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Ur. 34
Die«stag, de« 3V. Iairrmr 191V.
34 Jahrgang
1916
r». Januar: Nordöstlich von Neuvitte stürmst» unsere Trup- prn fernüiiHE (ArüLön, ebenso den Westteil von ^aurnut bei Arra» und das Darf Frise südlich der Somme, etwa 12VU Gefangene wurden gemacht.
- Zn der Champagne lebhafter Infanteriekampf.
Me^a bdetzt"^* ^en Alessio und San Giovanni di
HI Df- Beute in Montenegro beträgt bisher 314 Geschütze über Sg M« Gewehre und so Maschinengewehre.
Ei'-> ^»epprlin warf üb« Pari» Bomben ab und richtete großen Schaden an. «
SV. Januar: Bei dem Angriff südlich der Somme Haber wir die feindliche Stellung in einer Ausdehnung von 35M Metern erobert und 1270 Mann gefangen.
— Russische Angriffe an der betzarabischen Front wurden ab gewiesen».
— 3n Montenegro herrscht Ruhe. . : fftzff ffffp
Amerika und wir.
Ueber die Beziehungen der Bereinigten Staaten zu Deutschland schreibt der Geh. Regierungsrat Dr. Eduard Meyer der „Deutschen Tagesztg.":
Von der gegenwärtigen Lage in der amerikanischen Union ein einigermaßen zuverlässiges Bild zu gewinnen, ist von hier aus um so schwieriger, da direkte Nachrichten von dort, Briefe und Zeitungen nur ganz unregelmäßig und unvollständig mit großen Pausen ein- treffen, die dürftigen Notizen aber, die unsere Presse bringt,' noch weniger zuverlässig sind als in früheren Zeiten, da sie offenbar sorgfältig gesichtet und im übrigen größtenteils den englischen Zeitungen und Telegrammen entnommen sind. Ms gesichert kann aber «eiten, daß die antideutsche Stimmung, welche die Mliierten „im Namen der wahren Menschlichkeit" und der nach dieser Auffassung von Amerika in ihrer höchsten Vollendung vertretenen Kulturideale mit allen Mitteln fördern und mit deren Hilfe man die Union in den Krieg treiben will, in den stihrenden Kreisen des Ostens noch immer in. voller Stärke besteht; gerade
in den letzten Monaten hat wieder eine starke Agetatior eingesetzt, welche die belgischen Greuel" als Hauptmitta benutzt und Deutschlands Vernichtring im Namen d«^ Humanität fordert; ihr Mittelpunkt ist Boston, a' der Spitze steht der Professor der Philosophie an bei Harvard-Universität Royce. Mit dieser Strömung verbinden sich die sehr starken materiellen Interessen bei Finanzkreise und der Industrie, vor allem der Munitionsfabriken. Der Präsident und sein Staatssekretär Lansing stehen ganz unter dem Einfluß dieser beider Tendenzen, der materiellen sowohl wie der populär sentimentalen, der Wilson in seinen Reden und Note« in doktrinären Ergüssen mit souveräner Ueberlegenhell Ausdruck gibt.
Wilsons Stellung ist durch die Wiederwahl gegen früher gewaltig verstärkt worden. Einmal ist dadurch seine Politik von der Mehrheits des Volks gebilligt uni er als der erwählte Führer des Volks hingestellt worden, so daß er jetzt mit ganz anderem Nachdruck laustreten kann als früher; sodann aber fällt für ihn jetzt die Rücksicht weg, die für jeden Präsidenten während seiner ersten Amtsperiode immer die größte ist, die Frage, wie er seine Wiederwahl erreichen kann; denn noch einmal kann er bekanntlich nicht wiedergewählt werden. So steht er auch nach dieser Richtung viel freier da; es bleibt nur noch das niemals außer acht gelassene Streben, seiner Partei auch für die Zukunft die Macht zu sichern.
Bon großer Bedeutung ist, daß die Teutsch-Amer:- kaucr — um deren Gunst sich Wilson in den letz um Monaten des Wahlkampfes in scharfem Gegensatz gegen seine früheren Aeußerungeu nach Klüften und nicht ohne Erfolg bemüht hat — nicht imstande gewesen sind, den Plusgang entscheidend zu bestimmen. Sie waren in der Tat in einer verzweifelten Lage, aber ihre unausrottbare Uneinigkeit kam dazu. So scheidet die Rücksicht aus sie für die weitere E Wicklung aus; der Politiker- Hat gelernt, daß er au; ihre Stimmung keine Rücksicht zu nehmen braucht. Um so stärker fällt ins Ge- ! -wicht, daß für Wilsons Wiederwahl die Anschauung - 'maßgebend gewesen ist, daß er Amerikas Interessen, dank ! unserer Unterwerfung unter seine Forderungen, erfolg- ! reich vertreten und dabei dem Lande doch den Frieden erhalten hat. Diese Auffassung ist entscheidend gewe-
sen; sie hat ihm die Masse der Stimmen d«S eigentlichen Kerngebiets der Union, der Staaten des Mississippigebiets, zugesührt und damit den Sieg gesichert. Bon der Stärke dieser pazifischen Strömung, die dadurch gesteigert wird, daß die Jugenderziehung ganz ftr den Händen der Frauen liegt, und daß diesmal m vielen Staaten auch die Frauen Stimmrecht erhalte« hatten, kann sich einen ausreichenden Begriff nur Machen, wer Amerika, und vor allem die zentralen Gebiete, aus eigener Anschauung gründlich kennt.
Dieser Stimmung muß Wilson Rechnung tragen; daraus sind seine letzten Aeußerungen und sein Vermittlungsversuch berechnet. Daß er, wenn unsere Regierung sich auch nur irgendwie auf diesen einlassen sollte — in ihrer Antwort hat sie ihn ja zu allgemeiner Freude höflich, aber bestimmt abgew lesen — alles tun wird, um die Interessen der Entente zu vertreten und uns nach Kräften zu schädigen, ist ganz zweifellos. In einem Punkte hat er die öffentliche Meinung des ganzen Landes hinter sich: das ist Belgien; und hier muffen wir darauf gefaßt sein, daß uns Amerika bei jeder Forderung, die wir stellen, d e allerstärkste Opposition machen wird. Im übrigen ist Europa der Masse der Amerikaner völlig fernliegend und gleichgültig. Für Wilson und seine Regierung dagegen kommen auch hier sehr starke Interessen in Betracht, vor allem der Wunsch, die englische Seeherrschaft, der man sich bedingungslos und sklavisch unterworfen hat, in vollem Umfang aufrechtzuerhalten und die deutsche Seegeltung und Handelsmacht nach Möglichkeit zu unterdrücken, sowohl auS «materiellen Gründen und um der wirtschaftlichen Konkurrenz willen, well Amerika den Schutz der engii- <en Flotte für den Kamps mit Japan um den Stille - Ezean braucht, der sich vorbereitet, und den aus eigene 'traft nicht bestimmen zn können es völlig überzeugt ist.
Ob es allerdings, wenn wir die Rücksicht aus Amerika fallen lassen und wenn wir die Unterwerfung unter sein Gebot in der Suffexnote vom 4. Mai zurücknehmen und einen rücksichtslosen U-Boot-Krieg beginnen sollten, .Wilson gelingen würde, Amerika zum Eintritt in dem Krieg zu bringen, ist höchst fraglich. Viele gründliche Kenner Amerikas, sowohl Amerikaner wie Ausländer, sind de r Ueberzeu gung, da ß er dazu niemals imstande
Oie Pflegemutter.
Erzählung von Melchior Meyer.
Nachdruck verbotzm
Vielleicht war es doch nur eine Wallung des Gefühls im Taumel des Festes — am andern Morgen, wo Vernunft und Ehrgefühl wieder sprachen, vergangen und vergessen! Düs ernste Benehmen des Mädchens den Tag darauf hatte die Hoffnung des Mutterherzens genährt und gesteigert: und nun sah sie diese Hoffnung vernichtet! Mnn daß Marie durch die Anspielung auf Guido in solche Verlegenheit gestürzt wurde, davon konnte nicht die Rede sein. Das war die Verwirrung und Leidenschaft und des bösen Gewissens! Ihr Herz war gefangen von dem Verführer — und nun drohte ^ der Familie erst das größte Unheil!
Was würde sie erst gesagt haben, wenn sie gewußt hätte, was im Laufe des Vormittags geschehen war! Marie Wollte eine Freundin besuchen, traf aber nur ihre Mutter zu Hanse an und nahm Platz, jene zu erwarten. Dla trat Hermann Rothsels in das Zimmer; — er hatte bei dem Vater, seinein Vetter, zu tun gehabt und Wollte der Base noch guten Tag sagen. Die Herzen der beiden jungen Leute schlugen, als sie sich so unerwartet erblickten; aber es gelang ihnen, ihre Bewegung zu verbergen und auf den muntern Ton. den die behagliche Frau anstimmte, einzng.'hen. Di- Ankunft einer bestellten Händlerin ries diese in die Küche, und sie forderte den Cousin aus, Marie einstweilen zu unterhalten. Hermann benutzte die Gelegenheit, dem Mädchen die leidenschaftliche Erklärung zn machen! Sie wollte streng sein, zürnen — sie vermochte es nicht, sie war zu glücklich! Er warb um H'erz und Hand und bat auf's Dringendste um die Zusage, daß sie die Seinige werden wolle! Ihrem glühend bewegten Herzen folgend, rief sie: „Ja. ja!" — er zog sie an seine Brust und rief: „So bist du mein!" - D!ie Unterredung in der Küche dauerte zum Glück für das Paar länger, als die Hausfrau gedacht habeu mochte — und beiden war noch eine kurS Frist gewähr^^sich
zn fassen. Hermann hatte aber für den Fall der Uever- rasclmng schon beschlossen, die Base zur Vertrauten zu machen und seine Kühnheit durch den Drang der von ihm gekannten Umstände zu rechtfertigen! —
Unglaublich rasch war dieser Bund geschlossen! Mer als Marie nach einer Stunde, in welcher sie noch die Frenndin gesprochen hatte, das Haus verließ>, wurde die Entscheidung ihres Herzens durch die erwägende Seele nicht umgestoßen, sondern bestätigt. Sie fühlte, daß sie dem Geliebten zu eigen war — sie vertraute ihm, trotz allem, was sie über ihn gehört hatte, von ganzem Herzen, und sie faßte den heiligen Entschluß, ihm ihr Wort zu hasten, mochte sie von ihren Eltern auch das Aeußerste zn dulden haben. Tie Andeutungen der Mütter bei dem setzten Gespräch konnte sie nach ihrer wahren, drohenden Bedeutung nicht verstehen! Sie hielt sich für die leibliche Tochter ihrer Eltern und baute eben darauf die Hoffnung ihres endlichen Sieges, welcher sie natürlich nicht entsagen konnte.
Guido kam von seiner Reise zurück und besuchte die Familie. Tie Gewißheit seiner Seele war groß; in den Zügen der Mütter, die nach Möglichkeit an sich hielt, konnte er nichts Auffälliges bemerken, die Miene der Tochter deutete er zu seinen Gunsten.
Am andern Tag hatte er mit dem Vater eine geheime Unterredung, die länger als eine Stunde dauerte. Als er das Haus verlassen hatte, rief Burghofer seine Frau in die Schreibstube und teilte ihr mit: der junge van der Meuten habe förmlich um die Hand ihrer Tochter angehalten; sie hätten das Geschäftliche nrit einander beraten und wären zuletzt einig geworden. „Ich muß viel für das Mädchen tun!" fuhr er fort. „Mer ich sehe, nach den Erwartungen des alten van der Marlen geht's nicht anders, und ich will's in Gottesnamen tun! Ich will so viel für sie tun. als ob sie mein eigenes .Kind wäre! Unsere Verwandten können rechtlich nickst: Von mir fordern; sie müssen zufrieden sein, wenn ich jedem ein anständiges Legat ausmache. Dafür Hab' ich n die Freude, einen Schwiegersohn zu bekommen, der viel- l leicht in zeHn Jahren Millionär ist. Wie spültet das
Glück seine Gaben ans dieses Mädchen aus! Es ist zum Erstaunen! Aber so etwas muß auch Vorkommen in der Welt! Und weil sie denn doch einmal haben soll, waS ihr freilich nicht an der Wiege gesungen worden ist, ss will ich der gutmütige Narr sein, der ihr dazu verhilft."
Therese, als sie diese Reden vernahm, erschrak. Sie hatte das Vorgefühl peinlich heftiger Szenen, die vielleicht zu einer Zertrümmeruna ibres ganzen Lebensglückes führten. Nachdem sie eine Weile geschwiegen, sagte sie: „Dieser Antrag, wenn sie auch daran gedacht haben mag. wird unsere Marie doch überraschen. Bedenk', wie jung sie noch ist! Laß mich erst allein mit ihr sprechen und sie vorberciten!" — Nach einem Blick auf den Gatten, der diese Umständlichkeit sehr befremdlich zu finden schien, setzte sie hinzu: „Dü weißt ja, auch auf's Glück muß man vorbereitet werden! Manchmal kommt uns eines gar zu groß vor, und wir müssen erst den Mut finden, es anzunehmen!"
XU.
Als Burghofer seinen Spaziergang angetreten hatte, rief die Mütter Marie zu sich in ihr Zimmer. Diese erschien — mit einer dunkleren Röte auf ihren Wangen, aber zugleich mit einem Ausdruck von Entschlossenheit.
„Ich habe dir etwas wichtiges mitzntellen," begann die Mutter. „Guido van der Meulen hat heute förmlich um deine Hand angehalten. Aus einem Brief seines Vaters ersehen wir, daß die ganze Familie dieses Büno- nis dringend wünscht; alle lieben dich, und alle wollen dir das Leben so angenehm wie möglich machen. — Nun bist dn freilich noch jung, und ich selber würde nicht zn- geben, daß du vor einem Jahr heiratest. Mer daS liebende Herz Guido's will Gewißheit, und er kann die Stadt nicht verlassen, ohne daß du seine verlobte Braut bist!"
Marie schwieg. Cie schien das Wort nicht zu finden, das sie entgegnen mußte.
„Hast du mir darauf nichts zu sagen?" fuhr die Mutter mit einer Miene der Befriedigung fort. „Bedeutet dein Schweigen, daß du mit uns einverstanden bist?" . -. ..