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Kr. 148

Reichstag.

Berlin 36. Juni.

Zweite Beratung -es Etats des Reichskanzlers i und des Auswärtigen Amtes. '

Abg. Ha (Elsässer): Das Bersassungsgesetz für Elsasz- Lothringen wird dauernd durchbrochen. An den militärischen Maßnahmen darf nur in vertraulichen Sitzungen Kritik geübt werden. Das Armeeoberkommando hat den Zusammentritt des Landtags verboten. Wir haben das feste Vertrauen zum Reichs­kanzler, daß er dafür sorgt, daß die Verfassung von Elsaß- Lothringen nicht weiter so umgangen wird. Während man alle Erörterungen über die Schaffung eines autonomen Elsaß-Loth­ringens verbietet, läßt man solche, die auf die Einverleibung in Preußen hinarbeiten, zu. Nur ein Fünftel der Bevölkerung sind Nichtanhünger der Autonomie oder höchstens für eine An­gliederung an Bayern.

Staatssekretär Wallraf: Nicht weit von den Haupt­städten Elsaß-Lothringens steht die deutsche Westfront, und elsaß- lothringisches Gebiet oder die Grenze kann jeden Tag wieder

der Schauplatz ernster Kämpfe werden. Deshalb ist die Zeit noch nicht gekommen, über die zukünftige Gestaltung des Landes öffentliche Erörterungen zuzulassen. Die verbündeten Regierungen haben einen Beschluß noch nicht gefaßt. Die Fl amen frage berührt den ganzen Komplex der Westfragen. Sie findet bei

uns volle Würdigung und Sympathie. In den besetzten Ge­bieten kann die militärische Verwaltung nicht entbehrt werden. Die litauische Bevölkerung wird allmählich zur Verwaltung heranaezogen werden.

Abg. Nos Ke (Soz.): Wir empfinden es als beschämend, daß die Regierung auf die Anklagen des Herrn Haust so wenig zu erwidern wußte. Der Bernichtungswille besteht bei unseren Feinden fort. Das veranlaßt uns, in Fragen der inneren

Politik eine gewisse Zurückhaltung zu üben. Wir wollen siegen, solange die Gegner nicht zu einer Verständigung bereit sind,

aber wir find jederzeit zu einer Verständigung bereit. Wir wollen, daß die deutsche Regierung sich über ihre Kriegsziele so klar und deutlich ausspricht, wie nur denkbar. Wenn wir auch nicht verkennen, daß durch Monologe von Berlin aus die Sache nicht gefördert wird. Niemand verlangt, i>- unsere Regierung ihre Trümpfe vorzeitig aus der Hand r Der Kanzler wird der Welt einen Dienst erweisen, wenn er klare und unzweideutige Erklärung über Belgien abgibt.

Abg. Frhr. v. Richthofen (Natl.): Der Glaube an den Sieg unserer Sache wird von uns hoffentlich nicht verlassen, sonst kommen wir überhaupt nicht an den Friedenstisch. (Beifall.)

Abg. Graf Posadowsky-Wehner (Deutsche Fraktion): Auch ich teile einen Teil der Bedenken, die gegen den Staats­sekretär geäußert worden sind. Es gibt Dinge, die man wohl im engen Kreise erörtern, aber nicht auf der Tribüne des Hauses öffentlich erörtern darf. Bezüglich der Schuld Rußlands am Kriege bin ich doch der Meinung des Herrn von Kühlmann. Den Engländern und Franzosen war aber dieser Krieg nicht unwillkommen. Ich bedaure, daß gegenüber den Verleumdungen unserer Gegner unsere Regierung nicht immer prompt geantwortet hat, Durck diese Unterlassung bat tick der Mwenlauti» in

Freitag, de« 38. I««i 1918

oen Köpfen unserer Feinde festgesetzt, daß wir die Schänder der Kultur seien. Die Welt muß dagegen erfahren, welche Ver­breche»-gegen uns und unsere Gefangenen täglich begangen werden. Dank den deutschen Siegen haben sich die Randvölker befreit. Man sollte nun ihnen überlassen, aus eigener Kraft ihre Zu­kunft auszubauen, sonst übernehmen wir eine schwere Verant­wortung. Die austropolnische Lösung kann für uns schwere Folgen haben. Ein Volk wie früher ganz niederzuschlagen, ist jetzt' natürlich unmöglich, aber der Ausgang der Verhandlungen hängt von den Waffen ab. Das deutsche Volk glaubt an den Endsieg und muß- an ihn glauben, sonst kann es die Opfer nicht ertragen. Diese Siegeszuversicht im Volke darf die Re- aierung nicht stören. (Beifall.)

Abg. Graf Westarp (Kons.): Die Kritik des Abg. Noske an der Person des Kaisers müssen wir zurückweisen. Die Rede war eine Bestätigung unserer Meinung, daß die Bemühungen verfehlt sind, die Sozialdemokratie unter allen Umständen bei der Stange zu halten. Mit den gestrigen Ausführungen des Reichskanzlers' sind wir vollständig einverstanden. Wir haben nie einen Hehl daraus gemacht,'daß wir die Politik der Friedensresolution bekämpfen. Die Verhältnisse haben uns immer recht gegeben. Die militärischen Erfolge haben die Lage so ver­bessert, daß wir von dieser Resolution frei geworden sind.

Präsident Fehre nbach: Früher war es üblich, die Per­son des Kaisers nicht in die Debatte zu ziehen, allmählich ist man aber davon abgegangeu. Ich will hier keine Aenderung eintreten lassen, werde aber dafür sorgen, daß eine solche Be­sprechung dem Ansehen der Krone und der Würde des Hauses entspricht.

Die Etats des Reichskanzlers, der Reichskanzlei und des Auswärtigen Amtes werden genehmigt, ebenso ohne wesentliche Erörterung die Etats des Reichsmilitärgerichts, des Rechnungs- lfiffes des Deutschen Reiches, der Reichsschuldcn und der allge­meinen Fipanzverwaltung. Damit ist die zweite Lesung des Etats erledigt.

Landwirtschafts-Arbeitskammer.

Berlin, 27. Juni. Ter Arbeitskammerausschuß des Reichstags hat beschlossen, die Landwirtschaft in das Gesetz einzubeziehen und für sie besondere Kammern auf

Der Weltkrieg.

WTB. Großes Hanptqnartier, 27. Juni. (Amtlich.) Westlicher Kriegsschauplatz:

Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht

und

Heeresgruppe deutscher Kronprinz:

Tie Lage ist unverändert.

, Rege Tätigkeit des Feindes nördlich der Scarpe und Somme, westlich von Soissons und südwestlich von

35. Jahrgang.

Reims. Auf der Kathedrale von Reims wurden erneut Beobachter des Feindes erkannt. Während der Nacht nahm die Artillerietätigkeit auch an der übrigen Front zwischen Mer und Marne in Verbindung mit Erkundungs­gefechten der Infanterie wieder zu.

Heeresgruppe Gallwitz:

Aus dem östlichen Maasufer führten wir erfolgreiche Erkundungen durch. Nördlich von St. Mihiel wurde ein stärkerer Vorstoß des Feindes abgewiesen.

Aus feindlichen Bombenstaffeln, die in den beiden letzten Tagen zum Angriff gegen Karlsruhe, Offenburg und das lothringische Industriegebiet vorstießen, wurden fünf Flugzeuge abgeschossenL

Unser Bombengeschwader griffen gestern Par iS und auf dem Wege dorthin Bahnknotenpunkte und Flug­plätze des Feindes an.

Leutnant Rumey errang seinen 25. Luftsieg.

Der Erste Generalquartiermeister: Ludendorff-

*

Der Feind setzt seine tastenden Angriffe an der Arrasfvont fort; diesem Gebiet scheint er gegenwärtig eine besondere Bedeutung beizumessen. Südtvestlich »cm Soissons, also am Cotterets-Wald, entspannen sich ör, liche Kämpfe, ebenso bei Reims. Ueberhaupt zeigte der Feind wachsende Tätigkeit von der Upernstellung bis Chateau Thierry. Er muß da wohl irgendwo die neue Offensive wittern, und um sicher zu gehen, bestreut er gleich die ganze Front mit seinen Granaten. Man ist wieder recht ungeduldig geworden da drüben. Lloyd George verlangt von General Foch eine große Offensive, um dasGesetz des Handelns" wieder in die Hand zu bsokmmen. Foch aber sagt: Der hat gut reden. Jetzt hat man erst einige mühsam abzugebenden Divisionen mit großen Schwierigkeiten nach Italien geschickt, aber bevor sie noch an die Front kamen, hatten sich die Oesterreicher schon über den Piavestrom zurückgezogen. Was soll man nun tun? Die Oesterreicher anzugreisen geht nicht gut an, schon wegen des hochgehenden Flusses nicht, aber auch aus anderen Gründen. Die Divisionen so lange da unten zu lassen, bis das Wasser sich verlaufen hat, ist auch ( ie Sache. Man kann in Italien nie wissen, wie lange das dauert und dann braucht man die Truppen so nötig gegen die Deutschen. So bleibt vielleicht nichts anderes übrig, als die Grenzen abermals rn iverreir und bin Divi-

Oas tteiäeprinTeüeken

V»n L. M«rlitt

* Nur Dagobert maß seinen Onkel mit einem ver­ächtlichen Blick, und ein höhnisches Lächeln kräuselte seine Lippen er war seiner Sache gewiß, er war der unumstößlichen Ueberzeugung, daß der Mann dort ge­logen_ Welcher von beiden war im Unrecht? Noch

wünschte ich den-Geschwistern den Sieg; aber ich meinte auch, nie in meinem Leben einem Menschen wieder glau­ben zu können, wenn es sich bestätigte, daß ein Mann wie Herr Claudius sich zu einer gemeinen Lüge herab­gelassen /habe.

Tie zwei Abgesandten kamen unverrichteter Sache aus dem Glashause zurück, und das Flakon fand sich schließlich in der Tasche der Prinzessin, die plötzlich ihre ganze Ruhe wiedergefunden hatte. auf ihren Wan­gen, die sonst wie von einem zartrosigen Flaum über- 'haucht schienen, war ein tiefer Purpur liegen geblieben.

Fräulein von Wildenspring versicherte ängstlich, der Himmel hänge voll schwarzer Gewitterwolken, eine Aus sage, die auch durch die sich auffallend verdichtenden Schat­ten in den Zimmern bestätigt wurde. Gleichwohl setzte sich die Prinzessin und nahm von den köstlichen Früch ten, die ihr Fräulein Fliedner in einer silbernen Schale >bot.

Mir war so beklommen und unheimlich zu Mute, als müsse sich jeden Augenblick das Unglaubliche ereignen, ldah der schöne Lothar aus seinem Rahmen mitten in die Gesellschaft herabsteige. Wie furchtbar sprechend seine Augen niedersahen, und wie lebendurchströmt die Hand, die den verhängnisvollen Reif trug, sich von dem dunk­len Sammet des Hintergrundes hob!

Vielleicht las die Prinzessin diese beängstigenden Ge­danken auf meinem Gesicht; sie winkte mir.

Mein Kind, Sie dürfen nicht so traurig sein," sagte sie mild, während ich nmvill»ü«.li^ -.or sir hinknie-e

ich hakte das ja auch oft bei Ilse getan. Sie legte die Hand auf meinen Scheitel und bog mir den Kopf in den Nacken.Heideprinzeßchen! Wie hübsch das klingt!

. Aber Sie sind doch eigentlich kein Kind der nordi­schen Heide mit Ihrem braunen Gesichtchen und der klei nen, orientalisch gebogenen Nase, mit den dpnklen, wil­den Locken und dem scheuen Trotz in Ihren Zügen weit eher eine Prinzessin der ungarischen Steppe, die sich.mit köstlichen Perlen aus dem Orient behängt ach, sehen Sie, wie recht ich habe?" lächelte sie und er­faßte die Perlenschnur, die mir tief über die Brust herabgefallen war; einen Augenblick ließ sie dieselbe über­rascht durch ihre Finger rollen.Aber das sind ja die schönsten Perlen, die Sie da tragen!" rief sie bewundernd Sind sie Ihr Eigentum, und von wem haben Sie diese Schnur auserlesener Stücke?"

Von meiner Großmutter."

Von der Mutter Ihres Vaters?... Ach ja, wenn ich nicht irre, war die eine Geborene von Olberode, aus dem alten, reichen Freiherrngeschlecht nicht wahr, mein Kind?" ' ' ,

Eine Bewegung über dem Haupte der Prinzessin machte mich rasch aufblicken da stand Dagobert mit gehobenem Zeigefinger und sein Blick traf magnetisch und durchbohrend den meinen....

Nichts sagen!" warnte mich seine Gebärde. Wie ein Traum flog es in meiner Seele aus, daß er mich schon einmal gewarnt hatte; aber ich fand in diesem häß­lichsten Moment meines Lebens weder Zeit noch Klarheit, an dasWarum" zu denken. Einzig von dem Blick beherrscht und in eine unbeschreibliche Verwirrung ver­setzt, stammelte ich:Ich weih es nicht!"

Was hatte ich getan? Mit dem letzten Worte wich der Zauber, und ich entsetzte mich vor meiner eigenen lügenhaften Stimme. Wie, ich hatte eben vor all diesen Ohren erklärt, ich wisse nicht, ob meine Großmutter aus dem Freiherrnaeschlechtc der Olderode stamme?. Lüge,

Lüge! Zu welchem Zwecke diese entMevene 'Verleug­nung der Wahrheit? Noch heute muß ich sagen,ich wußte es nicht." Ich hatte mechanisch unter fremdem Einflüsse gesprochen und fühlte nur unter tiefem Jammer, daß ich mich Zeitlebens dieses Augenblicks schämen müsse. Und wenn auch alle, so wie eben Dagobert, mir Beifall zugenickt hätten was half es? Einer richtete mich doch streng er sah mich mit unverhohlener Bestürzung an, wandte sich ah und ging hinaus, und das war Herr Claudius.

Ich rang Mit mir, aber ich fand nicht den Mut, durch sofortige Offenheit den Fehler zu sühnen. Scham und die Furcht, mich lächerlich zu machen, verschlossen mir die Lippen; auch wurde das Schweigen, das meiner Antwort folgte, rasch abgeschnitten' der erste Stoß des Gewittersturmes fuhr jäh durch die Straße und warf die graue Staubschicht des sonnenheißen Pflasters gegen die Fenster.

Die Prinzessin erhob sich; auch mein Vater kam schleunigst wieder herein. In meiner stillen Verzweiflung sah und hörte ich alles, was um mich her vorging, wie im Traume. Ich sah Herrn Claudius wieder eintreten, hoch und fest und völlig unbewegt in den Linien seines Gesichts; aber ich wußte gerade in diesem Augenblick erst, weshalb ihn die Prinzessin so unverwandt ansah, wenn er zu ihr sprach er hatte dann genau das Licht in seinen Augen, wie das Bild dort, das Licht, welches siedie Seele" nannte. Sie legte die Hand auf seinen Arm und ließ sich die Treppe hinabführen; mechanisch nachfolgend, kam ich an Fräulein Fliedner vorüber, ihr milder Blick hatte etwas Kühles, Fremdes, als er mich ! traf ach ja, sie hatte ja auch neulich rm Glashai l -Dagoberts Warnung mit angehört und sah nun das v-,warze Siegel der Lüge auf niemer Stirn ich biß sie Zähne aus die Unterlippe und schritt über die Schlvelle.

^ Die seidenen Schleppen der Damen rauschten die Treppe . hinab, unh dazwischen hinein klang die lieblich schmeichelnde s stimme der Prinzessin mir schien es, als habe sie noch nie in so herzlichen Tönen gesprochen-