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Nummer 94

Fernruf 179

WiläbJci, Monlug öen 25. ^pril 19 1

Fernruf 179.

55. Iskrgsrw

Dis deutschen Vorschläge zum

Diu>,lirt, 84. April. In der Wiederaufbaufrage hat die deutsche Regierung folgende Note an die Entscheids- gungskommi sion gerichtet:

Deutschland ist durchdrungen von der Ueberzmgung, daß es sür die Wiederherstellung des wirtschaftlichen Friedens Friedens in der Welt unumgänglich notwendig ist, die rm Krieg zerstörten Gebiete wieder aufzubauen. Solange das nicht geschehen ist, besteht die Gefahr, daß die Gefühle des Hasses unter den beteiligten Völkern nicht verschwin­den werden. Deutschland erklärt sich deshalb nochmals auf das bestimmteste bereit, am Wiederaufbau mit allen verfügbaren Mitteln und Kräf­ten mitzuwirken und bei der Durchführung im Ein­zelnen je den Wunsch der beteiligten Mächte, soweit irgend möglich, zu berücksichtigen.

Für die Art der Durchführung des Wiederaufbaus er­laubt sich die deutsche Regierung unter Aufrechterhaltung ihrer seit 1919 gemachten Angebote zusammenfassend auf folgende Möglichkeiten hinzuweisen:

I. Deutschland könnte den Wiederaufbau bestimmter Städte, Flecken oder Dörfer oder bestimmter zu­sammenhängender Teile des Wiederausb-augebiets unter Uebsrnahme sämtlicher Kosten in eigener Leitung oder durch Vermittelung eines internationalen Siedelungs- unteruehmens übernehmen. Bei einer derartigen Rege­lung würden vor allem die Erfahrungen verwertet werden, die Deutschland beim Wiederaufbau der im Krieg zerstör­ten Gebiete Ostpreußens gemacht har. Deutschland will im Augenblick davon absehen, diesen Vorschlag näher zu erläutern, da sein Grundgedanke bisher bei den verbündeten Regierungen auf Bedenken gestoßen ist.

II. Deutschland ist ferner willens, unabhängig von der vorgenannten Regelung, seinen Entschluß, alsbald sür den Wiederaufbau der zerstörten Teile Norchrank eichs und Belgiens alle Hilfsmittel bereit zu stellen, zu betätigen. Deutsche Gesellschaften haben beschlossen, fol­gende Leistungen anzubiet.m: 1) in den zerstörten Gebie­ten wären nach Maßgabe der näheren Wünsche der Verbündeten Regierungen A u s r äu m n n g s a rb e iten und Aufforstungsarbeiten vorzunehmen; 2) Ziegeleien im Auchaugebiet in Stand zu setzen oder neue zu errichten, ebenso Kalk-, Gips- und Ze­mentwerke daselbst zu c> bauen, die erforderlichen M a- schinen und Gerät e zu liefern, um mit der Gewinnung und Verwertung der dort vorhandenen Rohmatenalien für Baustoffe beginnen "zu können, darüber hinaus Baustoffe und Baumaterialien aus Deutschland zu liefern; 3) Vorkehrungen zu treffen, daß die im Au.baugebiet nicht vorhandenen Ge räte und Maschinen für Bauzwecke aus Deutschland h rangenihrt werden können, einschließ­lich der Baustoffe, die für die erst.u Einrichtungen erforderlich sind; 4) sofort mit der Anfertigung von Be­helfsbauten aller Art, mindestens von 25 000 Holz­häusern (Wohnhäusern) zu beginnen und diese vor Beginn der kalten Jahreszeit au,zustellen, um der un- gemein dringenden Wohnungsnot in den zerstörten Ge­bieten vorerst zu begegnen; 5) dazu die Ausstattung z. B. Möbel, Oefen, Kochherde und Kochgeschirre zu lie­fern; 6) nach den Plänen und unter Ueberwachuug der französischen Behörden Hoch- und Tiefbauten jeder Art auszusührcn. Ob diese Bauten im eigenen Betrieb der französischen oder der deutschen Regierung oder in gemeinwirtfchaftlichen Bei i bcn oder durch private Un­ternehmerbetriebe oder unter Zulassung aller freien Be- triebsformcn ausgeführt werden sollen, wird nach den Wünschen der v wbüudet m N'gienmgen zu bestimmen sein.

Die d ut'cbe Regierung ist willens, auf den Boden die- ser Vorschlag' zu' treten. Im Einvernehmen mit den

de utschen B a n a r b ci t er v e r b ände n entschließe

liü) der Berbändo bei.' A n g ? st el lte n und B e amten versichern die deutsche Negierung, daß die Mitglieder die­ser Organisationen bereit sind, beim Wiederaufbau der zerstörten Gebiete durch Arbeitsleistung mitzuwirken.

III. Die Verständigung über alle hienach zu erledigen­den Fragen erfordert eine gewisse Zeit. Andererseits haben die Geschädigten ein großes Interesse an einem schnellen Ausbau ihrer Wohnstätten und Anlagen, ^-re deutsche Regierung erk.ärt sich deshalb bereit, so,ort und

- bis zur Schaffung riner weiteren Regelung den Geschä­

digten, die ihre zerfw^.l Häuser und sonstigen Anlagen wieder ansgebaut sehen wollen, leistungsfähige und vertrauenswürdige Unternehmer zu benennen. Mit diesen Unternehmern können die Geschädigten oder ihre Interessenvertretungen vollständig? Baupläne mit Kostenanschlag au,stellen. Die Geschädigten können natürlich auch ihrerseits deutsche Firmen bezeichnen, mit denen sie in Verbindung zu treten wünschen. Die deut­sche Regierung ist bereit, die Gesamtkosten solcher Bauten, soweit sie in Papieemark bezahlt werden kön­nen, gegen Gutschrift auf das Entschädiguugskonlo zu übernehmen, während sie die Zahlungen der in auslän­discher Währung nrtst - enden Kosten weiterer Erwägung vorbchält.

IV. Falls die verbündeten Regierungen wünschen, daß die Mitwirkung der deutschen Regierung am Wiederauf­bau in anderen als in den vorstehend vorgeschlagenen Formen erfolgt, so ist die deutsche Negierung bereit, jeder von Verbands-Seite gegebenen Anregung und je­den gemachten Vorschlag eingehend und gewi.senhaft zu prüfen, und zu erörtern, um auch in jeder anderen, den dortigen Wünschen entsprechenden Form am Wiederauf­bau t ilzuuchmen. Die deutsche Negierung bittet die verbündeten Regierungen, die er,ordcrlichen Besprechungen über Einzelheiten der zu treffenden Rcacluua möglichst sr'o i einzuleit'n

M§ Einkommensteuer.

Gewerbetreibende.

DnS Reichseinkommensteuergesetz hat die vier Grund­arten der früheren Steuerveranlagung (Grundbesitz, Ge­werbe, Kapital und Arbeit) beibehalten. Es hat aber von der früheren Zahlungsart ab weichen müssen, weil sich nach dem Krieg die Wirtschaft iche Lage beträchtlich verschoben hatte. Nach dem neuen Reichseinwmmensteuer- gesetz wird der Veranlagung bei allen Einkommensträ­gern, also auch bei den Gewerbetreibenden, das in einem Kalender- oder Wirtschaftsjahr bezogene Einkommen zu­grunde gelegt.

Anders als bst den Lohn« und Gehaltsempfängern, b.i denen durch den Lohnabzug der Steuerbehörde feste Unterlagen gegeben waren, mußten bei den Gewerbe­treibenden die letzten landessteucrlichen Unterlagen zu Hilfe genommen werden. Alle diejenigen Steuerpflich­tigen, welche für die Zeit vor dem 1. April 1920 zur Landeseinkommensteuer veranlagt worden waren (ohne Ausnahme auch die Gewerbetreibenden), erhie ten im Laus des 1. Halbjahrs 1920 einen vorläufigen Steuer­bescheid, dem das für die letzte Landessteuerveranlagung maßgebliche Einkommen zugrunde gelegt war. Die Steu­er wurde nach dem Reichssteuertarif und unter Berücksichti­gung des" sogenannten Eststenzminimums festgesetzt. Zu zahlen war sie dann in 4 Raten am 15. Mai, 15. August, 15. November 1920 und 15. Februar 1921.

Die endgültige Veranlagung findet nach Ablauf des Kalenderjahrs statt. Die Unterlagen hat jeder, auch der Gewerbetreibende in eine: Einkomm nsteuercrkläeung bei­zubringen. Auf Grund dieser wird jetzt die endgültige Einkommensteuer für das Einkommen aus dem Kalender­jahr festgesetzt. Sie gilt zugleich als vorläufige Steuer für das laufende Rechnungsjahr 1921. Auf die end­gültig festgesetzte Einkommensteuer wird der Vorschuß angerechuct, der auf den varläu.igen Steuerbescheid hin gezahlt worden ist. Ist der gezahlte Betrag geringer gewesen, so wird eine Nachzahlung zu leisten sein; ist er dagegen größer, so wird er aus die nächste Steuer­schuld gutgeschrieben.

Bei der Ausfüllung de§ Veranlagungssormusars muß der Hauptfrage nach dem Geschäfts gewinn aus dem Betrieb besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Zu­nächst ist zu beachten, daß diese Frage nur für rein gewerbliche Betriebe gilt. Die Ausübung der Rechtsanwaltschaft, des Notariats und der ärztlichen Pra- xis gilt nicht als gewerbliche Tätigkeit. Das gleiche gilt hinsichtlich der Einnahmen der Künstler, Architekten, In- genieure, Privat.ehrer, Schriftsteller und der Angehörigen anderer freier Berufe.

Die Abgabe der Einkommcnsteuererklärung gestaltet sich am ein achstcn, wenn der Gewerbetreibende ordungs- mäßig Bücher führt. Wer die'e G.'schäftsregel nicht be­achtet, erschwert nicht nur der V ranlagungsbehörde, son­dern auck sich selbst die Arbeit, da eine genaue Nachprü- jung seiner Angaben seitens der Steuerbehörde zu erwarten

ist. Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber bestimmt, daß jeder, der mehr als 10 000 Mark zu versteuern hat und nicht schon durch das Handelsgesetzbuch zur Buchfüh­rung verpflichtet ist, seine Einnahmen aufzeichnen, sott.

Außerordentlich wichtig sür den Gewerbetreibenden ist die richtige Auslegung des BegriffsWerbungsko­sten". Auch bei dem Einkommen ans einem Gewerbe- betri b dürfen diejenigen Werbungskosten abgezogen wer­den, die zur lew" erbuug, Sicherung und Erhaltung des Einkommens . wunden sind . Im allgemeinen werden daher alte d. . gen Aufwendungen als Werbungskosten anznsehen sein, die in einer unmittelbaren Beziehung zu den der Einkommensteuer unterliegenden Einkünften eines Gewerbetreibenden stehen.

Unter den am häustgsten vorkommenden geschäftlichen Werbungskosten sind zu nennen: Miete, auch sür Ausstel­lungsräume. Perfonalkosten, Gehälter, Löhne, Provisio­nen, Gratifikationen, freie Station, übliche Weihnachts­geschenke, Trinkgelder, Angestelllenversicherungsbeiträge," persönliche UnjaÜversicheruugsprämicn, Spesen beim Ein- und Verkauf, sowie im Betrieb wie beim Knndeubesfuch, Reklameschilder, Dekorationskosten, Rcinigrmgskostcn, ein­schließlich des dafür benötigten Materials, Berufsklei­dung, angemessene Abschreibungen aus Inventar, persön­licher Aufwand im Geschäftsinteresse, Reklamekosten, Pro­zeßgebühren, Sceuern, Gebühren und Beiträge, soweit sie als abzugsst.hig ausdrücklich anerkannt sind, Stempel­kosten, Junuugs-, Kammer- und .Verbandsbeiträge, Versi­cherung n gegen Feuer, Haftpflicht und Diebstahl, also alle di jenigen Aufwendungen, die im geschäftlichen Leben im allgemeinen als Handlungsunkosten bezeichnet wer­den.

In seinem eigenen Interesse kann jedem Gewerbetrei­benden nur geraten wurden, alle seine Geschäftsspesen ein zeln auzuführen und aus einer Beilage der Ein- kommensteuererktäruug beizufügen. Nur so wird der Veranlaguugsüeamte >ich ein klares Bild von denjenigen Kosten machm können, die als WcrbungSkosten von dem Einkommen abzufetzen sind.

Krise in Berlin.

Berlin, 24. April. Das Reichskabinett trat am Freitag uacpmnt.eg, nach der Erklärung des Reichsmini- slers Dr. Simons im Reichstag, um 5 Uhr zu einer Beratung zusammen, die bis nach 8 Uhr dauerte. Um 9 Uhr abends waren die Führer der Parteien zu einer Besprechung in die Reichskanzlei geladen, jedoch sollten die Mitteilungen nach dem Wunsch des N-'ichskabinetts vertrau.ich sein. Die Vertreter der Teutschuationalen, der Sozialdemokraten und der Unabhängigen lehnten es ab, daß in Dingen, die Lebensfragen des deutschen Volks b>'tr''ftii geh:im v > "'5'lt ue de N-'-st läucur u Aus­einandersetzungen zog sich um 11 Uhr nachts das Ka­binett zu einer Beratung zurück, nach der es erklärte, es müsse an der Geheimhaltung sesthalten. Da auch die Parteien au; ihrem Standpunkt beharreten, verzichtete das Kabinett auf die Mitteilung feiner Absichten. Tie Sit­zung wurde daeau an g 'hoben. Die sür Samstag an­beraumte Reichstagsfitzung wurde auf Wunsch der Negie­rung auf Montag verschoben. Am Samstag abend tt Uhr wurde sodann den Parteiführern ohiw di' Bedingung der Geh imhaltung Mitt ilung ron ten neuen V,r ch.ägen zur Ent ch ldigung gemacht.

In den Sitzung n der Neichstagssraktionen wurde das Verhalten der Regierung überwiegend ungünstig beurteilt. Man fand die Form der Note an Harding ebenso un­glücklich verfaßt wie die Begründung, die Dr. Si­mons sür das außeeord.nt.ieh wengehende Anerbieten des Schiedsrichteramts gegeben hat. Tie Stellung Simons gilt als schwer erschüttert.

Nach d.nPolilisch-parlamentari'chen Nachrichten" sei mit einem Zusammenbruch des Reichskabinetts zu rech­nen. Seit der unglückseligen Unterredung Simons mit dem Vertreter des PariserMatin", Saueewein, in Bern und den zweiten Vorschlägen in London, in denen Simons seine Befugnisse weit überschritt, habe er das Vertrauen der Rechtsparteien verloren. Seine Note an Harding werde aufs schärfste verurteilt. Mau werfe ihm vor, daß er dabei zu eigenmächtig gehandelt und ohne vorherige Verständigung mit den Parteiführern Deutschland auf 100 Jahre dem Gutdünken Fremder ausgeliefert habe.

DerBerliner Lokalanzeiger" glaubt nicht, daß man es im gegenwärtigen Augenblick auf eine Kabinettskrisis