SoLöatenüeöe.
Erzählung aus dem Kriegsjahre 1870f71 von Carl Cassau.
Nachdruck verboten.
8.
„Ach, Herr Lieutenannt!" entgegnete Rößler lachend, es würde sich für mich sehr schlecht schicken, wollte ich Sie über die Thor» heit an Träume zu glauben, zu belehren wagen! Schäume sind sie alle! Wir wollen die besten Hoffnungen haben, daß wir uns nach der Schlacht gesund Wiedersehen; ich denke, die verflixten Franzosen solle» heute endlich genug Pauke bekommen!"
Man frühstückte eilig, und wirklich, die Schreckgestalten der überreizten Phantasie Arthurs verschwanden vor der Sonne, die heute blutigrot oufging.
Und eine Blutarbeil war'S, diese dreitägige Schlacht bei Bel fort, wo der General Werder mit seiner kleinen Armee den Bour- baki zurückschlug, bis die Hülfe in der Person ManteuffelS und die Scinigen kam und die Franzosen im Rücken faßte und zwang, auf schweizer Gebiet übcrzutreten, wo sie entwaffnet, der Gefangenschaft verfielen.
Arthur kämfte mit seinen Leuten an vielen gefährlichen Stellen und doch verschonte ihn jede Kugel. Rößler hatte deshalb am vierten Tage im Bivouak recht Muße, den Herrn Lieutenant an seine Träume zu erinnern. Der Lieutenant war aber heute merkwürdig ernst und feierlich gestimmt; er lachte nicht über die Scherze wie sonst, sondern schwieg.
Cs war Mittag, als Arthur Befehl bekam, die Straße nach Dijon abzusuchen, da sich dort Marodeurs herumtreibe,> sollten, welche den Straßenverkehr beeinträchtigten. Arthur saß sofort auf und stellte sich an die Spitze seines Zuges, neben ihm ritt Rößler, beide geschmückt mit dem Eisernen Kreuze. So zogen sie durch ein Dorf. Es war Thauwetler eingetreiei,. Man sah wieder Menschen in Holzschuhen und blauen Kitteln, die scheu Mil dem Rufe: ,1-ss kruSsions!" davonlicfen. Da, richtig, das waren Marodeurs I
„Auf die Kerle!" kommandierte Lieutenant vom Busch.
Eiligst flüchtete das Gesindel ins Dorf.
„Hinein, hinein I" erscholl das weitere Commando.
Da tauchten plötzlich hinter den Fenstern der nächsten Häuser dunkelfarbige Uniformen auf. Junge Männer in waffenrockähnlichcn Biousen, mit Lcderkappen und Stulpenstiefel drangen vor.
„Franktireurs, Frankkireurs!" meldete die Vorhut der Husaren I
Jetzt begann für das Häuflein echter deutscher Reiter die Gefahr. Die Husaren müssen der Uebermacht weichen. Lieutenant vom Busch ist der letzte Mann, der sich zurückzieht.
Da springt ein elegant informirter junger Mann aus den Reihen der Franktireurs vor; es ist Robert Vilneuve. Er legt an, Lieutenant vom Busch aber läßt den bereits im Anschläge gehaltenen Revolver sinken, denn er erkennt in seinem Gegner Robert Vilneuve und ruft:
„Ich schieße nicht auf den Bruder meiner —"
Da knallt aber schon der Schuß Vil- " Verantwortlicher Redakteur: Bern
neuvc's, der nur zu gut getroffen hat, und Lieutenant vom Busch fällt.
Inzwischen sind die Husaren abgestiegen und greifen, Deckung benutzend den Feind mit den Karabiner an; die Franktireurs fliehen bald, verfolgt von einigen noch berittenen Husaren. Robert Vilneuve wird eingeholt. Man macht nicht langes Federlesen mit ihm. Am nächsten Baume knallen drei Schüsse und der Mörder ist gerichtet.
Man hat unterdeß eine Bahre herbeigeschafft und den verwundeten Lieutenant darauf gelegt; jetzt trägt man ihn dem nächsten Landhausc zu.
Hier fährt eben zu derselben Zeit ein alter Wagen vor, ans dem ein Herr und eine Dame aussteigen.
„Willkommen, Schwager Vilneuve," ruft der Hausherr, „willkommen, Cäcilie; woher jetzt gerade?"
„Das ist sehr einfach! Man zwang uns, wieder umzukchren!" entgegnete Vilneuve. „Und da sind wir nun wieder da!"
„So seid nochmals willkommen!"
In diesem Moment trägt man den verwundeten Lieutenant vom Busch durch die Hinterthür herein.
Cäcilie stößt einen Schrei aus.
„Mutter der Gnade, heilige Jungfrau, Arthur, Arthur I" jammerte das junge Mädchen.
Sie stürzt sich über den Verwundeten, der selig lächelnd aufblickt :
»Ich — wußte, — daß Du — kommen — würdest I Ah I" stöhnte Arthur.
Man brachte ihn in ein erwärmtes Zimmer, wo Cäcilie in laute Klagen ausbrach. Dann fragte sie weinend:
„Wie ist das Unglück geschehen?"
Corpora! Rößler antwortete:
„Franktireurs, gnädiges Fräulein!"
Arthur machte ein nicht zn verkennendes Zeichen, worauf ihn alle mit Cäcilie und Herrn Vilneuve allein ließen.
„Cäcilie," flüsterte er dann, fluche — ihm — nicht, — eS war—Dein — Bruder — Robert!"
Herr Vilneuve taumelte wie vom Blitze geschlagen, zurück; und lief dann nach den Aerzten. Sie find schnell zur Hand, können aber nicht viel Helsen. Cäcilie geberdet sich wie raßend, küßte dem Geliebten die bleichen Lippen und schrie verzweifelt.
„Arthur geliebtes Herz, stirb nicht, bleibe bei mir I"
Wie gern — wie gern I — aber — ich bin — es ist — I"
„Verflucht sei dein Mörder bis in alle Ewigkeit I"
„Dein — Bruder?"
Sie sah starr zum Himmel.
„O, großer Gott, Mutier deS Himmels, heilige Jungfrau, habe Mitleid mit mir! — Ja, er fei veiflucht — er stahl mir mein Liebstes! Wo ist er?"
Rößler trat heran.
„Fassen Sie sich, Fräulein; er ist —"
„Wo ist er?"
„Ge—flo—hen!" hauchte Arthur.
Die Aerzte traten anS Lager und untersuchten die Wunde; sie zuckten die Achseln und erklärten, daß der Verwundete nur noch wenige Stunden zu leben haben würde.
Cäcilie ward bei dieser Mitteilung wie wahnsinnig.
„O, meine Herren, retten Sie ihn, und Harb Hofmann.) Druck und Verlag von Be
ich will Ihnen alles geben, was ich besitze I" rief das junge Mädchen mit verzweiflungö- voller Gcberde.
Die Aerzte schüttelten aber die Köpfe.
„Habt ihr den Mörder, Leute?" frug jetzt Cäcilie. f
Rößler, der nichts von den verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen dem Franktireur und dem Fräulein wußte, entgegnete:
„Der ist wohl ausgehoben, Mademoiselle I"
»Ich will ihn sehen I" rief Cäcilie leidenschaftlich.
Da trat Berger vor und sagte:
„Da müssen gnädiges Fräulein, so wahr ich Conrad Berger heiße, schon an den nächsten großen Baum am Wege gehen, da liegt er! Franktireurs sind Mörder und erleiden den Tod durch die Kugel!"
Sie stieß einen gellenden Schrei aus und sank wie tot neben dem verzweifelten Vater nieder, der jetzt zwei Söhne zugleich verloren hatte.
Arthur vom Busch hauchte noch in der- selbigen Nacht in Herrn Vilneuves Armen den letzten Athemzug aus. Seine letzten Worten waren :
„Cäcilie, — nur — eine — weiße — Rose! — DaS — Bild — Gott — hat
— es — so — gewollt! — O, Mutter!
— Cäcilie — ach!"
Man hätte dem alten Herrn nicht zugetraut, daß er so viel Kraffi besessen, denn am Nachmittage hatte er den einzigen Sohn Robert ausbahren lassen, und jetzt küßte er den toben Arthur vom Busch auf die Stirn, drückte ihm die Augen zu und rief Rößler nebst Berger, welche am Tvdenbette ihres geliebten Vorgesetzten bittere Thräne vergossen. Herr Vilneuve bestellte die Särge, dos Grab und das Denkmal, denn die im Leben Feinde waren, sollte im Tode unter einem Hügel ruhen.
Cäcilie lag im Fieber. Eine barmherzige Schwester saß bei ihr. Herr Vilneuve hielt ihre heiße Hand und weinte dort die ersten Thräncn; dann ging er an den Sarg Roberts, um sich auch hier auszuweinen.
Am andern Tage erhob sich die fieberkranke Cäcilie plötzlich:
„Ich muß ihn noch einmal sehen: holt mir eine Rose auö dem Treibhause!"
Die Pflegerin that'S und brachte eine weiße Rose. — Cäcilie erschrak, als sie dieselbe sah, dann schwankte sie an dem Arme deS Vaters und der Schwester bis an den Sarg. Hier sank sie nieder, die Rose auf deS Toten Brust legend; ohnmächtig trug
man sie fort.-
(Schluß folgt.)
Verschiedenes.
.'. (Vertrauenerweckend.) Mann: „Was kochst Du denn da, Ella?" — Frau: „Weiß es nicht! Aber es schmeckt sein, das kann ich Dir versichern I"
* » »
.'. (Buchhändler:) Das Buch ist et
was thcuer, aber geradezu zum Todlachen I Käufer: Sie das kauf ich meiner Schwiegermutter.
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