Enztalbote)

Amtsblatt für Wildbad. Chronik und Anzeigenblatt

für das obere Enztal.

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Druck der Buchdruckerei Wildbader Tagblatt: Verlag und Schriftleitung: Th. Gack in Wildbad.

Hummer 240

Fernruf 179

Tagesspiegel.

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In unterrichteten Kreisen bezeichnet man es als wahrscheinlich, daß im Fall einer ungünstigen Ent­scheidung über Oberschlesien der Reichstag früher als beabsichtigt, znsammentreten wird.

Tie irische Konferenz, wurde am Dienstag eröffnet. Es werden nur ganz knappe amtliche Berichte ver­öffentlicht.

Nach derChicago Tribüne" soll die Verbandskom­mission für die Regelung der Besatzungskosten in Brüs­sel am 17. Oktober zusammentreten.

Chicago Tribüne" will wissen, daß König Alexan­der von Südslawien beschlossen habe, zu Gunsten seines ältesten Bruders, des Prinzen Georg, abzudanken. (Alexander ist seit längerer Zeit krank. Prinz Georg hatte 1S0S wegen seines Lebenswandels auf die Rechte des Kronprinzen verzichten müssen.)

In höchster Not.

Kundgebung des Deutschen Ausschusses in Oherschlesie».

Kattowitz, 12. Okt. Der Deutsche Ausschuß für Ober­schlesien hat folgendes Telegramm au den Reichskanzler gerichtet: Mit steigender Beunruhigung hat der Deutsche Ausschuß von d§n Nachrichten aus Genf Kenntnis ge­nommen. Wir können nicht glauben, daß sie richtig sind, denn eine solche Entscheidung wäre eine Katastrophe für das gesamte Wirtschaftsleben Oberschlesiens. Die Ver­gewaltigung des Rechts können wir nicht hinnehmen. Wir rufen in letzter Minute noch einmal das Reich an. Das Zentrum, die Demokratische und die Sozialdemokratische Partei Oberschlesiens haben von sich aus dem Reichskabiuett ihren Standpunkt selbständig dargelegt, daß sie ein Verbleiben ihrer Partei­vertreter im Kabinett einer solchen Ent­scheidung gegenüber für undenkbar halten. So denkt aber auch der Deutsche Ausschuß in seiner Ge­samtheit, in dem alle deutschen Parteien, Gewerkschaften und sonstige ständische Körperschaften Oberschlesieus ver­treten sind. Wir würden es nicht verstehen, wenn diesem neuen Rechtssprnch gegenüber die Reichsregierung nicht die Konsequenzen ziehen würde. Es erscheint uns völlig ausgeschlossen, daß die Reichsregieruug dem Ansinnen des Bölkerbundsrats nachgcben könnte, dem Wechselbalg, den man uns mit demautonomen Wirtjchaftsgebilde" oder ähnlichem unterzuschieben gedenkt, durch die Wirt- > schriftlichen Kräfte Deutschlands Leben einzuhauchen. Wenn der Völkerbnndsrat nicht wagen will, Recht Recht bleiben zu lassen, so müssen wir es von uns weisen, Ge­genstand irrsinniger politischer und wirt­schaftlicher Proben zu sein. Wir fordern unser Recht, wir fordern aber auch von dem Reich, daß es «per Recht verfechte ohne Rücksicht darauft ob dein Ein- plnen hier wieder schwere Tage bevorstehen mögen. Reichskanzler werde hart!

> Der Teilungsplan.

' Genf, 12. Okt. Nach privater! Berichten soll die Entscheidung des Völkerbundsrats dahin gehen: AnPo - len fallen: Rybnik, P., der in den Kreis Pleß hinein- ragende Südzipfel des Kreises Hiudenburg, Kattowrtz- Aadt und -Land, der Oberteil des Landkreises Beuthen ohne die Stadt und Teile des Kreises Tarnowitz und Lublinitz ohne die Städte. Was die rein deutsche Stadt Konigshütte betrifft, so wird von einer für Polen zün­ftigen Lösung gesprochen. Die Eisenbahuverwaltung wird Holm erhalten, ebenso die verstärkte Militärbesatzung lm Mittelgebiet. Die oberste Stelle im selbständigen Mit- Mezirk wird ein internationaler Ausschuß unter Kon- volle des Völkerbunds sein. Ueber die Währung in die­sem Gebiet ist noch keine Einigung erzielt.

Die Entscheidung über Oberschlesien soll erst veröf- .Mtlich werden, wenn die militärischen Vorbe­reitungen des Verbands in Oberschlesien getroffen smd.

Französische Blättermeinung.

' Pertinax sagt imEcho de Paris", der Völkerbuuds- M habe sich vorgestern über die Teilung und Regie- runqsform Oberschlesiens geeinigt.

Milädsä, vonnerslsg äen 13. Oktober 1921

Wie die Pariser Blätter melden, ist der deutsche Bot­schafter Dr. Mayer gestern bei Briand gewesen. Der Petit Parisien" schreibt darüber:Nicht zufrieden da­mit, die Aufmerksamkeit Herrn Briands darauf zu len­ken, welche politischen Folgen für Deutschland die Tei­lung des Industriegebiets in Oberschlesien haben würde, ist der Botschafter so weit gegangen, zu behaupten, daß diese Teilung dem Versailler Friedensvertrag entgegen­laufe."

Weiter berichten die Blätter, in Berlin herrsche eine ungeheure Aufregung über das Gutachten über Ober­schichten; die ganze deutsche Presse versuche im Auf­trag und im Einverständnis mit der Regierung eine große Erpressung gegen die Verbündeten. Man wolle die Verbündeten dadurch einschüchtern, daß man behaupte, das Schicksal des Kabinetts Wirth sei besiegelt, und blut­dürstige Alldeutsche würden in dem Augenblick zur Macht kommen, wo die Entscheidung über Oberschlesien den von Deutschland beanspruchten Rechten zuwiderlaufe. Zum anderen mache man in Berlin die Durchführung des Wiesbadener Abkommens von der Entscheidung über Oberschlesien abhängig.

DerMatin" sagt: Das Kabinett Wirth steht aus schlechten Füßen und mit ihm alle Abkommen, die es unterzeichnet hat. Das Kabinett hat, indem es das Jn- dustriebecken Oberschlesiens beansprucht, Hoffnungen, die unerfüllbar sind. DerPetit Puristen" behauptet, di« Gerüchte über die Abdankung des Kabinetts Wirth seissN mit seiner Zustimmung in Umlauf gesetzt worden.

Stocken der Kredithilfe. ! :

Berlin, 12. Okt. Nach demBerliner Lokalanz."

. haben einige Mitglieder des Reichsverbands der deut­schen Industrie den Reichskanzler darauf aufmerksam ^ gemacht, daß Industrie, Landwirtschaft und Handel be- . züglich der angebotenen Kredithilfe größte Zurückhaltung üben müssen nach den Berichten über das Verhalten des Völkerbundsrats. Wenn Oberschlesien verloren gehe!oder das Industriegebiet geteilt werde, so sei die deutsche Volks­wirtschaft zu Leistungen, wie sie in der Kredithilfe vor­gesehen waren, nicht mehr imstande. Industrie, Land­wirtschaft und Handel werden sich zu keinen Leistungen verpflichten, von denen sie sich von vornherein sagen müssen, daß sie unmöglich oder zwecklos sind, sofern Ober­schlesien nicht bei Deutschland bleibt. Nach demLokal­anzeiger" sind auch die ausländischen Finanzkreise ent­schlossen, ihre Anleiheangebote an die deutschen Wirt­schaftskreise zurückzuziehen.

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Berlin, 12. Okt. Das Reichskabinett ist ge­stern abend nach kurzer Sitzung wieder auseinandergegan­gen, da ihm sichere Nachrichten über das Schicksal Ober­schlesiens nicht Vorlagen. Das Kabinett wird heute vor­mittag 9 Uhr zu einer neuen Sitzung zusammentreten. Die Sitzung des R e i ch s ta g s aus sch u sses für aus­wärtige Angelegenheiten ist absagt worden, weil die Re­gierung noch nicht in der Lage ist, bestimmte Mitteilun­gen zu machen.

Die Deutschdemokratische Fraktion des bayerischen Landtags erhebt Einspruch gegen die unerhörte Ver­gewaltigung des deutschen Volks.

Der Billionär.

W. W. Noch vor wenigen Jahren war derBillionär" ;in Fabelwesen, die Verkörperung eines sprachlichen Mißverständnisses. Der Amerikaner bezeichnet schon die Summe von 100 Millionen als eineMilliarde" (daher >ie Milliardäre in den Vereinigten Staaten). Unsere .Milliarde" (1000 Millionen) wieder führt den fran- chsischen SprachgebrauchBillion". So kam cs, daß >er amerikanische hundertfache Millionär sich auf dem Weg rach Europa zunächst in einen tausendfachen Millionär rud dann über Paris in den unfaßbarenBil- iouär", den Vesitz-r eines dreizehnstelligen Vermögens »erwandelte. In Z.iiuugen und Zütschrftien konnte man leun auch tatsächlich lesen, daß Männer wie Nockcseller rnd Caru gie über das Millionensache einer Million vcr- ügten. Selbstverständlich war di.serBillionär" eine lumöglichkeit. Der ganze in GUb ausdrückbare Besitz »er Menschen mochte (und wird auch heute) etwa 3 Vis­ionen (3000 Milliarden) Goldmart betragen.

Aber was damals der phantastische Ausdruck eines Portmißverständnisses war, wird heute durch die Valuta ür Wirklichkeit. Der Billionär nach deutschem Sprach-! iwrauL. «lko der mcklioneniqche Millionär Müert wir»

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Anzeigenpreis: sie einspaltige Petitzeile ober cieren kaum 75 pfg., auswärts 85 pfg., keklamereilen 2.50 IUK., bei gröberen Aufträgen kabelt naek klsrik Sclilub cler Anreigenannakme: tsglicb 8 Ukr vor­mittags.

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lich, man braucht ihn nur in die entsprechende Währung umzurechnen. Das Vermögen des reichsten Mannes der Erde, John D. Rockefeller, wird mindestens auf etwa 36 Milliarden französische Franken, das find rund 2506 Millionen Dollar angegeben. Die 2<0 Milliarden deut­sche Papiermark, denen diese Summe nach heutigem Kurs entspricht, erreichen zwar die Billion noch nicht, immer­hin aber ihren vierten Teil. . Auf österreichische Kronen aber umgercchnet beträgt das Vermögen Rockezellers schon drei bis vier Billionen (eine dreizehustellige Zahl!), in pol­nischer Mark etwa dreizehn und in Sowjetrubel gar mindestens achtzig Billionen. Was menschlicher Reich­tum niemals vermochte, hat die Armut der Völker zu­wege gebracht. Der Billionär ist kein Fabelwesen mehr.

Wunderlicher aber doch begreiflicherweise verführte gerade die Gewohnheit, Vermögenssummen in gering­wertige Währung umzurechnen, zur Nebertreibung der ohnehin ins Unförmliche augeschwollenen Zahlen. So konnte man überall lesen, der Sänger Caruso habe ein Vermögen von 50 Millionen Dollar, nach heutigem Kurs alfo mehr als sechs Milliarden Mark hinterlassen. Dies ist eine unmögliche Angabe für jeden, der nachrechnet. In der Tab gab eine viel wahrfchei.-x Here Meldung Carusos Vermögen mit dreißig Million, n italienische Lire, bas sind etwa Ihft Millionen Dollar, an. Tie Größen­sucht hatte den Nachlaß des Künstlers im Handumdrehen vervierzigfacht.

Neues vom Tage.

6 Millionen für Oppau.

Berlin, 12. Okt. Die Deutsche Volkspartei, das Zentrum, die Demokraten und die Sozialdemokraten haben im preußischen Landtag den Antrag eingebracht, zur Unterstützung der Opfer des Oppauer Unglücks 6 Millionen Mark bereitzustellen.

Zeitungsverbot.

München, 12. Okt. Das Erscheinen der unabhängi­genMorgenpost" ist vom 12. bis zum 25. Oktober wegen eines ArtikelsDie Verschwörung gegen die Republik" wieder verboten worden.

Streik.

Essen, 12. Okt. Auf der Dortmunder Union trat gestern ein Teil der Belegschaft der Hochofen- und Tho­masstahl-Werke wegen Lohnforderungen in einen wil> den Streik. Da durch den Ausstand auch die Strom- Versorgung unterbunden war, mußte das ganze Werk stillgelegt werden.

Barbarei einer Verbandskommission.

Budapest, 12. Okt. Die Ueberwachungskommission der Entente, deren Präsident der französische Oberst Barres ist, hat in Ungarn 110 Flugzeuge und 75 Mo­toren, d. h. sämtliche Militär- und Handelsflugzenge, vernichtet.

ft, Auf dem Weg zu einer Wcltkonferenz?

i London, 12. Okt. Die vom Reichskanzler Dr. Wirth bei seiner Rede in Offenburg zum Ausdruck gebrachte Hoffnung auf eine Weltkonferenz zur Erörterung der drohenden Weltkrise wird von den Abendblättern an hervorragender Stelle gebracht, neben den Worten Briands, daß die Großindustriellen und Staatsmän­ner der gesamten Welt vielleicht bald die Notwendig­keit einer Solidarität untereinander empfinden würden im Interesse eines jeden Landes, damit die Aufmerk­samkeit der ganzen Welt auf die Notwendigkeit einer Regelung der Lage gerichtet würde. Der Ruf nach einer neuen Weltkonserenz sei Politik eines allgemeinen Wiederaufbaues.

Rücktrittiabsichtcn des Reichskanzlers.

Berlin, 12. Okt. Wie die Blätter melden, hatte der Reichskanzler nach Schluß der heutigen Kabinetts­sitzung eine längere Unterredung mit dem sozialisti­schen Parteiführern Hermann Müller, Scheidcmann. Wels und dein Reichstagspräsidenlen Löbe über die Frage seines Rücktritts. Tie Blätter halten es für sicher, daß im Fall einer ungünstigen Entscheidung über Oberschlesien das Reichskabinett zurücktreten wird, da es die Erfüllung des Ultimatums nicht übernehmen könne.

Tie Umsatzsteuer.

Berlin, 12. Okt. Der Neichswirtschaftsrat schlug einen Umsatzsteuersatz von 2»/, Prozent vor.