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Amtsblatt fllr wildbad Anzeiger und Tagblatt für das obere Enztal.

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5sm5tsg, öen 4. Oktober 1919

Isbrgsng 53

Sonntagsgedanken.

Zeit und Ewigkeit.

Wem Ewigkeit wie Zeit und Zeit, wie Ewigkeit, der ist befreit von allem Streit.

Iakob Böhine.

Wochenrundschau.

' Tie Umbildung der R eich s r e g i e r u n g ist ndlich am 1. Oktober fertig geworden, Tie Verhand- ungen staben sich länger hinausgezogeu, als selbst in >en beteiligten Kreisen erwartet wurde. Es war vor illem schwierig, sich über gewisse Forderungen in Be­gehung auf die Verteilung der Ministerien und das virtschastliche Programm zu einigen, Tie demokratische Partei, deren Wiedereintritt in die Regierung an sich >em Zentrum wie der Sozialdemokratie wünschenswert nschien, knüpfte an ihre Beteiligung Bedingungen, die, vie es scheint, nur zu einem kleinen Teil erfüllt wurden, Las wirtschaftliche Programm, so wird halbamtlich ge­neidet, soll das alte bleiben, während die demokratische Partei wesentliche Modifikationen m Beziehung auf die Lokalisierung, das Betriebsrätegesetz und die Finanzze- rarung verlangt hatte. Tas Reichssinauzmiuisterium, ms von demokratischer Seite beansprucht wurde, ver-

p'ivachscn und dazu kommt ein erschreckendes Defizit der Liseubahneu. Seit längerer Zeit ist auch das Verhältnis

zwischen den beiden grössten Parteien, der Bayerischen VvlkSpartei (Zentrum) und der Mehrheitesozialdeuwlra- lie ziemlich gespannt, da letztere vor allem in der Parleipresse für die drückende Lage verantwortlich ge­nacht wnrde. Tie Sozia'demokea.w erbot such, die Ver­antwortung, d, h, die Ministerpräsidentschaft au das Zentrum abzulrelen, aber die ZentrumSPressc lehnte es lb. die Verantwortung für daS seither Geschehene zu liber- lehmen, Ter^ Konfekt spitzte sich immer mehr zu und md'.ich beschloß die sozia.demokratische Landeskonferenz, ,u der Form eines Ultimatums das Zentrum zur Ueber- rahme der Fn''rung im Ministerium aufzufordern, widri- lensalls die Sozia,demokratie ans der Regierung ents­cheiden lverde, Tje Negierung war bisher folgenderma­ßen zusammengesetzt: v.er'Sozialdemokraten (ivobei der Ninisterpräsidcnt Hvssmauu die Ministerien des Aeußeru ind des Kultus in seiner Person vereinigte), zwei vom Zentrum, zwei der demokratischen Partei und ein Neu- ualer (der Verkehrsminister Fmuendorfer), Inzwischen st das Militärminisierittm (SchncPPenhorst, Soz.) anf- ;ehol en lvorden. Tie stärkste-Partei im Landtag ist aber las esciitrum, die Zusammeusetzuua der Rraieruna ent-

rleibt denn auch in den Händen Erzbergers, Rur .die

Einräumung wurde gemacht, d-ß die Vertretung des Keuz- ers von diesem Ministerium abgclöst und mit dem un­politischen Justizniinistcrinm verbunden wird, für das -er frühere Reichssiuanzminister Schisser (Dem) aus- 'rsehen sein soll. Außerdem wird das wichtige Mini- rcrium des Innern, seither von Tr, David (Soz.) perwaltet Tavid bleibt im Kabinett als Minister ohne Fach, sowie ein neuerrichtetrs Ministerium für den Wiederausbau der demokratischen Partei zugeteilt. Von per Ersetzung des Reichskanzlers Bauer durch S ch c i d e- 'ii a n n und des Ministers des Aenßern Müller durch pen früheren Botschafter in Washington, Grafen Bern­torfs (Tein.) ist nicht mehr die Rede. Tie ur- 'prüng'iche Regierungsmehrheit, die durch die Unterzeich­nung des Friedensvertrmgs am 23, Juni gesprengt wor- pen war, ist wiederhergestellt, aber man darf sich nicht verhehlen, daß damit nicht auch schon die frühere Ein­heitlichkeit wiedcrgeschafsen ist. Vielmehr wird von einer Verstimmung berichtet, die auf beiden Seiten nachzitl^re, derart, daß daS führende sozialdemokratische Organ, der ,,Vorwärts" den Wiedereintritt der demokratischen Par­tei in die Regierung geradezu alsnotwendiges Nebel" pezeichnet. Bei gutem Willen und wenn die Negiernngs- pildung nicht als Parteisache, sondern als Pflicht dein Bolksganzen gegenüber betrachtet wird, wird man aber ruch über solche Hemmungen hinwegkommen können.

Tie R e g i e r u n g L k r i si s jn Bayern hat noch lein- Lösung gesunden, cs soll aber nach neueren Meldungen Aussicht bestehen, daß doch noch eine Verständigung zu- 'tande kommt. Tie Lage in Bayern ist besonders schwie­lig; die finanziellen Verhältnisse sind bekanntlich außer- prdentlich ungünstig, die Ausgaben sind ins Riesenhafte

pricht also nicht den tatsächlichen Parteiverhältnissen, .Überdies haben die mittlerweile vorgenommenen Ge- ^ neindewahlen auch in Bayern eine nicht unbeträchtnche Verschiebung nach der Rechten und der äußersten Lin- , len erkennen lassen. So wollte denn die führende Zen- i .rumspresse von einer Umbildung der Regierung in dem Liuue, daß das Zentrum die verantwortliche Führung übernehme, nichts wissen, sie verlangte vielmehr eine N e u- vahl für die Volksvertretung überhaupt, deren Er- zebnis nicht zweifelhaft sein kann; das Zentrum würde vohl eine nicht unerhebliche Verstärkung erfahren. Ta­rnt ist es aber nicht getan, es müßte auch eine trag­fähige M ehrhcit geschaffen werden, die in Frage gestellt väre, wenn die Sozialdemokratie aus der Regierung ans- :räte. Es erscheint daher wohl möglich, daß man die Luppe nicht so heiß essen will, wie sie durch den Zei- mngSslreit gekocht lvorden ist, und daß man auf beiden Leiten eine Verständigung anstrebt. Aber allerdings, v wie -die Regierung jetzt zusammengesetzt ist, wird sie ruf die Tauer nicht bleiben können.

Um T e u t sch - O e st e r r c i ch steht eS schlecht, ES seht vor dem Staatsbankrott oder eigentlich schon mit- ,en drin. Tie Zinszahlungen für die Staatsanleihen sind vorläufig eingestellt und niemand weiß, wann sie wie- ver ausgenommen werden können. Wenn es dazu kom­men sollte, so werden Wohl die Zinsbeträge gekürzt, d. j, der Zinsfuß herabgesetzt oder am Schuldbetrag der -Obligationen Abstriche gemacht wc/dcu müssen. Beides .'ommt in der Wirkung aus das Gleiche hinaus; die Ltaatzsaläubiaer müssen Verluste erleiden so oder so. Es ist gar nicht denkbar, daß der ans 6 Millionen Ein- wohner zusammengeschuipselte Staat die ihm durch den / Frieden von St. Germajn nufgeladene Finanzlast zu l tragen oder gar ab?»tragen vermöchte, ist ihm doch außer i einer für seine Verhältnisse ungeheuerlichen Kriegscntschä f digung noch ein im höchsten Grad ungerecht zubemesse- ! ner Teil der alten Schulden der früheren ganzen To- ! naumvnarchie ausgebürdet worden. So sücht denn die ; Wiener Negierung selbst den dürftigsten Strohhalm zu : fassen, um sich über Wasser zu halten. wenigstens für j den Augenblick. Es ist ein Akt der Verzweiflung, wenn ! sw daran geht, die im Staatsbesitz befindlichen Wert- ) gegenstände und die Knnstschätze, die in den kaiserlichen > Schlössern seit Jahrhunderten angcsammelt worden wa- s nm darunter werden sich wohl auch die Kroninsignien ^ nsw. befinden, wenn sie noch nicht gestohlen sind, wie f die russischen, unter den Hammer zu bringen. Sie l werden fortab die Säle der Geldprotzen zieren. 'Für i den Staat ist die Einnahme ein Tropfen ans einen hei- : ßen Stein. Noch bedenklicher ist es, daß die großen l

Allerlei aus der Welt.M"

industriellen Anlagen eine nach der andern in ' fremden Besitz übergehen, weil sie teils wegen : Kapitalmangels und eingeschränkter Fabrikationsmöglich- > keil, teils wegen der höhen Löhne, der achtstündigen Ar- i beilszeit und der Abschaffung der Akkordarbeit trotz der -

niedrigen Valuta vom Wettbewerb mit dem Ausland, aus den sie angewiesen waren, ausgeschlossen sind. So sind die großen Kanonen- und Stahlwerke, von Skoda ; in Pilsen zum großen Teil in die Hände der Großindn- ! stricllen und Banken Frankreichs übergegangen. Tie f Mahlwerke des B ö t l e r k o n z e r n s in Naschenberg f (Steiermark) haben Amerikaner aufgekauft. Tie erste f Verfügung der amerikanischen Besitzer bestand in der f Ankündigung, daß die zehnstündige Arbeitszeit und die f Akkordarbeit am 1. Oktober wieder eingcsührt werde; ! ver diese Bedingungen nicht anerkenne, habe sich als ge- mndigt zu betrachten. Als man darauf aufmerksam mach- i :e, daß dies eine große Erregung unter der Arbeiterschaft ; Hervorrufen lverde, erwiderten die amerikanischen Her­ren lühl, dann werde eben amerikanisches Militär für f Erdnu-ug sorgen. Und d'e Arbeiter uui'ieu sich fügen, stoch manch andere Fabrik Oesterreichs ist schon im Be- - itz des amerikanischen Kapitals, denn diesem wird es ' pnrch die schlechte Valuta so leicht gemach:, aufzuk.u- : en; für ein Werk, das 10 Millionen wert ist, brauchen f ne Amerikaner kauin eine Million zu bezahlen, da eine s ilrone im Ausland etwa noch den zehnten Teil Wert ) hat. Tem Land geht der ganze Geschäftsgewiuu verlo- ! ecu und cs verfällt der Lohnsklaverei des Auslands. ! Amerika kann dem Namen nach gut und gern auf jede

üriegseiitschädiguug verzichten und den Großmütigen lpieleu, cs verdient mehr bei derfriedlichen Turchdrin-

ping" der überlisteten Länder und zudem ist der Gewinil dauernder, sicherer und müheloser.

Tie Franzosen haben Angst, Deutschland könne roch einen Rest von Widerstandskraft besitzen und ein blcher Gedanke läßt einen französischen Patrioten nicht nihig schlafen. Ter französische Abgeordnete Lese vre irachte daher den Antrag ein, daß die Negierung ür eine völlige Entwaffnung Deutschlands bei >er Friedenskonferenz eintrete. Was sich der Herr Le- evre darunter vorstellt, weiß kein-Mensch, denn Teutsch- and ist Wohl nach der Meinung der ganzen Welt schon nehr als entwaffnet. Es hat Niste'schweren Kanonen nehr, keine Kriegsflugzeugc, keine Tanks, keine Tauch- wote, kaum mehr, was einer Floite ähnlich sieht; es'darf ton allen diesen Dingen nichts mehr Herstellen, was' >urch fremde Kommissionen ständig kontrolliert wird, ja :s muß sogar die Maschinen zur Herstellung derselben lernichten. Tas deutsche Heer da, f nicht mehr als 100 000 Nanu mit 223 leichten Geschützen zählen. Man sollte neinen, mit einer solchen Errungenschaft könnte Frankreich zufrieden sein, wenn ein Clemcneeau, Foch und Lloyd steorge in der Konferenz sich damit begnügten. Weit jefehlt. Es muß noch mehreutwajfnet" werden. Vie- e Franzosen haben keine Ruhe, solange noch ein Teut- cher sich auf den Beinen halten kann. Clemenoean ge­ltet über den Antrag in einige Verlegenheit; er glaubte eine Sache doch so gut gemacht zu haben. Viel zu pit nach der-Meinung anderer Kammermitglicder, die >en Friedcusvertrag deswegen verwerfen weil iie ihn für >ie Quelle weiterer Völkertämpse halten. Tas brachte Llemenceau arg in Harnisch, wie er cs denitzHMch' dem imerikanischen Senat sehr verübelt, daß er an vLm Frie- icnsvertrag von 'Versailles, auf Den Elcmenceau Mt liecht so stolz ist, so vieles anszmetzen hat, Eiemenceau agte, wenn die Amerikaner ihn nicht unterzeichnen Mol­en, so sollen sie es eben bleiben lassen. Tann wird Frankreich noch viel schwerere Bedingungen durchsetzen ind alles Land links vom Rhein nicht nur besetzen, son- pern annektieren. Und der Völkerbund kann auch ohne )ie Amerikaner bestehen. Tas ist zwar die Frage, rber Clemcneeau. erreichte mit dem kühnen Wort, was -r wollte. Die Mehrheit der Kammer trat ihm bei, wsonders als er Lefevre den Kanzleitrost gab, er werde vegen der, weiteren Entwaffnung mi.t den Verbündeten sich besprechen. '

^. Daß es an dem gutm Willen, Tcutschlaud zuzusetzen, vo cs nur immer Gelegenheit gibt, nicht fehlt, mußten vir ja schon wieder in der baltischen Angelegen­heit erfahren. Tie Anwesenheit oes 6. deutschen Reserve-, korps in den baltischen Ländern nach einigen Be-, richten sollen es 50 000, nach anderen Angaben 100000 Nanu sein ist besonders den Engländern unbequem, vie sich in Rebal, Riga und ouf. der Insel Oesel sest- setzcn wollen. Ter englische General Gough hat an pen deutschen General v. d. Goltz verschiedene hoch- sthrende Befehle gegeben, die Goltz gelassen zurückgewie­sen hat. ' Ties hat natürlich die Engländer noch mehr verschnupft. Und da die Deutschen eben gar keine Miene machen, das Baltenland, in dem ihnen Siedlungen ver­sprochen waren, zu räumen gegen den Befehl der deutschen Reichsregierung und des Generals v. d. Goltz , und sie ihr Recht nötigenfalls mit den^ Waisen be­haupten zu wollen scheinen, hat der Oberste Rat dem Marschall Foch freie .Hand gegeben, die Widerspenstigen zu zähmen. Foch versteht sich darauf. In überaus bar­schem Ton ließ er durch die WasseustilinandSkommission die Reichsrcgieruug aufsorderu, sofort für die Zurückbe- rusung der Truppe» zu sorgen; er lasse keine Ausflüchte mehr gelten, als ob die Negierung keine genügende Macht über jene Truppen habe. Wenn den Bedingungen des Waffenstillstands, der u. a. die Zurückziehung der deut­schen Truppen auS fremden Ländern vorsieht, nicht un­verzüglich Genüge geschehe, werde die Blockade mieder- verhängt und mit anderen (militärischen) Machtmi'.teln die Vertragscrsü luug erzwungen werden. Was soll die Reichsregiernng da machen? Eie Hai den Truppen die Löhnung gesperrt, die Verproviantierung abgeschnitten und die Verweigerung der Entlassungsbezüge angedroht. Mehr steht tatsächlich nicht in ihrer Macht, Es ist schwer, sich über diese eigenartigen Berhältni se im Bal­tenland ein Urteil zu bilden, denn man ist seit langem über die dcrlige Lage im-Unklaren gelassen worden. Es müssen doch noch Gründe besonderer Art mitspielen, wenn Uebntauiende deuticber Soldaten der Reaiernna alattwea