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Amtsbls» für VilSdad

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Sonntag» irr« IkZ. Ionnav 1919

36 Fahrgsng.

Abgeändcrts Stimmzettel sind ungültig. Wer migMeü abgkbkl!

Ein Spaziergang am Weihnachtsabend.

Von Justizsekretär Hermann Streik.

Daß es Weihnachten wird, daß der große Dag nicht mehr fern ist, in der Kleinstadt, in der Heimat wird man am Vortag durch die ihre feierliche Stimme erhebenden Kirchenglocken darauf hingewiesen, und sind es nicht die Glocken, so sind es kleine Vorbereitnngsarbeiten der Stadt­bewohner, die einen darauf aufmerksam machen: die Ar­beiten, die die Reinigung von Hausfassade, Treppe und Vorplatz zum Gegenstand haben. Auch die Großstadt bekommt auf solchen Tagen ein bestimmtes Gepräge. Ich denke dabei in analoger Anwendung der Kleinstadt-Er­scheinungen nicht etwa an den Straßenreiniger und den Müllfuhrmann, denn diese beiden haben im Laufe der Kriegsjahre in ihrer Bedeutung als regelmäßige Straßen- erscheiniuigcn mehr oder weniger eingebüßt. Daß etwas Besonderes vorgeht, merkt man an dem Hasten und Durcheinanderwögen der Menschenmengen, die die Straßen und Plätze Men. Tausende, die erst in den Nachmittags- stunden ihre Tagesarbeit beendet haben, die eben erst ihre Amtsstube, ihr Bureau verlassen hüben, müssen die letzten. Stunden noch dazu benützen, um die mancherlei kleinen Einkäufe zu machen für den Abend, wenn der Christbanm ini Zimmer stehen soll und wenn die Bescheerung abgehal­ten werden soll im Kreise der Familie, wo sie viermal schon nur halb stattfinden konnte oder ganz hatte ans­fallen müssen. Zehntausende sind so in der Millionen­stadt noch auf den Straßen und Plätzen, die elektrischen Straßenbahnen sind überfüllt, auf der Untergrundbahn spielen sich infolge des Platzmangels schon lebensgefährliche Szenen ab. Berlin wird zu klein! Und täglich kommen immer noch Tausende von Feldgrauen dazu, die zunächst die Bahnhöfe belagern, um dann aus Fahrzeugen aller Art nach dem Stadtinnern abtransportiert zu werde'' Anhalter Bahnhof stehen neben Pferdeomnibusse,- ...ld Autodroschken usw. zu diesem Zweck große, meist von Frauen gelenkte Wagen, auf der Pritsche mit 2 Bänken versehen, die Führerinnen, die in eifriger, beinahe markt­schreierischer Weise ihre Fahrgelegenheit unter Bezeich­nung der Richtung anvreisend den in der Bahnhofshalle

ankommenden Soldaten entgegenlaufen, ist es bald'ge­lungen, eine genügende Zahl von Fahrgästen von der Zweckmäßigkeit der Benützung ihres Fortbewegungsmit­tels zu überzeugen, und in wenigen Minuten schon rollt der Wagen mit Feldgrauen dicht besetzt, das ausgesta­pelte Gepäck, die Kisten, Säcke und Tournistcr in der Mitte, unter der kundigen Führung der geschickten Rosse-« lenkerin davon. Am Potsdamer Platz, wo in Friedens-» zeiten täglich 20000 Fahrzeuge die Straßen kreuzen, und Hunderttausende von Menschen kommen und gehen, sieht es heute nicht weniger bunt aus. Der Handel mit Christbäumen, mit Tannenreis und gefärbtem Heidekraut steht in voller Blüte; dein Leipziger Platz zu, vor dem Potsdamer Bahnhof, hat sich ein Jahrmarktszcmber aus­getan, eine Fülle von Verkaufsbuden stehen da, deren Inhaber meist Feldgraue nebenächt bayer. Malz- bonbons" u. -a. auch diegeruchlose Wunderkerze des 20. Jahrhunderts", Puppen und Hampelmänner und kleinen Christbaumschmuck zum Kauf anbieten. Mit der Energie, die sie draußen vor dem Feind bewiesen haben, suchen sie mit einem Stimnzanfwand, der bei manchem - tp ü tz .der. ,seilgcharteren WslzbsnLonS zu fast völliger Heiserkeit geführt hat, die Stimmen der ausrufenden Zei- wngsvcrkäiifer zu überbieten. Und auch diese letzteren finden reißenden Absatz; sie machen ein glänzendes Ge- chnft und das ist verständlich. Wer wollte nicht genau erfahren, wie die Straßenschlacht ausgegangen ist, die sich' heute Vormittag die 2000 Matrosen im Schloß und Marstall und die gegen sie anfgebotenen Regierungs- nilppeir lieferten! Hatte man doch in ganz Berlin den ikaiionendouner der 10,5 Zentimetergeschütze gehört, von lein unheimlichen Geknatter der Maschinengewehre gar licht zu reden! Und jeder Berliner, auch die aus ent- ernteren Stadtteilen, hatten gerüchtweise unznsammen- stingende Mitteilungen von den Vorgängen auf dem ^ ^oßplatz erhalten. Diejenigen, die um die neunte Mo>' ze.»stunde auf der Potsdamerstraße auf der Elektrischen msuhren und dann den Rest ihres Weges per pedes ipostolorum fortsetzen mußten, weil 7080 Straßen- nckmwaaen in der LeivUaer Straße sich stauten, sie alle

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Vielleicht erscheine äch Dir dann fremder," fuhr Mathilde dann weiter fort,als ich es Dir jemals ge­wesen dann aber Nnrd es Zeit sein, mehr zu sprechen.

eben nicht erklären läßt! nicht der Erklär,!:.g. Für. Esi N Mit mir ein, wir w,_. . arans v! warten haben, und n^.-

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aus ihrem Gesichte gewichen, und ihr Btick ruhte wie in plötzlich erwachter Besorgnis auf ihm. Ebenso schnell aber ward der eigentümliche Ausdruck durch ein weiches Lächeln verwischt.

.Ich glaube, Max," sagte sie, seine Hand drückend, daß Dir Tein Auftreten bei uns Gelegenheit geben wird, Dich in der hiesigen guten Gesellschaft einzuführen und einen Grilnd für eine gute Existenz für Dich, sei es apch u m erst als Mnsiklchrer, zu legen. St. Louis ist chork, es fehlt hier an Leuten, wie Tu es bist, -oder unser Direktor, noch das herumziehende beben l Dir jemals einen Halt für Deine Zukunft geben."

Und welchen Halt bieten sie Dir, Mathilde?"

O, bei nur ist es etwas anderes aber laß ms jetzt!" rief sie, sich rasch erhebend, als die Mittag Z- glocke erwnte, und fast schien es, als sei ihr die Unte- brechnng si'w erwünschte. Sie wandte sich nach den: '-pEgel, Ost) mnt wenigen Strichen ihr Haar ordnend. ./.:d !, t dann ras den jungen Mann zu, ihre Hand mit em'Ich ä'prde Dich führen!" leicht unter seine» m schiebend. '

ng für Reichardt etwas wunderbar wohltuendes rnglosen Weise, mit der das Mädchen ihn be­ll dieser Mischung von zutraulicher Wärme ' Zurückhaltung, er fühlte sich neben ihr d wenn er auch wußte, daß keine Empsin- ewegte, die der Liebe, wie er sie sich dachte, so fühlte er doch auch, daß er gern mit ihr gnze Leben gegangen wäre. Als sie an Trevve hinab nach dem Speiscsaal schritt, rer leichten, graziösen Bewegung, in dem zu ihm hob, nur die Verkörpe- nercn Wesens zu sehen.

Platz für den neuen Gast ein verlassen und sich s Tisches begnügen, "genten, dessen gelassen, n>'d

begriffen, daß etwas Besonderes vorgehe. Deshalb haben es die Zeitungsverkäufer nicht schwer, ihre Bündel los zu werden, dies umsoweniger, als die Blätter zugkräftige Ueberschriften wieBlutige Weihnachten",Straßen­schlacht in Berlin" in großen dicken Lettern an den Kops geseüt hatten. Rechts an der Straße auf dem Bürgersteig sitzt ein Feldgrauer, der draußen seine 2 Füß-"- verloren hat, er sitzt trotz des kalten, windigen Wetters auf dem bloßen Asphaltboden und singt mit wehmütiger Stimme in dir vorbeiwogende -Menge das alte, schöne Sülle Nacht". Ein ergreifendes Bild! Er sowohl, wie der Matrose, der auf der andern Seite der Straße die Drehorgel spielt, er hat, wie ein Plakat an seinem Musikinstrument angibt, in der Seeschlacht am Skagerrak das Augenlicht verloren sie beide vermögen wohl bei' manchem Passanten, wenn längst der Klang der Stimme und die Melodie der Orgel im Rattern der Straßenbahn und im allgemeinen Trubel untergcgangen, einen nachhaltigeren Eindruck zu hinterlassen. Ich bleibe eine Weile hier stehen und sehe, wie da und dort die Vorübergehenden, nachdem sie schon 810 Schritte vor- - bei waren, zu den Feldgrauen zurückkehren und ihren Winkel in die Soldatenmütze werfen. Das Bild des Almosen erbittenden Kriegsinvaliden ist in den Straßen der Hauptstadt nichts seltenes mehr. Und dies, trotz der Bis in die letzten Monate des Krieges in den Zeitungen aller Richtungen abgegebenen Versicherung, daß der kriegs- beschädigte Leierkastenmann aus der Zeit vor dem Kriege nicht wiederkehren dürfe! Die Menge wogt aufgeregt nach der anderen Seite des Platzes. Etwa 70 bewaffnete Matrosen sind eben von der Königgrätzerstraße her aus den Leipziger Platz heranmarschiert und haben nach kurzem Wortwechsel eine dort ausgestellte Wache mit dem wach- babenden Offizier gefangen genommen und führen nun unter den Pfuirufen der Menge die der Wache zugeteilte'N 2 Feldgeschütze weg. Ob die Szenen von heute Morgen» sich wiederholen wollen?! In der nicht weniger belebten Friedrichstraße zieht eine Gruppe junger Mädchen, die. vor einem Schuhwarenhaus stehen, die allgemeine Auf­merksamkeit auf sich. Verkäuferinnen dieses Geschäfts sind

auch dann noch den aus der Entfernung'gewechselten Blick derGeschwister" aufzufangen schien. Reichardt wandte, etwas verwundert, den Kops nach ihm und traf auf einen stechenden Blick unter zwei buschigen Brauen, der sich indessen vor seinem Auge langsam senkte. Rei­chardt suchte, während er, umsonst nach einem Grunde dieses sonderbaren Betragens, kam aber noch zu keinem befriedigenden Ergebnis, als er sah, daß Mathilde be­reits mit ihrem Mahle zu Ende zu sein schien. Er erhob sich und wandte sich nach den obern Plätzen der Tafel, wo sich bei seinem Herankommen ein halbes Dutzend Köpfe nach ihm dr >te.

Ich kann Dir hier gleich unser ganzes Künstler- Korps vorstellen," empfing m Mathilde, während sich die nächsten Personen von ihren Sitzen erhoben und der Ankömmling sich zwischen einem Kreuzfeuer musternder Blicke sah.Mein Bruder, Max Reichardt, Violinist und Pianist!" Der Vorgestellte blickte mit einer leich­ten Verbeugung um sich und begegnete wieder dein unan­genehmen Blicke des Agenten, um dessen Mund sich bei der Nennung von Reichardts Namen ein Zug scharfer Ironie legte. Es zuckte in Reichardt, eine Erklärung von dem Manne zu fordern. Ein Blick auf die Gäste ließ ihn indessen die Ausführung seiner Absicht aufschiebcn.

'Mr. Fonfride, unser Direktor", fuhr Mathilde fort, und Reichardt sah ein echt französisches Gesicht, von grau gemischtem Haare beschattet, vor sich. Trotz die­ses Zeichens beginnenden Alters aber schienen doch die lebendigen Züge und das feurige Auge kaum aus mehr als vierzig Jahre zu deuten.Freue mich, Herr," sagte :r in dem gebrochenen Deutsch, das Reichardt bereits "n Morgen vernommen,ein Bruder, ganz einer so' en Schwester würdig. Ich beurteile die Leute nach ihrem Jeschmack, Herr," setzte er, Reichardts Aeußeres über- - -aufend, hinzu,und ich bin noch selten fehlgegangen;

>er Geschmack, muß da sein, sonst ist für mich der ganze viel'" ' "