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Kr. 86
Montag» drrr 13. April 1918.
M3. Jahrgang
Clemencean hat seinen Haupttrumps ausgespielt p e> veröffentlicht den angeblichen Brief des Kaisers Karl an seinen Schwager, den Prinzen Sixt von Bourbon-Parma, den Bruder der Kaiserin Zita, der, wenn er echt wäre, den Kaiser Karl allerdings in einem merkwürdigen Licht« erscheinen ließe. Von Wien aus wird aber erklärt, daß der Brief verfälscht sei, woran nicht gezweifelt werden darf. Die Frage ist nur: Wer hat den Brief verfälscht? Ist Clemcnceau von einem Fälscher getäuscht worden oder hat er selber den Brief verfälscht? Wie kommt aber der Prinz von Bourbon dazu, den vertraulichen Brief eines nahverwandten Regenten den französischen Regierungsstellen zur Kenntnis zu bringen? Man wird ohne weiteres annehmen müssen, daß er selbstverständlich mit der Verfälschung nichts zu tun hat, aber der Vorwurf des Vertrauensmißbrauchs wird auf ihm sitzen bleiben; ohne ihn wäre die Verfälschung nicht möglich gewesen. Die .Hauptsache ist jedoch, daß den auf den Brief sich stützenden Treibereien, die im Geheimen mehr Unheil angerichtet haben, als viele sich wohl vorstellen, ein Ende gemacht ist.
Die amtliche französische Erklärung vom 12. April hat folgenden Wortlaut:
In dem Lügengewebe muß Halt gemacht werden. Da Kaiser Karl unter den Augen von Berlin die lügnerischen Ablcug- nungen des Grafen Czernin auf seine Rechnung nimmt, so legt er der französischen Regierung die Verpflichtung auf, Den Beweis zu erbringen: Folgendes ist der Wortlaut des handschriftlichen Briefes, der am 31. März 1917 vom Prinzen Sixt non Bourbon, dem Schwager ocs Kaisers von Oesterreich, Herrn Poincare. dem P ü:identen der Republik, und mit'Zustimmung des Prinzen sofort dem französischen Ministerpräsidenten mitgetcilt wurde:
Mein lieber Sixt! Das Ende des dritten Jahres dieses Krieges, der so viel Trauer und Schmerz in die Welt geluncht hat, nähert sich. Alle Stämme meines Reiches sind enger ais jemals geeint in dem allgemeinen Willen, die Unver ehrt- belt der Monarchie auch um den Preis schwerster Opfer zu wahren. Dank ihrer Einigkeit und des großmütigen Zusammenwirkens aller Nationalitäten meines Reiches hat die Monarchie seit fast drei Jahren den schwersten Stürmen standhalten können. Niemand wird die militärischen Vorteile bestreiten können, die meine Truppen besonders auf dem Balkankriegsschanplal; davongetragen haben. Frankreich seinerseits hat eine Widerstandskraft und einen machtvollen Elan gezeigt: Wir alle bewundern rückhaltlos die staunenswerte herkömmliche Tapferkeit seirs: Armee und den Großmut des gesamten französischen Volkes. Ebenso wn'd, es mir besonders angenehm sein, zu sehen, daß, obwohl mir a uaen blic kljch Gegner li nd. w irkliche Verschieden^
038 Oeiäeprinxekeken
Von E. Marlitte
^"F,Da, suche Dir die Adresse selber — ich Hab sie nicht im Kopse. Aber verliere mir nichts und stöbere nicht zu viel herum!"
Sie ging hinaus. Sauber geordnet lag die spärliche Verbindung zwischen dem Dierkhos und der Außenwelt in dem kleinen Viereck! ... Da war das kleine Päckchen, das die Briese meines Vaters umschloß; sie trugen alle Ilses Adresse, enthielten stets nur wenige Zeilen, einen Gruß an die Großmutter und an mich, und eine bestimmt verneinende Antwort auf Ilses hie und da wiederkehrende Bitten, mich, der Schule wegen, vom Dierkhos wegzunehmcn. Unter dem Päckchen lag auch ein Schreiben, von welchem ich wußte, daß es vor kurzem eingelaufen war. „Au Frau Rätin von Sassen. Hannover." stand in schlanker Schrift auf dem Kuvert. Der Brief war an meine Großmutter — der einzige, der, fo lange ich denken konnte, unter dieser Adresse in unser Haus gekommen war. Als Heinz ihn vor, einigen Wochen mitbrnchte und Ilse übergab, da ging ich gleichgültig darüber hin, ohne den Inhalt wissen zu wollen; die Welt außerhalb der Heide hatte für mich nicht die geringste Anziehungskraft. Heute war das plötzlich anders; das aufgebrochene Siegel reizte mich, einen Blick auf das Blatt drinnen zu werfen; allein ich wagte es doch nicht ohne Ilses Erlaubnis und legte den Brief einstweilen ans die Tischccke.
Die Adresse meines Vaters war schnell gefunden. Als ich fein letztes Schreiben mit hastiger Hand anseinandcr- schlug, da stand dicht unter seinem .. .nen: „Firma Claudius Nr. 64 in K." Ein jäher Stich durchfuhr mich, und ich fühlte, wie es mir slammendheiß über öas Gesicht hinlief, als ich den Namen schwarz aus me iß vor mir sah, den der Professor heute wiederholt ausaelln-ocben hatte, Ich kannte den-Inhalt des Briefes,
heit der Ansichlen oder'Ansprüche mein Reich'vom Framneiax lkennt und daß ich berechtigt bin, hoffen zu können, daß meine: lebhaften EiMpathien für 'Frankreich in Verbindung: mit denjenigen die in der ganzen Monarchie herrschen, ganz und gar' auf immer die Rückkehr des Kriegszustandes verhindern'werden, 'ür den keine Verantwortung auf mir ruht.
In Anbetracht dessen und nm diesen Empfindungen' einen vestimmien Ausdruck zu geben, bitte ich Dich, geheim uns nichtamtlich Herrn Boinenre, 'dem Präsidenten der französischen Re- vublik, mitzuteilen daß ich mit allen Mitteln und unter Aufwendung meines ganzen persönlichen Eingusses b-k meinem Verbündeten die gerechten Ansprüche Frankreichs auf Elsaß-Lothringen unlenttiitzen werde. Was Belgien beiriift. so muß' feine Souveränität wieder hergcstellt werben, unter Wahrung seines rs'amtcn afrikanischen Besitzstandes, unbrschatet der Entschädigung^, dle- :s für die erlittenen Verluste wird bekommen KLnncn.n
Serbien wird in seiner Unabhängigkeit wiederhergestellt werden und als Nnternfand unseres guten Willens sind wir geneigt, ihm einen billigen und natürlichen Zugang zum Adriatischen Meere zu gewährleisten, wie auch weitgehende wirtschaftliche Zugeständnisse zu machen. Oesterreich-Ungarn seinerseits muß' als unerläßliche und Grundbedingung verlangen, daß das Königreich Serbien in Zukunft jede Beziehung 'abbricht und jede Gemeinschaft unterdrückt mit einer Gruppe, deren poiiiisches Ziel sich auf die Zerstückelung der Monarchie richtet, besonders mit der Narodna Obrana. die cs in ehrlicher Weise und mit allen Mitteln seiner Macht von jeder politischen Agitation innerhalb und außerhalb der Grenzen Serbiens, nach dieser Richtung abhalten und dafür ihm .unter Bürgschaft der Mächte des Verbands eine Sicherheit geben wird. Die Ereignisse, die sich in Rußland zugetragen haben, nötigen mich, mit meinen Gedanken, über diesen Gegenstand bis zu dem Tage, wo eine gesetzliche unb endgültige Regierung dort wieder eingesetzt wird, zuriickzuhaltcm
Nachdem ick Dir also meine Gedanken ausciuandergesetzt nabe bitte ich Dich. Deiners its, nachdem Du mit diesen beiden- Mächten unterhandelt hast, die Meinung, in erster Linie diejenige Frankreichs und Englands, in dieser Hinsicht mir zu erklären um den Boden für eine Verständigung rorzubcreiien, auf Grundlage deren amtliche Vorbesprechungen einaeleitet und zu einem befriedigenden Ergebnisse geführt werden können. Indem wir alle hoffen, daß wir auf diese Weife beiderseits den Leiden so vieler MN-oven Menschen und fo vieler Familien in Traurigkeit und Angst ein Ziel setzen können, bitte ich Dich, an meinen höchst aufrichtige und brüderliche Zuneigung zu glauben. Gczp Karl.
Nachdem Graf Tzerm'n in feiner Note am 8. April dice Existenz dieser Verhandlung, die auf die' Anregung einer Persönlichkeit in einem viel höheren Rang als dem seinigen stattge-- funden hat, anerkannt hak, ist nun die österreichische Regierung, rn der Reihe, sich über den von ihr zugestanüenen Bersuclß and über, die Einzelheiten der Verhandlungen ihrer Vertreter zu wklären.
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Die Wiener Antwort.
Wien, 12. April. Amtlich wird verlautbart:'. Der von dem französischen Min isterPr üsi d i un pur Seiner Hpr- .
I klärung vom 12. April 1918 veröffentlichte Vrns inner K. und K. Apostolischen Majestät ist verfälscht. Bor allein sei erklärt, daß unter der im Rang weit über dem Minister des Aenßern stehenden Persönlichkeit, die, wie in der amtlichen Verlautbarung vom 7. 2ftn-js zugegeben wurde, im Frühjahr 1917 Friedensbemühungen untcr- 'mmen hat, nicht seine K. und K. Apostolische Majestät, sondern Prinz Sixtus von Bourbon verstanden werd mußte und verstanden wurde, da Prinz Sixtus im Frühjahr 1917 mit der Herbeiführung einer Annäherung der kriegführenden Staaten befaßt war. Zn dem von Herrn Clemenceau veröffentlichten Bricftext erklärt das K. unT KP Ministerium des Aenßern auf allerhöchsten Befehl, daß Seine K. und K. Apostolische Majestät seinem Schwager, dem Prinzen Sixtus von Bourbon, im Frühjahr 1917 einen rein persönlichen Privatbrief geschrieben hat, der keinen Auftrag an den Prinzen enthielt, eine Vermittln' beim Präsidenten der französischen Republik oder sonstwie einzuleiten und die ihm gemachten Mittellungen weiter-' zugeben, sowie Gegenerklärungen zu veranlassen und cnt- gegenzunehmen. Dieser Brief erwähnte die belgische Frage überhaupt nicht und enthielt bezüglich Elsaßj-Äothringens folgende Stelle:
„Ich hätte meinen ganzen persönlichen Einfluß zugunsten der französischen Rückforderungsansprüche bezüglich Elfaßl-Lothringens eingesetzt, wenn diese Ansprüche gerecht wären. Sie sind es jedoch nicht."
Den in der Mitteilung des Französischen Ministerpräsidiums vom 9. April erwähnten zweiten Brief des Kaisers, in dem Seine K. und K. Apostolische Majestät erklärt haben soll, „daß er mit seinem Minister einig" sei, erwähnt die französische Erklärung Lezeichnenderwe'si j nicht.
Kaiser Wilhelm telegraphierte an Kaiser Karl, er danke ihm für seine Mitteilung und versichere ihn, daß es der Zurückweisung der feindlichen Behauptungen nicht bedurft Hütte, da er über die Bündnistreue Kaiser Karls keinen Augenblick jm Zweifel gewesen sei. „Unsere Feinde, die in ehrlichem Kampfe gegen uns nichts vermögen, schrecken vor den unlautersten und niedrigsten Mitteln nicht zurück. Damit müssen wir uns absurden, Wer umsomehr erwächst uns die Pflicht, die Feinde auf allen Kriegsschauplätzen rücksichtslos anzugreifen und zu schlagen."
Verschiedene. Berliner Zeitungen berichten, Gras
Ilse iMie ihn mir mitgeteilt; und doch fing ich jetzt an, die Zeilen noch einmal zu studieren. Ach, das war die ganze Oede und Trockenheit, welche die Briefe meines Vaters kennzeichnete! Er fragte »acht: was macht mein Kind? Ist es gesund und denkt es an mich? . . . In diesem Augenblick fühlte ich zum ersten Mal, daß mein Vater ein schweres Unrecht an mir begehe.
Die nichtssagenden Zeilen schlossen mit dem Satze: „Der Brief aus Neapel wird nicht beantwortet, und dc«ß er meiner Mutter nie zu Gesicht kommen darf, versteht sich von selbst." Damit war offenbar das Schreiben gemeint, das da neben mir auf dem Tisch lag; es trug das Postzeichen Neapel und war mir nun doppelt interessant. Nichts über den neuen Aufenthaltsort meines Vaters, kein Wort über seine Beziehungen zu denen, die Claudius hießen — ich sprang auf und warf den Brief in den Kasten. Ei, was kümmerten mich die fremden Leute! Ich sann und grübelte aber doch über Menschen und Verhältnisse, die mich nichts, aber auch gar nichts angingen. Da ging die Tür nach dem Baumhof auf, und .Heinz traft gefolgt von Spitz,' auf den Fleet.
Ich flog auf ihn zu und legte meine Hände auf seine breite Brust — höher kam ich nicht.
„Heinz, Du bist furchtbar böse auf mich, gelt?"
„Ei beileibe, davon müßte ich doch auch was wissen, Prinzcßchen! Hab doch nichts gesagt! Nicht ein .Wörtchen!" brummte er und stippte dabei bedeutsam den Zeigefinger gegen die Stirn. — Mit einer schwerfälligen Be- wegung griff er in die Brusttasche seines Rockes. „Aber das Unmensch - b viele Geld, das da nur so aus den Boden hiulour. ,e, das haben die Leute nicht wieder- geiwmmen, durchaus nicht! ... Ich Habs arrflese-L mm'fln — und da ists, Prinzeßchen!"
Er zählte die blanken Taler in langer Reihe aus seine Rechte. Seine kleinen Augen glitzerten uns -smikel- ten und huschten liebäugelnd darüber hin.
„Ich will sie nicht, Heinz!" grollte ich und stieß nach seiner Hand. 7, iS.
! Was Geld rollte abermals hinab. Was war das i für ein entsetzliches Geräusch, als die schweren Metall- stücke klirrend ans das Steinpflaster niederschmetierten! l Ich hatte es noch nie, und der Dierkhos wohl seit vielen i Jahren nicht mehr gehört.
> Unwillkürlich fuhr ich herum, und mein Blick zuckte scheu über das Fenster, das nach dem Fleet mündete. Hinter den halbblinden Schüben hing ein Picker Teppich, den, so lange ich denken konnte, nie eine Hand von drinnen gehoben hatte — jetzt wurde er zurückgeschleudert, und die Augen meiner Großmutter funkelten heraus.
Das war ein Anblick, der dem Beherztesten Grauen einflößen konnte. Zitternd bückte ich mich, um das Geld zu sammeln; aber da flog auch schon die neben dem Fenster befindliche Tür auf — wie ein Windstoß brauste es heran — ich wurde an der Schulter gepackt und ans die Tenne hinabgestoßcn.
„Nicht anrüyren.l" gellte es mir in die Ohren. Welch eineil erschütternden Klang hatte doch die Stimme, die seit langen Jahren für mich verstummt war!
Da stand die bewältige Frau und schüttelte grimmig die Faust nach Heinz hin. „Tn" zischte es drohend von ihren Lippen. ft
„Gut sein, gnädige Frau,, gut sein!" stotterte er bittend. „Ich trage ja gleich, jetzt auf der Stelle, das^ ganze dumme Lm.cpenzeug nüber in den Fluß!" Er utterte wie Espenlaub.
Sie wandte ihm mit einer heftigen Bewegung den stücken und ich erwartete unter stockenden Pulsen, daß ie sich wieder aus mich stürzen werde. Da stieß ihr Fuß au eines der Geldstücke; sie fuhr zurück^ als habe re auf eine Schlange getreten. — Nun kam ein Schauspiel, )as ich nie vergessen kann; sie schleuderte das Geldstück nit der Fußspitze fort, daß es weithin flog, damft ei"4 -.weites, ein drittes, und so schritt sie auf dem Flee/ ^,ur und her. Wie grauenhaft rasch wechselte das Mienen-- piel aus dem rot überflammten Gesicht! Man sah, sie