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Ur. SS
Montag, den 30. ApM 1917.
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34. Jahrgang
Kriegschronik 1916
Lv. April: In Dublin soUcn sich nach privaten englischen Meldungen 13 (Hg Aufständische befinden. Die Lage in Irland ist noch nicht geklärt.
— Bor Berdun starke französische Angriffe westlich der Maas abgeschlagen.
— An der russischen Siidfro.it wurden österreichische Abteilungen ro: überlegenen russischen Angriffen zurückgezogen. - Me Stadt Görz stand wieder unter italienischem Feuer: die feindlichen Barachenlager bei Billa Viacentina wurden mit Bomben beworfen.
— In Kut el Amara befanden sich nach englischen An- qe'm unter den Gefangenen zirka 3000 Briten und zirka tzlW' indische Soldaten.
— Schluß der Pariser Handelskonferenz.
— Ein bulgarisch-rumänisches Wirtschaftsiibereiiikommcn wur» de unterzeichnet.
— Abgeordnete der bulgarischen Sobranje treten eine Reise neck Oesterrekch-Angarn und Deutschland an.
Die Bewirtschaftung und Verteilung unserer wichtigsten Nahrungsmittel.
Das Brot.
Ten ersten fühlbaren Eingriff in unsere Lebensge- wohnheiten infolge des Kriegs brachte uns die Mitte des Februar 1915 mit der Einführung der Brotkarte. Die Ernährung keines anderen Volks ist wohl so stark auf den Brotverbrauch eingestellt gewesen, wie gerade die des deutschen, und bei diesem wichtigen Volksnahrungsmittel mußte zuerst eine öffentliche Bewirtschaftung eintreten. Die unbedingte Notwendigkeit einer solchen Maßnahme wird uns ohne weiteres klar werden, wenn wir erfahren, daß z. B. unsere Brotgetreideernte im Jahre 1913/14 bei wahrscheinlich sehr erheblicher Neüer- jchätzung ungefähr 17 Millionen Tonnen betrug, daneben benötigten wir jedoch, um den Friedensbedürfnisfen des aentschcn Volkes ein Brotmarker brecht werden zu können,
einer Einfuhr von rund 2Hz Millionen Tonnen. Tie Ein- . fuhr dieser gewaltigen Brotkornmengen fiel fast im Augen- ! blick des Kriegsbeginns vollständig ans, denn als Lrefe- t rauten kamen neben Rußland fast ausschließlich überseeische Länder in Betracht, deren Ausfuhr nach Deutschland durch,, Englands Seesperre unmöglich gemacht wurde.
Wir hatten also nur noch ungefähr vier Fünftel derjenigen Brotgetreidemengen zur Verfügung, deren wir uns ini Frieden zur Versorgung der Bevölkerung bedienen konnten, und dabei hatten wir die gegen Friedenszeiten naturgemäß ganz bedeutend gestiegenen Bedürfnisse der Heeresverwaltung zu befriedigen. Durch Einführung der Brotkarte wurde bekanntlich die tägliche Mehlmenge auf den Kopf der Bevölkerung auf 200 Gramm festgesetzt. Diese Mehlmenge konnte mehr als zwei Jahre hindurch regelmäßig gegeben werden, und man hoffte sie auch weiter gewähren zu können. Als jedoch Anfang 1917 Stockungen in den Anlieferungen von Brotgetreide an die Zentralverteilungsstelle, die „ReichsgeteeidestMe". eintraten, entstanden Zweifel, ob tatsächlich noch genügend Brotgetreidebestände vorhanden seien, um die bisherige Kopfquote aufrecht erhalten zu können. Eine für den 15. Februar 1917 angeordnete und durchgeführte neue Bestandsaufnahme ergab dann auch das betrübliche Ergebnis, daß, wenn die bisher gewährte Brotration beibehalten würde, das deutsche Volk mindestens auf einen vollen Monat ganz ohne Boot sein würde. Es ist ohne weiteres einleuchtend, daß ein derartiger Zustand einfach unmöglich war, und schweren Herzens mußten sich die Behörden entschließen, die tägliche Mehlration um 30 Gramm herabzusetzen. Es gab keine andere Möglichkeit, um die Brotversorgung des deutschen Volkes bis zur nächsten Ernte sicherzustellen, und eine gekürzte Brotration ist schließlich auf jeden Fall leichter zu ertragen, als wenn es wochenlang kein Brot gäbe.
Lloyd George spricht.
London, 28. April. Lloyd George hielt gestern im Rathaus eine Rede, in der er unter anderem aussührte: Die allgemeine ! finanzielle Krise, die zu Beginn des Krieges sich in der ganzen ! Meli zeigte, hat der englische Kredit glänzend üverstanden. Bewunderungswürdig sind die militärischen Leistungen. Die militärische Lage ist jetzt ungleich gü ltiger als im Jahre ISIS.
Das wigen die Deutschen und daher erklärt sich ihre Verzweiflung. Sie wollen die See durchaus unpassierbar machen, "d das ist für ihren Sieg notwendig. Wir aber müssen v...e Bevölkerung von 45 Millionen in einem Lande ernähr, das nicht mit seinen eigenen Erzeugnissen auskommt. Man denke nicht, daß wir den Untersecbootskrieg in seiner jetzigen Form nicht vorausgesehen haben. Seil 2(4 Jahren quält uns der
Gedanke. Zwar haben die Deutschen zuletzt im Uinerseebootskrieg mehr Schiffe versenkt als früher, aber sie haben Amerika dadurch zum Krieg gebracht. Die besten Köpfe in Amerika und Frankreich sinnen auf Mittel zur Bekämpfung der Tauch- bvote. Die Hauptschwierigkeit bleibt die Boikscrnährung. Ich will nicht sagen, daß der Krieg das Jahr 1918 hindurch anhaltcn wird, aber auf dem Gebiete der Boikscrnährung dürfen wir kein Risiko auf uns nehmen. Wenn der Deutsche weiß, daß er den Krieg gewinnen kann, wenn er bis zum Ende 1918 anshält, indem er uns aushungcrt, so wird er aushalten. Vielleicht ist aber der Deutsche eher zum Frieden geneigt, wenn ec einjichl. daß ei» längerer Krieg ihm einen schlechteren Frieden bringen wird. Nach unseren Plänen werden 3 Millionen Acres neu bebaut und ich kann dafür garantieren, daß niemand uns aush.üi! e: !> kann, selbst wenn wir keine Tonne Nahrungsmittel von ausmäris ie.i.hen. Enelwü baut dreimal so viele Schiffe als im vergangenen Jahre. L'e Zukunft unseres Landes hängt zum g:o,en Teil davon ab, was die Politiker gelerm haben. Vor dem Kriege gab es fünf unabhängige Partei..
d das Volk hat erweckt, daß keine dieser Parteien ein -.Monopol der Weisheit besitzt. Ich glaube nicht, daß wie' die staubb deckten P:o.-ramme irgend einer Partei wieder hervor- zictzrn. Die eine Million Mann, die die Kolonie» und Indien eemüt haben, müssen den Eharaier der Beziehungen der einzelnen Teile des Reiches umsormer,. Die Kolonien müssen befragt werden, bevor gehaudeit wird. Die Reichsräte müssen wcnigsten-- v.n wirkliches Kricgsk.nbi.nett bilden. Für die Zukunft ist be< schlossen, daß das biittscbe Reich durch engere Bande der Interessen und des Handels und der allgemeinen Geschästsbczie- hungen verbunden wesie, Wir glauben, daß ein System von Vorzugszöllen eingerichtet und Verbesserungen der Verkehrsmittel zwischen den einzelnen Teilen der Reiches vo.genommen werden könnten. Was Irland anlangl, io trete ich für die Regelung der irische» Frage ein, weil ich weiß, daß das in allen Teilen Amerikas und Australiens als eine Hauptbedinaung für einen schnelle» Sieg bctrnchtet werde. Die ionalen Millionen Indiens haben ein Recht darauf, zu fühlen, daß sie nicht 'eine unterjochte Rasse im Reick kind. sondern ein Teil der Nation. Sille diese Fragen ett 0 " 0 erten staatsmännische Klugheit, aber Angst und Schwackherzigkeit sind im Kriege verhängnisvoll. (Obgleich diese Rede merklich weniger zuversichtlich ist, als frühe-e Worte des Herrn Diktators, huldiat sie noch reichlich einer wohlbercchneten Schönfärberei. D. Sehr.)
Oietke^m von Vuckenberg.
Schwarzwälder Dorfgeschichte von Berthold Auerbach.
56) (Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.)
Merundzwanzigstes Kapitel.
"Die Landstände hatten glücklich das alte Einsteherwesen wieder hergestellt. Zum großen Pferdemarkte, der alljährlich in der Hauptstadt abgehalten wurde, schnallte sich Diethelm eine vollgestopfte Geldgurte um, er wollte sich ein neues Gespann und einen modischen sogenanten Charaban kaufen und dann feinen Schwiegersohn vom Militär losmachen. Munde verließ nur ungern jetzt seinen Vater, der fast nicht mehr vom Bette herunter kam und zusehends abfiel; der alte Schäferle wollte aber nichts von ihm wissen und sagte immer: „Laß du uns
beides — er meinte sich und den Paßanf — „nur
allein, geh du deiner Wege, fei glücklich, so gut du's
kannst. Du bist jung, bei dir verlohn fich's noch, der
Diebshchler zu sein, ich bin schon zu alt, ich wär' ein Narr, wenn ich erst so spät anfangen tät." Martha versprach, des kranken Mannes zu warten, Fränz ließ sich nicht davon abbringen, mit nach der Hauptstadt zu reisen; was sie einmal wollte, das mußte auch geschehen.
Am Morgen, als Munde kam, schickte sie ihn noch einmal nach Hause, er mußte die neuen Kleider anziehen, die sie nach 'städtischer Tracht für ihn bestellt hatte. Als er wieder kam, knüpfte sie ihm das Halstuch nochmals anders und sagte dann frohlockend, sich vor ihn hinstellend:
„So. Sichst du? so, jetzt bist ein Mann, der sich sehen lassen darf."
Schon beim Einstcigen gab es Streit. Fränz behauptete, ein Brautpaar gehöre zusammen und der Vater solle auf den Vordersitz und kutschieren; aber Munde willfahrte ihr nicht, und Fränz beruhigte sich erst, als
ihr Munde sagte, daß die Herren in der Stadt oft selbst fahren. Draußen vor dem Torfe gab es abermals Händel. Diethelm wollte, daß Munde die Geldgurte um- fchnalle, und setzte selbstverräterisch hinzu: „In der Stadt kannst mir sie wieder geben."
„Das leid' ich nicht," schrie Fränz, „entweder — oder, entweder behaltet Ihr die ganze Zeit die Geld- gurte, oder mein Munde behält sie; er ist nicht Euer Knecht, er ist wenigstens grad so viel wie Ihr. Ihr könnet ja das Geld ins Kutschentruckle tun."
Das wvllte aber Diethelm nicht, fei es, daß er das Kutschentruckle noch scheute, oder daß er das Geld auch zeigen wollte.
Wo man einkehrte, hatte Fränz bei der Ankunft und bei der Abfahrt noch manchen Zank mit dem Vater und mit Munde. Sie wollte es nicht dulden, daß dieser sich als Knecht benahm, ja, sie weinte vor Zorn, als Munde ihr nicht nachgab, und sprach oft stundenlang kein Wort mit ihm.
Im Oberland war es noch ziemlich rauh und kalt, je mehr man aber nach dem Unterlande kam, zeigte sich der wonnige Frühling; man fuhr durch Bnchcnwläder, die in dem ersten so zarten knospenfeuchten Grün prangten, und bald fuhr man zwischen blühenden Obstbäninen, die hüben und drüben am Wege standen; aber in den Herzen der drei Menschen, die da hinfuhren, war Widerstreit und Trübsinn mancher Art. Dazu kam noch, daß es Diethelm nicht lassen konnte, Munde über die Art, wie er die Pferde führte, zurechtzuweiscn, und es gibt vielleicht nichts, was leichter zu Zorn aufreizt, als ein Trciusprechen beim Pferdelenken. Wenn es einen kleinen „Stich" hinabging, rief Diethelm jedesmal: „Sperr die Mick*) und fahr Trab, dreh noch besser." Munde lies; es an heftiger Widerrede nicht fehlen, peitschte oft ge
*) Mick nennt man den neuen Ersatz des Radschuhs.
flissentlich die Pferde und fuhr im Zorne in der Tw ungeschickt, besonders beim Ausweichen, so daß es rachr mals ein Unglück gegeben hätte, wenn ihm 'Diethein nicht in die Zügel gefahren wäre. Fränz wartete imm«- darauf, daß Munde einmal aufbegehren und die ganze Geschichte hinwerfen werde; als es aber nicht geschab, biß sie sich auf die Lippen und murmelte still vor fick- hin Schimpfworte auf Munde, die sie hinter feinen- Rücken sprach.
Man kehrte in der Hauptstadt im Rautenkranz ein. und Fränz war wenigstens einigermaßen zufriedengestellr, als Munde beim Absteigen sagte:
^ „So, jetzt beim Heimfahreu könnet Ihr kutschieren, Sckwäher, nicht um ein Königreich fahr' ich noch ei», mal so. Komm, Franz, wir zwei wollen zusammen HM- ten. Weißt noch, wie oft ich da bei dir gewesen bin? Ick' freu' mich, grad hier zu zeigen, daß wir doch noch ein Paar geworden sind."
„Siehst jetzt, daß ich recht Hab'?" entgegnete Fränz, als sie mit ihrem Bräutigam allein war) hinit mmn- Vater kommt kein Tochiermann ans, der ilnn nicht tu e. Meister zeigt." ' V
Sie blieb stets bei diesem Gedanken.
Im Rautenkranz war schon heute ein buntes Ge. dränge von Menschen in Trachten ans allen Land,- gegenden, und dazwischen sah man Soldaten vm, aln-'- Waffengattungen, die sich hier- bei Angeböttaen irnt- Verwandten gütlich taten; aber mitten im Gewaar bed.-n-r-r die stattliche Rantenwirtin an der Anrichte, wie ev Fels im Strome, und je lärmender und unruhiger es irm sie her wurde, um so bedackchamer ,,,id gemessener, erteilte sie ihre Befehle und zählte alles genau nach^ waj aujgetrogcn
(Fortsetzung folgt.)