R u n d s ch a s.

Hcilbroilll, 3. April. Gestern abend N'ch 8 Uhr woUi-'n sich 3 junge Leute, Bier­brauer, bas Vergnügen machen, mit einem Nachen ans dem Neckar zu fahren. Unter­halb der Brücke aber schlug der Nachen um und versank mit seinen Insassen in die Tiefe, Vorübergehende hörten wohl ein Hilstgesckrei; aber bis Hilfe kommen konnte, fand man nur noch Kappen und Ruder ans der Ober­fläche des Wassers schwimmend. Nach langem Suche» fand man um 12 Uhr nachts einen der Verunglückten und auch die Stelle, wo der Nachen ans dem Grund des Wassers liegt; die andern zwei Ertrunkenen hat man bis jetzt (vormittag 11 Uhr) noch nicht ge­sunden.

Berlin, 2. April. Eine amtliche Mel­dung über ein Vorkommnis vor der Kaserne des 3. Garderegimcnts lautet: Um Mitter­nacht wurde der Mililärposten von einem Individuum geneckt, thatsächlich angegriffen und schließlich mit einem Messer bedroht. Das Individuum entzog sich dann seiner Festnahme durch die Flucht und setzte diese trotz wiederholten Anruf« fort. Der Mili­tärposten gab dann Feuer. Die Kugel durch­bohrte den Rücken des Flüchtenden und ver­letzte diesen schwer. Auch noch eine zweite vor dem Flüchtenden befindliche an dem Exzeß unbeteiligte Person wurde leicht verletzt.

Berlin, 4. April. Der Direktor des Zirkus Renz, Herr Kommissiontrat Renz ist Sonntag früh gestorben.

(Sieben Jahre unschuldig im Kerker!) Aus Graz wird berichtet: Im Jahre 1885 wurde der damals 39jährige Inwohner Eu- stach Holzbauer im Beznkield angeklagt, den Keuschler Joachim Achsenberger auf einem Weideplatz ermordet zu haben. Die hiesigen Geschworenen bejahten die Schuldfragc mit 10 gegen 2 Stimmen, worauf das Todes­urteil erfolgte. Holzbauer wurde zu zwanzig Jahren KrrkcrS begnadigt, Auf dem Thai orte war eine blutige Butte gesunden worden, welche angeblich Hoizbsmr's Eigentum war, auch war der VcrdachtSgrund vorhanden ge­wesen, daß Holzhauer dem Achsenberger feind­lich gesinnt und schon einmal wegen Tot­schlages abgestraft war. Holzbauer beteuerte vor und nach der Verurteilung seine Unschuld und verlangte widerholt die Wiederaufnahme de« Verfahrens. Durch sorgfältige Nach­forschungen des Gcndarmrrikpostcnführers in Bnkstld ^gab sich nun, daß die Butte nicht Eigentum Holzbaner's war und wurden auch andere Umstände ermittelt, welche die Un­schuld Holzbauer'« erwiesen, so daß derselbe nunmehr aus der Haft entlassen worden ist.

Schätzbare Makulatur. Der Dres­dener Polizeibericht meldete vor einigen Ta­gen:Bei einem Rohproduklenhändler fan­den sich am Dienstag in einem mit altem gebrauchtem Papier gefüllten Sacke die Stücke von 11,000 ^ deutscher Reichsanleihe shne ZinSschcine vor. Diese Wertpapiere waren während de« jetzt vorbereiteten Weg­zuges einer Familie irrtümlich mit unter zum Verkaufe ausgemusterle Makulatur u. s. w. gekommen."

Zwei furchtbare Schadenfeuer haben in den letzie» Tagen in Schleswig gewütet. Im Kuhstall des Gutes Augustenhof im dänischen Wohld brach in der Nacht, als die Bewohner des Hauses im festen Schlafe lagen, Feuer aus, das mit solcher Echnellig- km um sich griff, daß der ganze R ndvieh»

bestand von 101 Köpfen verbrannte; das Feuer sprang dann auf den Pferdstall über, der vollständig zerstört wurde; dock verbrann­ten hier nur 3 Pferde. Nach derE. Z." liegt ein Racheakt vor; ein auf dem Gute dienendes Meiereimädchen aus Ostpreußen ist unter dem Verdachte der Brandstiftung verhaftet worden. Gänzlich niedergebravnt ist der unweit der Grenze belcgene Hof- lund; 42 Siück Rindvieh und 7 Pferde, darunter 2 wertvolle Hengste, sind in den Flammen umgckommen; außerdem verbrann­ten bedeutende Kvrnvorräte und das gesamte Inventar. Auch diese« Schadenfeuer ist auf Brandstiftung zurückzuführen.

(Im Löwenkäfig.) Aus Warschau schreibt man: Eine kühne Thal führle der bekannte Bändiger Freiherr von Creytz «uS, Al« die Bändigerin Miß Cray den Löwen­käfig betrat, stürzte sich die zweijährige nu- bischeAsra" auf ihre Herrin und grub ihr die Pranken tief in die Brust. Freiherr v. Creytz, der Zeuge dieses Vorganges war, sprang kurz eiMchlossen in den Löwenkäfig, blendete mit einem Taschenmesser (ein anderes Jnstrumenl war nicht zur Stell?) die fauchende Bestie und befreite die in ihrem Blute schwim mendc Dresseuse. Die Acrzte hoffen die schrecklich Zugerichtetc am Leben zu erhalten. Freiherr von Creytz stammt aus Magdeburg und trat vor einigen Monaten in der dor­tigen Flora auf.

(Ein bestialischer Mörder.) In der verflossenen Woche war Belgrad der Schau­platz eines schrecklichen Mordes, den der beim Advokaten Kosta Spartalj bedienstete Budi- mir Avramovic an seiner Geliebten, dem Dienstmädchen Therese Lakic, auSsührte. Avra­movic bemerkte, daß sein Geliebte seit eiuiger Zeit ihre Aufmerksamkeit einem anderen jungen Manne schenke und ihn vernachlässige. Al« seine Vorwürfe und Drohungen nichts nützten, beschloß er, wie er ganz kaltblüng dem Untersuchungsrichter erzählte, seine Ge­liebte umzubringen, »damit sein Rivale keine Gelegenheit mehr habe, sich an ihrer Schön­heit zu weiden." Avramovic kam um halb 7 Uhr Morgens zu seiner Geliebten, in deren Zimmer sich auch eine Köchin befand. L tzterc ergriff, als sic den Avramovic, der ein großes, scharf geschliffenes Messer in der Hand hielt, erblickte, die Flucht durch da« Fenster. Aviamovic stürzte auf seine Geliebte, trennte ihr mit dem Messer den Kopf vom Rumpfe und schlitzte ihr hierauf den Unterleib auf. Die Kommission fand, al« sic in da« Zimmer trat, den Rumpf der Lakic in einer Blutlache liegen, wahrend der Kopf der Ermordeten in einer Ecke des ZimmerS lag. Am Rumpfe dcS Mädchens bemerkte man deutlich Spuren vvnMißdand- lungen, die am toten Körper ausgeführt wurden und den tierischen Charakter de« Mörders kennzeichnen. Avramovic, der so­fort nach der Thal von Gendarmen ergriffen wurde, legte vor dem Untersuchungsrichter ein offenes Geständnis ab und erklärte, zu­frieden zu sein, daß ihm die Thai gelungen. Er werde, sagte Avramovic, mit angenehmen Gefühlen dem Tode, der ihn erwartet, ins Auge sehen, und bitte nur, ihn so bald als möglich zu verurteilen.

In der oberen Königsstraße in Kas­sel wurde ein fünfjähriger Knabe, als er einer deS Wege« kommenden Husaren-Abteil- ling nachsah, von einem Trambahnwagen tot gefahren. Das Kind fiel sv unglücklich auf

das Schicnengekeisc, daß der kleine Körper in buchstäblichen Sinne dcS Wortes zerrissen wurde.

sRvmco und Julie in Rumänien.) Man schreibt au« Bukarest:Von einem schweren Unglück sind zwei der angesehensten Familien unserer Stadt ereilt worden. Der 25jährige Hörer der Rechte an der hiesigen Universität Theodor Lilowitsch hat seine Kou- sine Elisa Vera, Tochler eines Bankiers, mit ihrer Einwilligung vergiftet und sodann sich selbst, durch einen Revoiverschnß getötet. Die junge» Leute liebten einander leidenschaftlich, die beiderseitigen Eltern wollten jedoch einzig a»S Rücksicht auf die nahe Verwandtschaft ihre Einwilligung zu einer Heirat nicht geben. DaS Liebespaar beschloß, gemeinsam zu ster­ben. Elisa gab ihrem Bräutigam die Beiden hatten sich längst heimlich verlobt einen Schlüssel z»m Oeffnen des Hausthvres. Freitag Nachts schlich sich der junge Mann in da« Zimmer de« Mädchen«, welches ihn in Brauiloilette erwartete. Vor ihren Augen bereitete er eine Gifllösung, welche die junge Dame ohne Zögern leerte. Elisa Vera siel sofort bewußito« nieder Der Student ver­blieb ruhig an ihrer Seite, bis sie verschie­den war. Dann entfernte er sich au« dem Hause, in welchem Alles in tiefstem Schlafe lag, begab sich in seine i» der Etrada Ba- sarab gelegene Wohnung und jagte sich ans einem Revolver eine Kugel in die rechte Schläfe. Der Tod trat augenblicklich ein. Lilowitsch hinrerli,'ß an seine Mutter einige Zeilen, welche lauteten:Ich hatte soeben den grausamen Schmerz, bi« zum letzten Seufzer meiner angcbettten und vergötterten Elisa ausznharren. Auch ich werde bald nicht mehr unter den Lebenden sein. Ich beklage auf'« Tiefste da« namenlose Unglück beider Familien, an denen die Legende von Romeo und Julie so furchtbar zur Wahr­heit wurde." D>e beiden Leichen wurden in einem gemeinsamen Grabe bestattet. Das erschütttrnde LiebeSdrama hat hier ungeheuer Teilnahme erweckt. Elisa Vera zählte kaum 19 Jahre und war ein wegen ihrer Schön­heit vielbewunderte« Mädchen. Der König von Rumänien besuchte mit dem Thronfolger da« Trauerhau« und ließ der Familie sein Beileid autdrücken.

Ein Selbstmörderbund wurde vor einigen Tagen in der Milikärschuie von Cra- jvdll (Rumänien) entdeckt, in welcher sich im Laufe eine« Monat« fünf Schüler das Leben genommen haben. Man fand ein Schriftstück vor, in welchem 19 Zöglinge der Anstalt sich durch allerlei Schwüre ver- pflüchteten, sich selbst ins Jensn's zu be­fördern. Es wurden natürlich sofort Maß­nahmen getroffen, daß jene 14, welche den Bestimmungen de« Kontrakte« noch nicht nachgekommen sind, nicht Hand an sich legen können. In dem Schriftstück sind die Gründe de« traurigen Entschlüsse« nicht angegeben, e« ist jedoch zweifellos, daß die Behandlung, welcher die Zöglinge der Mililärschule auS- gesctzt sind, die Grundursache de» Bunde« bildete.

In Anbetracht des anhaltend starken Andranges von Passagieren nach Newyork erhöhten der Nordd. Lloyd und die Hambur­ger Packetschiffahrt-Gesellschaft die Zwischen­deckpreise. Weitere Erhöhungen dürften be- Vorstehern Der Norddeutsche Lloyd besör- derte im März 1892 18 000 Passagiere ge­gen 12 OVO im Vorjahre,