Aus dem besetzten Gebiet.
Saarbrücken. 12. Okt. Tausende von Arbeitern der Werksbetriebe sind in einer Versammlung für die Einführung der Frankenwährung eingetreten. Redner, die für die Wiedereinführung der Markentlöhnung zu sprechen versuchten, hatten lt. „Republique" keinen Erfolg.
Ter Würfel ist geworfen.
Genf, 12. Okt. Das Gutachten des Völkerbundsrats über die oberschlesische Frage ist fertiggestellt und wird noch heute abend an den Obersten Rat gehen. Ter Rat schließt heute seine Genfer Tagung ab, nachdem er heute vormittag noch eine Vollsitzung abgehalten hatte. Heute nachmittag sollen noch einige Besprechungen stattfinden. Das Nachrichteubureau des Völkerbunds wird, um die öffentliche Meinung zu beruhigen, heute abend eine längere Mitteilung über den Verlauf der Tagung ausgeben, die jedoch keinerlei Angaben über die Lösung selbst enthält. Ter Oberste Rat, bzw. die Botschafterkonferenz soll morgen zur Prüfung des Gutachtens des Völkerbundsrats in Paris zusammentreten. Man rechnet damit, daß die Veröffentlichung am Samstag oder am Sonntag gleichzeitig in den Ententehauptstädten und in Genf er- kolgt.
Abgelehnte Bernfnngen
> Wien, 12. Okt. Wie das „Neue Wiener Tagblatt" erfährt, haben der Philosophie-Professor Becher - München, der Kunsthistoriker P i n d e r - Leipzig, der Historiker Oncken-Heidelberg, der Chemiker Scholl- Dresden und Braun-Frankfurt a.M., wie angenommen wird, infolge der schlechten österreichischen Valuta die Uebernahme der ihnen angebotenen Lehrkanzeln an der Wiener Universität abgelehnt.
Verminderung des französischen Heers.
Paris, 12. Okt. Nach dem „Chicago Tribüne" ist seit dem Monat Mai durch Beurlaubung von längerer Tauer und durch Entlassung von 30000 Mann, die zur Besetzung des Ruhrgebiets bestimmt waren, die französische Armee gegen den heftigsten Widerstand des Generalstabs von 800 Ü00 auf 500 000 Mann herabgesetzt worden, l Falsches Gerücht.
Paris, 12. Okt. Die serbische Gesandtschaft widerlegt in aller Form das Gerücht, der König Alexander wolle zu Gunsten seines Bruders Georg onsiarrken.
„Lore."
Roman von Emma Haushofer-Merk.
8. (Nachdruck verboten.)
Zu seiner Uebsrraschüng waren die Fenster noch alle erleuchtet. Unwillkürlich durchzuckte ihn ein Schreck: „Was ist geschehen?"
An der Wohnung im Erdgeschoß stand die Tür offen. Ihm war's als hörte er lautes Weinen.
Hier wohnte ein junges Ehepaar, die Eltern des kleinen Lorle's, das er auf feinem Bilde gemalt hatte. Für die beiden jungen Menschenkinder hatte sich ein ernster Liebesroman abgespielt, ehe sie hier in dem bescheidenen Vorstadthäuschen die zwei kleinen Zimmerchen bezogen.
Edmund Hohenburg war der einzige Sohn einer stolzen Patrizierfamilie in einer Kaufmannsstadt am Rhein. Der Name hatte dort einen Millionenklang. Auf einer Reise hatte er ein Mädchen kennen gelernt von so berückendem Liebreiz, daß alle seine durch die Umgebung, durch die Erziehung ihm eingeimpften Anschauungen ins Wanken gerieten und eine tiefe, glühende Leidenschaft die klugen Berechnungen seines Vaters, der schon wegen einer passenden Partie für den Sohn nnterband'O Haufen warf.
Ada, das zarte, liebevoll. ... dunklen Augen war eine Schauspielerin p. . . . ue
sich als bankrotter Kaufmann erschossen.
In dem Patrizierhause Hörle man die Nachricht von Edmunds Verlobung mit Empörung.
Hohenburg sen. erklärte, wenn sein Sohn so ans der Art geschlagen wäre, daß er eine solche Wahl überhaupt für möglich halte, so solle er ihm ein Fremder werden, von dem er nichts mehr hören wolle.
Er hatte wohl gehofft, den Widerspenstigen mit dieser Drohung zum Gehorsam zu zwingen. Aber Edmund hatte im - Feuer seiner Leidenschaft nicht au Verzicht venken wollen. Seine Antwort war seine Vermählungs- Znzeige. , ......
F Englischer Kavrnettsrat.
London, 12. Okt. Heute vormittag wurde unter dem Vorsitz von Lloyd George eine Sitzung des Kabinetts abgehalten, in der Vorschläge zur Aenderung der Form der deutschen Wiederhcrstcllungszahlungen erörtert wurden. Außerdem kamen Vorschläge zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit rund zur Hebung des Handels, sowie die Washingtoner Konferenz- zur Sprache.
Kahr über die LlnerfüllbarreU des AliimaLums«
Anläßlich der Kreisversammlung des Landwirtschaftlichen Vereins Oberbayern hielt am Sonntag der ehemalige Ministerpräsident Tr. v. Kahr eine längere Absprache, in der er auch auf die Möglichkeit der dauernden Leistung der Reparationsabgaben zu sprechen kam: „Zweifelhaft ist nur noch, ob der Zeitpunkt, in dem wir erklären müssen, es geht nicht mehr, erst im kommenden Frühjahr oder schon früher eintritt. Diese Einsicht scheint sich auch bei unseren Gegnern durchzusetzen. Zu welchem Schritt sie auf Grund dieser Einsicht gelangen, ob sie namentlich dazu gelangen, den Eintritt des Zusammenbruchs noch rechtzeitig zu verhindern, wer wollte das sagen? Auch für sie gilt, daß sie erst durch Schaden klug werden.
Aber wer möchte beurteilen, wie groß der Schaden erst geworden sein muß, bis unsere Gegner, bis die Welt klug wird? In England waren im Durchschnitt des letzten Jahres IVs Millionen Menschen infolge Störung der englischen Wirtschaft, die durch die Verhältnisse in Rußland, Oesterreich und Deutschland verursacht wurden, arbeitslos. Bei einem Arbeitslohn von nur 15 Schilling Pro Kopf und bei 280 Arbeitstagen im' Jahr betrügt dieser Ausfall für die englische Wirtschaft in einem einzigen Jahr 6,2 Milliarden Goldmark — weit mehr, als England jemals aus der deutschen Reparation ziehen kann. Aehnlich ist es in Amerika, ähnlich in den neutralen Ländern.
Die Flut des Papiergeldes täuscht bei uns einen allgemeinen Reichtum vor, der in Wirklichkeit nur Schein ist. In diesem scheinbaren Reichtum läßt sich unser Volk zur Genußsucht und Leichtlebigkeit verleiten, die in früheren besseren Zeiten unbekannt war und jedem, der noch den klaren Blick sich bewahrte, mit schwerster Besorgnis erfüllen muß. — Wenn auf der letzten Münchener Tagung des Reichsverbands der deutschen Industrie von Rathenau die Lösung ausgegeben wurde: „Die Wirtschaft ist das Schicksal", so ist das nur eine halbe Wahrheit. Einseitige wirtschaftliche Einstellung mit ihrer Vermaterialisierung wurde uns schon einmal zum Schicksal. Sie war die tiefste Ursache, die uns in das gegenwärtige Unglück geführt hat. Aus dem Unglück herausführen kann uns nur sittliche Kraft und die sittliche Idee von einer staatlichen Gemeinschaft von sittlichen Menschen und einer menschlichen Vereinigung im Staate, das Sozialethos." i
Von Tr. Croll, Berlin.
W. W. Auch in. diesem Herbst setzt eine Hochflut von internationalen Konferenzen ein. Sobald die Entscheidung des vom Völkerbundsrat gebildeten Viererausschusses über die oberschlesische Frage vorliegt, wird — wie es heißt — wiederum der Oberste Rat zusammenberufen werden, um eine endgültige Lösung der Frage herbeizusühren. Eine Konferenz des „Rats zur Bekämpfung des Hungers und zum Wiederaufbau" tagte. Der britische Kolonialminister Winston Churchill hat am 24. September in Dundee gleichfalls gefordert, daß sobald wie irgend möglich eine „Internationale Handelskonferenz" zusammentrete, um die verderblichen Folgen des Ultimatums von den Schuldner- und Gläubiger-Ländern abzuwend.n. Im November wird dann in Washington die Konferenz über die Abrüstung und den fernen Osten tagen und im Dezember soll in London ein
internationaler Valuta-Kongreß avgeyauen werden, zu dem auch Deutschland geladen werden soll. — Au Gelegenheiten, die gegenwärtige Lage zu studieren und Anregungen für eine internationale Bekämpfung der Not zu p Winnen, fehlt es also nicht. Eine andere Frage ist es -llber, ob sich die Völker der Welt bziv. ihre nach den Konferenzen zu entsendenden Vertretern von den Schleiern freimnchen können, welche Vorurteile, kurzsichtige Jnteressenpolitik, Haß und Argwohn über ihre Köpfe geworfen haben.
Seit bald 3 Jahren ring n di - Völker um die praktische Anerkennung des Grundsatzes, daß alle Teilnehmer und Notleidende des Weltkriegs — d. h. also alle Völker der Welt mit Einschluß der Neutralen — znsammentreieu, um die immer brennender werdenden Fragen zu lösen. Wer sich über die Eindrücke des Tags hinanszuheben vermag, muß schon längst zu der tleberzruguug gelangt fein,' daß die Frage d.r inteuiaticnalen Verschuldung, das Ba- lutll-Problem, die Errettung verhungernder Völler und überhaupt der Wiederaufbau der internationalen Wirtschaft ein gemeinste es großzügiges Vorgehen aller Länder erfordert. Daß di se Einsicht bisher so wenig Fortschritte gemacht hat, liegt zum erhol liehen Teil daran, daß den ausländischen B.such rn die Vensichen Verhältnisse in einem falschen Licht erscheinen. Ter jüngste Sn.rz des Markkurses hat die Lage grell beleuchtet. Die Wrctschajt hat erhebliche Papicrgewinne erzielen und ohne allzugroße Betriebscinschränmngen weiter arbeiten können, weil das Reich sich in gewaltige Schulden gestürzt hat. Im Grund genommen hat das Reich durch Verzicht auf die völlige Deckung des öffentlichen Bedarfs die Wirtschaft über Wasser g halten. Der Grund ist nicht etwa diö hinterlistige Absicht, den Reichsfiskns in Bankerott gehen zu lassen und die Wirtschaft am Leben zu erhalten, sondern der Wunsch, der Wirtschaft den Ueber- gang zu den erhöhten Lasten zu erleichtern. In den Ländern unserer Gläubiger gibt es noch viele, die Deutschlands Streben nach einem internationalen Wirtschasts- kongreß für eine Finte halten, durch welche Deutschland sich von den übernommenen Ve pslichrungen befreien möchte. Die Erfahrungen, die wir jetzt bei der Ableistung der Entschüdigungsve.Pflichtungen gemacht haben, berechtigen uns zu einem Urteil über die Erfüllbarkeit der auf Jahrzehnte berechneten Zahlungen und Leistungen. Das Urteil lautet, daß wir wahrscheinlich schon im kommenden Jahre zahlungs- und teistungsunfähig werden, wenn nicht wesentliche Erleichterungen in den Forderungen und in der weltwirtschaftlichen Betätigüngsmöglichleit Deutschlands eintretcn; sind wir aber außerstande, zu zahlen und 'zu liefern, so bleiben die Ansprüche unserer Gläubiger ans dem Papier stehen. Der Ruf nach schleuniger Einberufung-einer internationalen Wirtschasts-und Finanz-Konferenz, an der Vertreter aller Länder mit weitgehenden Vollmachten teitzunehmen hätten,'ist also kein Kniff Deutschlands, sondern eine internationale Notwendigkeit.
Stuttgart, 12. Okt. (Reise des Staatspräsidenten.) Der württ. Staatspräsident Tr. Hieber hat sich-nach Berlin beg-ben, um an den Sitzungen des Ausschusses sür Auswärtige Angelegenheiten tcilzunehmeu.
Von der Technischen Hochschule. Die ord. Professur für Wasserkraftmaschinen, Fabrikanlagen und Maschinenkunde an der hiesigen Technischen Hochschule ist dem Proscssor Dr. Ing. Ernst Braun an der Technischen Hochschule in Darmstadt übertragen worden.
Stuttgart, 12. Okt. (Kleine Anfrage.) Tie Abgg. Körner, Naser und Schmid (B.B.) haben eine Kleine Anfrage eingebracht, in der darauf hingewiesen wird, daß nach Ausbruch der Maul- und Klauenseuche in Eßlingen jeglicher Handel mit Vieh in sämtlichen Gemeinden des Oberamts Stuttgart verboten winde, daß aber mit Wissen und Duldung der städt. Polizeibehörden und des Oberamts die Firma Lindauer's Söhne den
Er nahm eine Stelle in einem Bankgeschäft an und bettelte nicht um Gnade.
Allmählich freilich war die Rene gekommen. Die engen Verhältnisse quälten den an Reichtum und Luxus gewöhnten jungen Mann. Sein Leben war ibm nur eine lange Kette von Opfern die er von Jahr zu Jahr drückender' empfand.
Adas -artcs Gesichtchen ward bleicher und bleicher. Sie fühlte ja, daß ihre Liebe ihm kein Ersatz war sür all die vielen Entbehrungen, die er sich um ihretwillen auferlegte; manche heiße Träne fiel auf das dunkle Köpfchen ihres Kindes, wenn es sich zärtlich an die Mama schmiegte und mit dem klugen Gesichtchen so neugierig forschte: „Warum ist Papa bös? Warum ist Papa traurig?" —
Als Martinger die Tür öffnete kam ihm seine Frau mit verweinten Augen, ganz verstört, entgegen.
„Denke Dir," schluchzte n- ganz venew-llelt, „o Paul! — Es ist so furchtbar! — Ada — Ada ist tot!"
„Tot!" rief auch er bestürzt. Er hatte die schlanke Gestalt noch vor wenigen Stunden am Fenster gesehen. Er hatte beim Fortgehen gegrüßt und sie hatte ihm zu- genickt, gütig, ernst wie immer.
„O Gott, es ist ja nicht auszndenken! — 'Mir zerreißt es das Herz!" stieß Laura hervor.
„Was ist geschehen? — hat sie selbst — ?" frug Paul mit blassen Lippen.
Laura nickte. „Sie hat Gift genommen. — Sie wollte sterben. Sie hat einen Zettel hinterlassen: „Deine Eltern werden Dir verzeihen, wenn ich nicht mehr bin. Ich wollte Dich nicht unglücklich machen, Edmund! Ich ertrage es nicht, Dich leiden zu sehen! Sei gut gegen mein Kind!"
Tonlos stieß sie die Worte hervor. Dann drückte sie die Finger auf die Lippen,, als er die Wohnzimmertür öffnete. Die kleine Lore lag auf dem Sofa schlafend.
„Ich Hab' die kleine mit mir genommen. Sie soll den Jammer nicht mit ansehen. Hohenburg ist ganz verzwei
felt. O, er fühlt wohl, daß seine düstere Miene, icim Verstimmung sie in den Tod getrieben hat!" sagte Lau« leise — nur mit einem Ausdruck dnmp'en Hass.
Sie hatte die junge Hansgenossin so lieb gewönn e Sie hatte dem liebevollen Geschöpf '--. ' '" l n k"e u " was sie in ihrer Ehe litt und ihr F an.möe ' emv-'-rt.' sich gegen den Mann, der sich in einer leid'nschast'.ichc» Aufwallung den Besitz des schönen Mädchens ertwt'-t. der, soba'" erkaltet und enttäuscht, den N ich nm w- rücksehnte, den er in einer eigensinnigen Laune über Bord geworfen.
Auch Albert, Paulus älterer Junge stand verweint neben dem Sofa, aus dem seine kleine Keinen» s h ics. Sein Kinderherz war aufs ti.-sste - '^tte'll.
„Tot! Adas Mama war tot!" Er b'griff das Wo:t nicht, das ihn aus dem ersten Schlaf ansgeschreclt Halle n»b er starrte mit großen, entsetzten Augen in das Tmikel. Paul Martinger, der mit so übermü iger Festfreude h'stm gekommen war, fühlte sich peinlich berührt, enttäallw erbittert, von all diesen Jammerszenen, di- sich vor ibm abspiclten, als habe er Grund, dem Sstnck'al zu grollen, das ihm so die Künstlerstimmung verdarb.
In allen größeren Zeitungen, erschienen lange Allste! über sein Bild; man gab der Anerkenn n>. - :ge »na
Ausdruck über dieses neue KnnstlertaT'O. Bon all » Seiten wurde er um Zeichnungen bestürmt, um dav Reproduktionsrecht sür sein Bild gebet'«: ein? g ute Künstlerrevne brachte seine Photogaphie mit sein."? Leben-? beschreibung. Mit einem Schlage war er ein berühnsisi Mann geworden. Zn Hause sah er immer nur verwest:' Augen; Laura begriff in ihrem Schmerz um d:e llv!? nicht, welche Wendung mit ihrem Gallen vor siclsi gf" gangen war; sie hatte allen Mut, sich zu freuen, aisi dll Zukunft zu hoffen, verloren. Dieses sähe Ende eines LiebesglückeS. d?.a sll in der Nähe mit angesehen, um-
düsterte ihre Gedanken.ll, f f ll.'!'
. .... (Fortsetzung folgt.). . . .4
!
<
I
1
s
d
s
§
s>
z
r
-- ü d
b
r
s
r
t
l
i
k
c
k
k
t
t
. l
z
k
k
d
r
tz
Z
a
lr
s-
b
a
z