Rundschau.
Stuttgart, 1. Febr. S. K. Majistät haben laut St.-A»z. de» Prinzen Friedrich Heinrich von Preußen, sowie den Erbprinzen Bernhard von Sachsen-Meiningen, den Herzog Ernst Güniher zu Schleswig-Holstein und den Herzog Johann Alvrecht zu Mecklenburg- Schwerin, Hoheiten, unter die Grdßkreuze de« Ordens der Württembergisch'n Krone ausgenommen.
Stuttgart, 2. Februar (Ledermesse.) Die heutige Lekermcsse i» der Gewcrbehalle ist ziemlich gut, namentlich auch von auswärtigen Jnnessenten besucht. Die Zufuhr beträgt etwa 1000 Zt.; von den verschiedenen Ledersvrten ist b-sonders Wildoberleder vorherrschend. In den seitherigen Ledciprciscn ist eine Aendcrnng nicht eing.trcten. Die von dem Stadtgartenrestaurat. W. Schwankt im Seitenbau etablierte Restauration erfreut sich lebhaften Zuspruches.
Stuttgart, 2. Fcbr. Auf dem Gebiete der Klavierfabrikation hat Herr EliaS hier, eine nicht unwichtige Erfindung gemacht und bereits zur Patentierung angemeldet. Sie ermöglicht die gleichmäßige Verlängerung eines oder mehrerer Töne nach Willkür des Spielers. Sachverständige versprechen der Erfindung eine Zukunft.
Neucuhaus , OA. Nürtingen. 1. Febr. Der 2 l Jahre alte, bisher ganz gesunde W. R. von hier verfiel gestern abend plötzlich in Tobsucht. Er biß sich in einem solchen Ausall die Kleider vom Leibe und würde sich, wenn ihn nicht mehrere Männer gehalten hätten, die Finger abgebissen haben. Au« dem Oberarm hat er sich ein Stück Fleisch heransgerissen. Die Familie, die vor zwei Jahren einen Sohn im Alter von 23 Jahren durch den Tod verlor und nun auch dieser Stütze beraubt ist, wird allgemein bedauert.
Neuenbürg, 2. Febr. Ein ergreifender Vorfall ereignete sich bei einer Hochzeittseicr in Conweiler. Ein dem Brautpaare nahe verwandte« Mädchen von 18 Jahren wurde vo» einem Hochzeitsgaste zum Tanze ein- gcladen, welcher Aufforderung auch folgte. Während des Tanzen» wurde sie jedoch von einem Herzschlag bcirofstn, so daß sie in den Armen ihres Tänzers verschied. Wie Einsender dieses erfährt, sollte betreffendes Mädchen als „Brautiräiilcin" die Hochzeit milfciern, welch Ehre sie in Anbetracht ihres ihr bekannten H rzteidens aber ablehntc und ihrer ältesten Schwester übertrug; sic beteiligte sich jedoch an o. Hochzeilsessen, wobei sie auch sehr vergnügt gewesen sei. Erst abends spät soll sie sich vorübergehend etwas unwohl gefühlt haben, weshalb sie sich auch schon nach Hause begeben wollte; doch durch Zureden ihrer Dschnachbarinnen ließ sie sich wieder auf- halten, und erst morgens in der Zeit von 2 — 3 Uhr ereilte die Bedauernswerte der eingangs diese« beschriebene jähe Tod. Begreiflicherweise verursachte dieser Vorfall den Hochzeitsgästen eine große Gemülserschütter- nng, welche für die Neuvermählte Frau einen schweren Onmachtsanfall zur Folge Halle.
Blaubcnrrn. 2. Febr. Mkdizinalrat v. Burckhardt aus Stuttgart unterzog letzten Mittwoch das neue Krankenhaus einer genauen Visitation. Sein Urteil hierüber war ein äußerst günstige« ; er bezeichnet- den Neubau gut ung praktisch eingerichtet, allen Anforderungen der Neuzeit entsprechend.
Friedrichshsaen . 1. Febr. Die Villa Taubenheim, frühere« Privateigentum de-
verewigten Königs Karl, ist testamentarisch in die Hände des Maschinendirektors Georges übergegangen. Ein Rückkauf des prächtigen Anwesens scheint an dem Widerstande bet nunmehrigen Besitzers gescheitert zu sein, der da« Anwesen überhaupt nicht mehr abgeben wolle. Die mit dem K. Schlosse in Verbindung gewesene Schloßwasserlcitung, Einrichtung der elektrischen Bcleichtung rc. rc. sind sisticrt und die Leitungen eingestellt worden.
Mannheim, 30 Jan. Der ehrwürdige Vater Rhein feiert heute ein seltene« Jubiläum ! Heute sind cs nämlich 75 Jahre, daß zum ersten Male ein Dampfschiff die Fluten des sagenumwobenen Strome» zerteilte.
Frankfurt a. M , 3. Febr. Auf schreckliche Weise sind gestern früh die beide» Kinder der Eheleute Taglöhner Sturm in Born- Heim, ein Knabe von 5 und ein Mädchen von 3 Jahren, umS Leben gekommen. Während der Vater schon srüzeitig zur Arbeit gegangen war, halte sich die Mutter gegen 9 Uhr zu einer Besorgung in die Stadl begeben. Sie schloß die beiden Kinder im Wohnzimmer ein, und nun ist Feuer entstanden. Wie das geschehen ist, hat bisher noch nicht aufgeklärt werden könne». Die Mitbewohner im Hause haben nichts bemerkt, erst der »m 12 Uhr heimkehrendc Vater gewahrte den intensiven Brandgeruch. Die Thüre wurde aufgerissen, und nun bot sich ihm ein schrecklicher Anblick. Das Mädchen lag erstickt am Fußboden, der Knabe als gänzlich verkohlter Leichnam auf dem Sofa. Man glaubt, annehmen zu können, daß auch der Knabe erstickt ist und daß ihn dann erst die Flammen ergriffen haben.
— Für das Berliner-Luther-Denkmal hat der Kaiser 44 000 Mark gegeben, die gleiche Summe der Magistrat; die fehlenden 88 000 ^ sind nunmehr gedeckt.
Einen reichen Fund hat am jüngsten Sonntag nachmittag in Berlin der Pfcrdc- bahnschaffner Schulz in dem von ihm geführten Wagen der Linie Lützowplatz—Schlesischer Bahnhof gemacht. Er fand nämlich auf der Endstation, nachdem der Wagen von den Fahrgästen verlassen war, eine Brieftasche, die nicht weniger als 21,000 Rubel in Banknoten enthielt. Der ehrliche Finder lieferte daS Portefeuille in dem Pferdcbahn- depot Nr. 18 ab. Der Verlierer hat sich bis gestern noch nicht gemeldet.
(In der Lotterie.) Im vergangenen Herbst gewann ein Arbeiter F. in Berlin in einer Lotterie 20,000 ^ Da« war ein arger Mißgriff der Frau Fortuna, den der so plötzlich für seine Verhältnisse reich gewordene Mann verstand e« nicht, das leicht erworbene Geld in vernünftiger Weise zu verwenden. Er verließ seine kleine Wohnung, bezog mit den Seinigen eine hochherrschafl- lichc Wohnung im Norden der Stadt, kaufte elegante Einrichtung, für Frau und Tochter prachtvolle Schmucksache» und Kleider und wirtschaftete mit Unterstützung guter Freunde so, daß er in sechs Wochen vollkommen „fertig" war und wieder in seine frühere Wohnung znrückziehe» mußte, in der er viele Jahre hindurch kümmerlich, aber zufrieden mit den Seinigen gelebt hatte. Jetzt hieß es von neuem tüchtig arbeiten, und F. trat die alte Stellung in der Fabrik seines früheren Brotherrn wieder an. Aber die Arbeit ging dem verarmten Reichen nicht mehr von der Hand, und Reue, sein Glück nicht besser benutzt zu haben, wie Verzweiflung über seine
gegenwärtige Lage brachten den Mann zu dem Entschluß, sich da» Leben zu nehmen. Am Samstag abend, als er aus der Fabrik zurückgekchrt war, begab er sich, nachdem er die Frau mit einem Auftrag weggeschickt, in die Küche und hängte sich a» einem Fcnfter- kreuz aut. Durch Zufall kehrte Frau F. nach einigen Minuten auf der Straße um, weil sie etwas vergessen, und fand ihren Mann erhängt vor. Der sofort Abgefchnitlene wurde durch die Bemühungen eines hervcrgerufenen Arzles wieder zum Bewußtsein zurückgebracht, wird jedoch durch ein tangeres Krankenlager seine au« Verzweiflung hervorgegangene That zu büßen haben.
— Eine große Falschmünzergcscllschaft wurde laut Fr. Zig. in Zittau (Sachsen) enbeckt. Die Leiter derselben, Gürtlergehilfe Fahrmann, dessen Frau und Bruder wurden verhaftet. Münzapparate wurden vorgefnn- den und beschlagnahmt.
— Ein gräßliches Unglück hat sich in dem Orlc Grethen bei Dürkheim (Pfalz) ereignet. Die Sieinhaucrseheleute Heinrich Denzboden daselbst waren auSgegangen. Während ihrer Abwesenheit brach in ihrer Wohnung Feuer aus, wodurch die in einem Bett liegenden beiden Knaben des genannten Ehepaares vollständig verbrannten. Die unglücklichen Kleinen waren 4 resp. 1 Jahr alt.
— Eisgang und Hochwasser wird aus Schlesien von der Oder, Neisse, Bober, Queis, Spotts gemeldet. In Brieg ragen von den einstöckigen Häusern der Vorstädte nur noch die Dächer hervor. Mau befürchtet ein Reißen der Dämme. In Hamburg hak der Wasserstanb der Alster eine so bedeutende Höhe erreicht, daß die Keller vieler Häuser überschwemmt sind. Die Einzelheiten, welche über die Ueberschwemmungcn in Schottland einlaufe», beweisen, welche Verheerungen das Wasser angerichtet hat, DaS Thal des Kylc in Sunderland ist ein einziger großer See. Im Evelixthal stehen die Häuser der Kleinbauern unter Wasser und viele Schafe sind ertrunken. Bei Bcauly schwebt die Eisen- bahnbrücke in Gefahr. Zwei Eisenbahnbrücken zwischen AchnaShcen und Dingwall sind von den reißenden Fluthen zertrümmert worden. Auf einer Strecke von 70 AaidS hat daS Wasser den Bahndamm der Highland-Eisenbahn bei Kingnessie unterwaschen. E« kann kein Zug mehr über die Stelle fahren. In Jnveneß mußten manche Bewohner, deren Häuser am Neßufer liegen, durch die Fenster steige», um sich zu retten. Seit 1849 hat et dort keine so große Uebcrschwemmungen gegeben.
— Wie au« Königsberg gemeldet wird, ist dort am letzten Sonntag um die Mittagszeit der Versuch unternommen worden, den Schloßturm in Brand zn stecken. Das innere Gebälk war mit Petroleum getränkt worden und bereit« angebrannt. Das Feuer wurde jedoch glüklicherweise bald bemerkt und durch die Feuerwehr unterdrückt, von dem Thäter fehlt bi» jetzt jede Spur.
— Da« nach Oldenburg bestimmte holländische Schiff „Tricnlje" ist mit Mann und Maus untcrgegangen.
— Aus Rouen wird gemeldet, daß in dem benachbarten Dorfe Notre-Dame-de-Bou- devillc ei» seit langem gelähmter Mann, Namens Tougard, lebendig begraben wurde. Vorletzten Montag glaubte seine Mutter, er sei seinen Leiden erlege» und auch der Leichenschau« teilte diese Ansicht, indem er den Toten«