Deutsche Nationalversammlung.
-» —^ ^ . Weimar, 19. Febr.
Präsident Fehrenbach eröffnt die Sitzung um 2.20 Uhr. Gesetzentwurf wegen Abänderung der Verordnung über die Rückgabe der in Belgien und Frankreich beschlagnahmten Bertiebs- euirichtungen vom 1. Februar 1919. Danach soll die Anmeldung der betreffenden Einrichtungen nicht bis jpätestens zum W. Fe- bruar erfolgen, vielmehr soll der Termin vom Innenministerium festgesetzt werden.
Minister Crzberger bittet, dem Entwurf zuzustimmen. Er verliest Schreiben des Staatssekretärs des Reichs,virtschasts- amts unt> von ihm selbst über die Frage der Sachverständigen bei den.Wassenstillstandsverhandlungen und fährt fort: Durch die Verlesung dieser Schreiben ist der Beweis erbracht, datz die Industrie nach der Entlassung des Herrn Hugo Stinnes neu« Sachverständige in die Wajfenstillstandskommission zu senden, ab-
Dcr Gesetzentwurf wurde in allen drei Lesungen angenommen.
Minister Bauer spricht über die Grundsätze, nach denen dt, Vergebung der zur Behebung der Wohnungsnot anqefor- derten Miller erfolgen soll.
Preutz. Kricgsminisstr Reinhardt: Rach der Rovember- umwälzung ist ein neuer Bürgerkrieg im Gange. Dieser Kamps ist nicht leicht zu führen. Er' wird verschärft durch die tückisch" bolschewistische Kampfesiveise. Auf Vielem Untergründe vollzog sich die Tötung der Frau Luxemburg und Liebknecht. Als Soldat bann ich nur bedauern, datz dis Begleitkommandos die Häftlinge nicht unversehrt den Gerichte» abzuliefern imstande, waren. Bei der Gardekavalirrieschiitzendivision geschuht alles Nötige zur Feststellung des Falles und zur Bestrafung der Schuldige». Ich mutz es aber ablehnen. über das Ergebnis des schwebenden Verfahrens zu spreche». Die Reichsrcgierung wünscht Gerechtigkeit. Diese mutz aber auch für die Beschuldigten gelte», die bei der täglichen Spannung unter dem Druck des drohenden Wiederauflebens der spartakistischen Unruhen vielleicht kleine Rechtsformfehter begangen haben. Die Regierung hat einen Plan gefaßt, die Mili- tärstrafgcrichisordming so unizliwandein, daß bürgerliche Straftaten vor das bürgerliche Gericht koinmen. Das Zukunstsheer wird sehr bescheiden sein: aber ivir könne» es trotzdem noch nicht aufbauen, weil wir noch keinen Frieden haben. Die Soldatenräte oder Vertrauensleute werden bei der Verwendung der Truppen in ihrem inneren Leben ebenso ehrlich Mitwirken können, wie sie die Führung und die Ordnung den Kommandos überlassen müssen, die auf die Republik zu verpflichten sind. Die neuen Abzeichen sind schmucklos,- sie sind aber den heutigen bitteren Tagen der Not angemessen.
Frau Marie Iucharcz (Soz i: Der Revolution verdanken wir unsere Sitze Im Parlament. Für Deutschland ist die Frauenfrage damit gelöst. Bel Beratung der neue» Verfassung werden wir dafür zu sorgen haben, datz nun auch ln der Verwaltung die Frau als gleichberechtigt mit dem Manne beigezogen wird, vor allem für die Jugendpflege, die allgemeine Volksbildung und die Wohlfahrtspflege.
Abg. Meyer-Kaufbcuren sZ.): Wir begrüßen die Zusammenarbeit von Mann und Frau in diesem Hause. Was das Regieriings'. ronramm an Cozialisterlingsplünen enthält, wird voni Zentrum seit Jahrzehnten auch verlangt. Finden wir den An- schlutz an die neue Ernte nicht, so müssen Millionen Deutscher verhungern. Wird das jetzige System unserer Abwürgung nicht alsbald beendet, so ist die Katastrophe für das deutsche Volk unvermeidlich. Die gewaltige Mehrbelastung kann unmöglich durch Steuern aufgebracht werden. Dabei wissen wir noch gar nicht, was wir an unsere Feinde zu zahlen haben. Die Entschädigungen in den besetzten Gebieten werden 10 Milliarden kaum übersteigen. Unsere finanzielle Lage wäre trostlos, wenn die säst 100 Milliarden Kriegsanleihe» eine Schuld an das Ausland darstellen würden. Eine der wichtigsten Aufgaben der Zukunft wird der Wiederaufbau unserer Erportindlistrie sein. Eine scharfe Kontrolle der Einfuhr wird sich nicht uingehen lasse». Der größte Teil unserer Ernährung. Getreide. Kartoffeln und Fleisch, wird noch auf Jahre hinaus planmäßig veranschlagt, präduziert und verteilt werden müssen. Das ganze deutsche Volk ist dann einig, datz die Behinderung der Arbeitswilligen durch die Spartakisten keinen Tag länger geduldet werden darf, Angesichts dieser llebergriffe ist eine weitere Stärkung der deutschen Reichswehr unerläßlich.
Abg. Falk-Köln fDcm.): Wenn der tlebermüt des Feindes die Hand nach rheinischen Gebieten ausstreckt. so niag der Feind wissen, daß er das tut gegen den Willen auch des letzte» Rheinländers. Die Rheinländer hängen mit En! und BInt am deutschen Vaterland. Die Behandlung unserer zu Unrecht im Ausland zuiückbehaltenen Gefangenen' ist weit grausamer geworden, seitdem die Franzosen keine Rep: -fsalien mehr zu befürchten haben. Ebenso groß ist der Ucbermut der Polen. Der Grenzschutz ist deshalb t'inaend notwendig. Die harten' Wassenstillstandsbedingungen können mir ertragen werden als vorübergehende Maßnahmen. Sollte aber derselbe Geist sich beim Friedensschlüsse geltend machen, dann müssen wir uns dagegen wehren.
Rcichsminifter Erzberger: Die Regierung ergreift gern die Gelegenheit, um den linksrheinischen Brüdern herzliche und aufrichtige Grüße zu senden. Eine geistige Blockade kann der Feind niemals verhängen. Die Uebcrschrcitung der Bestimmungen des Waffenstillstands namentlich durch die Franzosen geht über alles erträgliche Maß hinaus. Das deutsche Volk kann angesichts der Vergewaitigungspläne einzelner der Alliierten nicht oft und laut genug seine Stimme erheben. Insbesondere weisen wir einmütig von der äußersten Rechten bis zur äußersten Linken die stanz. Anmrionsgeiüste aus das Saargebier zurück. Ein Friede» dem mir nur äußerlich zustimmcn, wäre kein Frieden, sondern unerträglicher Zwang. Den Kamps gegen den Bolsche- wismus im Osten betrachtet die Regierung als eine der wichtigsten Aufgaben. Die Regierung tut alles, um das Los der Kriegsgefangenen zu lindern. Ich mutz sagen, daß ich enttäuscht und überrascht war. als die Alliierten die Bitte ihres siegreichen Marschalls nicht erfüllten und die Herausgabe unserer Kriegs- gefangenen verweigerten. Ein siegreicher deutscher Marschall hätte eine solche Bitte nicht vergebens an das deutsche Volk gerichtet. Ich möchte einen offenen Appell an das Rote Kreuz in Genf richten. Möge es jetzt seine hohe sittliche Mission dahin auffassen, datz wir unsere Gefangenen zuruckerhaften. Die Zurückhaltung unserer Kriegsgefangenen ist eine Barbarei, wie sie die Weltgeschichte nicht kennt. (Lebh. allseittge Zustimmung.!
Nächste Sitzung: Donnerstag nachmittag 2 Uhr.
Weimar, 20. Febr.
Eröffnung der Sitzung 2.20 Uhr.
Abg. D. Traub fD.N.V P.): Dem Vordringen der Sudslaven in Oesterreich sollte mnn mehr Beachtung schenken. Einsprüche müssen mir dagegen erheben, daß die neutralen Staaten bei den gegenwärtigen Konferenzen der Alliierten so wenig berücksichtigt werden. Eine Kulturpslicht ist es, unserer deutschen Brüder 'außerhalb der Reichsgrenzc zu gedenken. Leider wird in der offiziösen Presse dem deutschen Volk der ganze Ernst der Lage noch immer nicht deutlich vor Augen geführt. Einmütig protestiert das deutsche Volk gegen die Aufrechterhal- tung der Blockade und gegen die Zurückhaltung unserer Kriegsgefangenen. Graf Brochdorfs-Rantzau sollte sich mehr in die Nähe des Wehrministcrs Nvske setzen, um von dessen urwüchsiger Frische und echtem deutschen Stolz etwas zu übernehmen. Wenn sich die in weiten Kreise» auf Wilson gesetzte Hoffnung erfüllt, so würde ich mich freuen; aber ich habe kein Zutrauen zu ihm. Wir wiinschen einen baldigen Frieden. D:e Revolution aber hat uns nicht den Frieden gebracht, sondern 'ihn weiter von uns entfernt. Die 15 Milliarden alten Kredites bewilligen wir selbstverständlich, ebenso die 300 Millionen zur Förderung des Wohnungsbaues. Wir sehen in dem 9. November einen Tag der nationalen Schmach. Wir verlangen aber, daß r-ns im Ausschuß über die anderen Milliarden Auskunft gc- ,.oen wird. Wir haben vor allem die Riesenansgabe ;n lösen, unsere künftige Grenze militärisch zu sichern. Tun wie das nicht, dann ist alles eitel, was wir in Weimar zustande gebraci-t haben.
Berlin, 19. Febr. Die gestrige SWng d'et Nationalversammlung war, wie die „Voss. Ztg." schreibt, der erste Sturmtag, den sie erlebt hat. Die „D. Allgem. Ztg." sagt: Die Attacke der Schwerindustrie, wie Gri^
, ber sagte, endigte mit einem vollen Rückzug. Mochten d " sich auch die Unabhängigen nicht versagen, den ehemaligen Genossen in der Regierung etwas am Zeug z'' flicken, letzten Eudes mußte auch dies dazu dienen, den Block zu stützen, der aus der Sitzung zweifellos den Gewinn erheblicher Festigung nach innen und außen zu verzeichnen hat. — Dem Reichsminister Erzberger bereitete das Haus am Schluß seiner Ausführungen, die auch von . der „Post" als sehr geschickt bezeichnet werden, eine lebhafte Huldigung.
Weimar, 19. Febr. In Weimar ist Graf Bernst orff eingetroffen. Nach der „Voss. Ztg." soll er Ser Reichsleitung in Fragen des Waffenstillstands und des vorläufigen Friedens, insbesondere soweit sie die Vereinigten Staaten betreffen, als Berater dienen. ^
Berlin, 20. Febr. Am Freitag soll eine namentliche Abstimmung über die Stellung der Nation ilver- iamml g zue Regierung stattfinden. Die Mehrheitsparteien forderten ihre Mitglieder ans, möglichst voilzähl'q zu'- SteUe zu sein.
Nack, der „Vossischen Zeitung" wird von den Kommissionen, deren Arbeiten bei der großen Verhandlungs- pause der Nationalversammlung Mitte oder spätestens Ende nächster Woche anheben sollen, wenigstens die Ver- sassimaSkoiilmission nicht in Weimar, sondern in Berlin tagen, da ihr nur hier das ersoroeniche Material ur Versagung steht.
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Zum Ans blntz Oesterreichs.
Berlin, 19 Febr. Der Nationalversammlnm dürste in den nächsten Tagen der Antrag zngehen, das sich, die Reicheregierung sofort mit der Regierung Deutsch- Oesterreichs zwecks Herbeiführung des Anschlusses ü Verbindung setzen soll-
Wivn, 19. Febr. Staat:sikeetär Bauer wird sich demnächst nach Berlin begeben, um über die staatsrecht- lichen und. politischen Fragen bezüglich des Anschlusses Deutsch-Oesterreichs an das Deutsche Reich zu verhandeln
Neues vom Tage.
WDV. Berlin, 19. Febr. Wie ivir hören, ist au Stalle des Kapitäns V a ii selo der Korvettenkapitän H intz in a n n vom Reichsmarinenmt zur Wafsenstill- standslommZ iou Erzb.rgers kommandiert worden. (Gestern war die Nachricht als unrichtig bezeichnet worden.)
Berlin, 19. Febr. Auf den Widerspruch des schles- wig-bolsteiuischen StüdtetagS gegen die Abtrennung von Nvrd-Sä t swig antwortete Gras Brockdorff, es sei Sache der Nordschlrsa. iger, bei der kommenden Volksabstimmung ihre Gesinnung durch den Stimmzettel zum Ausdruck zu bringen.
Berlin, 19. Febr. Im preußischen Ministerium wurde die Einsetzung von Beamtetträten zur Vertretung der Jiiteres'eu der Beamtenschaft beschlossen.
Aufhebung der Arbeiterräte.
Berlin, 19. Febr. Die „Tägl. Rundschau" mcO- det, dze Arbeiterrät.' sollen in ganz Deutschland nach Mid ! nach aufg.heben werden.
General Winterfel-t über die erste Waffenstitt- standsverhandlnng.
i Berlin, 19. Febr. Auf die Mitteilung der „Schlesischen Ztg.", daß Marschall Foch bei der ersten Verhandlung im Wald von Eomchegne zu einem Waffenstillstand ohne Entschädigung bereit gewesen sei und erst ms die Nachricht vom Ansbruch der Revolution m Deutschland die harten Bedingungen gestellt habe l,die Zeitung-:Meldung hat den Abg- Gräfe zu einer An- -srage in der Nauoualversainmluug veranlaßt), hat der frühere Vorsitzende der deutschen Waffeustillstandskom- niissw!! in Svna, Generalmajor von Wintcrfeldt, aer im Auftrag der Obersten Heeresleitung im Wald von Eoilipiegue war, an Minister Erzbergcr telegraphiert Mars l all Fech habe von Anfang an die harten Be- Aagüiig i! achtel t: von einem rnischädiguiigslosen Friesen sei nie die Rede gewesen.
An-: der Waffenstillstmldskümmiffion.
Paris, 18- Febr. Reuter meldet: Es ist so gut wie sicher, daß die endgültigen Friedensbedingnngen betreffs der deutschen Flotte folgende Punkte umfassen werden. Zerstörung aller Forts ans Helgoland und Ser Befestigungsanlage» ain Kieler Kanal, sowie Oeff- aung des Kanals für den gewöhnlichen Verkehr. Man wird Drutschland nur eine Flotte belassen, die für Ver- teidlguugszwecke genügt. I ^
Ablieferung von Obstbäume,r. "
Dresden, 19. Febr. Nach dem „Berl. Lokalanz/ bestellte!! französische und englische Offiziere bei sächsischen Launisch ulbesitzeru Obstbäume für das Sommegebiet aus deutsch Kosten, um die zerstörten Obstanlagen wieder zu ersetzen Ein Baumschulbesitzer mußte 1500 Obstbäume liefern. Sachsen und Thüringen sollen zusammen 35 000 Bäume abgeben. Li-,- ,^,.s>
Das „badische Elsaß". ^
Freiburg, 19. Febr. Beim Einzug der Franzosen in Kehl ivar das Gebäude des Gaswerksdirektors, eines Elmssers, mit der französischen Trikolore geschmückt worden, was unter der ganzen Bürgerschaft großes Aerger- vF erregt hatte. Vor einigen Tagen wurden nun zu nach iticher Stunde einige Fenster des Gebäudes einge- worwu. Zur Strafe für dieses „Verbrechen" ist de.
! Stadt Kehl die Zahlung einer Geldbuße von 5000 Mark innerhalb 24 Stunden* auferlegt worden. — Die Franzosen, so wird berichtet, fühlen sich schon ganz als Herren im Lande. Die Soldaten sprechen ganz offen davon, daß das ganze Kehler Gebiet nicht mehr an DMschlaM M-
rü-ckgegeben werde, und die Straßburger Blätter habest bereits die Kühnheit, Nachrichten aus dem Gebiet des Kehle'- Brückenkopfes mit „Nachrichten aus dem badischen Elsaß" zu überschreiben. z
Kundgebung gegen das Waffenstillstands« j abkommen.
Berlin, 19. Febr. Anläßlich der verschärften Forderungen unserer Feinde bei der Erneuerung des Waffenstillstandes sind bei der Reichsregierung in Berlin und Weimar zahlreiche telegraphische Kundgebungen aus allen Teilen des Reichs zugegangen, die gegen die neuerliche Vergewaltigung Einspruch erheben und die Regierung ausfordern, die demütigenden Zumutungen des Marschnlls Foch abzulehnen.
München, 19. Febr. Tie bayerische Entmobilma- chungskominission hat nach einer Besprechung mit den Vertretern der Industriearbeiter, der Landwirtschaft, des Handels und Gewerbes an die Wasfenstillstandskommis- sion und an die Neichsregierung folgende Erklärung gesandt: Bayern ist durch Waffenstillstandsbedingungen an den Rand des Abgrunds gebracht und steht vor dem Zusammenbruch. Die Nahrungsmittelbetriebe können nur noch notdürftig aufrecht erhalten werden. Tic bayerische Industrie steht fast vollständig still, und die Gaswerke sind ohne Kelsten. Angesichts dieser Tatsachen wird gebeten, ob Bayern die noch abznliefernden Lokomotiven und Wagen zur Heranführung von Kohlen verwenden dürfe und ob die übrigen wirtschaftlichen Wasfenstill- stanoSbedingmigen nicht irgendwie gemildert werden können.
Für Aufhebung der Hungerblockade.
Bern, 19. Febr. Der internationale Frauenkou- greß iji Bern sandte an die Pariser Konferenz die telegraphische Bitte, die Blockade sofort aufheben zu lassen, weil die Fortdauer des gegenwärtigen Zustands Anarchie erzeuge und den Grundsätzen von Freiheit und Frieden widerspreche, für die der Krieg, wie überall erklärt worden sei, geführt wurde. . ,
Die Spartakisten. ^
Gotha, 19. Febr. Dem „Berl. Lokalanz." wird von hier mitgereilt: Gestern früh besetzte eine Abteilung des Weimarer Landjäger korps die Post, den Bahnhof nud das Residenzschloß, den Sitz der aus Unabhängigen bestehenden Regierung. In der Gothaer Waggonfabrik wurde ein Arbeiter erschossen und einer verwundet. Der Grund der Maßnahme ist anscheionend die Weigerung des hiesigen Regiments, in seine Versetzung nach Ko- burg zu willigen. In den Fabriken und in den Elektrizitätswerken wird gestreikt. Der Straßenbahnverkehr ruht,
Duisburg, 19. Febr. Ter allgemeine Ausstand hat sich rach ausgebreitet; im Ruhrgebiet liegen 63 Gruben still. Angebü'ch ist beabsichtigt, dei? Generalstreik vom Rheinland bis ins .Herz Deutschlands zu erzwingen zur Herbeiführung des Endknmpfes gegen das Kapital. Die Meheheitssozialisten und die Gewerkschaften wenden sich gegen die Arbeitsniederlegung, die von den Kommunisten inst Waffengewalt erzwungen wird.
Grlsenkirchen, 18. Febr. Durch die städtische Si- cherheitöwehr und die Polizei sind die Spartakisten aus den öffentlichen Gebäuden vertrieben worden. Die Spartakisten wurden größtenteils entwaffnet und aus dem A.- nud S.-Rat entfernt-
Elberfeld, 19. Febr. Die Unruhen haben auch auf Elberfeld übergegrifsen. Die Arbeiter des Wuppertals werden zum Streik aufgefordert. Die Radikalen verlangen die Enteignung der Betriebe und die Auflösung der Nationalversammlung. Vor dem Gebäude der Eisen- bahndircktion kam es zu einem Zusammenstoß, wobei 3 Pnsonen getötet, 20 verwundet wurden. - i
München, 19. Febr. Die „Münchner Post" (Mehr- heitssvz.) schreibt in einem scharfen Artikel, das Verhallt» Eisners stehe im Widerspruch zu den Wünschen des bayerischen Volks. Seine aus das Rätesystenr gegründete Politik müsse zu schweren Konflikten führen.
Nürnberg, 19. Febr. Im Generalkommando sind nach der Besetzung durch die Spartakisten alle Schränke und Pulte erbrochen und zertrümmert worden. Die Akten wurden vernichtet. Aus der, Kasse wurden 63000 Mark l'uterstützuugsgelder gestohlen.
Bayreuth, 19. Febr. Soldaten der Roten Garde haben die Druckecei des „Bayreuther TagblaLts" be- i.n-c und den verantwortlichen Redakteur gezwungen, c-iue gegen Eisner gerichtete Aeußerung zurückzunehmen. Den 'Oberbürgermeister Dr. v. Casselmann suchten die Spartakisten vergebens zum Rücktritt zu zwingen.
Angriff Arbeitsloser gegen die Landesver- sammlung.
Braunschweig, 19. Febr. Während der heutigen Beratungen der Landesversammlnng über die Arbeus- lrieufrage versammelte sich vor dem Landtagsgebäudc eine nach Tausenden zahlende Menschenmenge von Arbeitslosen. Ein Teil von ihnen stürmte das Haus und erbrach die Türe zum Sitzungssaal. Die Abgeordneten wurden umringt. Die Eindringlinge mißhandelten den Abg. Müller-Schöll. Schließlich wurden die Tische und Stühle im Saale zusammengeschlagen und die Türfüllungen - eingestoßcn.
Die Bezahlung -er Lebensmittellieferung.
Berlin, 19. Febr. Nach einer Meldung der „B Z a M." erklärten in den letzten Verhandlungen in Spaa und Trier über die Versorgung Deutschlands mit Lebensmitteln die Vertreter Amerikas und der Entente, daß eine Kreditgewährung an Deutschland ausgeschlossen sei, denn Deutschland sei in der Lage, zu zahlen? Unterstaatssekretär Bauer gab daraus eine Aufs-eünn.i über Deutschlands finanzielle Lage. Käme die Lebensmitteleinfuhr wegen Kreditverweigerung nicht zustande, so müßten wir »nsere Schiffe behalten, dainü wir uns aus andere'- rändern versorgen könnten. Es wurden neue Abnm> ckmngci über weitere Leben niftselliefeningen von 235 000 Tonnen zum Preis von ungefähr 11 1/2 Millionen Pfund Sterlin (nach dem heutigen Kurs fast 400 Milt- Mk.)