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Wr 101

Doimerstas, d?« L. Mai 1018 .

35. Jahrgang

Die Engländer einst und jetzt»

In allen früheren Kriegen der Engländer um die Weltherrschaft hat ihre Flotte die erste Rolle gespielte Wohl verstanden es auch die alten Engländer vortreff­lich, fremde Volkskraft für sich arbeiten und bluten zu kaffen. Wenn aber der frische Wagemut dem Engländer im Laufe von hundert Jahren so ganz und gar abhanden gekommen ist, so muß mit seiner Geistesverfassung eine Wandlung vorgcgangen fein, die vielleicht das bemer­kenswerteste Kennzeichen ist, das dieser Völkerkrieg zutage gefördert hat.

Englands politische Neberlegenheit im 19. Jahr­hundert ruhte auf dem Sieg über den napoleonischen Imperialismus. Daraus entwickelte sich rasch die wirt­schaftliche Neberlegenheit, die auf Kohle und Eisen ruhte. Von 1801 bis 1871 wuchs die Bevölkerung des eigentlichen Englands von 9 Millionen auf 23 Millio­nen. Mer dies 23-Millionenvolk war im Wesen völlig anders als das alte 9-Millionenvolk. Für das alte England war der heimatliche Mutterboden die Kraft­quelle, woraus es das zum Daseiu Unentbehrliche zog. Der Ackerbau war zwar schon im Laufe des 18. Jahr­hunderts immer weniger imstande, die wachsende Be­völkerung gut und ausreichend zu ernähren. Aber erst im Laufe des 19. Jahrhunderts durchschnitt das neue Jndustrievolk die Wurzeln, die ihm die Kraft des Heimatbodens zugeführt hatten, so ziemlich restlos. Die politisch-wirtschaftliche Neberlegenheit gebar den Frei­handel. und der Freihandel machte den Ackerbau ent­behrlich so lange die politisch-wirtschaftliche Neber- .legenheit gesichert war.

Seit 1871 aber wuchs auf dem Festland ein Neben­buhler heran, der sich die Mächte der Kohle und des Eisens in steigendem Maße dienstbar machte, der die wirtschaftliche Neberlegenheit Englands immer entschie­dener bestritt, ohne den Zusammenmhang mit dem Mut­terboden seines Volkstums voreilig zu zerreißen. Die eigentliche Gefahr, die in dieser wurzelstarken Neben­buhlerschaft lag, hat das entwurzelte Jndustrievolk der Engländer nicht erkannt. Es ist in den Krieg ge­gangen mit dem Gefühl satter Befriedigung,, als habe

es gar nicht nötig, sich kriegerisch besonders anzustrcngen. Seine Ueberlegenheit erschien ihm durch hundertjährige Gewohnheit als etwas so Selbstverständliches, daß es glaubte, sie nur geltend machen zu brauchen, um den Gegner mit der Wucht seines bloßen Daseins totzu­drücken.

Langsam brächte d^ Krieg die falsche Rechnung ans Tageslicht. Deutschland, das mit den Mächten von Kohle und Eisen auf vertrauterem Fuße stand, als England selbst, brauchte noch nicht zu verhungern, weil England die Zufuhr von See her sperrte. Das deutsche Volks­tum hat seine Wurzeln immer noch tief genug im hei­matlichen Mutterboden, um vor dem Verhungern ge­sichert zu sein. Das muß ein furchtbares Erwachen ge­wesen sein, als England den Grundirrtum seines krie­gerischen Unternehmens nach und nach zu erkennen be­gann! Wir Deutschen sind viel zu harmlos und zu un­erfahren, um uns von der grundstürzenden Umwälzung in der Geistesverfassung des Engländers, die wenige Kriegsjahre herbeigesührt haben, auch nur eine annähernd richtige Vorstellung zu machen. Mer das Ergebnis haben wir deutlich genug sehen können: verzweifelt klammert sich der Engländer an seine Flotte, als an das einzige und letzte Mittel, das ihm seine iUcber- legenheit sichern soll; nicht um das Mittel zu gebrau­chen, sondern um es möglichst unversehrt über den Krieg hinaus zu retten.

Wer mit fortschreitendem Kriege geht die'grnnd- stürzende Umwälzung im Denken des Engländers weiter. Der Wagemut, der das alte, seefahrende England beseelte, und her wie man jetzt erst erkennt auf dem Be­wußtsein beruhte, daß die Wurzeln des. völkischen Da­seins unantastbar seien, daß das nackte Leben des Vol­kes gesichert sei, der ist jetzt bei den Deuts chen. Sie greisen das schwimmende England an, wie die Engländer einst die spanischen Silberflotten und die Fregatten Lud­wigs XV. und des ersten Napoleon angriffen. Die altgewohnte Ueberlegenheit, sie ist keine Selbstvsirständ- lichkeit mehr. Die wirtschaftliche Ueberlegenheit haben die Deutschen längst mit Recht angezweifelt, und die politische schwindet in diesem Kriege von Tag zu Tag mehr da- üin. Gegen..,das Tauchboot ist kein Kraut.gewachsen.

Der Brückenkopf, den man sich auf dem französischen Festlande mit Hilfe von drei Vierteln der bewohnten Erde geschaffen hatte, wankt und schwankt unter Hin- wenburgs Hammcrschlägen. Und deutsche Geschütze schie­ßen über eine Entfernung von 120 Kilometer weg. Was das für eine Insel bedeutet, deren kürzeste Entfernung vom Festlande kaum 40 Kilometer beträgt, und von der kein Punkt im Innern mehr als 120 Kilometer vom Meere entfernt liegt, das umhüllt zwar noch der Schleier der Zukunft, aber Erfreuliches birgt er vor englischen .Augen gewiß nicht. ' '

Wo sind, Churchills Prahlereien von den deutschen Schiffen, die man ausgraben werde, wie Ratten aus ihren Löchern? Wo das hochfahrende Wort von der deutschen Flotte, die vernichtet sein würde, bevor die die Deutschen merkten, daß Krieg sei? Worte aus dem Geiste jenes alten Englands, das nicht mehr ist! Wir aber, die wir mit beiden Beinen fest auf deutscher Mut­tererde stehen, und Zeebrügge halten, während wir zu­gleich die englische Front in Frankreich zertrümmern > wir sind d as Volk v o n mor g en! Die welt­beherrschenden und weltausbeutenden Engländer find das Mlk von gestern. (Leipz. Neueste Nachr.)

Der Weltkrieg.

WTB. Großes Hauptquartier, 1. Mai. (Amtlich.) Westlicher Kriegsschauplatz:

In Flandern lebte der Feuerkampf in den Ab­schnitten von Loker und Dranoutre zu größerer Heftigkeit auf. Frisch in den Kamps geworfene franzö­sische Kräfte versuchten vergeblich, gegen Dranoutre vor­zudringen. Ihr mehrfacher Ansturm brach in unserem Feuer zusammen.

Auf dem Schlachtfeld beiderseits der Somme führ­ten wir erfolgreiche Erkundungen durch.

Vorstöße in die feindlichen Linien südwestlich von No hon und über den O ise-Aisne-Kanal bei Fa- resnes brachten mehr als 50 Gefangene ein.

An der übrigen Front nichts von Bedeutung.

Das Ileiäeril'inxeüelien ! . , »Siebenzehn Jahre, Herr Doktor: ich habe es Ihnen

' ' ta schon zweimal geschrieben."

Ach so!" sagte er und strich sich wieder über die Stirn; dann schlang er seine Finger ineinander und lies sie in den Gelenken knacken er war das Bild eines Menschen, den man plötzlich aus einem tiefen Traume gerissen und in die grelle Wirklichkeit gestellt hat.

Du bist müde, mein Kind, verzeihe, daß ich Dich so lange stehen ließ!" sagte er zu mir, nachdem er ein­mal rasch auf- und abgegangen war. Inmitten des Saales stand ein schwerfälliger mit Büchern und Papieren be­deckter Tisch; mein Vater schob uns zwei der Lehn­stühle hin. /

Komm, ruhe ein wenig aus!" sagte er, als er bemerkte, daß ich zögerte, mich zu setzen.Tann wollen wir in das Hotel gehen

Ins Hotel, Herr Doktor?" fragte Ilse gelassen. Was soll denn das Kind im Gasthaus? . . . Das würde sie ein schönes Geld kosten zwei Jahre lang" <

Von E. Marlitte

In einer der Fensternischen des Büchersaales stand ein Schreibtisch; vor demselben faß ein Herr und schrieb. Er hatte unser Eintreten nicht bemerkt, denn während wir noch einen Augenblick regungslos an der Schwelle verharrten, hörten wir das Kritzeln seiner Feder. Ich weiß nicht, war es die Seltsamkeit der Umgebung, oder die Furcht vor meinem Vater, genug, sogar Ilse, die stets schlagfertige Ilse zögerte einen Moment; dann aber nahm sie entschlossen meine Hand und führte mich nach dem Fenster.

Schönen guten Tag, Herr Doktor, da wären wir!" sagte sie.

Mein Vater fuhr aus den rings aufgehäuften Papier­stößen empor und starrte uns an; dann schnellte er wie elektrisiert in die Höhe.

Ilse!" rief er in unverkennbarem Schrecken.

Ja, die Ilse, Herr Doktor!" sagte sie ruhig.Und das ist Lenore, Ihr einziges Kind, das seinen Vater seit vierzehn Jahren nicht gesehen hat. Das ist lange her, Herr Doktor, und wärs kein Wpnder, wenn sie aneinander vorübergingen, ohne sich zu kennen."

Er schwieg und sMch sich wiederholt über die Stirn, als koste es ihm die größte Mühe, sich zu sammeln und unser Hiersein zu begreifen. Mit weicher Hand schob er mir den Hut zurück und sah mir in die Augen, und ich sagte mir, innerlich ein wenig zurückschreckend, daß es wohl selten ein so mageres eingesunkenes Gesicht geben könne, als das meines Vaters; aber er hatte die schönen Augen meiner Großmutter.

,Mso Du bist Lenore?" sagte er sanft und küßte mich auf die Stirn.Klein ist sie, Ilse, ich glaube, sie ist kleiner als meine Frau war" er seufzte auf.Wie alt ist das Kind 7."^_> - > - -

Mein Vater taumelte förmlich zurück.Zwei .Jahre? Was reden Sie da, Ilse?"

Ich rede nur, was ich Ihnen zehn Jahre lang in jedem Briefe geschrieben habe wir sind da mit Sack und Pack! . . . Ich leide es ein für allemal nicht mehr, daß das Kind in der Heide verwildert! Sehen Sie sich Lenoren an! Sie kann kaum lesen; und schreiben daß Gott erbarm sie sollten nur mal die Krakelsüßc sehen! Auf die Bäume kann sie klettern und in die Nester gucken, aber eine ordentliche Naht nähen, oder eine Ferse in einen Strumpf stricken, das kann sie nicht Habs ihr mit dem besten Willen nicht beibringen können, und vor einem fremden Mcnschengesicht läuft sie wie vor einer' I Wildkatze und bringts nicht fertig, auch nur guten Tag sagen. Und das ist dem Herrn von Sassen pin einzig Kind! . . . Ihre Frau müßte sich in der Erde umdrchen, wenn sie das wüßte!"

Mein Gptsi .daU MM. j<NKlleswahr, und richtis

sein!" rief er und fuhr sich mit beiden Händen ver- zweiflnngsvoll in die Haare.Aber ich bitte Sie, Ilse, was soll denn ich mit dem Kind anfangen?"

Bis dahin hatte ich den Wortwechsel regungslos unc schweigend mit angehört; aber nun erhob ich mich.

Ach, wie schrecklich ist dies alles!" rief ich, und meine Stimme zitterte vor Angst und Schmerz.Vater sei ruhig; ich will Dir ganz gewiß nicht wieder unter die Augen kommen! Ich gehe auf der Stelle wieder, und wenn es sein muß, kaufe ich zu Fuß in die Heide zurück. Dort ist ja Heinz, der freut sich'ganz gewiß, wenn ich wiedcrkomme. Und ich will nun auch fleißig werden, Vater; darauf kannst Du Dich verlassen ich will näher! und stricken. Du sollst sehen, ich werde Dir nie, nn wieder zur Last fallen! . .

Sei still, Kind," sagte Ilse, indem sie sich mit über­strömenden Augen rasch erhob.

Aber schon hielten mich zwei Arme umschlungen ick ruhte am Herzen meines Vaters.

Nein, nein, mein Kirrd, mein armes, kleines Lorchen, so war das nicht gemeint!" tröstete er mich bewegt. Selt­sam es war, als hätten ihn erst meine Worte zu sich selbst und zur vollen Erkenntnis der ganzen Lagc gebracht. .Nun gerade sollst Du bei mir bleiben. . . . Ilse, hat das Kind nicht ganz die Stimme meiner Frau? Klingt sie nicht genau so erquickend silberhell?...' Bei mir bleiben soll sie, in die Heide darf sie nicht wieder zu­rück, das steht fest! . . . Mer liebe Ilse, wie fängt

man die Sache an?- Hier ist ja nicht einmal mein

Heim; ich bin selbst Gast tir diesem Hause auf unbe­stimmte Zeit- Ja, wie fängt man das an?"

Dafür lassen Sie mich sorgen, Herr Doktor," ver­setzte Ilse.Ich kann getrost eine Woche vom Dierkhoj sortbleiben, wenn mir auch der Heinz unterdessen ein paar Dummheiten macht.... Jjch will schon alles ein­richten_ Und das Kind kommt auch nicht nrit leeren

Händen."...1.

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