Geprüfte Kerzen.
WeihnachtSnvvellc von H. von Ziegler.
Nachdruck verbeten.
2.
Seine Mutter, seit mehreren Jahren verwitwet und alleinige Verwalterin de- Rittergutes Bürciidors, bemerkte den Blick deS stattlichen SohneS und ihre Brauen zogen sich drohend zusammen; langsam erhob sie sich vom Miltagslischc. Sie war eine hohe, stattliche Frau mit einem kalten, scharf beobachtendem Blick, aus dem viel Verstand, aber wenig Herz und Gemüt sprach.
„Ich habe einen Brief von Cousine Edith» bekommen, Rudolf," begann sie nachlässig, „sie will uns zum Fest besuchen, und ich hoffe, Du wirst an meine Wünsche dcnken, was Ediths betrifft."
„Ah, der Goldfisch kommt!" lachte der Lieutenant etwas gezwungen, „aber ich bitte Dich, Mama, soll ich Editha denn gleich mit einer feurigen Liebeserklärung zu Füßen fallen ? Ich kenne sie ja noch gar nicht I"
„Sie ist die einzige Tochter DineS früh verstorbenen Onkels Büren und Erbin eines großen Vermögens. Ich hoffe auch, daß Du nicht vergißt, Rudolf, wie wenig ich Euch einst hinkerlasseii kann. Unser schönes Be- sitzthum ist lief verschuldet."
„So willst Du mich nur um des Gelees willen zu einer Ehe ohne Liebe zwmgen, Mama?," fuhr Rudolf empor; denkst Du denn gar nicht an daö Glück Deines Sohnes! Wir kennen Editha doch noch nicht; vielleicht ist sie gänzlich unliebeuswürdig und - "
„Du weißt, lieber Rudolf, waö ich von den Sentimentalitäten der Jugend halte I" So unterbrach Frau von Büren mit kühlem Worte den feurig aufbrausenden jungen Mann. „Mlt einem liebenden Herzen ohne Vermögen kann man heutzutage nicht mehr leben, zumal wenn man ein armer Offizier ist. Ich wünsche sehr eine Verbindung zwischen Editha und Dir."
„Verzeih, Mama, ober ich muß Dir heute schon sagen, daß aus diesem Plane nicht« wird, wenn ich für Editha keine Liebe empfinden kann. Doch für heule genug davon, laß die Cousine erst kommen!"
„Wirst Du Deinen Sinn auch dann nicht ändern, Rudolf, wenn ich Dir nun wohl zum zehnten Male sage, daß durch Deine Verheiratung mit Editha ein unseliges FamilienzerwürfniS beglichen und das Geschlecht Derer von Büren neu aufblühen soll."
Rudolf von Büren ging kopfschüttelnd und stumm aus dem Zimmer, und Frau von Büren sah ihm verstimmt nach. „Ich sürchte, Rudolf kommt auf thörichte Gedanken hier in der Einsamkeit," dachte seine Mutter, „aber es soll meine Sorge sein, allen Thorheiten seiuerseits vorzubeugen."
Indes hatte der junge Offizier den Paletot über die Schultern geworfen und die Mütze aufgesetzt. Dann war er hinauSge- schlendert aut die schneebedeckte Landstraße; allerlei kleine und große Fußtapfen führten ihn auf den Weg den er suchte, und nicht lange darauf scholl Helles Gelächter an sein Ohr, so daß er befriedigt mckte
„Fräulein fangen Sie mich auf, wir laufen um die Wette," >ief eine kräftig« Knabenstimme und der jugendliche Haus von Büren rannte herbei, mit tauten, Jubel sich i» die geöffneten Arme der jungen Erzieherin Werst nd.
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„Brav, Hänschen," lobte diese, „nun kommt Gertrud an die Reihe!"
Fräulein Elise sah sehr hübsch aus, fast noch hübscher als vorhin im Schlosse. Ihre Wangen waren von der Winterfarb rosig gefärbt, ihre blauen Augen strahlten in jugendlichem Vergnügen und kleine, blonde Löckchen spielten um ihr liebliches Gesichtchen; offenbar hatte sie den Neuangekommenen Zuschauer noch nicht bemerkt, denn sie nahm gar keine Notiz von der Anwesenheit des Herrn Lieutenant. Hänschen sah ihn zuerst. „Da ist Bruder Rudolf," schrie er triumphierend, „nun muß der auch mitspielen. Ich muß ihn einmal mit Schnee werfen!"
„Nein, Herzchen, das hat Mama verboten," wehrte das junge Mädchen hastig dem übermütigen Knaben und erwiderte verwirrt den Gruß deS jungen Offiziers. „Wir wollen lieber unseren Spaziergang fortsetzen," sagte dann Fräulein Arnold zu den Kindern gewandt.
„Aber artige Mitmenschen dürfen sich wohl anschließen?," frug Rudolf heiter und schritt, ohne erst eine Antwort abzuwarten, neben Elisen weiter.
Freuen Sie sich sehr auf Weihnachten, Fräulein Arnold?" frug der junge Offiziere dann.
Ein Blitz des Mutwillens erschien in teil blauen Augen des jungen Mädchens, dann jedoch senkte sich das bionde Köpfchen und Elise antwortete zögernd: „Ich habe keine Eitern und Geschwister, mit denen ich den Christbaum schmücken könnte. Dieses Bewußtsein schmälert die WeihnachtSfreude."
„Aber sie werden sich doch bei uns glücklich fühlen," erwiderte Rudolf herzlich und mit leiserer Stimme, „Sie sollen in unserer Mitte Ersatz für die Heimat finden."
„Ich will zum Feste verreisen, und die gnädige Frau wird mir wohl Urlaub gewähren, besonders weil Sic — Besuch erwarten."
Eigentümlich prüfend schaute das junge Mädchen ihren Begleiter von der Seite bei diesen Worten an. Dieser fuhr erregt auf und sagte:
„Das geht nicht, Fräulein Elise! Sie müssen zum Feste hier bleiben; ich — ich habe mich so darauf gefreut, in Ihrer Gegenwart Weihnachten zu verbringen."
Sie fuhr leicht zusammen bei seinem unwillkürlich wärmer gewordenen Tone, aber sie blieb stumm, nur beschleunigte sie ihre Schritte. Die Kinder waren weit voraus, Rueolf von Büren sah das liebliche Gesichtchen der Erzieherin dicht neben sich und bog sich zu derselben mit den Worten herab:
„Wollen Sie mir den Weihnachtsabend denn ganz und gar verderben, Fräulein Elise? Soll ich die alten, lieben Wnhnachtslieder nicht von Ihrer Stimme hören?"
„Nein," murmelte sie stockend, „Cousine Editha kommt ja!"
„Aber nickt, um mir Weihnachislieder vorzusingen, Fräulein Arnold I" erwiderte Rudolf erregt und verlegen. Und was soll mir die stolze Unbekannte zu Weihnackten bringen? Sage» Sie mir rasch, Fräulein Elffe, ehe die Kinder zurückkommen, daß Sic zu Weihnachten bei uns bleiben wollen!" —
„Ich kann nicht," flüsterte sie seufzend, „lassen Sie mich gewähren, Herr v. Düren, und fragen Eie nicht weshalb I"
„Elise," flehte da leise der junge Offizier und erg,ist plötzlich die sich ihm ent
h Hofmann m Wilbhao.
windende kleine Hand des jungen Mädchens. „Sollte ich mich denn getäuscht haben? Ich meinte, in Ihren blauen Augen ein süße« Geheimnis zu erkennen, das mich unendlich glücklich gemacht hätte. Ich habe vom ersten Tage an, wo ich Sic sah, einen wonnigen Traum geträumt, in welchem Sie den Anfang und das Ende ausmachten; Sic haben mich bezwungen und aus dem flotten, leichtlebigen Offizier einen ersten Mann gemacht, der nur durch Ihre Liebe glücklich werden kann, und soll ich deshalb meinen Dienst quiiieren und mich als Guispächtcr durch die Welt schlagen."
„Herr von Büren!" flehte das junge Mädchen mit zitternder Stimme. Doch bei aller Verwirrung und Erregung glitt wiederum jenes halb glückselige, halb belustigte Lächeln um die Lippen des schönen Mädchens, aber sie eilte immer rascher vorwärts; die Kinder kamen gelaufen, das Schloß lag vor ihnen und Rubolf wartete immer ungeduldiger auf Antwort.
„Haben Sie denn gar keine Silbe für mich, Elise?" frug er dann ganz aufgeregt, „können Sie mich den» nicht lieben?"
„O ja," hauchte sie endlich und die blauen Augen blicklen ihn fs lieblich und doch verschämt an, „seien Sic mir nicht böse, Herr von Büren!"
Ein Jubellau! entrang sich seinen Lippen, er bog fick nieder zu dem schönen Mädchen und ergriff mit leidenschaftlicher Zärtlichkeit dessen weiche Hand.
„Elise," flüsterte er innig, „so willst Du mein sein, — mein teures Weib für's ganze Leben in Freud' und Leid sei» ?"
„Für's ganze Leben," erwiderte siefeierlich und schaute feuchten Auges doch glückselig zu ihm auf, „aber sie müssen mir vertrauen I"
„Und Du bleibst hier? Du läßt mich nicht allein zum Feste?"
(Fortsetzung folgt.)
Für heiratslustige Männer.
Ein Mädchen, daS viel deklamiert Und täglich mehrmals sich frisiert,
Das lieber in Romane blickt,
Als daß es seine Strümpfe flickt,
Und wenn sie Dir auch wohtgesällt,
So nimm sie nicht — Du bist geprellt I
Wenn Eine zu viel Schlittschuh lauft, Und süßes beim Konbilor kauft,
Um neun Uhr noch im Bette liegt,
Und ihre Trägheit nie besieg!,
Und wenn sie Dir auch wohl gefällt,
So nimm sie nicht — Du bist geprellt!
Wenn Eine aber ohne Schleier
Zum Markte geht, kauft selbst die Eier,
Zu Hause näht, nach Wäsche sieht,
Auch in der Küche sich bemüht;
Hat diese auch nur wenig Geld,
So ist Dein Haus doch gut bestellt.
Ich rate, gib Dir alle Müh',
Besinn' Dich nicht — heirate sie.
Merk's.
Ja, da cilierst Du immerzu;
Was bringt Dir's für Gewinn?
Daß Goethe klüger war, als Du,
Das wußten wir ohnehin!
Frauen haben runde Herzen, sie können daher nie etwa« auf dnnsilbe» behalten.
(Verantwortlicher Redakteur Beruh- Hofmann.)