ankommen lassen werde. Wenn der deutsche Vorschlag der amerikanischen Regierung nicht genüge, müsse das Unternehmen als gescheitert betrachtet werden.
Paris, 24. April. Nach der Auffassung der französischen Regierung hat die deutsche Reichsregrerung durch die amerikanische Antwort einen unzweifelhaften Mißerfolg erreicht. Der „Temps" sagt, wenn Amerika neue Vorschläge Deutschlands vermitteln wolle, so bedeute dies, daß es ^ich auch für deren Durchführung einsetze. Diese Bürgschaft sei für die Gläubiger Deutschlands von großem Vorteil, sie könnten dann in den nächsten 30 Jahren sich immer wieder an die Vereinigten Staaten wegen der Zahlung halten, wenn Deutschland seine Verpflichtungen nicht einlöse.
Neues vom Tage.
Textilarbeiterstreik in Lbervaden.
Freiburg i. B., 24. April. Der Streik in den Textilbetrieben Oberbadens nimmt großen Umsang an, erstreckt sich aber nicht auf solche Betriebe, rn denen die christlichen Gewerkschaften die Oberhand haben. Die Arbeiter fordern eine ZOprozentige Lohnerhöhung, die von den Arbeitgebern verweigert wird. Irr Unruhen ist es nicht gekommen.
Wiederaufbaufragen.
Paris, 24. April. Die vom Allgemeinen Arbeiterverband einberufene Vertreterversammlung über den Wiederaufbau in Frankreich hat einen Ausschuß eingesetzt, der mit der französischen Regierung in Verbindung treten soll, um allgemeine Richtlinien für den Wiederaufbau festzusetzen und mit den bereits bestehenden Verbänden der Geschädigten sich zu einigen. In einer Entschließung wurde ausgesprochen, der Hauptreichtum Deutschlands bestehe in seiner Arbeit und in seiner Erzeugung, ein Wicderaufbauplan unter Nichtbeteiligung der deutschen Arbeiter sei daher nicht denkbar.
Am 28. April werden auf dem Kongreß in London die französischen Gewerkschaftler mit den Vertretern der deutschen Arbeiterverbände zusammenkommen; es werde dann zu erfahren sein, auf welche Mitarbeit von deutscher Seite gezählt werden könne. Eine ganze Reihe von Bürgermeistern trat für die Beteiligung der deutschen Arbeiter ein. Ferner wurde bekannt gegeben, daß sich die Kosten des Wiederaufbaus auf 50 Milliarden in bar belaufen. Frankreich werde 20 Jahre für den Wiederaufbau brauchen. Deutsche Arbeiter und deutsches Material seien unbedingt crjorderlich.
Die englischen Gewerkschaften gegen die Sanktionen.
London, 24. April. In einer Kundgebung des parlamentarischen Ausschusses des Gewerkschaftskongresses und des Vollzugsausschusses der Arbeiterpartei heißt es. Ein neuer Einbruch in Deutschland und die Besetzung des Ruhrgebiets sind moralisch und politisch zu verwerfen und würden auch einen Verrat an der eigenen industriellen Wohlfahrt Großbritanniens bedeuten. Selbst wenn bewiesen würde, daß Deutschland fähig aber nicht gewillt sei, seinen Teil an der Kriegsentschädigung zu leisten, würden die oorgefchlagenen Zwangsmittel das Elend der Arbeiterschaft vermehren, die wirtschaftliche Wiederherstellung verzögern und die eigenen industriellen Schwierigkeiten in England verschärfen. Die organisierte Arbeiterschaft nicht nur in England und den verbündeten Ländern, sondern auch in Deutschland besteht daraus, daß die verwüsteten Gebiete Frankreichs vollständig und sofort wieder hergestellt werden. Eingehende Angebote, diese Schäden mit deutscher Arbeit und deutschen Mitteln wieder gut zu machen, sind verschiedentlich erfolgt. Bevor nicht bewiesen ist, daß die Verantwortung für den Mißerfolg dieser Angebote Deutschland zufälst, kann man nicht der Ansicht sein, daß Deutschland zum Teil seine Verpflichtungen nicht erfüllt habe. Der Vorschlag, das Ruhrgebiet zu verwalten und auszubenten, eine Bevölkerung von 4 Millionen unter fremde Mititärherrschast zu bringen und die Bergarbeiter dieses Gebiets sozusagen Zwangsarbeit leisten zu laßen, ist ebenso unzweckmäßig
als gefährlich. Früher oder später würde sogar eine entwaffnete Nation gegen eine solche Behandlung sich erheben. Die Folge davon würde unfehlbar aus die eigenen Interessen Englands zurücksallen, das bereits mit Arbeitslosigkeit für die Ruinen bezahlt, die der Krieg, die > Blockade und der Un t erd r ü cku n g s fr i e d e dem Kontinent zugefügt haben. Wenn diese Schäden durch die Besetzung des Hauptkohlengebiets Deutschlands vervielfältigt würden, so könnte die augenblickliche Arbeitslosigkeit in England dauernd und unheilbar Werdern Die Erhebung des Spa-Tributs von zwei Millionen Tonnen monatlich aus dem Ruhrgebiet für Frankreich und Belgien hat die englische Kohlenausfuhr nach Frankreich still gelegt. Sie ist also die tatsächliche Ursache der Krisen und Konflikte im englischen Kohlenhandel. Wenn Frankreich die gesamte weitere Kohlenförderung des Ruhrgebiets sich unterwirft, so ist es klar, daß jede Hoffnung auf Wiederherstellung des englischen Ausfuhrhandels schwinden wird.
Beschränkung der Einwanderung in Amerika.
Washington, 24. Avril. Das Abgeordnetenhaus hat das Gesetz über die Beschränkung der Einwanderung angenommen.
Rom, 24. April. Der Kongreß gegen die Sklaverei hat eine Tagesordnung über die Frage i der deutschen Missionare angenommen, in der es heißt: j Die italienischen Katholiken treten dafür ein, daß die deutschen Missionare wieder in ihre Missionen eingesetzt werden.
Nm den Goldschatz der ReichSbank.
Berlin, 24. April. Auf das Verlangen der Entschädigungskommission betreffend Ans'ie'ening des Reichsbankgoldschatzes als Bürgschaft hat die Reichsregieruna der Kommission in Paris folgende Antwortnote übergeben lassen: Das Verlangen scheint sich auf Absatz 2 des Artikels 248 d"§ Friedensvertrags stützen zu wollen, nach dem die deutsche Reicksregierung ohne vorherige Zustimmung der Kommission weder Gold ausführen, noch darüber verstiaen. nach seine AuSstrhr, noch die Verfügung darüber gestalten darf, mit Ablauf des 1. Mai 1921 in Kraft tritt. Die dmtschs ReichSregie- rnng verkennt nicht, welches Fu'eresse die vereinigten Regierungen daran haben, daß diese Bestimmung nicht : eher außer Kraft tritt, als bis eine grundsätzliche Ver- ! ständigung über die Lönmg der Ent'chädigungs'rage er- ! folgt ist.' Sie erklärt sich daher bereit, sofort die erforderlichen gesetzlichen Maßnahmen zu treffen, damit noch vor dem l. Mai die Geltung der gesamten Bestimmung bis zum 1. Oktober 1921 verlängert wird. '
Die verlangten Maßnahmen anszuführen, ist der deut- j >eben Reichsregeirnng schon ans dem Grund nicht mög- s st die Neichsbank als P r i v a ti n st i tu t in der Ver .cung ihres Privateigentums, insbesondere ihres Metallbestands, frei und von der Reichsfinanzverwaltung unabhängig ist. Durch die Wegführung der letzten Golddeckung deutscher Banknoten würde eine erneute schwere Erschütterung der deutschen Valuta und des deutschen Geldwesens unausbleiblich eintreten. Nicht znletzr würden alle Besitzer deutscher Mark im Ausland, wie überhaupt alle ausländischen Gläubiger Deutschlands schwer in Mitleidenschaft gezogen werden.
Neuyork, 24. April. Tie Zahl der augenblicklich stillgelcgten Schiffe im Hafen von Neuyork beträgt 653 mit einem Gesamtgehalt von 4 279 000 Tonnen.
Bettln, 23. April.
Präsident Löhe teilt mit, vaß die Regierung heute noch nicht in der Lage sei, eine Erklärung nkzugelien. Die Regierung sei noch bei der Beratung der neuen von Deutschland zu machenden Vorschläge und halte es nicht für richtig, heute sich darüber zu äußern. Die E 'aö '.ng werde am Montag erfolgen.
Abg. Crisvicn Oltz'Vt- Er könne die Gründe der Regierung nicht anerkennen. Die Art der Regierung, aus eigene Faust ohne Anhörung des Re'-b-'aas zu handeln, dürfe nicht sortoeseht werden. Die Note dürfe unter keinen Umpönden abgesandt
werden, ohne daß der Reichstag sie vorher kennen gelernt habe. Er verlange sofortige Besprechung.
Reicks.'nm'er Fest Nach Ansicht der Regierung kann
von einer M'ei.n-chen Erörterung lm Parlament keine Rede sein, solange die Aniwart nicht an die Adresse der ameril anilchen Regierung aelanat ist. Es entspricht nickt der diplomatischen Ge>tt'v"erckeit. Durch eine öffentlich« Erörterung im Plenum könitte außerdem der Sckritt cxMkrdet werden.
Abg. Geyer (Komm.): Vielleicht ist der Reicksiag gar nicht damit ei nm'sianden, das; diese Regierung überhaupt die Note
Abg. Echnlg-Bromlerg lD.natl.Vp.>: Die G'-ü''e, die der absendet.
Reichskanzlei' beute neuen eine Bespreuung verdruckt?, bestanden auch scban gestern. Wir können die Reuiernng nicht zum Reden zwingen. Unter diesen Umständen scheint eine Aussprache zwecklos. Die unaek-nee Bsrantwortnna, die Dr. Simons mit seinem Schritt gegenüber Am. ika übernimmt, mutz er allein traaen.
Abg. Herm. Mittler (Soz.) fragt, wann die Regierung ihre Erklärung abaeben könne. Nötigenfalls könnte selbst in später Nachtstunde oder morgen Sonntag nerkiandelt werden.
Minister Dr. S'mrns erwidert, die Note werde erst Im Nutte der Nacht nach Wrtthinatan abgehen und es sei zweifelhaft, ob sie wegen des Sonntaasdienstes morgen in die Hände der amerikanischen Reaierung gelange. Er bittet deshalb, die Aussprache nicht vor Montag Nachmittag anuisehen.
Die nächste Sitzung wird aus Moniag nachmittag 3 Uhr nnbe- ranmt.
Stuttgart, 22. April.
Tagesordnung: Polizeisperrgesetz.
De» Anlaß zum Gesetz gab die Stadt Stuttgart, die vor der Verstaatlichung der Polizei ihre betttten: Polizei abschafsen wollte. Durch das Gesetz soll bewirkt werden, daß Gegenstände und Einrichtungen der Polizei erhalten bleiben, so daß der Staat nicht in die Lage kommt, diese Dinge in ungenügendem Zustand übernehmen zu müssen.
Die Abg. Mülberger und Hautzmann (D.d.P.) beantragen: 1. die Beschlußfassung über das Gesetz auszusctzen, 2. die wesentlichen Bestimmungen des Gesetzes in dem demnächst zu erwartenden Entwurf betreffend die Verstaatlichung der Polizei zu übernehmen.
Abg. Dr. Mülberger (D.d.P): Der S.ret zwischen Staat und Stadt Stuttgart wegen der Polizeipferde ist gütlich beigelegt, es märe das beste, wenn das Gesetz in der Versenkung verschwinden würde. In dieser allgemeinen Weise dürfen nicht alle Gemeinden bevormundet werden.
Abg. Kinkel (USP.): Das Gesetz stehe im Widerspruch zur Gemeindcordnung.
Abg. Heymann (S.): Bis jetzt habe es noch, kein Minister fertig gebracht, einem Ausschuß vertrauliche Mitteilungen zu verweigern als Minister Gras. Minister Graf macht eine abwehrende Handbewegung, worauf sich bei den Sozialdemokraten und Kommunisten ein wahrer Sturm erhebt. Ulrich und Retter rufen: „Hanswurst". Der Präsident erteilt mehrere Ordnungsrufe.
Minister Graf: Wenn ich durch eine Handbewegung meinem Eindruck Ausdruck gab, so kommt das daher, weil in einer deutlich erkennbaren Weise der Kampf der Sozialdemokratie gegen mich als Leiter des Ministeriums des Innern einen persönlichen Charakter annimmt. Man hat sogar versucht, die Polizeimehr gegen meine Person auszuhetzen und meinen Eintritt ins Ministerium des Innern zu verhindern. (Große Unruhe. Rufe: Unerhört, Glocke.) So ist der Kampf Hcymanns verständlich. Darum hat die Sozialdemokratie dieses Gesetz zu einer politischen Fräse gemacht. Der Borwurf, daß ich einen Eingriff in das Selbswerwaltungsrecht mache, kann dadurch beleuchtet werden, daß ich kürzlich im Ausschuß bei der Eingemein- dungssrage das Selbstverwaltungsrecht der Stadt Stuttgart Hetzen Anträge Heymanns in Schutz nehmen mußte. Daß ich im Ausschuß mit ve.t.aulichen Mil ei'ungen zurückhielt, ergab sich aus Verhandlungen über die Bsso.dangsordnung, wo die Vertraulichkeil mißbraucht wurde. Das Gesetz ist ein Entwurf der Regierung und nicht nur des Ministeriums des Innern.
Minister Liesching: Dieser Entwurf ist nicht politischer Art. Das Gesetz ist notwendig, denn es handelt sich um Einrichtungen im Interesse der Selbstverwaltung.
Abg. Stetter (Komm.): Heute sehen wir die wirkliche Regierungsmehrheit »on rechts bis zu den Demokraten. Die So- »ialisten sind nur da, um Opposition Hege» die Rechte zu treiben. (Heiterkeil.) Die ganze Politik der Regierung (Abg. Hitler: Sie Oberdiplomall) ist eine ausgesprochene reaktionäre Politik. Das Gesetz entspricht der Gewaltpolitik Grass, Zentrum ist Trumpf in Württemberg, die Regierung ist der Gefangene Grass. (Große Heiterkeit.) Die Begründung des Gesetzes stellt eine Unverschämtheit sondergleichen dar. (Heiterkeit. Ordnungsruf.)
Abg. Bock (Ztr.): Die politische Bedeutung des Gesetzes existiert nur in der Einbildung Heymanns. Wenn man die Vorlage mit Sachlichkeit prüft, so ist sie eine Selbstverständlichkeit.
Abg. Schees (D.d.P.): Der Entwurf ist eine brauchbare Lösung. Unter dem Druck der Finanznot könnte doch die eine oder andere polizeiliche Einrichtung obbröckeln. Das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden wird gar nicht berührt.
Abg. Psliiger (S.).: Minister Graf hat sich auf eine niedere Stufe der Polemik hcrunter'oegebcn. Als der Zwischenruf „Hanswurst" fiel, rief Gras: „Da steht der Hanswurst". Es stand aber nur Abg. Heymann. Ich nenne das eine niederträchtige Flegelei. (Ordnungsruf des Präsidenten.) Das Gesetz ist nur
Viola.
Roma« au- dem Leben von Georg v. Pleiten.
12) (Nachdruck verboten.)
Aber er ist kolossal lustig und soll riesig reich sein und wird in der feinsten Gesellschaft gerne gesehen. Es muß also auch gegen seinen Charakter nichts einzuwenden sein." -
„Mag sein. Mir gefällt er nicht."
„Ich habeja auch nicht gesagt, daß er mir gefällt."
„Na, na, Schwesterchen, von niemanden hast du mehr erzählt, als von ihm/'
„Tat ich's? Nun, so geschah es, weil ich mich mit ihm auch am besten unterhalten habe. Er ist so drollig, und man lann ihn so gut necken!"
Sv plauderten die beiden Mädchen längere Zeit über die Ereignisse bei der Soiree des Kommerzienrates. Aber bald waren die Erinnerungen an dieselbe durch neue Eindrücke bei Mathilde verwischt den; in diesem Winter wurde ihr an Unterhaltung und Geselligkeit genug geboten.
Der Weihnachtsabend brach an. Es herrschte eine eisige Kälte. Der Himmel war mit dichtgranen Wolken bedeckt und ein schneidender Wind fegte den trockenen Schnee durch die Straßen. An den Fensteriy glitzerte und funkelte das Licht der Gaslaternen und ließ die Eisblumen erkennen, womit der Frost sie geschmückt hatte. In der einsamen hübschen Villa am Oitende der Stadt saß in seinem Arbeitszimmer der Herr von Zitzewitz — ein ganz anderer Mann, als bei der Soiree des Kommerzienrates. In seinem grauen Schlajrock und sein sammetenes Käppchen auf dem Kopse, erschien er viel, viel älter, noch älter als der Fünfziger, der er war; und wie wir, näher an ihn Ararptrstvnd, sehen, zieht sich »in Silbersaden neben
dem anderen durch das einst glänzend schwarze Haar, z „Nun ist bald Christnacht" seufzte er, von seiner j Zeitung ausblickend, „wird es die letzte sein ernsam : hier in dieser Stube? Oder wird im nächsten Jahre die Goldelfe hier den Christbaum anzünden? — Wer weiß? Wenn s von mir alleine abhinge, sie müßte noch heute die Meine werden. Doch sie, das blühende, bewunderte, gefeierte Mädchen, wird sie die Meine werden wollen? Wird sic ihr junges Leben dem Fünfziger opfern? Und doch, wie gut würde sie es haben! Sie ist ja nicht unlieb, nicht unfreundlich gegen mich. Sie ist es ja gegen niemand. Aber, daß sie mich irgendwie bevorzugt in der Gesellschaft, ist auch nicht zu be- . merken. Entschieden zieht sie den Verkehr mit diesem ! Finkenstein vor, dem Leichtfuß! Aber so sind die Mädchen! Wahre Liebe unterscheiden sie nicht vom flüchtigen Schein derselben! Alle meine Huldigungen nimmt sie gleichfalls dankbar an, aber nie trifft mich ein ? wärmerer Strahl aus ihrem Auge. Oder war ich noch i nicht deutlich genug! — Ob sie wohl am heiligen Abend i an mich denkt? Sie soll, sie muß sich meiner erinnern! ! Sie soll wissen, daß ich ihrer heute einsam gedenke." Und er stand auf, öffnete das oberste Fach des Sekre- ! tärs, an dem er gesessen, nahm ein rotes Etui heraus, f schloß es auf, und wie ein Blitz entstrahlte es dem- ! selben. Er barg eine kostbare goldene Brosche. „Sie soll heute schon ihr eigen werden. Ich hatte sie ihr zum Brautgeschenk bestimmt. Doch weiß der Himmel, ob und wann sie diese Bestimmung erreicht. Doch in ihre Hände mutz sie gelangen, noch heute." Und der . Graf klingelte seinem Johann, der sofort erschien: „Jo- ! Hann, verpacke dies hübsch säuberlich und bringe es ' sofort nach der Wohnung des Gymnasiallehrers Dr. Wallig in der Krenzstratze! Gib es dort ab für das i Fräulein Mathilde und sage, es bedeute einen Weih- ! nachtsgruß aus der „Villa Rosa". Verstanden?" j i „Zu Befehl, Herr Graf!" erwiderte der Diener und machte Kehrt, nicht ohne sich schmunzelnd zu sagen:
„Der Herr Graf geruhen wieder einmal auf Freiersfüßen zu gehen."
In dem Hause aber, zu welchem er in der eisige: Abendluft seine Schritte lenken mußte, war soeben der Christbaum von Hedwigs Hand entzündet worden. Zu dessen Füßen prangte ein kleines Krippchen, welches nach Hedwigs Meinung die Hauptsache war, als Mathilde beim Arrangement geäußert hatte, man sollte da das Geschenk für Papa hinlegen. Sonst war der Baum selbst geschmückt mit zahlreichen Lichtern, buntem Flitterschmuck, vergoldeten Nüssen und versilberten kleinen Arpfeln und alelrlei figurenreichem Bollwerk.
Mathilde setzte sich ans Klavier und stimmte das „Stille Nacht, heilige Nacht" an, auf dessen Klänge Vater und Mutter und auch die alte Gertrud herein- kamcn. Als bas Lied verklungen, wurden die Geschenke verteilt und bewundert.
Papa erhielt die Zigarrentasche mit dem in Gold gestickten Monogramm. „Hedwigs Arbeit, nicht wahr?" fragte er, sie bewundernd.
Mama erhielt die kostbare Decke. „Von Hedwig ge- stickl und gehäkelt?" fragte sie, das Mädchen an sich ziehend.
„Und hier mein Geschenk: diese beiden Vasen", flüsterte errötend Mathilde, den Eltern die zwei großen Blumenvasen überreichend. „Aus meinem Taschengeld erspart", fügte sie bei.
„Schelmin!" meinte der Papa lächelnd, „dazu hat sie mir wohl die drei Taler gestern abgeschmeichelt. So spart unser Töchterlein!"
„Wie könnte ich denn auch sonst sparen! Muß ich doch alle meine Groschen und Pfennige für Schleier, Blumen, Spitzen, Schleifen usw. ausgeben, die ich für die Gesellschaft brauche."
„Nun. habt Ihr schon Euere Geschenke gesunden?" fragte Mama. „Dort in den weißen Kartons sind si«/'
(Fortsetzung folgt.)