der- Erste Generalquartiermeister General der Infanterie Ludendorff zn kurzem Aufenthalt beim österreichisch-unga­rischen Armeeoberkommando eingetroffen, an den sich auch Besprechungen in Wien anschliehen werden.

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- Abschnittsweise, aber doch fast die ganze Ostfroitt treffend, macht sich die Tätigkeit der russischen Artillerie immer weiter bemerkbar. In den letzten Tagen wuchs die Lebendigkeit sogar über das in den amtlichen Be­richten festgestcllte' Maß der Fernkampfmittel hinaus; sie steigerte sich so wesentlich, daß die Tätigkeit auf neue Angriffsabsichten des Gegners schließen ließ und in der Tat sind die Jnfanterieangriffe in einer Aus­dehnung von etwa 30 Kilometer, von der oberen Strypa /,n bis an die Narajowka nun losgebrochen; sie konnten, aber überall durch unser Abwehrfeuer unter großen Ver­lusten für die Russen niedergehalten Werden. Wo kerne J«fanterieangriffe erfolgten, da bekämpften sich die beiden

Artillerien und zwar wurde die litauische Front nameD^' lich im Raume von Smorgon beunruhigt und in de» alten Kampfabschnitten von Ostgalizien und an der Zlota- Lipa mischte sich nach dem österreichischen Bericht sogar Minenfeuer in den Geschützkampf; ähnlich ist die Lage in der wolhynischen Wald-und Snmpfebene westlich von Luc?.

Nicht uninteressant ist, zu erfahren, daß diese neue russische Offensive auf das Drängen der Ententemächte hin erfolgte, die bei Teilen der russischen Armee durch ihre zahlreichen Agenten Stimmung gegen uns zu machen versuchen, indem sie in einen der letzten russischen Heeres­berichte die Machricht von einem deutschen Gasangriff, der tatsächlich nie erfolgte, einzuschmuggeln wußten, die neue Angriffstätigkeit also den Deutschen zur Last legen wollen. Die Absichten sind leicht zu durchschauen, sie wollen bezwecken, die aufgepeitschte Stimmung zn be­nützen, um Unternehmungen, die sie etwa nach der lange andauernden Stille dnrchzusühren beabsichtigen, als not­wendige Gegenmaßnahmen zu rechtfertigen und aus deutsche Schultern zu schieben. Wir werden es ruhig abwarten können, wie weit mit dieser lügnerischen Stimmungs­mache ein Einfluß ans die russische Armee erreicht werden kann. Aus Genf wird hiezu derZür. Post" gemeldet:. Nach verlässlichen in Paris eingetrofsenen Meldungen rüstet sich die russische Heeresleitung jetzt ernsthaft an .ihrer Südwestfront zur Wiederaufnahme der seit dem Vorjahre eingestellten Offensive. Hierzu zog die russische Heeresleitung sehr beträchtliche Kräfte an der österreichisch-- ungarischen Front zusammen, verstärkte die Artillerie ent­sprechend und ist bemüht, trotz aller Erschwernisse der inneren Organisation die Munitionsbestände möglichst zu erhöhen. Es erscheint ausfallend, daß die militärischen Vorbereitungen gerade auf dem österreichisch-ungarischen Gebiete getroffen werden. Die Meldung wirft ein merk­würdiges Licht auf die Beschlüsse über den Frieden, die der Petersburger Arbeiter- und Soldatenrat erst vor kurzem faßte, und in denen ausdrücklich ein Friede ohne Annexionen verlangt wird. Nun beginnt die russische Heeresleitung eine neue Offensive, deren Ziel doch nichts anderes als eine Annexion fremder Gebietsteile sein kann.

Der Krieg mit Italien.

WTB. Wien, 1. Juli. Amtlich wird verlautbart:

Italienischer Kriegsschauplatz: Bei der J'ouzoarmee orangen Sturmpatrouillen der ungarischen Heeresregi­menter 71 und 72 nächst Vertoiba bis zur zweiten feind­lichen Linie vor, wehrten dort zwei Gegenangriffe ab und brachten 1 Offizier und 156 Mann als Gefangene

Der Krieg zur See.

Rotterdam, 30. Juni. Maasbode meldet: Der DampferToro" (1141 BRT.) aus Buenos Aires, der brasilianische DampferPara" (3351) und der Segler ,S-tar" aus Marstal (100) wurden versenkt. Ter Seg­lerM. E. Eldrigte aus Havannah (258) ist gesunken. Der DampferWaitstara" aus Duneden gilt als verloren. Der potugiesische DampferZambezia" (1281) ist ge­iunken. Ter italienische S-eglerElettra Eudora" (125) ist gesunken, ebenso die britischen FischerfahrzeugeHee­ring-Finder" undPearl" und der amerikanische Segler .Edgar W. Murdock" (1451). Ter englische Fracht- ,-ampferPerlen" (vermutlich Perla) von 5255 BRT. !vurde von einem bewaffneten Fischdampfer versenkt. Der englische DampftrawlerDalmation" wird vermißt.

Neues vom Tage.

Lloyd Georges Rede in Glasgow.

London, 30. Juni. In seiner Rede in Glasgow sagte Lloyd George, als er über den Grundsatz der Schad­loshaltung sprach: Wir könnten heute Frieden haben, aber auf einer Grundlage, die, wie die Geschichte zeigen würde, für das Leben jedes Gemeinwesens, das dadurch seine Ruhe erkaufen wollte, verhängnisvoll wäre. Man erzählt uns, daß Deutschland die Unabhängigkeit Belgiens wiederherstellen wolle. Wer sagte das? Kein deutscher Staatsmann hat jemals so etwas gesagt. Der Reichs­kanzler ist beinahe so weit gegangen, das zu sagen, aber die Junker sind über ihn hergefallen. Dann kam die Lehre vonstatus quo" ohne Annexionen und ohne Scha- oensvergütung. Keine deutsche Rede drückt sich darüber deutlich aus. Dasselbe gilt für Serbien.

Die Wirre» in Rußland.

WTB. Petersburg, 30. Juni. Nachdem alle Mit­tel der Ueberrednng gegenüber den Schützen der 12. und 13. Division, die sich am 28. Juni weigerten, einen Befehl zur Umbildung durchzuführen, erschöpft wa- cen, wurde die Ortschaft Jutrow, wo sich die Schützen befanden, gemäß der Weisung des Kriegsministers Ke­renski von Kavallerietruppen umzingelt. Nachdem eine Zatterie zwei Mal in den Ort gefeuert hatte, ging die ttavallerie zum Angriff über, worauf sich ungefähr 500 Schützen ergaben, entwaffnet und abgesührt wurden. Es kam zu keinen blutigen Ereignissen.

Der Bruch mit Griechenland. Mk

Durch die von Berlin kommende Nachricht, daß dej dortige griechische Gesandte Theotoky bei der neuen Regierung in Athen telegraphisch seinen Abschied einge­reicht und die Geschäfte der Gesandtschaft dem ersten Legationssekretär Polichvonidis übergeben hat, werden die aus Paris stammenden Meldungen von der Aufgabe der Neutralität Griechenlands bestätigt. Eine Ueberraschuna bringt diese Neuigkeit für uns nicht mehr. Man kann höchstens die Frage aufwerfen, warum Venizelos, der jetzt mit Hilfe von 40000 Mann Euteutetruppcn auto­matisch über die Geschicke seines Volkes entscheidet, die Formalität des Abbruches der Beziehungen vorgezögen and nicht einfach eine Kriegserklärung erlassen hat. An­geblich soll er der Ansicht sein (nach berühmtem ameri^ konischen Muster), daß der Kriegszustand zwischen Grw^ chenland und zum mirckesten Deutschland schon bestehe vmd ihm nur übrig bleibe, daraus die Konsequenzen zu stehen. Wir wollen die Lösung dieser Frage nuferen Gegnern überlassen und begnügen uns mit der Tatsache, daß die Entente, nachdem fie alle Hindernisse unter dem Druck ihrer Schiffskanonen und ihrer Okkupationstruppen beseitigt hat, ihr Programm durchführt.

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WTB. Rotterdam, 30. 'Juni. DerNieuwe Rot- terdamsche Courant" meldet aus London: Nach einem Bericht derCentral News" aus Athen hat die grie­chische Regierung der niederländischen Regierung die Wahrnehmung der griechischen Interessen in Deutschland, Oesterreich-Ungarn, Bulgarien und der Türkei übertragen.

.. , Stuttgart, 29. Juni.

> 188. Sitzung der Zweiten Kammer.

Bei der Fortsetzung der Beratung des Staat sh aus- Haltplans sprach sich Mg. Fischer (V.) ebenfalls für den Sparzwang Zugendlichen aus, da man es hier nicht mit innerlich erstarkten oder moralisch gekräftigten Menschen zu tun hätten. , . ,

Minister des Innern Dr. v. Fleischhauer gab zu, dag die Zahl der Handelskammern (acht) reichlich grob sei und ohne Schädigung der volkswirtschaftlichen Interessen eine Ver­minderung sich ermöglichen lasse. Es scheine aber zu weit zu gehen, wenn eine einzige Kammer fiir das ganze Land vorge- schlagen werde: er behalte sich eine weitere Entschließung vor und sei bereit, in eine weitere Prüfung der Frage einzutrcten. In der Frage der Zusammenlegung der Handels- und Hand­werkskammern sei die württembergische Regierung nicht allein zuständig. Es frage sich, ob bei der Verringerung der Zahl der Handwerkskammern dem Handwerk gedient sei; denn die Bedürfnisse te- Handwerker seien ganz andere, als die der

Großindustrie. Bei einer Bereinigung zu einer Wirtschaftskam- mer entstünden unliebsame Kompetenzstreitigkeiten. Mit der vom Haus gegebenen Anregung, die Tätigkeit der Gewerbe­inspektionen 'wieder aufzunehmen, sei die Regierung völlig einverstanden. Die Einstellung der Frauen in Industriebetriebe fei bei dem fortwährenden Mängel an männlichen Arbeitskräften nicht zu vermeiden gewesen. Wegen Ausschreitungen der Ju­gendlichen gehen an das Sieiiv. Generalkommando zahlreiche

Zuschriften. Es habe sich auch in Württemberg gezeigt, daß

die Eltern nicht die nölige Widerstandskraft gegenüber den

Kindern, die ihre Löhne vergeuden, besitzen. Wenn nicht der Spa? zu am allgemein eingeführt werde, dann würden mir einen Abgang der Jugendlichen in die Bezirke, wo ein sol­cher Zwang nicht bestehe, erleben.

Abg. Wieland (Natl.) steht einer Zusammenlegung der Handels- und Handwerkskammern sehr skeptisch gegenüber, wenn er auch eine Verminderung der Zahl der Handelskammern bil­lige. E> Haie es für ein absolutes Gebot der Notwendigkeit, den Sparzwang der Jugendlichen einzusithren.

Abg. Liesching (P.) bezeichnete es als eine Verkennung der Tatsachen, wenn man bei der Frage des Sparzwangs die jugendliche» Arbeiter mit Studenten und jungen Leutnants ver- zleiche, wie es die Sozialdemokratie tue.

Abg. Dr. billig (B. K.) stimnue für das Bestehen von zwei Handelskammern, und brachte den Standpunkt seiner Par­tei wegen des Sparzwanqs der Jugendlichen zum Ausdruck, der sich den Vorrednern, mit Ausnahme der Sozialdemokratie, deckte.

Die Abgg. Hornung (S. B> und Benz-Heidenheim (Soz.) sprachen sich gegen" eine Perringerung der Handwerks- ''mumern und für Schaffung von Arbeiterkammern aus.

Abg. Mattutat (Soz.) sprach sich gegen die Landkranken- anssen der Dienstboten, wie überhaupt gegen eine Zersplitterung im Versicherungswesen aus. In der Frage des Sparzwangs hiev er i» die gleichen Kerbe wie seine beiden Vorredner. Der An­trag bedeute nichts weiter, als eine brutale Provocation der Ar­beiter. Wenn mau den Frieden mit den Arbeitern wolle, dann müsse man von der Annahme des Antrags absehen.

Abg. Andre (Zir.) entgegnete, daß der Antrag nur die. jeuigen Gelder rrstüse» wolle, die eine Anzahl Jugendlicher verdienen und die weit über den Rahmen hinausgehen, was die Jugendlichen verdienen. Die Sozialdemokratie sei über das Wesen dieses Sparzwangs nicht orientiert. Er sehe es als ein Stück der 'P.'rs'.---wr-i-:uiig, besonders in der jetzigen Kriegszeit an, wenn junge Leute, die kaum ein paar Jahre aus der Schule seien. Sonutäg für Sonntag große und weite Ausflüge ma­chen, die ihnen 8iv Mark Austagen bereiten. Die bürger­lichen Parteien lasse:', sich durch die Schiagworte Streik und Revolu.io.! nicht ttnschüchierii. Wir seien noch nicht soweit, daß sich das Deutsche Reich von den Sozialdemokraten regieren lasse. (Zuruf von der > --nnokratie: Aber auch noch nicht so weit, daß- sich die A.b.i.er ;chiaanieren lassen.)

Abg .Fischer (P.) bemerkte, daß man von den Jugend­lichen veriangen könne, daß auch sie ihre Pflicht tun, und wenn man das nicht - erlangen könne, dann sei dies die Auslösung der Lolksgeineinschast.

Minister v. Fleischhauer ermahnte das Haus, nicht zu vergesse», daß wir im Zeichen des Burgfriedens stehen und wir daraus angewiesen seien, in den Fragen der innere» Politik uns zu verständigen.

Bei der namentlichen Abstimmung ergaben sich -K Stim­men für, II Summen (die Sozialdemokratie geschlossen sowie die volksparieilichcn Abgeo.daeten Hartenstein und Bruckmann) gegen )en Antrag.

Vizepräsident o. Kien? stellte damit die Beschiußunsähig- .,eü des Hauses fest. Die Sitzung wurde um halb 9 Uhr ub- p'biochm und morgen vonairrag 8 Uhr vertagt.

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Stuttgart, 30. Juni.

189. Sitzung der Zweiten Kammer.

Bei der Fortsetzung der heutigen Etatsbera.ung bemerkte Minist.m des Innern v. Fleischhauer, daß auf dem Gc- o e! der P.rbcsftrung der A r b e i t s v c r m i t t i u n g in Wütt- emberg nicht viel zu tun sei, da wir in dieser Frage wie aein linderer Bundesstaat, aus der Höhe der Zeit stehe».

Ein Antrag Graf (Ztr.), die Eingabe von Rentnern um Gewährung von Kriegszulage» zu den 'Renten für erledigt zu ,klaren, 'fand keinen Widerspruch.

Hierauf unterbreitete der Minister dem Hause den Vor- chlaq die Frage der Einführung des Sparzwangs für Iugend- iche in Wurtttmi e. , nochmals ,n den Ausschuß zu verweise», va es ihm fraglich erscheine, ob die Frage schon so weit ge- ilärt sei, daß das Haus im Plenum sich darüber schlüssig nachen könne.

Man ging dann Mr zu der wichtigen Beratung über den

Ausbau unserer Wasserstraßen.

worüber Mg. Graf (Ztr.) berichtete: er brachte dabei de ank der Kammer für die großartige Boschftjstung zum Ausdruck, wodurch die Kaualsrage eine mächtige Förderung erfahren habe.

VW.druckmann (VH führte hiezu aus. der Krieg, die Arbeiten der wurttemb. Regierung und des Südwestdeut-^ scheu Kaiialvcrcins. sowie die überaus reiche Stiftung von °° Bosch hätten die Kaualsrage ganz besonders gefördert Die Ei-' seiibahnen kommen im wesentlichen für den Personen- die Was­serst, aßen für den Massengüteroerkehr in Betracht; heute müsse es heißen: Eisenbahnen und Wasserstraßen! Dieser neue Ver­kehr solle uns Ersatz bieten für vieles, was uns der Krieg 'nommen habe. Er veo.ru.., daß in badischen Kreisen die Meinung habe aufkommen können, als wollten wir in Würt­temberg das Oberrheinprojekt konkurrenzieren. Wenn wir die Wasserstraßen nicht bekommen, oder auch nur zu spät erhol- ten, dann.nnten wir den Wettbewerb nicht mitmachen. Außer i» Eßlingen sollen auch in Stuttgart, Heiibroim, Plochingen, Ulm und Ravensburg sogenannte Zweckoerbände gegründet werden. Bon der Bauwürdigkeit unserer Pläne, die bis Frühjahr 19> "

ausschließlich, sondern auch die südmestdeutschen Kanaipläne dem Reichstag vorliegen. Dann trat der Redner für die Annahme des Misschußaiitrags ein, die Regierung- solle sobald als möglich untersuchen, welche Aenderungen bezüglich der Pläne und Kosten durch das 1200 Tonnenschiff bei der Kanalisierung bis Plochingen rnd der Fortsetzung bis zur Donau entstehen würden, und den, Züdwestdeutschen Kanalverein zur Bearbeitung der Pläne der Verbindung zwischen Neckar und Donau einen Teil der vom Reichstag bewilligten 100 000 Mk. überweisen. Für uns handle :s sich vor allem darum, daß wir bis Februar 1918 die zanzen Pläne von Mannheim bis Ulm durchgearbeitet auf der Grundlage des 1200 Tonnenschiffs an den Reichstag bringen. 'Mnn mau bedenke, wie ungeheuer schwer es für Würt ...nberg sei, ein derartiges Projekt zu finanzieren, so sehe man erst ein, welche Kulturwidrigkeit dieser Krieg sei, der Milliarden um Milliarden verschlinge. Erst wenn einmal die Pläne vorliegen, dann könne man prüfen, ob RemsBrenz oder Fils-Ulm. Auch er sei der Ansicht, daß eine einheitliche Be­handlung der. Wasserstraßen als Reichssache erfolge» müsse; der König selbst halte jede Politik, die aus Rücksicht auf die Linnahmen der Eisenbahnen die Entwicklung der Wasserstraße, -mme, sür verfehlt.

Die folgenden Redner, Wieland (Natl.), Locher (31r.), Feuerstein (Soz.) und Hanser (Ztr.). waren sich alle einig in der Betonung der Notwendigkeit des Ausbaus der Wasser- straßen. Abg. Locher (Ztr.) beantragte, in dem Ausschuß- antrag statt der WorteVerbindung zwischen Neckar und Donau" zu setzen die WorteVerbindung zwischen Neckar, Donau und Bodensee".

1U IHr wurde die Sitzung auf Montag 3 Uhr vertagt.

Ansere Weinberge.

Herrlich grün und gesund stehen allenthalben die Reben, die i» nunmehr fast zwei Monate währender hochsommerlicher Witterung zuerst m raschen Antrieb, dann bald, etwa am ä. Juni, in die Blüte gekommen sind und unter ungemein gün­stigen Verhältnissen die Blütezeit in der unglaublich kurzen Zeit von nicht ganz zwei Woche» durchlaufen haben. Unsere alten Weingärtner ziehen gern das vortreffliche Weinjahr 1868 in seinen ähnlichen Witterungsverhältnissen zum Vergleich heran, Freilich, so viel Wein wie damals wirds nicht geben: dafür sind die Nachwehen des vergangenen kalten Winters doch zu spür­bar, und außerdem war der Blütenansatz gleich von vornherein nicht allzu reichlich. Immerhin zeigt sich das Gesamtbild des Fruchtansatzes dadurch, daß bei einigen Sorten, so beim Trollinger, Urban, Gutedei und Syivaner viele Träuochen nach­getrieben haben, jetzt besser, als kurz nach dem Austrieb. Es wird zunächst abzuwarten sein, wie sich die einzelnen Sorten beim Putzen" anlassen. Die Ende des Monats Juni niedcrgegaugenen reichen Niederschläge sind dem Festwachsen der Beeren und dadurch der Erhaltung des Traubenansatzes jedenfalls sehr för­derlich. In warmen Lagen sah man schon am 21. Juni, selbst beim Trollingerhängende" Trauben.

Von den Schädlingen ist in ganz vereinzelten Spuren die Peronospora zu finden: unter dem Einfluß der trockenen Witterung vermochte sie sich bis jetzt nicht weiter auszubrei­ten. Gekupfert ist überall einmal, vielfach ist auch zum zwei­tenmal gespritzt oder man ist in diesen Tagen damit beschäf­tigt. Ein weiterer Aufschub des zweiten Kupscrns könnte, da die jungen T äubchen in der Zeit desHängens" fiir Peronospora besonders anfällig sind, verhängnisvoll werden. Der wahre Melstrau (Oidium) ist bis jetzt gleichfalls über spär­liche Erstansteckuiigen nicht hinaiisgekommen. Gegen ihn ist,, meist schon vor dem Kupfern, n»i ^rywefel, oer ln oiesem Jahr in besserer Güte zur Bersugung geht, ars rru vorigen Jahr, vorgegangen worden. Die Wiederholung dieser Maß­nahme muß übrigens im Hinblick auf die vorjährigen bösen Er­fahrungen gleichfalls dringend anempfohlen werden. Ausfällig ist die starke Verbreitung der glücklicherweise weniger schädliche" Wcinblatimilbe.

Hkuwurm war da und zwar mancherorts in gar nicht geringer Anzahl: er richtete dank der rasch verlaufenen Blüte nicht viel Schaden an. Auch die Schildlüuse sind auf dem Pia» erschienen und bilden zurzeit die schmierigen Kolonien an den Rebschenkeln.

Die Häufung der Weinbergsarbeiten ist in diesem Jahr infolge des sich rast überhastenden Wachstums der Reben eine ganz außerordentliche geworden. Es ist, trotzdem alle verfüg­baren Kräfte hinausgestelit werden, vielfach nicht möglich, den lausende» Arbeiten iirrch-ukommcn. Es ist zuverbrechen", zu heften, zu felgen und in vielen Weinbergen, wo Gcwit- ierreoen den Boden verfloßt und verhärtet haben, nachhelfeiid einzugreifen. Welch Glück und welche Erleichterung, daß man wenigstens im Geschäft des Heuens nicht aufgehalte» war

(Der Weinbau".)

Vermischtes.

Brand estns Sägewerks. Schon wieder ist ein großes Säge­werk abgebrannt. In Dersten (Westfalen) hat eine Feuers- brunst das Sägewerk von Scharpegge u. Co. vollständig in Asche gelegt. Der Verdacht wird immer stärker, daß die Zer­störung der Werde aus Kriegsverrat zurückzuführen ist.

Beurteilung. Der Oberpostassistent Balke in Weißen- heim (Provinz Posen) hatte das ihm von einer Sammelstelle übergebene Goldgeld in Papiergeld wieder umgetauscht und das Gold gegen hohen Aufschlag weiter verkauft. Die Straf- Kammer in Momberg verurteilte ihn zu 3 Monaten Gesang-

»iS._, ^ ^ , , .

Geringwertige Lederölsatzmittel. Wegen des schlechten ZustandeS der von der Kriegsledergesellschaft gelieferten Lederersatzmittel hat der Rat der Stadt Leip­zig sich veranlaßt gesehen, zwei Millionen Holzsohlen zn bestellen, die demnächst an die Schuhmachermeister zur Verteilung gelangen.

Äenderung des Wahlrechts für die deut­schen Handwerkskammern. Der geschästsführende Ausschuß der deutschen Handwerks- und Gewerbekammer- tages hat beschlossen, der für den September ds. Js. in Aussicht genommenen gemeinsamen Tagung der deut­schen Handwerks- und Gewerbekammern u. a. eine Aen- derung des Wahlrechts für die Handwerkskammern vor­zuschlagen. Der Kammertag empfiehlt für die Wahlen

allaemei-