den Gehorsam ' verweigern' und zwar unter anderen Um­ständen, als zur Zelt der Novemberrevolution. Auch jetzt noch widersprechen sich die Berichte. Bald heißt es, der Abmarsch habe begonnen ein Bataillon und eine Schwa­dron, nicht eben viel, seien umgekehrt, bald wird ge­meldet, die Truppen denken nicht an Rückkehr. Immer­hin ist die Negierung nicht in der Lage, den Abmarsch zu erzwingen. Daher ist die feindliche Androhung un­verständlich und es ist ein kränkendes Unrecht, ihr den guten Willen abzusprechen. Die Regierung will bald eine Antwort geben. Wird nicht viel nützen. Entweder ivir müssen aufs neue hungern, oder es wird sonst eine Strafe verhängt, die uns weiter demütigt und schwer trifft.' Das ABC des Waffenstillstands und Friedens- Vertrags ist noch nicht am Ende.

Man sollte zwar meinen, in England hätte man setzt andere Sorgen. Der Eisen bahn er streik ist Tatsache geworden und über eine Million Eisenbahner feiern. Im ganzen Land verkehrt kaum ein Zug mehr, und wer den Riesenverkehr der englischen Bahnen kennt, weiß, daß das eine fürchterliche Katastrophe für das Land ist. Man muß beinahe lachen, wenn man liest, daß die Regierung den Verkehr mit Flugzeugen bewerk­stelligen will. Annähernd eine halbe Million Bergarbei­ter haben nichts mehr zu tun, da die Kohlen nicht mehr abgeführt werden, die Schiffe können keine Kohlen er­halten, weil keine Eisenbahnzüge sie von den Gruben nach ven Häfen schaffen. Tie Industrie im Binnenland wird feiern müssen, wenn ihnen die Kohlenvorräte ansgehen. Dazu ist der Transportarbeiterverband auf dem Sprung, mit den Eisenbahnern gemeinsame Sache zu machen, so- vaß also der ganze Gewerkschaftsdreibund Eisenbah­ner, Bergarbeiter und Transportarbeiter mit der Regierung Lloyd Georges im Kriege läge. Die Lage ist ernster als bei dem Streik im Jahr 1911, denn die Arbeiter sind besser vorbereitet, auch finanziell, und sind durch die Enttäuschungen und die Politik^ des ewigen Kriegs erbitterter als damals. Der Streik ist das größte Unglück, das Englands Handel treffen konnte, sagte Lloyd George; gerade jetzt, wo England den ihm mindestens sehr gelegen kommenden Stahlarbeiter streik in Amerika so vorteilhaft zu seinen Gunsten hätte aus­nützen können. Die Regierung hat Abwehrmaßregeln getroffen, die jene in der höchsten Kriegsnot noch über­steigen. Es ist fraglich, ob sie das Hungergespenst, das wegen der Baltengeschichte übermütig über Deutschland heraufbeschworen werden soll, im eigenen Land wird ban­nen können. Dann würde es zu bösen Dingen kom­men können, denn in England ist man ebenfalls des Militärs nicht mehr sicher.

Darüber hat man auch in der italienischen K am- mer Klage geführt, als am Sonntag über den Fiume- Fall verhandelt wurde. Die ganze Kammer hatte nur eine Meinung, daß Fiume italienisch bleiben müsse und daß die Sache Wilson nichts angehe. Aber daß regel­rechte Truppen sich zu Freischärlern in der Hand An- nunzios hergeben, das ging vielen Abgeordneten doch über die Hutschnur. Ministerpräsident Nitti wollte sich übrigens wie sein Kollege Clemenceau in Paris rin Patent für seine Arbeit am Friedensvertrag ausstellen lassen, die schon lange Gegenstand des Streits unter den iitalienischen Parteien ist. Von den Sozialisten wurde er heftig angegriffen, da diese auch von demewigen Krieg" nichts wissen wollen. Tie Geister der Nationali- und Sozialisten platzten arg aufeinander und zuletzt ent­wickelte sich eine solenne Keilerei. Etwa 100 Abgeordnete schlugen sich herum, man riß sich die Kleider vom Leibe und trampelte auf den Gefallenen hemm. Ein italie­nisches Blatt schrieb, in der Kammer sei es noch nie so wüst zugegangen, wie am Sonntag nachts. So er­hitzte der saero agoisino, die heilige italienische Selbst­sucht, die Italiens Triebfeder neben den Versprechungen Englands u. Frankreichs zur Kriegserklärung von 1915 gewesen war, die Köpfe der privilegierten Kulturträger. Als dann die Rauferei zu Ende gebracht war, stellte man dem Ministerium Nitti mit der nicht eben großen Mehr­heit von 60 Stimmen das Patent in Form einer Ver­trauensabstimmung aus. Nitti traut der Reaierunas-

Unter dem Lauernlutlei.

Von L. Ernesti.

uncyr war's oas große, sonnige, nach der Garten­seite hin gelegene Znnmer, nicht die hübsche, wenn auch einfache Einrichtung, die der Priester bei seinem Eintritt sah, er sah in dem Raume für den ersten Augenblick nur eins Andreas, der ein ganz verändertes Bild not!

Der Gefangene wandte sich beim Oeffnen der Tür lebhaft um. Kaum sah er den Geistlichen, so stürzte er auf ihn zu und lag, ehe es dieser hindern konnte, zu einen Füßen und rief unter Tränen:Dank, o tau­end Dank, daß Sie mir diese Gnade vom König er­wirkt haben!"

Ties bewegt, erschüttert, keines Wortes mächtig, beugte sich der Priester zu dem ehemaligen Jugend- ;espielen, versuchte ihn emporzuziehen, faltete aber im lächsten Augenblick seine Hände und schaute verklärten Augens gen Himmel, a>ls der am Boden Liegende in eidenschastlich:r Aufregung ausrief:Nein, lassen Sie wich! Ihre Liebe, Ihre Güte, des Königs Huld hat wir tief, tief in mein verhärtet Herz gegriffen! Lassen wie mich hier zu Ihren Füßen mit meinem Tank meine Reichte verbinden und hören Sie sie an im Namen des vreieinigen Gottes, im Namen der Mutter Maria und em aller Heiligen, die mich schützen mögen! 3or acht Tagen waren's gerade zwei Jahre, als ich zur Heimat zurückkehrte. Ich hatte meinen Militärdienst be- ndet und hätte wohl recht froh und glücklich sein können, Klein merkwürdiger Weise überfiel mich eine unerklär­liche Angst und gönnte mir unterwegs keine Ruhe. Erst :ls ich mein Dorf vor mir liegen sah, fiel mir die Zentner­last von der Seele, überglücklich wollte ich die letzte Strecke durcheilen, da ward mir die Kunde, die mich zur

Mehrheit aber nicht recht und will dieser Kammer die Abstimmung über den Friedensvertrag nicht überlassen. Die Kammer wurde aufgelöst, der Friedensvertrag soll durch königliches Dekret ratifiziert und diese Ratifizie­rung der neu zu wählenden Kammer zur Genehmigung vorgelegt werden. So ist das Kabinett Nitti vor dem Rücktritt, der ihm durch die Affäre Anmrnzio bereits in bedenkliche Nähe gerückt war, vorläufig bewahrt und Nitti hat zunächst gegen den Abenteurer in Fiume freie Hand, H

- Vermischtes. "h'

Bilderdiebstahl. Aus der Gemäldesammlung der National- zalerie am Schinkelplatz in Berlin sind die berühmten Bil­ler Luthers und Melanchthons, von Lukas Eranach ruf Holz gemalt, gestohlen worden.

Braunkohlensund. Aus Halle wird demBerliner Lokal- rnzcigcr" gemeldet, daß bei Kirstinghof und Oberzella in der Ithön neue Braunkohleulager erbohrt wurden. Die Firma Hell- lach in Springe erhielt in der dortigen Flur unter dem Namen Lrauukohleuwerk Kirstinghof das Bergwerkseiaeatum von 1,9 Millionen Quadratmeter Größe zum Abbau der Kohlen.

DasSchmugglerschiff". Dieser Tage ging eine Nachricht Uirch die Blätter, in Malmö (Schweden) sei ein von deutschen Offfizieren geführtes kleines Segelschiff angehalten worden, das vertvolle Schätze, namentlich an Silbergerät, enthielt, die nach Schweden geschmuggelt werden sollten. Die Untersuchung in Mal- hat nun ergeben, daß das Schiff von zwei deutschen See- iffizicren, dem Kapitänleutnant Stosch und einem anderen, in ^iel käuflich erworben worden war, die auf eigene Rechnung ttnen Frachtverkehr mit Schweden einrichteten. Die erste Fahrt png nach Simrisham, wo sie Ziegelsteine für Kiel an Bord rahmen. Waren, die von einem schwedischen Kaufmann in Oeutschland gekauft waren, wurden von den schwedischen Hafen- rehördcn für zollpflichtig erklärt. Bon der Ausfuhr von Ver- nögenswerten ist keine Rede.

Verdächtiges Umzugsgut. Auf dem Lehrter Bahnhof in Berlin wurden 96 große KistenUmzugsgut" angehalten, die, vie die Kontrollbeamten feststellten, 2 Millionen Zigarren und Zigaretten enthielten. Der Adressat meldete sich nicht. Die Un- ersuchung ergab, daß die Zigarren aus Heeresbeständen der Zigarrenverteilungszentrale in Minden stammten, und angeblich >em Proviantamt Osnabrück zugewirsen worden waren. In Zsnabrück wußte man von der Sendung nichts, sie war auch licht bestellt worden. Die beiden Eisenbahnwagen waren un­terwegs abgchängt und nach Berlin gefahren worden, wo ein roch unbekannter Schieber die gestohlene Ware erwartete.

Ein Riefenpreis für die erste transatlantisch« Lustmarke. Die nste Luftma.ke, die bei dem Ozeanflug von Alcock und Brown jur Verwendung kam, wurde dieser Tage versteigert und erzielte )en Riesenpreis von 200 Guineen, was nach heutigem Wert ttnem deutschen Preis von etwa 24 000 Mark entspricht. Die Marke, die eine braune 3-Cent-NeufundIand mit dem englischen UebcrdruckErste transatlantische Luftpost April 1919" ist, be­findet sich in einem kostbaren, in rotes Leder gebundenen, gold- ocrzierten Album, das noch die Unt'rschriften der Flieger und )es Lord Northclisfe enthält.

-- '^.cyavttre.vrutlg. ucacy vom nerren-ungrman für die Ablieferung der 140 000 Kühe usw. an Frank­reich und Belgien hat Württemberg abznliefern: 2417 Milchkühe, 1746 trächtige Rinder, 102 Zuchtbullen, 671 Junarinder, 6245 Zuchtschafe, 62 Schasböcke, 876 Ziegen, 18 Ziegenböcke. Tie Fleischversorgungsstclle wird die Ausbringung auf die einzelnen Kommunalverbände um­liegen. Es ist Viehmittlerer Beschaffenheit" an die Sammelstellen Stuttgart und Ulm zu liefern. Kühe sollen ein Alter von 26 Jahren, Kalbinnen von Ick/z bis 2 Jahren, Zuchtschafe und Ziegen von 3 / 44 Jahren haben. Für die Gesundheit der Tiere wird weitgehende Gewähr verlangt.

Mosthöchstp^eise. Kaum kommt neuer Most zum Ausschank, wird schon wieder der Versuch gemacht, unsinnig übertriebene Preise zu verlangen. Ter Höchst­preis für 1919er Most beträgt im Ausschank 70 Psg. für den Liter, in den größeren Gemeinden nach Beschluß des Gemeinderckts 80 Psg. Tie Oberämter sind angewie­sen, die Einhaltung der Mostpren überwachen zu lassen.

Obstverkehr. Tie Beförderung von Aepfeln und Birnen in Mengen bis zu 6 Zentnern ist frei. Nur Händler bedürfen zur Beförderung jeder Menge eines Beförderungsscheines. Bei Sendungen an Einzel­verbraucher stellt der Ortsvorsteher des Abgangsorts den Beföiderungsschein aus, bei Sendungen an Verbraucher­vereinigungen, Wirte, Mostereibescher, sowie für .Händler die Landesversorgungsstelle. Bei Versand von Obst über die ivürtt. Grenze muß für jede Menge ein Beförderungs- sckwin von. der LandeZve, 1 ^ 1 ,anna-steile ein.aebalt werden.

bannw Ich hatte aus dem Hose der Eitern

nie Braut. Tuge wurde gerade in der Stunde mit mei­nem Bruder in der Kirche getraut! Wie soll ich meine» Schmerz schildern? Sie kennen das Leid, Baron Adolar, das Trenbruch bringt, denn Ihre Kusine Flora lehrte es Sie, ich weiß es! Denken Sie an den Tag zurück, wo sie Ihren Bruder heiratete, srommer Vater, und glauben Sie, der Bauer Andreas fühlte den Schmerz ebenso tief, wie der Freiherr."

Das weißt Tu?" ries der Priester überrascht, fast entsetzt.

Ja, Herr! ich weiß noch mehr Alles; weiß, daß seit drei Wochen jener Enkel eine Schwester hat und daß trotz des Unglücks, trotz der Schande, die über eine ehrliche brave Familie gebracht, der Herr sie nicht ganz verlassen hat und Gottes Segen sichtbarlich mit dem guten Sohne ist!-"

Andreas schwieg, auch der Priester war keines Wortes mächtig. Ter Gefangene hatte seinen Beicht­vater fest umklammert. Mechanisch streichelte die­ser das feuchte Haar, die kalten Hände des unglücklichen Opfers irdischer Gerechtigkeit menschlicher'Falschheit! endlich schiens ihm doch zu viel, zu groß dieses Opfer, das ein Bruder dem andern brachte und er fragte ein­dringlich :

Willst Du es wirklich fort und fort tragen, dieses Elend, diese Schmach? wird nicht einmal über Dich kommen der lebendige Wunsch, gerechtfertigt, schuldlos dazustehen?"

Er ist schon über mich gekommen und über­wältigt stets durch ernstes Nachdenken, durch reifliche Ueberlegung. Noch gestern schwankte ich eine Sekunde, Äs Sie wieder in mich drangen, besiegte aber die An- Wandlung schneller, als alle früheren Wünsche."

»Wirst Tu es aber immer können. Andreas?"

Volksgenosse«!

Die durch Euer Vertrauen gewählten Vertreter hiben die Verfassung des Volksstaats Württemberg verabschiedet.

Sie gewährt Euch die freiesten Rechte, sie soll aber auch die Schutzwehr bilden, unter der Ihr in Ordnung und Sicherheit Eurer Arbeit für Weib und Kind nach­gehen könnt.

Wollt Ihr sie den Versuchen auf Untergrabung oder Zertrümmerung schutzlos aussetzen? Oder seid Ihr be­reit, sie gemeinsam mi- der Regierung gegen jeden Angriff zu schützen?

Dann folgt unserm Ruf und tretet geschlossen ein in die Einwohnerwehren! j j

Stuttgart, den 27. September 1919. l ZZ Staatsministerinm: ^

Blos Baumann Heymann Leipart Liesching Lindemann.

Rohzucker. Nach amtlicher Mitteilung soll vom November d. I. ab Rohzucker in größeren Mengen in den Jnlandverbrauch überführt werden, weil es nicht möglich sein wird, den Raffinerien die nötigen Kohlen zur Verarbeitung des Rohzuckers zur Verfügung zu stel­len. In den 11 Monaten vom September 1918 bis Juli 1919 wurden 220 400 Zentner Rohzucker zum Jn­landverbrauch freigegeben, gegen 86 000 Zentner in den entsprechenden elf Monaten des Betriebsjahrs 1917/18.

Prämienanleihe und Kriegsanleihe. Wie dieP. P. N." hören, ist bei der Ausgabe der Prä­mienanleihe beabsichtigt, eine Finanztechnik anzuwendeu, die den Schutz der Kriegsanleihen gewährleistet, der vor allem darin bestehen soll, daß die Kriegsanleihe für einen Teil des Kaufpreises in Zahlung genommen wird. Man will verhüten, daß die Kriegsanleihe aus den Markt geworfen wird, wenn diese neue, besonder« Gewinnmöglichkeiten bietende Anleihe kommt. Darum will man das Erfordernis ansstellen, daß nur ein Be­sitzer von Kriegsanleihe überhaupt in den Genuß dieser mit besonderen Rechten ausgestatteten Prämienanleihe ge­langt.

Die Urkundenfälschung auf der Schuh­sohle. Vom Landgericht Görlitz ist ein Schuhma­cher zu einer Gefängnisstrafe von einer Woche verurteilt worden. Ter Angeklagte fertigt nicht nur Schuhwaren nach Maß an, sondern verkauft auch Fabrikware. Auf den Sohlen dieser Schuhe waren gemäß der Bundes- ratsverordnnng die Preise anfgedruckt, die im Kleinhan­del gefordert werden sollen. Nun kauften zwei Frauen bei dem Schuhmacher ein Paar Tamenschuhe zum Preise von 45.25 Mark. Erst als die Frauen zu Hause an­gekommen waren, bemerkten sie, daß der ursprünglich in die Sohle eingestempelte Preis von 35.25 Mark mit Tinte in 45.25 Mark umgeändert worden war. Ter von dem Fabrikanten auf den Schuhen angebrachte Preis­aufdruck ist als eine Urkunde im Sinne des Strafge­setzes anzusehen, auch wenn der Name des Ausstellers der Urkunde nicht angegeben ist-

Ein Schlaumeier. Ein Bäckermeister in N. bezog seine Butter seit langer Zeit von einem Bauern ans der Umgegend. Eines Tages schien es ihm, daß die Bntterklumpen, welche je drei Pfund wiegen sollten, das verlangte Gewicht nicht hätten. Er fing deshalb an nach- znwiegen und stellte fest, daß sie weniger wogen. Ter Bäcker verklagte nun den Bauern. Im Termin fragte der Richter den Beklagten:Haben Sie eine Wage?" Ja, .Herr Richter".Und Gewichte?"Nein, ein sol­ches Hab ich nicht."Wie wiegen sie dann Ihre But­ter?"Ganz einfach so," antwortete der Bauer,seit­dem der Bäcker die Butter von mir kauft, kaufe ich auch mein Brot bei ihm, den Laib zu 3 Pfund. Diese Laibe dienen mir als Gewichte für meine Butterklumpen. Wenn nun das Gewicht nicht richtig ist, so ist das nicht mein "Fehler, sondern der seinige." Daraufhin wurde die Klage des Bäckermeisters kostenpflichtig abgewiesen.

Ich will, frommer Vater, und ich kann! Das Schlimmste ist überwunden. Ich bin fest entschlossen selbst zu sterben."

.O, daß ich schweigen muß!" rief der Priester trau-

kig,daß ich Deine Unschuld nicht laut verkünden darf, daß ich dies alles als Beichtgeheimnis höre und ich Dich nun nicht hinstellen kann als den besten, den edelsten, den aufopferndsten der Brüder!"

Und was hätt' ich dann?" rief der Gefangene. Eich wüßte den Stolz, die Freude, den Liebling mei­ner Eltern in Ketten und Banden. Ich würde den Vater, die Mutter entweder schnell vor meinen Augen sterben, oder in Gram und Verzweiflung langsam dahinsiechen sehen. Ich wüßte hie Geliebte meiner Jugend nicht allein öffentlich hefleckt durch das Brandmal, Weib eines Mörders zu sein, ich sehe sie noch tiefer entehrt als das Weib eines ehrlosen Betrügers! Und wären sie's allein! Eltern Weib aber, 0 Herr, da sind ja noch die Kinder. Sollen sie in früher Jugend beschimpft, ge­schändet sein? sollen sie durchs ganze Leben einen un­ehrlichen Namen tragen, sollen sie vielleicht fluchen dem, der sie ins Dasein gerufen hat? 0 nie, nie! Ich könnte m all diesen niederdrückenden Gedanken nie einen ruhigen nie einen frohen Augenblick haben, während jetzt, in­mitten meines Elends oft Friede und Freude in meiner Brust herrschen, ein so wunderbarer Friede, eine so heilige Freude, daß beides selbst einen verklärenden Schein über das traurige Bewußtsein wirft, in den Augen der Welt, in den Augen meiner Eltern als Mörder dazustehen!".