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Montag» Len 13. Kan«a<1919
36 Iakry,^-»q.
Die Gegenrevolution.
Berlin, 11. Jan. Tie Reichsregierung erläßt ei^ nm Ausruf, der besagt, daß die Blutherrschast der Ausrührer niedergeschlagen sei, nicht durch die Unterstützung der „Offiziere, stellenlosen Brgersöhnchen und der Kriegshetzer der bürgerlichen Presse", sondern durch die klassenbewußten Arbeiter und Parteigenossen. Spartakur habe,bereits nach Moskau telegraphiert, der Kamps müsse abgebrochen werden, da die Berliner Arbeiterschaft für die 'Diktatur de» Proletariats noch nicht reis sei. Jetzt bemühen sich die Unterlegenen um eine Einigung, nachdem sie die Regierung in unerhörter Weise beschimpft und bedroht haben. Bei allen Festgenommenen sei die Zugehörigkeit zur Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei (ll.S.P.) und der Kommunistischen Partei Spartakusbund (K.P.) nachgewiesen. Tie Arbeiter sollen entscheiden, ob man nach alledem auf die Einigung eiugehen könne. -Man müsse auf der Hut sein vor diesen Leuten.
In eurem Ausruf des Volksbeauftragten Noske heißt es: Im Osten der Stadt Berlin plündern spar- laiisttsche Banden in Autos mit vorgehalteueu Revolvern in den Straßen ein Haus um das andere, während Eichhorns „Sicherheitsmanmchasten" Wache stehen, Tie letzte Maskerade, als han d le es üch um estre, polttsick c' -Bewegung, in gefallen. 'Rauben und Pliindern ist das letzte uck einzige Ziel der Aufrührer,
Berlin, 11. Jan. Tie Arbeiter fast aller großen Berliner Betriebe, die allen drei sozialistischen Parteien augehören, veranstalteten gestern im Humbolbhain eine große Kundgebung für die Beendigung des Kampfes über die Köpfe der Führer weg. Eine Folge davon war ein Waffenstillstand im Zeitungsviertel nach vier- lägigen Kämpfen. Ter Führer der Spartaknsleute, Trnch, verhandelte, nachdem ihm freies Geleit zugesichert war, mit dem zweiten Stadtkommandanten, Kuhnt, wobei vereinbart wurde, daß die Feindseligkeiten vor den. besetzten Häusern des WTB., Scherl, Mosse und Ullstein einzustellen seien. Tie örtliche Lage bleibt beiderseits unverändert. Jede Verstärkung hat zu uitterbleiben, die betreffenden Straßen werden von 8 Uhr abends an dem Verkehr freigegebeu. Ter Waffenstillstand muß 12 Einndeu vor Wiedereröffnung des Kampfes gekündigt werden. Track kann mit den Verleae'n Nr sich Abma-
^ ctiungen treffen, ohne daß der WäfsrnstUlstandsverträg dadurch berührt wird.
In der ersten Nachmittagsstuude zog eine Division in Berlin ein und nahm vor dem Reichskanzlerhaus Ansstellung. Ebert begrüßte die Truppen, ihre Aufgabe werde die Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Freil eit, die Sicherstellung, der Wahlen zur Nationalversammlung gegen eine lleiue Minderheit sein, die wahnwitzig handle nach dein Grundsatz: Gewalt geht vor Recht! Tie Mahnung zur Zurückahltung uud Besonnenheit sei fruchtlos geblieben. 'Wenn die Minderheit ihr Treiben nicht einstelle, müsse man ihr mit Entschlossenheit entgegentreten.
In der Frühe deS 1l. Januar griffen die regierungstreuen Truppen das von den Aufrührern besetzte Bcrlagshaus B x e n st ein an, das durch Papierrollen stark verschanzt und mit Maschinengewehren dicht gespickt war. Nach Istündigem Maschiuengewehrfeuer wurde die Papierbarriläde von den Potsdamer Jägern gestürmt , wobei aus verschiedenen Häusern der Nachbarschaft aus sie geschossen wurde. Tie Häuser- wurden einzeln abgesucht und 145 Spartakisten verhaftet, die sofort abtrausporliert wurden. Sie hatten in den Privathäusern entsetzlich gehaust und wüste Gelage gehalten. Eine Anzahl von ihnen, die sofort der Plünderung und Räuberei überführt werden konnte, wurde aus der Straße stand.rech flick erschossen, der Rest wurde in "Tewühlsain gebracht.' Ais die Truppen in'das Büxen- sieinsche Haus eindraugen, warfen sich die Spartakisten aus die Knie uud flehceu um Gnade. Um 11 Uhr war das Verlagshaus gesäubert.
Um halb 8 Uhr wurde die Rückeroberung des „Vor- wärts"--Gebäudes begonnen. Zwei Geschütze waren ausgestellt, die in das Gebäude feuerten, Tie ersten Granaten brachten die mittlere Vordermauer zum Einsturz. Um halb 10 Uhr zeigten die Spartakisten mit-weißen Tüchern ihre Unterwerfung an. Gegen, abend wurde der Kampf vor Mosse, Ullstein und Wolfsbureau wieder ausgenommen. Tie Regierung hatte von dem Wa senstillstand nichts gewußt und ihn nicht gebilligt.
Wie die „Deutsche Tageszeitung" erfährt, betrug die Starke der spartakistischeu Besatzung im „Vorwürts"- Gebäude drei Kompagnien zu je 80 Mann.
In Spandau haben die Regierungstruppeu das Rathaus, die Artilleriewerkstätteu und die Gewehrfabrik genommen. . .... —
Nach hartnäckigem Kampf wurde in Spandau der Rathaus und das Polizeigebäude von den RegieruugS- lruppen wieder erobert. Der gefangene Führer dep Spartakisten, Pieser, wurde im P.sthos an die Wand gestellt und erschossen. Der Führer des Soldatenrat? Lozewskr, wurde mit anderen gefangenen Spartakiste in Kellern eingesperrt, bis das Standrecht über sie - entscheidet.
Keine Verhandlungen.
Tie Führer der Spartakisten haben bis jetzt alle Verhandlungen über eine Einigung abgelehnt, obgleich vir Regierung hiezu bereit wäre.
Das Zeitungsviertel geräumt.
Berlin, 12. Jan. In der vergangenen Nacht sind die besetzten Gebäude geräumt worden. Die Spartakisten sind ohne Kamps nach Mederlegung von Waffen und Munition sreigelassen worden. Auch das Polizeipräsidium wurde genommen und von Regierungstruppeu besetzr. Die Spartakisten im Ullsteinhaus flüchteten bei Einbruch der Dunkelheit in unauffälligerweise über die
-Zacher der Markgrafen- und Charlottenstraße. Ein Trusts on ihnen wurde durch Regierungstruppen noch gefaßt Als die Regierungstrnppen von allen Seiten in da» Gebäude eindrangen, fanden sie keinen Spartakisten mehl .vor. Im Osten der Stadt sind viele Plünderungen nutz Diebstähle vorgekommen.
" Tie /-Liberale Äorresporwenz" wurde von den Spartakisten besetzt und die Bureaus der Demokratischen Partei in der Zimmer- und in der Kötehnerstraßc aufgehoben.
^ -V., >-.«?17 t-lS 7".«
Kabotage.
Seit einigen Tagen haben die Spartakisten begonnen, die Telegraphen- und Fernsprechleitungen nach auswärts zu zerstören. In Flugblättern werden die Streikenden cmsgesordert, alle öffentlichen Verkehrseim ich- tungen zu vernichten, das sei das weitere Kampfmittel, die Regierung zu stürzen und die Nationalversammlung zu verhindern.
Tie Spartakisten üben, wo sie die Herrschaft heben, ein «chreckcnsregiment aus. Personen werden auf der ckraße ihres Geldes, Schmucks usw. beraubt, die Läden >md Wohnungen werden geplündert und verwüstet, namentlich haben sie es aus Lebensmittel abgesehen, daher sie auch der Markthallen und des Viehhoss sich zu be- mächtigen suchten. Sie sind aber mit schweren Verlusten
Lin Deutschen
B«u Ott» MtppiuS.
k ,M hat dies bei einem Künstler manches für sich!" erwiderte Reichardt mit höflichem Lächeln und wandte sich nach den nächsten Personen, die ihm Mathilde der Reihe nach vorstellte. Dann aber frei sein Blick wieder auf den Agenten, den Mathilde in eigentümlich kurzen- Tone als „Mr. Stevens, unser Agent"," vorsteMe. „Wir kennen uns bereits," sagte Reichardt englisch, den Blick fest uns das noch immer höhnisch verzogene Gesicht des Letztgenannten richtend, , „und Mr. Stevens wird mir »uelleicht erlauben, ihn einiges zu fragen."
„Jeder Zeit, Sir!" war die Antwort, mit derber Redende sich wie im halb verdeckten Spott verbeugte Reichardt wandte sich, um Mathilden den Arm zu bieten. ' !
„Wir sehen Sie doch heute bei der Vorstellung'?" nahm der. Direktor das Wort, „Mademoiselle Heye? hat -mir so viel von Ihrer Kunst auf der Violine gesagt, daß Sie uns jedenfalls einige Mal unterstützen könnte!,." Reichardt konnte nur lebhaft seine Bereitwilligkeit erklären und nach einer leichten Verbeugung gegen Oie Uebrigeu geleitete er die Schwester aus dem Zciale, „Liegt etwas zwischen Dir und dem Agenten?" fragte Mathilde, glS beide zusammen die Treppe hingiif- , -egen. ^ '
„Etwas jedenfalls, denn er scheint es auf eine Beleidigung gegen mich abgesehen zu haben, ^ erwiderte Reichardt.
Mathilde blieb an der Tür ihres Zimmers stehe». „Laß ihn, Max," sagte sie, „ich habe Gründe, es zu wünschen, die Tu ehestens erfahren sollst. Er tritt übrigens schon morgen seine Weiterreise an, nnv so laß rhu, mir zu liebe!"
„Ich will ihn meiden, wenn Dü es verlangst," erwiderte er, ohne da» Gefühl von Befremd»ng, das ihn
überkommen, ganz vorbmmm m sonne.,.
„Tu es, Max," unterbrach sie ihn, ihre Hand an fernen Arm legend, „wir werden nicht von einander gehen, ohne daß Tu klar in meine Verhältnisse geblickt hast — und- nun," fuhr sie fort, als wolle sie damit den Gegenstand beseitigen, „laß Dein Gepäck hierher schaffen, damit- ich Dich in meiner Nähe weiß."
Es waren mancherlei Betrachtungen, die sich Rei- chardt beim Verlassen des Hotels über die Unklarheiten in Mathildens Lage aufdrängten, aber er hoffte, sie bald' ergründen zu können, und als er den Agenten, eine Zigarre rauchend, in der Ausgangstür stehen sah, ging er an ihm vorüber, als bemerke er ihn nicht. .
Der AMnd war gekommen. Reichardt hatte am Nachmittag jm'ne Uebersiedelung bewerkstelligt und dann einen Gang in die Stadt hinein gemacht. Erst beim Abendessen war er mit Mathilde wieder zusammengetrof- fen und hatte sie nach dem Theater begleitet. Mathilde hatte ihm, che sie in ihr.".' Garderobe verschwand, ange- deulct, sich einen Platz zwischen den Kulissen zu suchen, und er gewahrte bald ein Eckchen, aus dem er alles überscheu konnte, ohne bemerkt zu werden, und so trug er sich dorthin einen-Stuhl. Nach kurzer Zeit schon erschien der Direktor, warf durch das kleine Loch im Vorhang einen Blick auf die sich versammelnde Menge, rieb sich die Hände und verschwand wieder in den Seiten-Kulissen.
Nach einer Viertelstunde erschienen zwei der Damen, und während einzelne der Sänger in gravitätische Schritte die Bühne maßen, an ihrem Kostüm zupften oder summend eine Glanzstellung versuchten, entspann sich' unter den Uebrigeu ein halblautes Zwiegespräch. Aue deni Zuschauer-Raume klangen einzelne Piano-Akkorde, und der Direktor überflog seine Streiikräste. „Mademoiselle Hetzer noch nicht hier?" fragte er, nach der Uhr blickend. Unruhig begab er sich wieder f-."- Loch: im Vorhänge. Das PgvUIum beggn» inu unruhig be
merkbar zu machen. „Madame Meier, würden Sie nicht einmal nach der Garderobe sehen — ?" wandte sich der Direktor zurück; Mathildens Erscheinen in der Kulisse aber schnitt seine ferneren Worte ab, und Reichardt meinte sein Herz vor der wunderbaren Hoheit der Gestalt, die sich ihm zeigte, erbeben zu fühlen. Reiche antike Gewänder fielen von der Schulter, den Arm völlig frei lassend, Hern'" - cd nur der Gürtel deutete, dir Feinheit der Forme-,» -..II: ein blitzender Reif hielt den lose aufgebundenen, ticsschwarzen Haarreichtum. So ernst, als lebe sie bereits in dem Geiste ihrer Rolle, trat sie in die Mitte der Bühne und sagte einfach: „Wir können beginnen!"
Des Direktors Blick hatte ihre Bewegung verfolgt, und eine Art Verzückung schien in seinem Gesichte aufzusteigen, ihn für einige Sekunden alles übrige um sich her vergessen machend. „Osagte er endlich mit einem tiefen Atemzuge, „der Geschmack, ja der Geschmack muß da sein!" und damit gab er durch leises Klatschen das Zeichen zur Gruppierung. Das.erste Klingelzeichen erfolgte, und vom Piano erklang eine rauschende Einleitung, mit dem zweiten Zeichen flog der Vorhang ans.
Reichardts Auge ruhte bewundernd auf dem Bilde, das die Gruppe vor seinen Augen bot. Mathilde, hoch aufgerichtet, schien die Erfüllung eines ihrer Befehle zu erwarten; vor ihr, demütig gebeugt, stand einer der Künstler, sein Gesang schien die Klage einer zurückge- stoßenen Liebe zu sein; in Mathildens GesichtSaiisdrn' aber schien nur ein größerer Widerwille hervorzutreten, und jetzt, mit einer majestätischen Handbeweguug alles um sich her zurückweisend, begann sie eine jener italienischen Eavatinen, deren Töne bald in ihren weiten Intervallen wie Blitze cinschlagen, bald in ihren weichen Melodien nas ganze Leid einer Seele nuszustrümeu scheinen.. -
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