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Mittwoch, Le« 8. Aa««ar ISIS
36 Iahxga«g.
Revolution u. Gegenrevolution^
Die Zustände in Berlin spotten jeder Beschreibung. Alle Bande der Ordnung sind gelöst und wer will sie wieder knüpfen? Unter den Augen der Regierung rüsten die Spartakusleute eine Woche lang zu einer blusigen Revolte; trotz des immer wiederholten öffentlichen Gebots, daß alle Waffen abzuliefern seien, verteilen die Allsschüsse der Radikalrevolutionäre in den Fabriken ganz offen Waffen aller Art, vom kleinen Browning bis zur Handgranate und zum Maschinengewehr. Pnnzerautos stehen in Menge zur Verfügung und niemand nimmt sie den Empörern ab. Diese rühmen sich ihrer zusehends wachsenden Rüstungen, sie verkünden, das; sie damit der Negieruiig ans Leben wollen, und was geschieht dagegen? Es wird dies und das beschlossen, der „Vorwärts" bringt geharnischte Artikel gegen die „Irrsinnigen", — aber es geschieht nichts. Der „Polizeipräsident" von Berlin, Eichhorn, der nach den Beweisen des „Vorwärts" im Solde der bolschewistischen Regierung in Rußland steht, läßt unbekümmert um die Entschlüsse, Beschlüsse und Bekanntmachungen der Regierung Waffen unter das Volk verteilen, Anordnungen der Regierung hebt er als Lokalregent wieder aus oder arbeitet ihnen sonst offen und bewußt entgegen. Eichhorn ist zwar für abgesetzt ' . M.-r
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hier und wir bleiben hier; wir werden die Durchführung der Revolution in bolschewistischem Sinne beaufsichtigen!" Radel ist nicht nach Moskau abgereist, die entsprechende Meldung war nur auf Täuschung berechnet: er sitzt mit Josfe,^ dem ausgewiesenen Gesandten, wahrscheinlich im Schloß von Berlin, in dessen Besitz sich jetzt Liebknecht gesetzt ha^ Zurzeu steht Berlin unter dem Zeichen des des Bürgerkriegs. Von Osten sehen die Schürer des WeltG.ands dem Anfgehen ihrer Saat begierig zu — sie glauben ein Recht zur „Beaufsichtigung der Revolution" zu haben, denn sie haben dazu 20 Millionen Rubel ' '<t> die ersten Waffen beigesteuert —, im Westen atz. Zachen unsere militärischen Feinde ei» finsteres Gesicht. Sie wollen die Lohe von ihren Grenzen ab halten und bei uns ersticken. Auch mit Verlängerung der Hungerkur. Deutschland, das Kraft zu solchen Parteikämpfen hat, ist der fremden Hilfe noch lange nicht bedürftig, meldet ein englischer Offizier nach Hause.
Das Borspiet.
Infolge eines gemeinsamen Aufrufs der Unab- dü ngi gen und der Spart aknsleute, versammelten sich am ö. Jannar in der Siegesallee ihre Anhänger l zu einer Massenkundgebung gegen die Absetzung des Poli / zeiprättdenten Eichhorn. Viele Redner erklärten, daß sie entschlossen seien, die Nationalversammlung zu verhindern. Die Massen sollen sofort zum Reichsnmt stürmen und Ebert und Scheidemann massakrieren. Tann bildete sich der Zug und zog ins Tiadunuerc. Auf dem Balkon des Polizeipräsidiums erschien Eichhorn in Begleitung von Liebknecht und Ledebour und erklärte, er werde solange auf seinein Posten bleiben, wie es das Berliner Proletariat verlange: seine ganze Macht werde er dazu benützen, die Revolution zu sichern. Eilt Teil der Demo» stranten zog gegen ö Uhr vor das Gebäude des „Vorwärts", das erstürmt und besetzt wurde. Auch das gegenüberliegende Gebäude des Großberliner Propaganda- Büros der sozialdemokratischen Partei wurde gestürmt und die ganze Büroeinrichtung ans die Straße geworfen und verbrannt. In später Abendstunde zogen die Demonstranten dann nach der Charlottenstraße und besetzten dort die Zentrale des Wolsstschen Telegraphenbüros.
In der Nacht ging es ans den Straßen Berlins sehr lebhaft zu. Ein auf die Reichskanzlei geplanter Anschlag hourde verhindert. Der Versuch, die Kaserne des 2. Gardedragonerregiments zu besetzen, mißlang eben falls, weil die Soldaten erklärten, sie würden ohne weiteres schießen. Die Franzerkaserrie wurde umstellt. Tie ^ Regierung hat die ganze Nacht hindurch mit dem Zentralrat beraten, aber nicht im Gebäude der Reichskanzlei, sondern an einer andern Stelle. Ans den Straßen fanden die ganze Nacht hindurch Zusammenkünfte statt, bei denen Spartakus das große Wort führte. Unter den Rednern befanden sich auffallend viele Russen, l Der Kampf nm die Macht.
: In der zehnleit Morgenstunde des 6. Jannar bildeten
sich Züge aus verschiedenen Fabriken, die Zum Schutze j oes Reichskanzlerhauses nach der Wilhelmstraße »rar i schierten. Gleichzeitig strömten aber auch die Anhänger ! der Unabhängigen und der Spartakusleute wieder in der l Siegesallee zusammen. Uni 1 Uht hielt Liebknecht eitle j Ansprache, worin er die Regierung der Verbrecher (Ebert,
' Scheidemann usw.) für abgesetzt erklärte. Ein Revolu- ' tionsansschuß habe die Macht in die Hände aenommen,
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H»n Ott« Rup-mS.
^ „Der Geschmack muß da sein, Messieurs," klang eine ärgerliche Stimme in halb gebrochenem Deutsch, „das Singen mag sehr gut sein, aber der Geschmack gibt er-" den Effekt. Nehmen Sie eilt Vorbild an Mademoiser.^ Hetzer und jetzt stellen Sie sich noch einmal auf!" Ein Händeklatschen erfolgte, und mehrere Personen glitten über die Bühne, gerade sich gegenüber aber sah Rei- chardt jetzt eine schlanke, weibliche Gestalt erscheinen; sie hob eilt ° seines, bleiches Gesicht, und kaum, hatte ihr Blick ihn getroffen, als es wie Morgenröte in ihren Wangen ausschoß.. „Max, Bruder Max, ist es denn wirklich so?" rief sie und im nächsten Moment war sie auch schon in der Kulisse; Reichardt hatte unwillkürlich die Arme gehoben — er suhlte sie au seiner Brust, er sichlte ihren Mund so wann und innig auf dem seinen, als. dürfe das gar nicht anders sein, trotz der Menschen um sie her, und'als er die feine Gestalt in seinen Armen hielt, kam es über ihn wie ein stilles, klares Heimatsgeflihl, als sei jetzt alles gut und er habe kaum mehr zu sorgen um das, was künftig werden solle. I» der nächsten Sekunde stand sie vor ihm, Gesicht und Nacken rot übergossen, in halber Verwirrung, aber der ruhige, glückliche Ausdruck seines Gesichts schien ihr schnell ihre volle Sicherheit znruckzn- qeben Welche Schicksale haben Dich denn getroffen, paß sich "unsere Wege hier im fernen Westen kreuze, sing sie, seine beiden Hände fest in die chrrgen uehmem,.
Sie sind sich nur gefolgt, Mathilde," erwiderte Rer- chardt lächelnd, seinen Blick in ihr großes, dunkles Auge senkend, „ich komme voll Nashville, wo ich dre erste Spur »reiner unsichtbar gewordenen Schwester fand und mrch sofort ausmachte, um ihr nachzueilen." Wreder streg >j„ in ihr.- Wau gm. und in ihren, Auge bebt«- es nne üne nieoergehaltene Euipsinüung. -ras aber nutz
manches andere besprechen wir nachher," fuhr er fort: „jetzt darf ich wohl nicht länger stören/'
Sie warf einen fragenden Blick nach der Bühne, aut welchen-dort indessen schon gewartet zu sein schien. „Geher Sie, Mademoiselle," sagte die frühere Stimme, „wir brauchen keine weitere Gesangprobe und ich will Sie nicht aus- halten, es handelt sich nur noch um die .Probe dies'* Messieurs; Sie wissen, der Geschmack muß da sein."
Mathilde hieß, davoneilend, mit einem Händedruck de» jungen Mann warten, und dieser zog sich nach de, Treppe zurück, um nicht lästig zu werden; nach zwei Mi nuten aber schon war das Mädchen mit Hut und Mantille wieder zurück, r»id beide betraten zusammen die Straße.
Sie gingen schweigend neben einander hei, als fühle jedes, daß sie mehr zu sprechen hätte», als sich auf der Straße abmachen ließ; dann und wann nur, wenn Rei chardt den Kops nach ihr wandte, hob sie den Blick, als sei sie glücklich, ihn einmal wieder in seinen Zügen ruhen lassen'zu können.
Sie hatte den Weg nach dem „Enerett.r.wuse" em geschlagen und ging dort ihrem Begleiter rasch nach den Räumen des ober» Stocks voran, wo sich ein kleines elegantes Zimmer vor ihnen ösfnew. „Jetzt denke, Tn bist bei Deiner Schwester, Max, und mache es Dir so bequem als möglich," sagte sie, mit voller Ungezwungenheit sich ihrer Umhüllungen entledigend; dann zog sie Schaukelstuhl zur Seite des Tiwans und ließ sich' leicht oarin nieder. „Und willst Tu nun freundlich sein," suhr sie, nachdem Reichardt sich ihr gegenüber niedergelassen, fort, „so sraye mich nicht, was. mich von Neutzork wc--- ---trieben und mein Schicksal von dem Deinigen trenn. . M ,wß. Tn weißt, ich Hütte mich in dem Wirkungskreise einzeln stehender Frauen, zu dein die Not mich doch zuletzt gedrängt hätte, aufgeneben, und so habe ich emcn Beruf ergriffen, der mir wenigstens nach einer Seite hin volle Befriedigung gibt. Jetzt erzähle mir Deine
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Der russische Bolschewist Radel- Sobelsohn fuhr tn einen. Auto unter den Linden hin und her und wiegelte daS Volk zum Kampf gegen die Regierung auf.
Dem „Fränk. Kurier" wird gemeldet: Der gut« Eindruck, den die Mehrheitssozialisten machten, stach scharf gegen die der Spartakusgruppe Zugehörigen ab. Auffallend war, daß die Spartakusanhänger zumeist Körbe und Pakete mit sich führten, über deren Inhalt man sick wenig im Zweifel zu sein braucht. Schon kurz nach 11 llhr vormittags staute sich in der Wilhelmstraße eine ungeheure Menge. Nicht nur Arbeiter, sondern auch die auf die Straße gerufenen Bürger hatten sich eingcfimden. Von den Linden bis tief in die Wilhelmstraße, den ganzen Wilhelmsplatz anfüllend, stand eine lebendige Menschen- maner. Schilder „Hoch Scheidemann, Gleichheit, Freiheit, Brüderlichkeit! Nieder Svartakns!" wurden hochgehalten. Auch die Beteiligung der Frauen war auße' deutlich groß. Kurz nach Hz 11 Uhr erschien an einem Jenster im Reichskanzlerhaus Scheidemann. Er hielt eine Ansprache, in der er aussührte: Man ist des Treibens der Spartakuslente mtide. Mann kann den TerrSt nicht länger mehr ansehen. Die Regierung ist fest ent- hlossen, nunmehr Ordnung zu schaffen. Ich fordere Soldaten auf, sich bewaffnen zu lassen, um den inner../ und den äußeren Feind zu bekämpfen. Weiterhin mögen sich alle Obleute in die Reichskanzlei begeben, um dort Instruktionen für die weitere Fortentwicklung entgegen- znneumen und sie dann den ihnen angeschlossenen Gruppen ,n übermitteln. Während der Nacht waren alle Kasernen reicht'« h. mit Munition versehen worden. Durch die (Drohungen der Spartakusleute veranlaßt, hat ein großer Teil der Banken die Geschästsgebäude geschlossen. Die Spartakusleute haben nachts dreimal einen Sturm auf das Hauptpostamt in der Königstraße versucht, aber ohne Erfolg.
Kurz vor Vs12 Uhr forderte an der Reichskanzler Kn Mitglied des Zentralrats in Uniform die gedienten Soldat«" au' er der Reichskanzlei in Front Aufstellung zu nehu u. -Daun trat einer der Vorsitzenden des Zentral- rats an das Fenster und hielt eine Ansprache: Wir sind sirsammengekommcn, um gegen den Terror der Spar- akusleute, die mit Maschinengewehren aut den Straßen rusmarschiert sind, Stellung zu nehmen und mit dieser siande endlich Schluß zu machen. Der Zentralrat hat beu der Regierung Ebert-Scheidemamr alle notwendigen sivllEchtmerteiltMStürmij^rBeifMZJetztwmchend^
Reicharvt hatte beobachtend in ihr Gesicht geblickt, das wieder die ganze Blasse angenommen hatte, die ihm bei ihrem ersten. Erscheinen ausgefallen war, und hatte eine» nm ihren Mund zuckenden Ausdruck wahrgenommeu, der weder mit ihrem leichten Tone noch mit der Befriedigung, von der sic gesprochen, im Zusammenklangc stehen wollte.
„Frage jetzt nicht nach meinen Erlebnissen. Ich müßte Dir eine lange Geschichte erzählen, zu der eine völlig ruhige Stunde gehört," sagte Reichard- und legte seine Hand aus die ihre. „Ich möchte jetzt nichts wissen, als wie cs Dir jetzt geht und wie Tu Dich fühlst, Mathilde."
„Ich habe da nichts zu verheimlichen," erwiderte sie, während ein leises Rot wieder in ihr Gesicht stieg; „Du sollst alles hören, und zuerst, daß es mich wie ein wahrer Festtag dünkt, Dich hier neben mir sitzen zu scheu. Meine Arge ist mit zwei Worten ansgedrückt: ich stehe allein, aber ich habe die Kraft dazu und erwartete kaum anderes, als ich von Dir schied. Habe ich auch Kämpfe zu überwinden, die in meiner Lage kaum zu vermeiden sind, so habe ich doch auch die Genugtuung in der Kunst, und was kann ein Mensch zuletzt mehr verlangen?"
„Und doch bist Tn nicht glücklich, Mathilde!"
„Glücklich! Tu lieber Himmel, wie viel wirklich Glückliche gibts denn in der Welt, und welche Ansprüche ^ habe ich denn, zu diesen Wenigen zu gehören?" rief sie lachend; aber es war keine Freude in diesem Archen, und irr Reichardts Seel.- klang cs wie ein Mission.
„Ich mag Dich nicht zu Mitteilungen drängen, die Du mir nicht ungefragt machen willst," erwiderte Rer- chardt, den Blick von ihre!» eigentümlich leuchtenden Gesichte sinken lassend. „ ^ . . .
„Du sollst alles erfahren," erwiderte sie, ferne Hand zwischen den beiden ihren nehmend, „aber warte, br,» Dir den Boden kennst, aus dem ich stehe, und die Mensche« um uiick, beurteilt bast, bis Du geleben, wie ich mrch il'u. i! uns Pen Ve« tuttuisieu nette."
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