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MV. »98

Aum 9. November 1918.

Der frühere württ. Fincmzmiuister Dr. PistoriuS schreibt über die Empfindungen und Eindrücke, die der sievolutionstag des 9. November bei ihm hervorbrachte, folgendes:

Das Gefühl der Niedergeschlagenheit, tiefer Wehmut und Bitterkeit, das waren vor­wiegend die Eindrücke, welche die Vorgänge des 9. Novem­ber in mir ausgelöst haben. Ich ging auf dem Weg zum König durch die Menge, sah die jungen Leute, vorwiegend Mädchen, welche die Redner umgaben und ihr Gebühren, war Zeuge des sogenannten Sturmes auf das Waisenhaus und war beim König, als dasVolk" in sein Haus eindrang. Von dem württembergischen Volk mit seinen 2,4 Millionen Seelen und dessen mir nicht ganz unbe­kannten Bestandarten sah ich dabei so gut wie nichts; wohl aber sah ich einige hundert oder tausend zügellose junge Leute, untermischt von 'Soldaten, die durch irgend ein leidiges Vorkommnis während ihrer Dienstzeit ver­ärgert und von Haß- und Rachegefi'ch! durchwülstt, diese am Unrechten Ort und zur Unrechten Zeit austoben ließen. Nachher saß ich in der so ziemlich in Permanenz tagen­den parlamentarischen Regierung und sah und erlebte die Revolution so auch gewissermaßen von oben mit. Das also ist der Lohn für den ersten Apostel der Frei­heit" hat einst Camille Desmoulin immer wieder ge­murmelt als er aufs Schaffst geschleppt wurde und so also sieht die große Revolution aus, sagte am 9. und 10. November immer i^eder eine Stimme in mir. Ich habe im Leben schon viel Ernüchterungen und Enttäu­schungen erlebt, größer als die bei unserergroßen Re­solution" kaum je.

Ich weiß längst und bin innerlich davon durch­drungen, daß eine gewaltige Revolution unserer politi­schen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Sinne der Demokratisierung und Sozialisierung in der Zeit liegt, also unvermeidlich und notwendig ist. Ich weiß, daß diese Revolution kommt und kommen muß; ich weiß sogar, daß imr in dieser Revolution längst mitten drin stehen und weiß auch und sehe klar, daß sie durch den Krieg beschleunigt werden mußte und beschleunigt wurde. Dürch die Revolte, die wir am 9. November erlebt haben und in deren Bann und Gewalt wir noch heute stehen, wird aber diese Revolution, d. h. die politische und Wirt-

Freitag, de» 3V. Dezember 1918

3S. Jahrgang.

< Ichastliche Umwälzung im Sinn der wahren Demokrati-

I sierung und Sozialisierung nicht gefördert, sondern ge«

> hemmt. Daß wir das Gegenteil glauben, oder tun, als l ob wir es glauben, ißt ein Zeichen der heutigen Allmachl der konventionellen Lüge und Phrase.

! Diejenigen, welche die Revolte gemacht haben.

! verstehen unterDemokratisierung" ganz etwas anderes als die führenden Geister, die die Revolu t,i o r machen. Den Revolteleuten besieht die Demokratie ir Aeußerlichkeiten, vor allem in einer äußeren Gleich macherei, die regelmäßig die größte materielle Ungleichhei: bedeutet. Man reklamiert für wahlberechtigt und dann! für fähig, die Regierung des Deutschen Reichs aus­zuüben und über die Zukunft des deutschen Volks zu entscheiden alle, und vor allem die Mädchen und jungen Leute von 20 Jahren und fühlt sich dabei nicht blamiert, sondern als demokratisch und freiheitlich. Anstatt die Stimmen zu wägen, zählt man sie und zählt die un­reifen, da sie die größte Menge bilden, doppelt. Und wenn man die Masse herrschen läßt, wenn man die Re­gierung auf der Straße findet, sorgt man dann für den Aufstieg und die Auslese der Tüchtigsten", wie es den Grundsätzen der richtig verstandenen Demokratie entspre­chen müßte?

Und wie mit der Demokratisierung, so ist es mit der Sozialisierung". Die Revolte vom 9. November hat die Sozialisierung nicht gefördert, sondern gehemmt. Die Revolteleute verstehen unter Sozialisierung die Er­weiterung der Teilnahme an den meist recht materiell und oft niedrig aufgemßten Genüssen des Lebens für Schichten und Personenkreise, die glauben, bisher zu wenig davon genossen zu haben. Die Wirkung ist weitgehende Erweckung oder Steigerung an Begehrlichkeit. Die Sozia­lisierung aber ist etwas ganz anderes; sie ist ein ethisches Prinzip, das die Arbeit und ihre Erträgnisse in den Dienst der Gesamtheit stellt, die im Interesse des Gemein­wohls mehr Pflichten als Rechte aufzuerlegen und zu l verteilen hat. Und gerade jetzt, wo das Schicksal das Schwerste über das deutsche Volk verhängt hat, was in einem Völkerleben sich ereignen kann, da ist straffe Zu­sammenfassung aller Kräfte in strenger Unterordnung unter einen festen Gemeinwillen und eine eiserne Zucht und Ordnung nötiger als je.

Schon vor der Revolte hat die konventionelle Lüge mehr als zulässig das öffentliche Leben durchseucht ge­habt. Durch die Revolte ist sie »ur unbedinaten Lerrsckart s

gelangt; die Wahrheit verkriecht sich, ihre Kenner sin?

zu feige, um als Bekenner aufzutreten. Ein Beispiel aul taufenden. Es ist dem König öffentlich gedankt worden, daß er durch seinen freiwilligen Verzicht auf die Krone, ^azu beigetragen habe,die Bahn für die freiheitliche Enl-> .mcklung zu ebnen". Jedermann weiß, daß die Person des' Königs und die württ. Institution des Königtums keinerlei Schranke für die freiheitliche Entwicklung be­deutet hat und bedeutet. Die Wissenden wissen sogar, daß das Gegenteil der Fall ist und die Sehenden sehen, daß durch feinen mit der Revolte vom 9. November zusammenhängenden Verzicht das Gegenteil einer frei­heitlichen Entwicklung zunächst eingetreten ist. Trotzdem besteht in der Öffentlichkeit die entgegengesetzte Phrase und das Volk nimmt sie hin als Wahrheit. Zur Nieder­haltung aller Elemente, welche durch selbstsüchtige Re- 'mgen und Neigungen..das Gemeinwohl durchkreuze» -allen, die oberste Forderung, die zur Durchführung; der wirtschaftlichen Revolution im Sinne der Sozialisie­rung und überhaupt zur Ermöglichung der Wiederausrich-

stung und Gesundung unseres wirtschaftlichen Lebens er­hoben werden muß.

Die Revolte vom 9. November hat von alledem das Gegenteil erzeugt und darum konnte sie mit ihre» Begleiterscheinungen und Folgen in mir yur tiefe Wehmut erzeugen.

Schwäbisches Salz. Zu beiden Seiten des Neckars unterhalb Heilbronn lagern in einer Tiefe von etwa 150 Metern riesige Salzmengen, die bei Jagstfeld-Kochen- dors vom Staat, weiter oberhalb von der Stadt Heilbronn» und einer Gesellschaft ausgebeutet werden. Jährlich gehen etwa 500000 Tonnen Salz auf Schleppkähnen den Fluß hinab in die chemischen Fabriken am Rhein, in Belgien und Holland. Nachdem nun aber die Kaliwerke im Elsaß für Deutschland verloren sind, wird Preußen daran gehen, die mit seinen Kalilagern verbundenen Lager von Stein­salzen ausznbeuten und durch den Mittellandkanal, der als Notstcmdsarüeit in Bau kommt, an den Rhein zu schaffen. Dadurch entsteht dem schwäbischen Salz ein schwerer Wett­bewerb, denn unter Benützung dieses Kanals wird Preu­ßen sein Steinsalz um etwa 20 Prozent billiger zu liefern cmstande sein. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, die Fracht für unsere Salze durch Ausbau des Rhein-Neckar- Donaukanals nach Möglichkeit zu verbilligen, sollen sie nicht vom niederrheinischen Markt verdrängt werden.

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Lin Oeutscsier

B«n Ott« Nuppiu».

Nach dem Abendessen, es wär zehn Uhr vorüber, nahm Reichardt den nächsten Weg aus der Stadt, um auch gegen zufällige Begegnungen das Ziel seines Ganges zu verdecken. Eine laue, würzige Nacht lag über der Gegend, eine Nacht voller Sterne, wie er sie in dieser Klarheit und funkelnden Pracht noch nie gesehen zu haben meinte. Von den Akazien klang das eigentümliche Ge schrei des Lokusts herüber, untermischt mit einzelnen Rufen der Ochsenfrösche. Um den Wandernden her lebte und raschelte es im Gras und Laub, summte es in dep Lust, und je weiter Reichardt ging, je mehr fühlte er sich von dieser berauschenden Luft erregt. Er halte einen weiten Bogen zu machen, um nach Burtons Haus zu gelangen, und als er endlich nach länger als einer Stunde seines langsamen Spazierganges die Hintertür der Um­zäunung erreichte, mußte er erst eine Weile stille stehen, um das Herzklopfen, das ihn Plötzlich überkommen, zu beruhigen. Behutsam öffnete er endlich die Tür und wandte sich nach dem Laubgang, durch den ihn am Übend vorher Harriet geführt. Dunkel und still lag bald das Haus vor ihm, und nur in den beiden be- zeichneten Fenstern machte sich ein schwacher Lichtschein bemerkbar. Dann trat er ins Freie, und der ausgsraffte feine Kies flog gegen eins der Fenster. Ein leises Klopsen an die Scheiben ließ sich dort als Antwort hören. Reichardt irat tief aufatinend unter den bergenden Laubgang zurück und bald sah er eine Helle Gestalt auf einer der Treppen herabgleiten.Hier bin ich. Miß Harriet!" rief er leise, als sie zu ihm in das Dunkel trat, und faßte ihre Hand, die sich fest um die seinige schloß.

Es ist gut, daß Sie gekommen sind," sagte sie sichtlich erregt,es wird alles anfgeboten, um Ihr Bleiben hier unmöglich zu machen. Aster Sie werden bleiben, Sir," fuhr sie nach einer kurzen Pause fort, und Reichardt fühlte.eine.! wae.'.'.en Druck ihrer Hand,^Harriet Bur­

ton wird dem ganzen Getier zeigen, daß sie durchsetzen kann, wofür sie ihr Wort gegeben"

Einen Augenblick nun, Miß," unterbrach sie Rei­chardt,ich habe heute Glück gehabt und den Spieß her­umgedreht. I Und damit begann er die Erlebnisse des Tages zu erzählen. Er konnte ihr Gesicht nicht erken­nen, aber er fühlte jede ihrer Empfindungen an ihren weichen Fingern, die sich bei einem spannenden Momente halb von seiner Hand lösten, bald sich wieder dichter darum schlossen.

Eine Pause folgte, als Reichardt geendet. ,>Sie ha­ben gehandelt," sagte sie endlich langsam, feine Hand loslassend,wie es vielleicht dem Manne zukommt, Auge gegen Auge: und doch wäre es besser gewesen, Sie hätten die ganze Angelegenheit in meiner Macht gelassen. Mir haben Sie jetzt wohl die beste Waffe in die Hand gegeben: sich aber haben Sie in Uoung und dem Prediger zwei Feinde geschaffen, die wahrscheinlich nicht mehr offen gegen Sie auftreten, aber Ihnen im Verborgenen den Boden abgraben werden. Merken Sir, Sir," und sie faßte von neuem kräftig seine Hand,möge auch geschehen, was da wolle und ich weiß, es wird nicht ausbleiben, was es auch sei benachrichtigen Sie mich sofort, und Harriet wird zu Ihnen stehen und und wird alles ver­gessen, was ihrer Rücksicht bis jetzt heilig gewesen ist!" Es war ein eigentümlicher Ton, der in diesen Worten klang, ihre Stimme war gesunken und schien unter ihrer Empfindung zu beben.Gehen Sie jetzt, es ist besser!" fuhr sie in demselben Tone fort, und Reichardt fühlte seine Hand umschlossen, daß es ihm warm bis zur. Herzen stieg,denken Sie daran, was ich Ihnen sagte, und bauen Sie auf Harriet!" Sie zog ihre Hand hastig zurück und wandte sich dem Hause zu; ohne sich umzu­blicken, eilte sic die Treppe hinauf uird verschwand in der Tür des Balkons.

Reichardt stand noch zwei Minuten auf demselben > Platze, ihr nachblickend: der eigentümliche Ton ihrer letz-

j ten Morten klang noch immerhin seinen'Ohren, urtd eine / Ahnung, sein ganzes Inneres aufbringend, stieg in ihm auf. Er hatte den Rlücuveg. angetreten, fast ohne e? s selbst zu wissen, und erst als er das Hotel vor sich sah, kam er wieder zum rechten Bewußtsein seiner selbst. Lang­sam stieg er die Treppe nach seinem Zimmer hinauf, brannte sich Licht an und blieb dann in der Mitte deS Raumes stehe».Es ist ein wahnsinniger Gedanke,"

. sprach er vor sich hin,und doch ist bei ihr alles mög- ^ sich!" .. . l '-

Tie Sonne schien bereits hell inS Zimmer, als mri- chardt am andern Morgen erwachte. Sonst hatte ihn immer Bobs Eintreten, der seine Kleider zum Reinigen abholte, geweckt; heute lag noch jedes Stück seines An­zugs, wo es abends zuvor Platz gefunden. Er sah nach seiner Uhr, es ging bereits auf neun. Als er nach kurzer Toilette sich nach der bereits verlassenen Frühstückstasel begab, währte es eine geraume Zeit, ehe er einen der schwarzen Aufwärter habhaft werden konnte. ^Wo ist Bob?" war seine erste Frage. Ter Neger sah ihn mit einem Blicke an, dessen Ausdruck sich Reichardt umsonst zu erklären suchte, zog dann die Schultern in die Höhe und sagte mit einem Grinsen, in dem sichtlich eine Bedeutung lag:Ich weiß nicht, Sir!"

Reichardt sah eine Sekunde lang ungewiß in das schwarze Gesicht.Ist etwas mit ihm vorgesallen? frag­te er.

Weiß nicht, Sir!" war die erneute Antwort; mit gedämpfter Stimme aber fuhr er fort:Mr. Curry kam gestern abend noch spät und srug nach Bob; der mochte es ihm aber Leim Eintreten wohl schon ange,eh«n haben, daß etwas nicht recht war; er schlüpfte zur Hintertür hinaus, und seit der Zeit haben wir mchts wieder von chm gesehen"