An die K
Hoffnung, gold'ner Strahl der Sonne, Die Du sanft das Herz belebst,
Abglanz süßer Himiuelswonne,
Die Du froh den Busen hebst — Holder Schutzgeist der Bedrängten,
Der Verlasfneu Trost und Hort:
Führ' den Wand'rer, Dir ergeben,
Hin zum sichern Friedensport!
o f f n u n g. ^
Laß ihn nicht vergebens hoffen, Glauben au ei» besf'rcs Sein, Zeige ihm den Himmel offen,
Laß ihn nur sich diesem weih'n. Laß ihn wallen, laß ihn handeln, Wie Vernunft und Pflicht gebeut, Daß er einst nicht, ach, vergebens Die verlor'ne Zeit bereut.
Und die Ahnung, kann sie trügen, Die in tiefster Seele lebt? Zweifelswahn kann »immer siegen, Wenn die Hoffnung uns durchbebt — Wenn der ew'ge Geist, der freie,
Sich aus Erdenbanden schwingt,
Daun der Wahrheit hehrer Schimmer Mächtig ihm entgegendringt.
Unter: dev Kvnfenkvone.
Roman von H. von Ziegler.
(Nachdruck verboten.)
14 .
Endlich faßte sie sich, die Thränen versiegten und mit der starken Selbstbeherrschung, die sie bereits gelernt, schritt die junge Schloßfrau nach dem Speisesaal, um den Professor zu begrüßen.
Er lehnte am Fenster, die Arme verschränkt und starrte hinaus in den regenschweren Tag; auch um ihn her sah's trübe aus, kein Sonnenstrahl brach durch die dichten Wolken, die sein Gemüt umlagerten.
„O, Herr Professor, schelten Sie die säumige Hausfrau, welche den lieben Gast warten läßt."
„Ich möchte Ihnen kein Fremder sein, Frau Gräfin."
„Rein, Herr Professor, der erste liebe Freund, dem ich in der neuen Heimat begegne."
- Bewegt zog er die kleine Hand der Gräfin an die Lippen.
„Gott helfe Ihnen, Gräfin, Sie haben ein schweres Geschick zu tragen trotz Ihrer Jugend."
„Ja," entgegnete sie einfach, „und ich denke oft, daß cS zu schwer für mich sei. Könnte ich noch einmal am Altäre stehen, wer weiß ob ich denselben Schwur zu leisten im Staude wäre."
Er vermochte nichts zu erwidern, nur teilnehmend ruhte sein Blick auf dem süßen Gesicht mit den angstvollen Augen; er fühlte, daß es gefährlich war, wenn er den Zauber nicht brach, welcher ihn immer stärker umgab; aber, sie hatte ihn ja gebeten, ihr Freund zu sein, — durfte er sie da verlassen? —
Evas fernes Ohr vernahm jetzt das Oefsuen einer Thür und die sich nähernden Schritte ihres Gatten. Leicht richtete sie sich auf und sagte laut und gleichgiltig:
„Sie kommen wohl bald mit Ihrer Frau Großmama nach Siutorf, Herr Professor? Ich freue mich wirklich sehr auf die alte Dame."
Jetzt kam der Graf herein, einen Brief in der Hand und dabei sarkastisch lächelnd.
„Nachrichten von der Mama, Kind, lies selbst!" sagte er.
Sie ergriff ängstlich den eleganten Bogen, doch gleich darauf entglitt er der zitternden Hand.
»Ja, ja, Eva, es ist wirklich wahr," dann sich zu dem Professor wendend, fuhr Graf Posau rücksichtslos fort: „meine liebe Schwiegermama, die noch sehr lebenslustig ist, hat sich soeben mit einem Oberst v. Tondern verlobt, um noch einmal in der Welt eine Rolle zu spielen, denn als Witwe ging es doch nicht mehr so gut. Haha."
Schönau sah sehr ernst zu, als der Graf diese Taktlosigkeit beging. Der Professor vermied cS die arme, junge Frau anzu- sehen, deren Kindesgefühl der eigene Gatte so wenig schonte; doch die Gräfin beherrschte sich vollständig, sie wandte sich zu der Tafel und sagie, ohne auf das Vorgefallcne zurückzukommen: „Darf ich
zu Tische bitten, meine Herren! Zum ersten Male in Siutorf!"
Als die Mahlzeit vorüber und der Kaffee serviert worden, setzten sich die Herren zu einer Partie Schach, und der Graf frug heiter: „Willst Du etwas singen, Kleine, Du weißt, ich höre cs so gerne."
Er wollte sie an sich ziehen, doch die Gräfin machte sich errötend los und frug leise: „Was willst Du hören, Egon?"
Die Herren begannen ihre Partie, doch der sonst so schachge- gewandte Professor spielte heute merkwürdig unaufmerksam, daß der Graf verwundert ausricf.
„Wie kommt cS nur, Herr Professor, daß Sie heute nicht bei der Sache sind."
„Pardon, Herr Graf, ich habe soeben einen falschen Zug gethan."
„Vielleicht stört Sie der Gesang meiner Frau, obschon sie eine recht gute Stimme hat."
Der ernste Mann hatte auf diese taktlose Bemerkung keine Antwort, ein banales Lob dieser Stimme, welche die innerste» Tiefen seiner Seele aufwüblw, kam ihm nicht über die Lippen. Bis in die dunkle Todesstunde würden diese riefen, klangvollen Töne sein Herz erfüllen.
„Die Wolken fliehe», der Wind saust durch die Blätter,
Ein Regenschauer znht durch Wald und Feld.
Zum Abschiednehmen just das rechte Wetter,
Grau wie der Himmel liegt vor mir die Welt."
„Aber, lieber Professor, ich habe Schach geboten! Sie find zerstreut, das kommt von dem Singen. Mache doch eine Pause Kind!
Mitten im Tone brach Gräfin Eva ab und erhob sich. Die Worte ihres Gemahles legten sich wie herbstlicher Reif auf ihre glühende Seele, und sie empfand voll Beschämung, daß sie sich hcktte Hinreisen lassen, ihre Entrüstung merken zu lassen. Was mußte Schönau von ihr denken?
„Verzeih', Egon, ich vergaß, daß mein Gesang beim Schach stören würde," sagte sie dann tonlos, aber mit bittender Miene wie ein gescholtenes Kind, dann setzte sie sich an einen anderen Tisch und blätterte in den herumliegendeu Journalen.
Draußen schlugen jetzt schwere Regentropfen an die Scheiben, eine unsägliche Oede bemächtigte sich der Seele des jungen Weibes; ihr Gemahl liebte sie wie ein hübsches Spielzeug, doch sie bebte zurück vor seiner Berührung und seinen unstät flimmernden Augen. Wenn er einen Rückfall seiner entsetzlichen Krankheit bekam!
Endlich erhob sich Schönau zum Fortgehen, er hatte seinen Partner doch noch matt gesetzt und lebhaft rief dieser:
„Oho, Herr Professor, bevor Sie abreisen müssen Sie mir noch Revanche geben!"
(Fortsetzung folgt.)
Redaktion, Druck und Verlag von Bernhard Hofmann in Wildbad.