Militärisches. Wie nach der „U, Schn." 'verlautet, findet bei sämtlichen Infanterie- und Grenadie wegimentcrn Vrvbeversuche mit Waffenröcken üatt, welche schmälere Brustklappen me die seitherigen haben und bei deren deshalb die Knopfrcihen etwas enger stehen. Auch sollen alle Infanterie- und Kavallerie-Regimenter einen zweiten Hacken mit Oese ;um besseren Verschluß des Kragens an demselben anzubringen haben. Die Ulmer Infanterie- Regimenter haben bereits eine Anzahl von Repeliergewehren erhallen, um vorerst die Chargen ui Hanohabung derselben auszubilden.
Cannstatt, 4. Januar. Heute kennte ein großer Teil unserer Eisbahn für Schlittschuhläufer geöffnet werden. Dir Bahn war denn auch nachmittag; und abends ziemlich belebt.
— In der NeujahrSnacht wurde in Oberrvth bei Gaildorf einem Bürger in das Schlafzimmer geschossen, vermutlich in boshafter Weise. Ein Vertreter der Kgl. Staatsanwaltschaft nahm schon am Neujahrsfest eine Untersuchung vor.
— Am letzten Sorntag verloren die Weinsberger ihren ältesten Mitbürger, den rüheren Stadtschulthcihen und Verwaltungs-Aktuar Oesterlin. Er erreichte ein Alter von 89 Jahren.
Hall, I. Januar. Der letzte Tag des scheidenden Jahres hat einer hiesigen Familie einen erschütternden Trauerfall gebracht. Im Hause des I. Staatsanwalts Herrn Dr. Bücher, befand sich auf der Rückreise von einer freudigen Familienfeier in Bamberg begriffen, der Bruder der Frau Dr. Bücher, Herr Appelations- Gerichtsrat Dr. Käst ans Landau in der Pfalz, zu Besuch. Derselbe wurde heute morgen, als er eben sich rüstete, auf den Bahnhof zu gehen und in die Heimat zu reisen, von einem Herzschlag getroffen und starb in den Armen seiner Angehörigen. Die Teilnahme an dem schmerzlichen Trauerfall ist eine allgemeine.
Heidenheim, 4. Jan Kaum ist das neue Bezirks-Krankenhaus, das auf seiner luftigen Höhe mit Recht eine Zierde unserer Stadt genannt werden muß, vollendet, so ist schon wieder eine neue Verschönerung unserer Staut beststossen. Die alte Brücke über die Brenz unterhalb des Todtenb rges soll abg brachen und durch eine schöne eiserne Brücke ersetzt werdin. — Die Gesammt- kosten für unsere Wasserleitung betragen nun 262,000 Mark; hierdurch wurde der Voranschlag um 3/,000 Mark überschritten.
Ulm, 4. Jan. Dem Dvrfmüllcr t)affner in Söflingen wurde in letzter Zeit häufig aut einem alleinstehenden Mage ün Korn gestohlen. Der Verdacht lenkte sich au einen Schlosser Reiser in Söflingen, der schon vor einigen Jahre.: wegen eines gleiche» und in demselben Gebäude verübten Diebstahls bestraft wurden ist. In der That ergaben die angesüllten 3 achforschnngen, daß Reiser heute in aller Frühe ein größeres Quantum Kernen, das er mit einem Helfershelfer in die Stadt gefihrt an einen Müller in Neu-lllm verkauft hatte. Heute Abend vurde er in einer hiesigen Wirtschaft festgenommeu. Von vem Erlös hatte er bereits über die Hälfte verjubelt. Reiser hat nachgewiesenermaßen in letzter Zeit öfters Getreide in N>u-Ulm verkerft, das er zweiscllos stets in Söflingen gestohlen.
Imsbach, 2. Jan. Heute Nacht, als der 38 Jahre alte Spengler Jakob Bertram sich in Beglc tung seiner Frau von der bei Wirt Dauer statt gefundene Tc uzmusi t heimbegeben wollte, glitt derselbe auf der Wirtöhaustrepp« aus, stürzte herab und war augenblicklich tot. Der Verunglückte hi iterläßt eine Frau in gesegneten Umständen, nebst 4 unerzogenen Kindern.
— Die Staatsanwaltschaft in Karlsruhe hat lei mehreren Hehlern Vorräte von militärischen Kleidungsstücken, teilweise in ganz neuem Stande entdeckt- Außer den Hehlern sind auch infolge dieser Entdeckungen einige Militärpersoncn in Untersuchungshaft genommen worden. Den Anstoß zu dem Vorgehen der Behörden soll eine namenlose Anzeige gegeben haben.
Wiesbaden, 4. Jan. Im hiesigen Landgerichts-Gefängnis wurden heute die Raubmörder Steinhauer Josef Mallmann von Obernhirzenach und Taglöhner Heinrich Andel von Fehlhcim hingerichtet. Dieselben hatten im Juni v. I. den Rentner Ehr. Schneider zu Biebrich-MoSbach ermordet und beraubt. Scharfrichter KrautS vollzog beider Hinrichtung, welche in Wiesbaden die erste seil 50 Jahren war.
Hildesheim, 5. Januar. Die hiesige theologische Lehranstalt soll bestimmt bis zum Oktober dS. Js. wieder eröffnet werden. Die bischöfliche Behörde hat für die Ausführung der erforderlichen Neubauten bereits Anordnungen getroffen.
Berlin, 4, Januar. Es verlautet, daß schon auf Grund der Verstärkungsforderung in der Militär-Vorlage Rekruten einberufen werden.
Berlin, 4. Jan. Der Reichskanzler Fürst Bismarck kommt heute noch nach Berlin.
Berlin, 3. Jan. Das „Deutsche Tagbl." berichtet, daß die türkische Regierung bei einer hiesigen renommierten Wasfenfabrik 400,000 Repetiergewehre bestellt hat, von denen 30,000 als erste Rate in möglichst kurzer Zeit hcrgestellt und an die Türkei ab- liefcrt werden sollen. Diese Rate ist zunächst zur Bewaffnung der türkischen Garde und sonstiger Konstantinopeler Truppen bestimmt.
— Der Kriegsminister, welcher vor drei Tagen in Ostpreußen dem Begräbnisse eines Verwandten beiwohnte, nahm Gelegenheit, dem Bürgermeister von Braunsbcrg, welcher beim Kaiser namens der Stadt um Wiedererlangung einer Besatzung gebeten hatte, zu erklären, daß die Bitte unerfüllt bleibe, weil alle neu zu bildenden Truppenkörper an die Ost- und Wcstgrenzen des Reiches gelegt werden.
— (Erfroren.) Auch in der Rheinprovinz und in Westphalcn sind nach verschiedener Blätter mehrere Fäcke von Erfrieren in den letzten Tagen vorgckommen. Bei Wesel erfror ein Kanonier, der sich beim Nachhausewege von einer Tanzgelegenheit verirrt hatte, in der Nähe von Lüdenscheid wurden zwei Personen erfroren aufgefnndcn, weiter wird ans Rhaunen und Schmidtheim je ein Fall gemeldet,
— In Lübeck fanden bei mehr als 20 Sozialisten Haussuchungen statt, angeblich auf Veranlassung des Untersuchungsrichters in Altona. Es ist dies in Lübeck der erste derartige Fall in größeren! Maßstabe. -
— Fischfang. In der Zeit vom 16.—31. Dezember v. I. liefen in Norderney ein: 349 Schaluppen und brachten an den Markt 140 Stück Kabliau im Gewicht von 720 Kilo, 122,600 Schellfische im Getmcht von 78,400 Kilo.
Mülls, 4. Januar. In der Kohlengrube von Escrussiaux in der Nähe von Dour fand eine Explosion durch schlagende Wetter statt. Im Augenblicke der Katastrophe waren 30 Arbeiter in der Grube. Bisher sind 6 Leichen und 4 Verwundete herauSgezo- gcn worden.
— Ein schreckliches Unglück) ereignete sich gestern in der Houghton-Main-Kohlengrube, unweit Barnsley (England). 10 Arbeiter hatten im Fahrstuhl Platz genommen und wurden in di: Grube hinabgelassen, als das Seil riß und alle in die Tiefe stürzten. Der Sturz erfolgte 500 m hoch, da der Fahrstuhl erst 50 m zurückgelegt hatte, als das Unglück sich ereignete. Sämtliche 10 Arbeiter wurden auf der Stelle getödtct.
New-Uork, 4. Jan. Der nach dem Westen fahrende Schnellzug der Baltimorc-Ohio-Bahn ist heute mit einem Güterzuge in der Nähe von Tisfin (Ohio) zusammengestoßen, wodurch eine Anzahl Wagen beider Züge zertrümmert wurde. Bisher sind 19 Leichen hervorgezogen; eine Anzahl Fahrgäste ist verletzt, drei Wagen verbrannten.
New-Aork, 1. Jan. In Jackson, Alabama, brannte in ver- wichener Nacht das Dampfboot „Brandifh Johnstou" nieder. Das Schiff diente als Wohnhaus für die an dem Bau der Eisenbahnbrücke beschäftigten Arbeiter. Es entstand eine Panik und 24 Personen, zumeist Neger fanden den Tod teils in den Flammen, teils in den Wellen.
HlerseHedenes.
— Was nun auf Reisen alles erleben kann! Kommt da ein Reisender aus Hamburg auf dem Bergisch-Märkischen Bahnhof in Deutz an und vermißt seine ziemlich hohe Barschaft samt den Papieren, die er soeben noch besessen. Das war ein schlimmer Fall, aber es kam noch toller. Er las nämlich in den Kölner Zeitungen seine eigene Todesanzeige. Er, Otto Meyer, sollte in einer Wirtschaft am Buttermarkt vom Schlage getroffen und als Leiche zur Morgue geschafft worden sein. Das ging ihm doch über den Spaß, er eilte nach der betreffenden Wirtschaft, wo er erfuhr, daß ein Mann keuchend dort eingetreten sei und einen Cognac verlangt habe. Ehe letzterer aber noch gebracht werden konnte, sei der Mann vom Herzschlage getroffen zusammengesunken. Bei der Visitation der Leiche habe dann die Polizei außer einer großen Barschaft auch Papiere auf Otto Meyer aus Hamburg lautend, im Ueberzieher gefunden. Nun dämmerte unserem beraubten und totgemeldcten Hamburger die Wahrheit; er lief zur Polizei, zum Bahnhof und zur Morgue, und soll es ihm auch nach langen Verhandlungen gelungen sein, sich als den Eigentümer des von dem tote» Langfinger usurpierten Namens und Geldes auszuweisen. Man zerbricht sich nun den Kopf darüber, wer der Todtc eigentlich ist.