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Samstag, -e« 11. Mar; 1S16.

33. Iahrg.

Wochenrundschau.

Es ist nicht wenig und nicht Unbedeutendes, was die vergangene Woche an Geschehnissen aus dein un­erschöpflichen Füllhorn der Zeit ausgeschü.tet hat.

Dem deutschen Reich wurde ein ziemlich beträchtli­cher Strauß von neuen Steuern bescheert: die Tabaksteuer, die Quittungssteuer in ihrer mannigf l- tigen Gestalt, die Frachturknnden- und die Postgebühc- steuer. Ein vollgerüttelt Maß von Abgaben, das dem deutschen Volke auferlegt wird, sollen doch die nemn Steuern dem Reiche etwa 520 Millionen einbringen. Das klingt freilich recht herb, aber genauer betrachtet, wird man zugeben müssen, daß die Sache gar nicht so schlimm ist. Es ist ein durchaus richtiger Grundsatz, den mau schon früher hätte ausgiebiger aiichenden sollen, daß Abgaben da zu erheben sind, wo das Geld ohnehin im Fluß ist, also namentlich bei Zahlungen der ver­schiedensten Art, weil da ein kleines Mehr kaum em­pfunden wird. Wenn jemand eine Reise tut, so geht er vielleicht vor und nach der Fahrt noch in die Restau­ration, um ja um was denn? Stärkung zur Reise oder zur Erholung von den Reisestrapazen braucht er meist nicht, er tut es so gewissermaßen gewohnheits­mäßig, d. h. weil die andern es auch so machen, er überlegt nicht lange, daß die Reisekosten um den Ver­zehr in der Restauration verteuert werden, das Geld geht ihm leichter aus dem Beutel, da er nun schon ein­mal am Geldausgebeu wegen der Reise ist, aus eine halbe Mark mehr oder weniger kommt es ihm nicht mehr an. Geradeso ist es mit den andern Zah ungen, und wenn erst einmal die Scheu vor dem Neuen über­wunden ist, wird die verhältnismäßig und im einzel­nen Fall nicht sehr fühlbare-Mehrausgabe nichts Trük- keudes mehr haben. Andererseits muß man jagen, daß gewisse Gebühren' seither einfach lächerlich gering wa­ren. Wenn man z. B. eine Postkarte von Mülhausen i. E. nach Memel in Ostpreußen schicken will, so ver­langt die Postocrwaltung für die Abstemp.lung, für Be­förderung mit Schnellzug und pünktlichste Zustellung ganze 5 Psg. und liefert , das nötige Schreibpapier in Gestalt der Karte noch obendrein unentgeltlich. Sogar bis in unsere entfernten Kolonien nach Afrika, Asien und Australien gingen die Sendungen ohne Zuschlag. Ta muß man doch sagen, daß die Gebühren in gar keinem Verhältnis mehr zu der Leistung des Staates stehen, un ) wenn jetzt in der Kriegsnot der kleine Zuschlag von 2 Psg. erhoben wird, so ist das im Grunde genommen nicht mehr als billig und kein vernünftig und billig denkender Mensch wird sich beschwert fühlen. Dazu komuit, daß das Reich zur Verzinsung, der 5prozentigen Kriegsanleihen eben Geld braucht, daß Kriegsauslagen gedeckt und die Invaliden, Witwen und Waisen er­nährt und die in die Hunderte von Millionen lausen­den Kriegsunterstützungen ausbezahlt werden müssen. So wollen wir uns eben ins Unvermeidliche schielen und denken: Alles geschieht fürs Vaterland und das dent sche Volk, und da soll uns nichts zu viel sein.

Zu dem Erfreulichsten, das in der letzten Zeit sich ereignet hat, gehört die glückliche Rückkehr des beute- beladenen kleinen KriegsschiffsMöwe" in den hel- mailichen Hafen. Ruhmbedeckt sind sie eingezogm, die tapferen Mannschaften und ihr Führer, Graf zu T ahn a- Schlodien, und mit begeistertem Jubel sind sie enn Wangen worden. Draußen aber ist Helle Bestürzung und ein. nur schlecht verdeckte, maßlose Wut.

Die Ereignisse auf den Kriegsschauplätzen, b jonders im Westen, sind von uns eingehend bereits besprochen und wir können uns hier kurz fassen. Tie Eczolge des deutschen Heeres haben uns wieder ein gu­tes Stück vorwärts gebracht und es steht zu hoffen, daß die Widerstandskraft wenigstens eines Teiles uns re. 5->nde so allmählich erlahmt.' Fällt aber einmal ci- " e r entkräftet ab, dann ist das Ende des Weltkriegs nnyegerückr, denn wenn nur erst emer den .Anfang bemacht hat, wird bald ein zweiter und dritter folgen >'wd allein führt England seit den letzten 3 Jahr-»» 'minderten keinen Krieg. Deswegen war England über da? montenegrinische Friedensanerbieten so erbost und deswegen wird der König Nikita samt seiner Familie jetzt in Bordeaux so gut wie iu Haft gehalten. Aber die Verhältnisse und die Wirkung der deutschen Waffen, besonders der schweren Artillerie und der Untersee- boote werden eben schließlich stärker sein als das Macht-

Portugal gehört nun auch zu den kriegführenden Mächten. Seis drum! Mau muß sich eigentlich nur wundern, daß der Krieg nicht schon längst erklärt wor- oeu ist. Tenn wie aus der halbamtlichen Erklärung ^ derNordd. Mlg. Zeitung", die wir gestern mitgeteilt haben, bekannt wird, haben die portugiesischen Regie-, rungsstcllen in der nördlich an Deutsch-Südwestafrik- anstoßenden portugiesischen Kolonie Angola n>- türlich auf englisches Betreiben den deutschen Be- f zirkshauptmann Schnitze mit 2 Offizieren und ein'gm Mauuschasten durch eine Einladung nach Naulila ge­lockt, dort, also auf portugiesischem Boden, verhaftet und teilweise erschossen. Das geschah am 19. Oktober 1914, also Mch Ausbruch des Weltkriegs. Die deutsche Schutz­truppe in Tcutsch-Südmest hat zwar, anscheinend aus > eigene Faust, den heimtückischen Verrat gerächt und den Portugiesischen Truppen eine empfindliche Schlappe bei- gebracht und jetzt erst wird verständlich, wieso diese bei­den überhaupt aneinander geraten konnten, da Portu­gal doch zu'den Neutralen zählte. Die Reichsregiernng hat nämlich von dem empörenden Vorgang vom 19. Oktober 1914 amtlich keine Kenntnis gegeben. Und fast I Vr Jahr konnte dieses Portugal seine Blößen mit einem Mantel der. Neutralität decken und hätte sie vielleicht noch lange gedeckt, wenn es nicht sich von Eng­land zur Beschlagnahme der deutschen Handelsschiffe hätte kommandieren lassen. Immerhin bleibt es be­fremdlich. daß man mit Portugal nicht schon im Ok­tober 1914 wegen der Vergewaltigung deutscher Beam­ten, Offiziere und Soldaten eine deutliche Sprache ge­sprochen hat, und das erst tut, nachdem einige Handels­schiffe verloren gegangen sind. Tie Erwartung, durch Nachsicht Portugal vom Kriege abhalten zu können, hat sich nun ja doch als trügerisch erwiesen, wie sie Ita­lien gegenüber getäuscht hat -und wohl auch hinsicht­lich Amerikas sich als unzutreffend erweisen wird. Was wohl Bismarck iu einem solchen Falle getan hätte?

In Amerika ist die Luft andauernd stack elek­trisch geladen. Wilson hat mit der Drohung, daß er sich nicht mehr als Kandidaten ausstellen lassen oder gar sogleich von seinem Amte zurücktreten werde, seinen Willen durchgesetzt, darüber können keine Beschwichti­gungsversuche hinwegtäuschcn. Ten amerikanischen Ge­setzgebern mag au der Person des Herrn Wilson ja am Ende nicht so viel gelegen sein, seine deutschfeind­liche Haltung wird sogar von vielen mißbilligt, die ihre Stimme jüngst im Senat und Abgeordnetenhaus iu seinem Sinne abgegeben haben, und die Abstimmung mag ja weniger iu der Beliebtheit des Präsidenten als iu der sorglichen Ungewißheit begründet sein, was wohl nach Wilson kommen würde, au abenteuernden Präsident­schaftskandidaten vom Schlage des Schwätzers Rosfteld fehlt es drüben nicht und Walstanssichten sind in Amerika noch unberechenbarer als sonstwo in der Welt. Aber das ändert nichts an der Tatsache, daß die gegen Deutsch­land mindestens stark mißgünstige Politik Wilsons we­nigstens die formelle Billigung der verfassungsmäßigen Vertretungen von Regierung und Volk gesunden hat. Mit dieser Tatsache müssen wir uns absinden und uns darnach entrichten.

Einiges Interesse beanspruchen noch die Vorgänge in der italienischen Kammer, wo die Richtung, die die italienische Kriegserklärung an Deutschland wünscht, zurzeit noch die Oberhand hat. Dem Minist er- präsidentcu Snlaudra gegenüber, der sich aus guten Gründen gegen die Kriegserklärung sträubt, wurde eine Sprache geführt, die sonst mit Recht für unanständig gilt. Salandra drohte mit der Auflösung: ob das viel helfen wird, erscheint fraglich. Uns aber kann eine etwaige Kriegserklärung Italiens, das ja nun ebenfalls die iu seinen Häfen liegenden deutschen Schif­fe beschlagnahmt hat, ziemlich kalt lassen, den Schaden werden Italien und die Jta.jener h ben, die bei uns ihr reichliches Bröl seither gefunden haben.w'.

A-e VeschldHnahme dev deutschen Schiffe in Portuqal.

Moralisch reranlagt sind du Portugiesen, das muß ihnen der Neid lassen. Gestützt und geschoben durch rhren geschichtlich beglaubigten Gönner England der Portugal wegen Gibraltar als eine stets sichtbare War- uiiugstafel gegen die nie verstummten "" '

tandern im spanischen Erbsolgekrieg 1704 entrissenen Kriegshafens ersten Ranges brauchthaben sie mit der Beschlagnahme der in portugiesischen Häfen ankernden deutschen Schiffe ihrem uneigennützigen Beschützer wie­der einen Beweis ihrer nie verlöschenden Dankbarkeit gegeben. Damit haben sie dem durch strenge Rechtlichkeit und gewissenhafte Beobachtung geschriebener und unge­schriebener Verträge berühmten England die Notwen­digkeit erspart, völkerrechtswidrig die in einem neulra len Hafen liegenden feindlichen Handelsschiffe zu rau­ben, den kleinen Makel übernimmt die portugiesische Regierung gerne, während England in der einwand­freiesten Weise von der Welt die Schiffe jetzt einfach von demdurch traditionelle Freundschaft" verbundenen Portugal übernimmt und nach wie vor als Gentleman unter den Völkern der Erde dasteht.

Wo man iu der Welt etwas andere Ehrbegriffe hat, als sie drüben, über dem Kanal im Schwange-gehen,, wird mau die Sache anders beurteilen, um so ausfallender ist es, daß dieKöln. Ztg." zu der Beschlagnahme der Schiffe anscheinend halbamtlich bemerkte:

Die portugiesische Regierung stützt sich dabei auf ein vor kurzem erlassenes Gesetz über die Requisition eigener und frenider in portugiesisMn Häsen liegenden Schiffe, und dieses nimmt Bezug auf Artikel 2 des deutsch-portugiesischen Handelsvertrags von 1908 . . . Danach hat also die portugiesische Regierung das Recht zur ... Sequestration und Beschlagnahme deutscher in portugiesischen Häfen liegender Schiffe. Diese Ausnahme von dem allgemeinen völkerrechtüchen Grundsatz ist Portugal auf dem Wege besonderen Entgegenkommens zugestanden worden. For­mell fehlt nun die bestimmungsmäßige, erforderliche vorherige Regelung der Entschädigungsfrage mit Deutschland. Ein . .st Urteil über den Charakter dieses überraschenden und auf den ersten Blick als eine unfreundliche Handlung erscheinenden Vor- gchens kann man erst abgeben, wenn diese Aufklärung voriiegt und der Wortlaut dieses Gesetzes bekannt ist . . ."

Dagegen wendet sich Konteradmiral a. D. Foßnm Hamb. Fr." mit folgenden Ausführungen:

Ter Handels- und Schiffahrts-Vertrag zwischen Deutschland und Portugal vom 30. November 1998 hat seinerzeit lebhaftes Befremden im Reichstage er­regt, weil er ungünstig für Deutschland-war. Beim ge­nauen Studium des Wortlauts wird der Eindruck wach- gerufen, als sei ein schwaches Reich das deutsche durch den starken Truck eines andern des portugiesischen zu diesem Abkommen gezwungen worden. Der Ver­trag sollte denn auch abgetehnt werden; es gelang aber schließlich der Regierung, seine Annahme, wenn auch mit knapper Mehrheit, dnrchzusetzen.

Der Artikel 2 dieses Vertrages hat folgenden Wort­laut:

Die Angehörigen eines seien der vertragschließenden Teile sollen . . . von Requisitionen frei sein. Eine Sequestration ihrer Besitzungen, oder eine Beschlagnahme ihrer Schiffe zu irgend­welchem öffentlichen Eebrauch soll nichi sia.tsinden ohne vor» gängige Bewilligung einer auf gerechten und billigen Grund­lagen unter den beteiligten Parteien festgesc-sten Entschädigung, Ausgenommen hiervon sind stdoch die an irgendeine Art des Besitzes unbewegliche» Bermögcns geknüpften Lasten . . ., die bewaffnete Macht, denen die Inländer und die Angehörigen der nicht begünstigten Nntio» als Eigentümer, Pächter oder Mieter unbeweglicher Güter unie.worfen sind."

Diesem Wortlaut und dem ihm zugrunde liegenden Sinne gegenüber erscheint es nicht verständlich, wie der Berichterstatter des rheinischen Blattes schreiben konnte: Danach hatte also die portugiesische Regierung das Recht zur Beschlagnahme der deutschen Schisse". Der Berichterstatter erblickt nur die Nichterfüllung einer Form (!) darin, daß "die Regierung in Lissabon noch nicht über die Entschädignngssrage verhandelt hat. Ec spricht von einem auf den ersten Blick als unfreundlich erscheinenden Vorgehen, über das aber erst geurteilt werden könne, wenn weitere Aufklärungen und der Wortlaut des Ge­setzes vorliegen. ^

Manchem Leser wird diese milde Auffassung ei­nes skrupellosen Vertragsbruches als ein Gegenstück zu der Meinung eines Rcchtsgelehrten erscheinen, der die Frage aujwarf, ob sich die Deutschen nicht dadurch ins Unrecht gesetzt hätten, daß sie Dampfer durch Sabotage unbenutzbar gemacht hätten. Das durste wohl der Gip­felpunkt perversen deutschen Recht-, bewnßtseins sein. Die Sache lieg! für jeden, der logisch denken tan», klar ge­nug. Hier ist ein Vertrag, der bestimmt, daß eine Beschlagnahme der Schifte nur nach vorangegangener Einigung über die dafür zu leistende Entschädige,ng statt- findeu darf. Davon kann auch ein Gesetz des einen Landes, namentlich wenn esml luoc" gemacht ist, nichts ändern, ganz gl ichgiutig, welchen Wortlaut es immer haben möge.

Mn uschl'tl'