ML
Mkrgsng 5Z
Amtsblatt für wildbad Anzeiger und Tagblatt für bas obere Enztal.
Erscheint täglich, ausgenommen Sonn» und Feiertags. Bezugspreis Ml. 3.30 vterteljährl., Ml. l.10 rnonatl.; durch dt« Post im Orts- und Oberamtsverkehr Mk n.30, m sonst, inländischen Verkehr Mk. 3.40 u. 30 Pf. Postb-'stellg.
Anzeigenpreis: die einspalt'ge Petitzetle oder deren Raum >;ä Pfg., auswärts 22 Pfg., Reklamezeilen 50 Pfg., bet größeren Aufträgen Rabatt nach Tarif. Schluß der Anzeigenannahme: täglich 8 Uhr vormittags
Anzeigenannahme i« Wtldbad in der Expedition Wtlhelmstraßr SS; in Ealmbach Hauptstraße lOü. Fernsprecher Nr. Al,
Drmk «ud Verl«- der Wildbader BerlagSdrnckerei
«chriftl.r Th. «ach beide t» Wildbad.
i tz-. 2Z4
5am5täg, 8. November IA9
Aufruf an das Volk.
Tie Reichsregierung und die preußische Regierung erlassen folgenden' Aufruf:
Volksgenossen!
! Ein vernichtender Streich soll gegen Euch geführt werden.
Wir hattei: dem Lande das schwere Opfer der Zeitweiligen Einstellung des ge'amten Personenverkehrs auf- erlegen müssen, um im letzten Augenblick Kartoffeln und Kohlen in die Städte zu bringet!. Tiefe für Zehntausende von Einzelexistenzen außerordentlich harte Anordnung mußte getroffen werden, um das Gespenst des Hungers, -er Kälte und der Arbeitslosigkeit fernzuhalten. Sie kann nur zum Erfolg führen, wenn alle Kräfte angespannt werden, um die freiwerdenden Transportmittel auch wirklich bis zum Letzten a-uszunützen.
' Um diesen Erfolg soll das deutsche Volk betrogen werden. Gerade jetzt wird zum politischen Generalstreik «mfgerufen. Ein Artschlag auf Leben und Gesundheit wird damit getrieben, in seinen-Folgen so verhängnisvoll, daß die gesamte Bevölkerung ihm in einheitlicher Front den entschiedensten Widerstand entgegensetzen muß.
. Ter Kampf der Metallarbeiter ist, soweit er ein wirtschaftlicher Kampf war, durch Verhandlungen so gut wie gegenstandlos geworden. Trotz allem soll weiter ge- i kämpft werden. So diktiert es eine zum Aeußersten bereite Minderheit, an ihrer Spitze die von den Radikalen beherrschte Fünfzehnerkoinmission und der Hnab- hängige und Kommunistische Rumpfvollzngsrat. Sie sprechen offen Von dem „nun politisch gewordenen Kampfe".
Tas deutsche Volk will Frieden, Ruh', Ordnung und Brot. Es weiß, daß die Arbeit dieser Tage keinen Aufschub duldet und es wird sich in seiner überwiegenden Mehrheit gegen Elemente wehren, die es noch tiefer ins Unglück stürzen.
' Wir sind verantwortlich für Leben und Gesundheit svon 60 Millionen Deutschen. Wir werden sie mit Aufbietung aller Kräfte schützen.
s Volksgenossen! Steht uns in diesen schweren Tagen zur Seite. Es geht um Euch und Eure Frauen und Kinder.
i Berlin, ö. November 1919.,
- (gez.): T ie R ei ch s re g i erun g:
^ Bauer, Schiffer, Tr. Bell, Dr. David, Erzberger,
Hir. Geßler, Giesüerts, Koch, Dr. Mayer, Müller, Noske,
- Schmitt, Schlicke.
, (gez.): Tie Preußische Regierung:
Hirsch, Braun, Fischbeck, Hänisch, Heine, Oeser, S-teger-
wald, Tr. Südekum, am Zehnhoff.
Der AnLerduchungsausschutz.
Berlin, 5. Nov. ^
Zu Beginn der heutigen Sitzung des Untersnchungs- i Ausschusses verwies Graf Bernstorff auf die Tatsache, s daß infolge der Absperrung Deutschlands zu große tech- s Nische Schwierigkeiten bestanden, um unsere Anschaung von der Lage vor das, amerikanische Publikum zu bringen. Wilson wurde wieder gewäh t unter der Parole, daß er das Land vom Kriege fern gehalten habe. Unter der Oberfläche war verbreitet worden, daß Wilson den Frieden wiederherzustellen versuchen werde, womit sich die gesamte Presse, besonders auch die Hearst-Presse, einverstanden erhärte. Im Gegensatz zu Staatssekretär Zim- t ittermann, der erklärt hatte, daß die Ansicht bestünde, ! die Wilsonsche Friedenspolitik stände unter englischem s Einfluß, sagte Gras Bernstorff weiter, daß in Amerika s -lr Wilson' mit seiner Aktion hervortrat, durchaus die Anschauung herrschte, daß sie unter deutschem Einfluß erfolgt sei. Während Englands ganze Politik darauf geachtet war, Amerika in den Krieg hineinzuziehen, war mein Hauptziel, Amerika unter allen Umständen vom ; Krieg fern zu halten. !
Minister Tavid fragt, aus welchen Gründen Zim- ' mermann annehmen zu können glaubte, daß die Friedensaktion Wilsons von England angeregt worden sei, und weiter, wußte Hindenbnrg, daß die Fckedensaktion Wilsons von der deutschen Packtischen Leüung angeregt
worden sei? j
.hierauf bittet Konsul Müller, von einer Erörte- rung° dieser Tinge in öffentlicher Verhandlung a5zu- s sehen, da die Vorgänge die Neutralen berührten und j leicht unrichtige Schlüsse möglich seien. — f
Nach Wiederherstellung der Oeftemucyrerr errrarr Schäfer, welchen Treibereien Professor Münsterberg durch Gras Bernstorsf auf die Frage von Professor Delrich- alle englischen Elemente in den Vereinigten Staaten ausgesetzt war, daß Münsterberg einem Schlaganfall erlegen sei, nachdem er gesellschaftlich und politisch boykottiert worden war. lieber die Gründe befragt, warum Graf Bernstorff nach seiner Rückkehr von Amerika vom Kaiser nicht empfangen wurde, erklärte Bethmann Hollweg u. ab: Ter Kaiser war vollständig von dem unterrichtet, was Gras Bernstorff mir gemeldet hatte, und, da Bernstorff selbst Vorschläge über unser weiteres Verhalten gegenüber Amerika nicht zu machen hatte, lag keine Veranlassung vor, auf sofortigen Empfang zu dringen. l
Es folgt die Erörterung der Frage des rücksichtslosen N-Bootkrieges und der Gründe, welche für die Reichs,« leitung dafür ausschlaggebend waren. ^
BethmannHollweg führt hierauf aus: Zn Anfang 1917 lag die Ueberzeugung der militärischen St llen vor, daß ohne den rücksichtslosen U-Bootkrckeg der Krieg nicht zu einem guten Ende geführt werden könne. Fün ni ich lag die Ueberzengung vor, nicht in Aussicht stellen zu können, daß ich den Krieg in anderer Weise beenden werde. Da mußte, erklärte Bethmann mit erhobenen Stimme, eine Entscheidung gefällt werden. Ich bin noch de,- Nn'Utft. h-m l--ö ve^'t bandle, wenn ickt den.
Kaiser nicht raten zu können glaubte, sich in Widerspruch mit dem Votum seiner militärischen Ratgeber zu setzen. Ein Gehen meiner Person würde an der Sache nichts geändert haben.
Auf den Hinweis von Minister David, daß, wenn der U-Bootkrieg nicht verhindert werden konnte, er wenigstens hätte hiNausgeschoöen werden können, betonte Bethmann Hollweg, daß eine Zwangslage nicht nur für ihn, sondern auch für die Oberste Heeresleitung bestand, die der Auffassung war, daß eine siegreiche Beendigung des Krieges zu Lande ohne Hinzunahme des rücksichtslosen U-Vootkrieges nicht möglich wäre. Auch sie stand also vor einer schweren Entscheidung.
Mg. Heile fragt, was geschehen sei, um dieses äußerste Kampfmittel so tauglich wie möglich zu machen, da Tirpitz doch geradezu negativ gewirkt habe, i Bethmann Hollweg: Die Chance des U-Boot- krieges war Anfangs 1917 natürlich viel größer, als Mitte 1916. Tie Zahl der Boote war beträchtlich gestiegen. Die Mitteilung in der Depesche an Wilson von der technischen Unmöglichkeit, die einmal ausgefahrenen Boote zurückzurufen, stammt von Admiral v. Holtzendorff iin Großen Hauptquartier.
Der Schluß der heutigen Sitzung wird nicht veröffentlicht, da Angelegenheiten einer neutralen Macht zur Verhandlung standen.
Nächste Sitzung Donnerstag vormittags 10 Uhs.
Neues vom Tage.
Der Streik.
Berlin, 6. Nov. Tie gestern nachmittag tagende Plenarversammlung der Gewerkschaftskornmission lehnte den Eintritt in den Generalstreik laut „Vorwärts" mit 66 gegen 66 Stimmen ab. Dagegen gelangte ein Antrag Schmidt zur Annahme, wonach der Ausschuß der Ge« werkschaststommission beauftragt wird, mit den maßgebenden Behörden zu verhandeln, um die Maßregelungen der bisherigen Betrieüsvertrauensleute rückgängig zu ma» chen.
Berln:, 6. Nov. Tie radikale Fünfzehnerkommif- sion, das Metattarbeiterlartell, der Bezirksverband der Unabhängigen und der Vollzugsrat der Arbeiterräte erklären die Ablehnung des Generalstreiks durch die Ge- werkichastslommissioil als einen Verrat an der Arbeiterschaft. Ter Rote Vollzugsrat soll beschlossen haben, im Generalstreik auch die lcbenswichckgen Betriebe und di« Entladung der Lebensmittel- und Kohlenzüge lahmzu- legcn. ReichSwchrminister Noske hat' die Verordnung vom 17. Oklober erneuert, daß jeder Versuch, lebenswichtige Betriebe lahmzulegen, mit Gefängnisstrafe und sofortiger Veeha tnng bedroht wird.
Während es d i lnschein hat, als ob ein neuer Straßenbahnerstreit u,nm verhütet werden dürste, haben sich die HochbahnangesteUten einstimmig gegen den Streik erklärt. ,
Hamburg, 6. Nov. Tas Garnisonskommando hat die Veranstaltung von Masienoersaminlungen unter frci- eM-Limmet am 7. und 9. November verboten. Tie Ein-
Dte Not IN «sren.
Wien, 6. Nov. Wiener Blätter richten einen Aufruf an Deutschland um Zusendung von Lebensmitteln und Kohlen. Tie italienische Regierung hat nach der „N. Fr. Presse" zur Abhilfe der Not in Wien 30000 Tonnen Mehl angeboten. , ' j
Privatkonferenz in London. -
London, 6. Nop. Von privater Seite wurdet: einige Vertreter aus Deutschland nach London zur Besprechung der wirtschaftlichen Lage Deutschlands eingeladen. Die Einladung sollte angeb ich von Lord Pamoor ausgegangen sein, Pamoor erklärte jedoch, daß er von der Sache nichts wisse. Wie „Daily Mail" meldet, haben die Londoner Hotels die Beherbergung der deutschen Gäste verweigert. ,!
Weitere Truppen verlassen Deutschland. Kotvno, 6. Nov. Am 31. Okt. sind etwa 1000 deutsche Truppen bei Tauroggen in Litauen einmarschiert. Tie Versuche, die Truppen zur Rückkehr nach Deutschland zu bewegen, sind bis jetzt erfolglos gewesen. ' i
Der Krieg im Osten.
Berlin, 6. Nov. Die von der Entente in das Baltikum entsandte interalliierte Mititärtommission setzt sich wie folgt zusammen: Präsident General Nessel, Frankreich; Mitglieder: Brigadegeneral Cheney, Amerika; Brigadegeneral Turner, England; .Brigadegeneral Marietti, Italien; Generalmajor Takaredafs, Japan.
London, 6. Nov. Tie „Times" schreibt, wenn der Verband die „Germanisierung" Rußlands verhüten wolle, bleibe nichts anderes übrig, als Koltichak und Tenikin zu unterstützen. Ein germanisiertes Rußland würde für den Verband wegen seiner Auswirkungen bis nach Asien ge- sätrOicki sein.
wohnerwehr und die technische Notyelse hat sich vom' 6. bis 11. November bereit zu halten. Ter Hauptbahn-, Hof ist von der Reichswehr besetzt. ^
Internationale Arbeitskonferenz. H
Berlin, 6. Nov. Tie schweizerische Gesandtschaft teilte mit, daß die Konferenz irck Washington beschlossen habe, die deutschen Beauftragten als gleichberechtigt zur Konferenz zuzulassen. Tie Gesandtschaft fragt an, wann die Deutschen abreisen könnten. (Der Verband, der der Einberuser der Konferenz ist, hat Deutschland bis dahin nicht berücksichtigt und auch die von der Konferenz aus-! gehende Einladung nicht mitzuteilen für gut besunden.fs Der allgemeine deutsche Gewerkschastsbund, der Gesamtverband der christlichen Gewerkschaften Deutschlands' und der Verband der deutschen Gewerkoereine (Hirsch-^ Tunker) haben nachstehenden Funkspruch an die Konferenz gesandt: Tie deutsche Arbeiterschaft begrüßt den Beschluß der Washingtoner Arbeitskonferenz, wonach Vertreter Deutschlands mit gleichen Rechten und Pflichten zu den Verhandlungen zugelassen worden sind. Alsbaldige! Ueberfahrt unserer Vertreter wird leiter noch durch Passageschwierigkeiten verhindert. ckU
Aus dem besetzten Gebiet.
(-) Mannheim, 6. Nov. Vor einiger Zeit wurde der Geh. Kommerzienrat Lasig, der eine Fabrik in Ludwigshafen besitzt, auf der Rheinbrücke von den Franzosen verhaftet und nach Saarbrücken abgesührt. Jetzt hört man, Lasig sei wegen angeblicher Verheimlichung beschlagnahmter Vorräte zu einer längeren Gefängnisstrafe verurteilt worden. s
Mainz, 6. Nov. Die Eisenbahndirektion Mainz teilt mit, daß die Einstellung des linksrheinischen Personenverkehrs, da sie von der Genehmigung Fochs abhängig sei, zunächst aufgeschoben werden muß. ^
Die Kartoffeln erfrieren. ^
Berlin, 6. Nov. Aus den: Osten des Reichs wirch gemeldet, daß infolge des Frosts ein Teil der Kar-s tofseln bereits erfroren sei. Die Deutsch-natl. Abg. haben in der preuß. Nationalversammlung den Antrag eingebracht, schleunigst genügend Eisenbahnwagen zur Verfügung zu stellen und' die Arbeitszeit zu verlängern, damit bei eintrcwadem Tauweuer noch möglichst viel von den Kartoffeln geret et werden können. Damit die erfror ->err ... .irtofseln wenigstens für die Schweine! ütrerung ' noch; gebraucht werden können, sollen die Kartossel-rockensab-s riken und die Tampfapparate sofort in verstärt.cm Maße mit Kohlen versorgt werden, ebenso die Zuckerfabriken, da' auch die Zuckcrrü euren e bereits große Verluste durch Erfrieren au.,zuweilen habe. , . . M