Bibcrach, 19. Januar- Im kathol. Gesellcn-Verein sprach gestern Abend Herr Präzeptor Görin g an der Lateinanstalt hier über Paris. Der Redner hat sich 4 Monate dort aufgehalte», um daselbst Studien obzuliegen. Ueber die Erfahrungen, die er hie­bei gemacht, berichtet er, der Gelehrte, wie der gemeine Mann, Geistliche wie Laien, seien nur von dem Rachegedanken gegen Deutsch­land beseelt. Er, der katholische Geistliche, wurde sogar von dem dortigen Clcrus gemieden. Jeder Schuljunge trägt an der Kappe das Wort Revanche und selbst der Professor an der Sorbonne überfließt von Gift und Galle gegen die Deutschen, die in Paris verhöhnt, verachtet und verfolgt werden. Das Nativnal-Lied der Franzosen hat einen neuen Schlußsatz erhalten, welcher lautet: „Zerhacken wir die Preußen und machen wir Blutwurst aus ihnen." Der Rachegedanken hat in den Köpfen des Nachbarvolkes solche Wurzel gefaßt, daß ein Krieg mit demselben unausbleiblich er­scheint, ei» Krieg, der furchtbar blutig zu werden verspricht und der bis zur Vernichtung des einen oder andern Teils führen wird. Der Redner, ein ehrenhafter deutscher Gelehrter, erhob seine mah­nende Stimme, ja nicht die Gefahr zu unterschätzen, und schloß, nachdem er Land und Leute, Sitten und Gebräuche geschildert, mit der Bitte, daß Deutschland Elsaß und Lothringen immerdar fest- haltcn möge. Dem patriotischen Redner wurde reichster Beifall zu teil. (N. T.)

— Dem Banquier Nachtigall in Deggendorf wurde ein anonymes Schreiben zugestellt, welchem die im Dezember vorigen Jahres bei ihm gekauften, aber auf der Straße verloren gegangenen zwei Tausendmark-Oblikatiouen beigefügt waren. Als „Finder­lohn" waren zwei Coupons abgeschnitten.

— Im Bahnhofe zu Würzburg glitt in der Nähe der Gran- bühler Brücke ver Wagcnschieber Rechtfertig auf dem Geleise aus und kam so unglücklich zwischen die Puffer zweier Wagen, daß er augenblicklich tot war.

— Die Zahl der freiwilligen Feuerwehren in Bayern be­trägt 5155 mit 268,060 Mitgliedern.

Frankfurt, 22. Jan. Im Sozialistenprozeß würden wegen Teilnahme an einer geheimen Verbindung die Angeklagten Prinz, Füllgrabe und Trompeter zu einer sechsmonatlichen, 8 andere An­geklagten zu 4monatlicher, zwei zu 5monatlicher, einer zu 2monat- licher und 17 zu 1 monatlicher Gefängnisstrafe verurteilt. Die Untersuchungshaft kommt in Anrechnung. Vier Angeklagte wurden freigesproche».

— Wie amtlich fcstgestellt ist, sind aus dem mit Paketen ohne Wertangabe beladenen Postbeiwagen nach Frankfurt a. M., welcher sich in dem am 18. Januar, 30s Uhr früh von Leipzig nach Corbetha—Erfurt—Eisenach abgegangeneu Zug befand und in Brand geriet, nur wenige Pakete gerettet worden. In dem Wagen waren die am Tage vorher bei den Leipziger Postanstal- tcn von abends 6 Uhr und bei den Postanstalten der Vororte in den späteren Nachmittagsstunden ausgelieferteu Pakete nach Thüringen, dem Regierungsbezirk Kassel, Hessen-Nassau, dem südlichen Teil der Rheinprovinz, den RAchsllmdcn, Baden, Würt­temberg, Spanien, und Frankreich gerichtet gewesenen Paketsendungen.

— Bei Aschassenburg ist ein im Freien übernachtender Schnaps­bruder und bei Willdsbach ein 82jähriger Austräger, der sich ver­irrt hatte, erfroren.

— Der Handwerksburscke Lorenz Miener von Hanhvffen, wurde am 21. ds. Mts. bei Enkenbach (Rheinpfalz) mit mehre­ren Messerstichen und eingeschlagener Hirnschale todt aufgefunden, mehrere Kleidungsstücke waren demselben geraubt. Als mutmaß­liche Thäter wurden drei Handwerksburschen verfolgt, von denen einer bereits aufgegriffen ist.

— In Eschersheim ertrank am 21. ds. Mts. der dreizehn­jährige Sohn eines Arbeiters in der Nidda beim Schlittschuhlaufen da, wo die Urielbach in die Nidda mündet. Ein Maler machte, als der Knabe einbrach, den Versuch ihn zu retten. Der Versuch mißlang aber, denn der Knabe trieb alsbald unter die Eisdecke.

— In der Erfurter Gewehrfabrik geriet!) ein Maschinist in den Hohlranm, welcher von dem TranSmissiouSriemen durchschnit­tenwird. Bevor man die Maschine zum Stillstand bringen konnte, hatte der Riemen den Unterleib des Mannes vom Oberkörper ge­ll enut, so daß der Tod sofort eintrat.

— In Koswig ist die Thonröhrcn-Fabrik von Wilkendorf ein Raub der Flammen geworden. Der Schaden beträgt etwa 80,000 Mark. 40 Familien sind dadurch brodlos geworden.

— In Köslin hat sich der Rendant der Vorschußkasse, Brvse, durch KohlenoxydgaS vergiftet. Ob Unregelmäßigkeiten vorliegen, ist noch nicht bekannt.

— Aus Eiskeben schreibt man der Saale-Ztg. unterem 19. ds.: Heute verbreitete sich die Unglücksbotschaft, daß vier Geschirre des Rittergutsbesitzers in Wormslcben, Rittmeisters Wendenburg, beim Ueberfahren über den gefrorenen Süßen See eingebrochen und Pferde und Geschirrführer bis auf einen der letzteren ertrun­ken sind.

Bremen. 21. Jan. Der englische Dampfer Brentford, 2143 Tonnen, von Newport nach Malta unterwegs, ist, nach dem B. T., bei Peniche, Portugal total wrack geworden. Dreißig Mann der Besatzung ertranken, nur einer ist gerettet.

Bremen, 22. Jan. Laut einem Telegramm aus Shanghai bohrte der englische Dampfer „Nepaul" bei der Einfahrt in den Whangpv ein chinesisches Kriegsschiff in den Grund. Ein Teil der Besatzung wurde gerettet, 80 Personen wurden vermißt. An Bord des „Nepaul" ist Niemand verletzt.

Hamburg, 21. Jan. Der Dampfer „Massalia" von der deutschen Dampfschiffs-Rederei, am 10. Januar von Hamburg nach Ostindien abgegangen, ist bei Kap Trafalgar gestrandet; der Vorder- und Mittclraum ist voll Wasser.

— Der Papst hat nach dem Fr. I. die Zumutung, Windt« Horst zu dessen 75. Geburtstag seinen apostolischen Segen zu er­teilen, abgelehnt.

— Einem ehrsamen Maurer in Schweighausen (Elsaß) ist seine Gattin und mit ihr der größte Teil seiner Ersparnisse (700 ./E) abhanden gekommen. Der Mann bittet den Finder um Rückgabe der Geldsumme, aus die Frau verzichtet er gern.

— In der Berner Strafanstalt ist der im Jahre 1874 zu lebenslänglicher Zuchthausstrafe verurteilte Mädchenmörder Meyer in Biel gestorben.

— In Wien wurde ein berüchtigter Hazardspieler, Johann Fährle aus Offenbach, wegen Betrugs im Spiel verhaftet. Fährle machte seit Jahren die Badeorte unsicher und stand schon öfters wegen betrügerischen Spiels vor Gericht.

Brüssel, 22. Jan. Der Allg. Ztg. wird gemeldet: Soeben eintreffende Nachricht melden den Ausbruch von Arbeitcruuruhen in Gent.

— Folgender schrecklicher Vorfall wird aus Bordeaux ge­meldet: Vor einigen Tagen fand ein Bewohner von Aillas in einem Gehölz einen menschlichen Kopf, der wie es schien, von Tieren angefressen war. Die rasch verständigte Gendarmerie leitete sofort eine Untersuchung ein. Der herbeigerufene Arzt er­klärte, daß der gefundene Kopf einer Frau, gehöre. Nach lang­wierigen Nachforschungen erfuhr man, daß eine alte Frau, Jo­hanna Guerineau, seit längerer Zeit vermißt werde. Die Gen­darmen begaben sich in die ärmliche Hütte, welche die Frau be­wohnte, und dort bot sich ein wahrhaft entsetzlicher Anblick. Ueberall, auf dem Bett, auf dem Boden, fand man Fleisch- und Knochenstücke und Kleiderfetzen. Die eingeleitete Untersuchung ergab, daß herrenlose Hunde in die Hütte der alten Frau ein­gedrungen waren und die Arme, die wahrscheinlich infolge von Hunger oder Alterschwäche gestorben oder doch vollständig ent­kräftet, war, buchstäblich in Stücke zerrissen und gefressen hatten. Eine der Bestien hatte den Kopf in das Gehölz geschleppt, und ohne diesen Zufall hätte man wohl nie über das schreckliche Ende der alten Frau Aufschluß erhalten. Die Frau stand im 90. Lebensjahre.

London, 22. Jan. Hier eingetroffene Telegramme melden: Die Franzosen senden ansehnliche Artillerie-Verstärkungen nach der Ostgrenze; sechs Feldbatterien wurden per Eisenbahn von Rennes und Le Mans abgesandt.

verschiedenes.

National-Lieder. Der französische Kriegsminister, General Bo »langer hat den Komponisten Ambroise Thomas, Direktor des Pariser Konservatoriums, beauftragt, fremde Nationallieder zu orchestrieren. Diese Arbeit ist für 16 derselben schon beendigt. Der Minister hat Befehl erteilt, daß die Sammlung von allen Regiments-Musiken studiert werde. Ob sich darunter auch deutsche Nationallieder, z. B. „Die Wacht am Rhein," befinden, besagt die betreffende Pariser Meldung nicht.

Weihnachtsgeschenk. Die Bankfirma Baring Brothers in London hat ihrem gesamten Bureaupersonal ein Jahresgehalt zum Weihnachtsgeschenk gemacht. Die Ursache dieser Liberalität war das glänzende Geschäft, welches das Haus bei der Umwandlung der Guineß'scken Brauerei in eine Aktien-Gesellschaft gemacht hat. Die Firma soll 1,000,000 Lstr. dabei verdient haben.