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Ar. 195
Dr So!f gegen Balfour.
Bei einem Empfang in der Deutschen Kolonialgesellschaft hielt der Staatssekretär des Reichskolonialamts Tr. Sols eine Rede, in der er nach dem WTB. anssührte:
Der Krieg stellt übermenschliche Forderungen an die Vorstellungsfähigkeit des Einzelnen. Darüber möchte wohl das Schicksal unserer Kolonien etwas in den Hintergrund treten. Da hat die Presse das koloniale Gewissen des deutschen Volkes geschärft. Tie Sicherstellung unserer Kolonialzukunft ist ein deutsches Volksspiel geworden. Diese Einigkeit ist besonders wohltuend angesichts der Pläne unserer Feinde, die in den letzten Tagen so deutlich enthüllt worden sind, wie nie zuvor. Es liegt heute eine der bedeutsamsten Aeußerungen der englischen Politiker vor, die Rede des Ministers Balsvur im Unterhaus. Dieser Staatssekretär des Auswärtigen meldet in aller Form Englands Anspruch auf-die Annexion unserer Kolonien an und zögert nicht, diesen Anspruch „moralisch" zu begründen. Das ist nun einmal notwendig in England!
Balfours Anklage gegen Deutschland verlangt eine Antwort. Balfour behauptet, das intellektuelle Deutschland sei von einer moralischen „Gewaltlehre" beherrscht. Hüben und drüben gibt es Chauvinisten. Vor dem Kriege bildeten diese Leute bei uns eine kleine Gruppe ohne Geltung in der Politik und ohne Einfluß auf die Regierung, die sie dauernd bekämpften. Während des Kriegs ist ihr Ziel in der Tat gewachsen, weil sie Zuzug bekamen aus weiten Kreisen besorgter Patrioten. Unter ihnen sind viele, die vor dem Krieg die Ideale der Völkerverständigung hoch hielten, deren politische Grundlehre aber durch die Erfahrungen des Kriegs zusammengebrochen ist. Wer trägt die Schuld? Niemand anders, als die Gesinnung unserer Feinde, die den großen Gedanken des Völkerbunds durch die gleichzeitige Förderung des Handelskrieges gegen Deutschland entwertet und zu einer Spottgeburt gemacht hat. Können wir euch nicht militärisch vernichten, so vernichten wir euch durch den Völkerbund! Wenn ich glauben müßte, daß diese Gesinnung für alle Ewigkeit die Oberhand in England hätte, dann würde auch ich dafür eintreten, daß der Kamps auf Leben und Tod ausgesuchten werden muß. Ich bin aber der festen Ueberzeugung, daß vor Kriegsende überall eine geistige Auflehnung gegen diese „Knock - out" - Gesin-- nung (Zerschlagung der Knochen, wie Lloyd George sich ausdrückte. D. Schr.) kommen muß.
Balfour spricht zuerst von Belgien. Ter Herr Reichskanzler hat im vorigen Monat im Reichstag für jeden, der hören wollte, erklärt, daß wir nicht beabsichtigen, Belgien in irgend einer Form zu behalten. Belgien soll nach dem Krieg als selbständiges Staatswesen, keinem als Vasall unterworfen, wieder erstehen. Der Wiederherstellung Belgiens steht nichts im We s, e als der Kriegswillen unserer Feinde. Abe die Rücksicht auf Belgien spielt heute eiue geringe Roll in den Rechnungen der Entente.
Die zweite Anklage Balfours geht gegen unsere O st - Politik. Ich antworte ihm darauf: Der Brester Frieden kam zustande auf Grund einer großen Ueberein- stimmung zwischen der russischen und der deutschen Regierung, daß die jahrhundertelang unterdrückten Fremdvölker Rußlands das von ihnen erstrebte nationale Eigendasein erhalten sollten. Nicht über das Ziel, wohl aber über die Methode und Wege, die zum Eigendasein der Völker führen sollten, ging die russische und deutsche Auffassung auseinander. Unsere Auffassung ist nach wie vor, daß der Weg zur Freiheit nicht über Anarchie und Massenmord führen darf. Bis sich die Kräfte in den verschiedenen Ländern zusammen- sinden, fühlt sich Deutschland zum Schlitz dieser Gemeinwesen berufen. Der Brester Frieden ist ein Rahmen, Das Bild, das darin entstehen wird, ist erst in seincil Anfängen entworfen. Tie deutsche Regierung ist entschlossen, den erbetenen und gegebenen Schutz nicht zu einer gewaltsamen Annexion zu gebrauchen.
England hat das Recht verwirkt, moralisch füy die russischen Randstaaten in die Schranken zu treten. In ihrer namenlosen Leidcnszeit wählend des Kriegs haben sie sich einmal über das andere au England um Unterstützung ihrer Sache gewandt. Sie ist ihnen ständig versagt geblieben. Jede Bera n la s-> ng ist Ena-
Douuerstag» de« SS. August 1918.
1 anv recht, die Rußland als Kriegsmaschine tauglich erhält. Kann aber Rußland keinen Krieo gegen Deutschland mehr führen, dann ruft ma,. einen Bürgerkrieg hervor, damit keine Ruhe an Deutschlands Ostfront entstehen kann. Die Anerken- mmg der Tschecho-Slowaken, dieser landlosen Räuberbanden, als verbündete Macht ist der Schlußstein de." eigentümlichen Form englischer Busenfreundschaft. Tic wirtschaftliche Notlage der von uns besetzten Gebiete ist ohne Zweifel schwer, aber es ist Zynismus im englischen Munde, davon zu reden, denn Englands Hungerblockade richtet sich gegen die besetzten Gebiete ebenso, wie sie sich gegen uns richtet, gegen die Neutralen, gegen die ganze Welt.
Balfour bespricht unser Verhältnis zu jedem einzelnen dieser Randstaaten. An erster Stelle setzt er die Behauptung, die deutsche Intervention in Finnland hätte bezweckt, Finnland in deutsche Abhängigkeit zu bringen, mit anderen Worten, ein deutsches Portugal zu schaffen. Welche unerhörte Herabwürdigung des finnischen Unabhängigkeitskampfes, der seit Jahrzehnten alle ehrlichen Freunde kleiner Nationen begeistert hat! Aber Finnland hat, scheint es, alle Sympathien in England verloren, weil es sich durch das englische Vorgehen iu Nordrußland '"droht fühlt und von der Verbindung mit der eisfreien Murmanküste nicht abgeschnitteu werden will, lieber unser Verhältnis zu den O sts e epr o v i u z e n, zu Polen und zur Ukraine erhebt Herr Balfour die ungeheuerliche Beschuldigung, wir seien mit diesen Randvölkern, sager. wir kurz, wie England mit Griechenland verfahren, da-* , heißt, wir hätten sie zum aktiven Heeresdienst gegen Deutschlands Feinde gepreßt. Kein einziger Soldat is zum Heeresdienst aus diesen Ländern für Deutschlands Sache gezwungen worden. Weiter Balfours Anklage gegen die deutsch-rumänische Politik: Hier is England in der Rolle des Diebes, der Ruf: Halte der Dieb! Wer hat Rumänien von seiner gesunden Tradition abgezogen? Glaubt Herr Balfour nicht, daß Rumäniens Schicksal besser gewesen wäre, wem seiire Regierung an der Neutralität treu sestgehalten hätte
Ueber die Kolonien sagte Balfour: „Wir Haber unser Gebiet ausgedehnt, wir haben Deutschlands Kolonien genommen und ich glaube -nicht, daß jemand der deutsche Kolonialmethoden loirklich studiert hat, überrascht wird, wenn wir sagen, daß die- Besserung groß ist Soll mail Deutschland die Kolonien zurückgeben unk dadurch Deutschland Unterseebootsbafen auf allen großer Handelsstraßen der Welt und dadurch den Welthandel zr Deutschlands Verfügung stellen? Deutsches Herrschaft ii> den Kolonien würde tyrannische Herrschaftlüber die Eingeborenen bedeuten und die Aufstellung großer schwarzer Armeen in Zentralafrika."
Das heißt mit anderen Worten: England erobert / ein Land, behauptet, es besser regieren zu können als sein rechtmäßiger Besitzer, und leitet daraus den-.Anspruch ab, es zu annektieren. Mit dieser Beweisführung könnte mail eine englische Monroe-Doktrin für die-.Welt erklären. Ich möchte die folgenden Fragen stellem: Weiß der englische Staatssekretär des Auswärtigen nichts von der Dezimierung d^r farbigen Bevölke rung in denverschiede nie n K o - lonien Afrikas durch das Vorgehen dser En teilte, nichts von den im Unterhaus zuge-gebenen Zwangsaushebungen in Britisch-O stafrika, nichts von den riesigen Arbeiter-, und'Soldatenheereiuans englischen und französischen Kolonien? Hat er sich-bei seinen Kollegen vom englischen/Kolonialamt erkundigt, was es bedeutet, mit Eingeborenen gegen Eingeborene Krieg zu führ em? Hat er eine Ahnung von dem unermeßlichen Schm den für die koloniale Sendung aller KulturvöNerH die daraus entstehen muß, daß man S ch w a r/z e i m l K ampf gegen Weiße verwendet und nachftEuropal bringt? Zweifelt Herr Balfour ernstlich (daran,' daß das Schicksal ganz Afrikas besser gewesen hwäce/wenn England die Kongo-Akte nicht mißbraucht ".hätte? Die kurze Gemilchte unserer Kolonien zeigt, /daß weder in AfrK noch in der Südsee wir AngrrffS-Politik treiben wollten und getrieben haben. Wir erstreben keine Vorherrschaft. Wir wünschen eine Regelung( der - kolonialen Fragen nach dem Grundsatz, daß kfollo.nialer Besitz den wirtschaftlichen K räfsten s de r europäischen Nationen entsprechen solZ und ihrer iu der Geschichte bewiesenen Wü rdü a>.k e i.t. die. ihnen anvertrau
35. Jahrgang.
ten'<farbigen er zu beschützen. Tie wirtschaftliche Tüchtigkeit all in ist kein genügender Nechtititel. Kolonisieren heißt missionieren.
' Balfour sagte noch, der Abgrund zwischen den Zen- tralmächtcn und den Alliierten sei so tief, daß er nicht überbrückt w.rden könnte. B. lfour kann für sich in Anspruch nehmen, daß er di.sen Abgrund noch vertieft hat. Tie Gesinnung des An s r o t tun g s kri e g s zu erhalten, das gerade ist der Zweck solcher Reden wie der des Herrn Balfour.
Tie psychologische Lage, aus der heraus der britische Staatsmann handelt, ist klar: Tie Feinde wollen keinen Frieden durch Verhandlung- Tcr Ententekrieg geht heute wiederum um Raub und Ruhm. Daher müssen wir die Balfoursche Rede hinnehm . u als einen Aufruf an das deutscheVolk im fünften Kriegsjahr, von neuem alle seine Kräfte des Leidens, Kämpfens und Sie geus zu s a m mc nz u ra f s en wiein der großen Erhebung vom August 1914.
Sollen wir uns ebenfalls auf den Boden des Ver- nichtungswillens stellen und mit jenen Zielen brechen, hinter denen der Gedanke der Völkerversöhnung steht? Ich lchne diese Politik ab? Balfour wehrt s'ch mit scharfem Blick gegen eine drohende, wenn auch noch wciteut- ßrn'e Friedensmöglichkeit. Wenn die feindlich n D plo- maten vor dem Kriege so wachsam sich gegen den drohenden Krieg gewehrt hätten, wie heute gegen den drohenden Frieden, dann hätte es keilten Weltkrieg gegeben.
In allen Ländern gibt es heute Gruppen und Menschen, die man als Zentren des europäischen Gewissens bezeichnen kann. Darin regt sich so etwas wie eine Erkenntnis, daß der Weg ins Freie nur gefunden werden kann, wenn die kriegführenden Nationen zn dem Bewußtsein ihrer gemeinsamer Aufgaben zurück- erwachcn. Wie vermeideil wir künftige Kriege? Wie erzielen wir die Wirksamkeit internet onaler Abmachungen auch bei einem neuen Krieg? Wie stellen wir die Nichikämpfer sicher? Wie ersparen wir es den nmlraleu Staaten in Zukunft, daß sie für ihre Friedfertigkeit büßen müssen? Wie schützen wir nationale Minderheiten? Wie regeln wir unsere gemeinsamen Elftemflickften gegenüber den minderjährigen Rass.n dieser Web? Das sind alles Menschhcits fragen. Hinter hlen ste t die Stimmung von Millionen. Hinter ihnen steh: i.n äg- lichcs Leid, stehen unerhörte Erlebnisse. Gerade unter den Kämpfern, unter denen, die gefallen sind, unftr neu, die Kraft, Gesundheit und Lebensfreude verlore,- haben, hat es Tausende gegeben. Tausende, denen das Opfer leicht siel, weil sie den Glauben nicht verloren hatten, daß aus dem eingesetzten Leiden, aus all der Not und Qual eine bessere Zeit erstehen werde, die ihren Kindern und Enkeln Ruhe und Sicherheit, den Völkern aber untereinander den guten Willen verbürgt. Der Siegeszug dieser gemeinsamen Ziele ist sicher. Herr Balfour kann ihn hinan sschiebcu, aber er kann ihn nichts verhindern.
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Dem Verlangen,-, daß den Angrisfsreden der f iud- lichen Staatsmänner / sofort entsprechende Abwehrredcn durch deutsche Staatsmänner entgegengesetzt werden sollen, will dU Reichsrcgieruug, wie es scheint, nun Rechnuna tragen und die Rede des Dr. Sols ist Wohl als der Anfang hiezu zu betrachten. Tie Ausführungen sind 'ntschieden, sie werden aber wohl nicht überall beifällig tufgenommen -werden. .
Der Weltkrieg.
WTB. Großes .Hauptquartier, 21. A»g (AmMch.) Westlicher Kriegsschauplatz:
Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht:
'Bei Nens Berquin, Merville nnd südlich
,er Lys schlugen die im Vorgelände unserer neuen sin,'en belassenen Jnfnnterieabteiluuaen m hrfach engl sche SorstHc undfTeilengr ffe zurück. Masch nengeiv.hre und Artillerie fügten dem Feinde hierbei empfindliche Zerlnste -zu. Jnfantericgefechtc beiderseits der Scar- >e hind nördlich der An er e. -
Heeresgruppe Generaloberst v. Bochn:
- Nordwestlich von Rohe schlug eine seit dem 9. luauüsan, Brennpunkten ..des Kampfes fechtende, aus
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