eine Reise nach dem verelendeten Deutschland zu machen.

Andererseits ist durch den Sturz der Markvaluta die Einfuhr von Rohstoffen und Nahrungsmitteln auf das ärgste unterbunden. Der Getreidegroßhandel ist wie ge­lähmt. Für den Doppelzentner Weizenmehl, der an der Berliner Produktenbörse im Juli noch mit 244,08 Mark zu haben war, zahlte man Mitte Oktober 655720 Mk. Roggenmehl, das im Juli auf 225,30 Mk. stand, ist Mitte Oktober auf etwa 550 Mk/ angelangt. Noch är­ger fast sind diese Preissteigerungen am Metallmarkt.

Was soll nun werden? Alle Schutzmaßnahmen, die die deutsche Regierung treffen kann sie sind bitter ^Notwendig und sollten keinen Augenblick hinausgescho­ben werden können das Uebel allein nicht heilen. Dazu bedarf es durchgreifender Mittel, deren erstes und wichtigstes in seiner Bedeutung für die Weltwirtschaft allmählich auch von den Wirtschaftspolitikern und Staats­männern in England und Nordamerika erkannt wird; es heißt: Revision des Friedens von Versail­les. Denn Deutschlands Ausverkauf bringt zwar ein­zelnen Ausländern, zumal Schiebern, Nutzen, aber er schädigt die fremden Volkswirtschaften, deren Produk­tion dadurch der Absatz im eigenen Land verstopft wird.

Neues vom Tage.

Die neue Krise in Berlin.

Berlin, 3. Nov. Wie verlautet, wird der bisherige Preußische Ministerpräsident Stegerwald (Ztr.) nicht j mehr ins Kabinett eintreten, sondern wieder den Vorsitz s der christlichen Gewerkschaften übernehmen oder sich sonst- lie der gewerkschaftlichen Sache widmen. Andererseits hört man, er würde nicht abgeneigt sein, das Wohlfahrtsmini­sterium, das er vor dem Präsidium innehatte, wieder zu übernehmen. Vorläufig wird wahrscheinlich ein Ueber- gangsministerium aus Zentrum, Sozialdemokratie und Demokraten gebildet.

Reichskanzler Wirth hat den deutschen Gesandten in Bern, Dr. Adolf Müller (Soz., früher Redakteur der Münchener Post") nach Berlin berufen. Man glaubt, daß Müller das Reichsministerium des Aeußern übernehmen , werde.

Rechtsfragen in der Verhaftung der Dato-Mörder > Berlin. 3. Nov. Nach derBoss. Zta." hat die spa­

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nische Botschaft in Berlin bisher ein Begehren aus Aus­lieferung der Mörder Datos nicht gestellt. Ueber einen Antrag auf Auslieferung hätte das preußische Justiz­ministerium zu entscheiden und die Frage werde einer sorgfältigen juristischen Prüfung bedürfen, da es sich um einen Politischen Mord handle.

DieRote Fahne" ruft das Berliner Proletariat zu Protestversammlungen gegen die Auslieferung der Mör­der des spanischen Ministerpräsidenten Dato auf.

Die Berliner Gewerkschaftskommission erklärte, wenn der Streit in dem Berliner Gastwirtsgewerbe in drei Ta­gen nicht beigelegt sei, solle der Generalstreik in Berlin zur Anwendung gebracht werden.

Die Funktionäre der Gemeindebetriebe Berlins haben in einer Vollversammlung beschlossen, in sämtlichen Ge­meindebetrieben am 9. November die Arbeit ruhen zu lassen.

Brüder vom Stein".

Dresden, 3. Nov. Im sächsischen Landtag erklärte der Minister des Innern, Lipinski (Unabh.), in Sach­sen bestehe ein Geheimbund derBrüder vom Stein", der eine Fortsetzung der verbotenen Orgesch sei und von der sächsischen Industrie unterhalten werde. Mehrere Was- senlager seien beschlagnahmt. Die Brigade Erhardt und die Organisation Escherich arbeiten mit denBrüdern vom Stein" zusammen für eine Gegenrevolution. Das Leip­ziger Polizeiamt sei angewiesen worden, die Auslösung des Vereins, dessen Mitglieder bestraft werden sollen, her- beizufüh-ren.

Aus der Haft entlasten.

München, 3. Nov. Die am Freitag früh verhafteten 5 Personen, gegen die sich der Verdacht der Mittäter­schaft an dem Anschlag auf den Abgeordneten Auer richtete, ferner 2 weitere Verhaftete sind wieder frei­gelassen worden.

Zeitungen und Steuern.

Berlin, 3. Nov. Bei den Beratungen über die Steu­ervorlagen werden auch die Beratungen der Anzeigen­steuer wieder eine Rolle spielen. Die Vertreter der Zeitungsverleger beabsichtigen, Vorschläge für die Ab­änderung dem Steuerausschuß des Reichstags zu unter­breiten. Gleichzeitig beabsichtigen auch die Annoncen­expeditionen über die Novelle des Umsatzsteuergesetzes einen Abänderungsvorschlag machen.

Französische Ausschreitungen in Oberfchlefien.

Gleitoitz, 3. Nov. Vorgestern abend gegen 8 Uhr erschienen plötzlich in der Lohmeierstraße französische Soldaten, die die Zugänge zum Evangelischen Vereins- Haus absperrten. Es wurde eine Durchsuchung der Räu­me des Vereinshauses vorgenommen und die an einem Uebungsabend teilnehmenden Leute, ehemalige Kriegs­teilnehmer und frühere Schüler der Mittelschule, etwa 60 an der Zahl, verhaftet und nach der Franzosenkaserne gebracht.

Ungarn fügt sich.

Budapest, 3. Nov. Die Regierung teilt,mit, daß sie Beschlüsse des Großen Verbands (England, Frankreich, Italien) durchführen werde.

Die von der Pariser Botschafterkonferenz der ungari­schen Nationalversammlung gesetzte Frist für die Ent­fernung der Habsburger endigt am 8. November.

In der Partei der kleinen Landwirte teilte Minister­präsident Graf Bethlen mit, daß er heute der Natio­nalversammlung einen Gesetzentwurf vorlegen werde, der die Aufhebung der Herrscherrechte König Karls und der Thronfolge des Hauses Habsburg zum Inhalt habe. In dem Gesetzentwurf heißt es:Die Herrscherrcchte König Karls werden amgehobcn. Die pragmatische Sanktion, die die Thronfolgerechte des österreichischen Hauses regelt, hat ihre Wirksamkeit verloren, und somir ist das Recht der freien Königswahl wieder an die Nation zurück­gefallen. Die Nation hält die Staatssorm des König­tums unverändert aufrecht, verschiebt jedoch die Besetzung des Königsstuhls ans spätere Zeiten und weist das Mini­sterium an, zu geeigneter Zeit entsprechende Vorschläge zu machen. Das Gesetz tritt am Tage der Veröffentlichung in Kraft". Die Partei hat dem Gesetzentwurf zugeftimmt.

Das englische KanonenbootGlowworm" (Glühwurm) ist mit Karl und Zita an Bord bei Orsowa von rumä­nischen Donaumonitoren übernommen worden, die es. nach Galatz weiterleiteten. . . ,.