sich gleich heute noch zum Ritter des Mauer-l blümchens Germania aufwerfen, bestätigte sich nicht, und Graf Ballestrem vertagte alles weitere auf morgen.
Verschiedenes.
— Eine Tierbändigerin im Löwenkäfig zerrissen. Ein schrecklicher Unfall ereignete sich in einer Menagerie in Dessau. Eine Bändigerin wurde bei der Vorführung von Löwen von einem der Tiere angefallen und getötet. Hierzu wurden folgende Einzelheiten bekannt: Auf dem hiesigen Askani- schen Platz wurden in einer Menagarie zehn Löwen vorgeführt. Als sich nun vorgestern die 26jährige Bändigerin Frau Fischer in den Käfig begeben hatte, zeigte sich einer der Löwen unlustig und wollte nicht durch einen mit Papier' bespannten Reifen springen. Infolgedessen verabreichte Frau Fischer dem widerwilligen Tier einige Hiebe. Die Züchtigung versetzte den Löwen aber in Wut, er sprang an der Bändigerin empor, warf sie zu Boden und tötete sie durch einen furchtbaren Schlag mit der Pranke, der den Kopf der unglücklichen traf und das Gehirn sreilegtc. Ein Bändiger drang sofort in den Käfig ein, um mit einer Eisenstange die blutdürstige Bestie von ihrem Opfer zu verscheuchen ; dies gelang aber erst, als der Körper der bedauernswerten Frau zerfleischt war. Drei andere Löwen waren, als sie das Blut der zerrissenen Bändigerin sahen, ebenfalls wild geworden, konnten jedoch von mehreren Angestellten der Menagerie zur Ruhe gebracht werden. — Die Kinder der Frau Fischer waren bei der Vorstellung anwesend und mußten sehen, wie ihre Mutter einen so gräßlichen Tod fand. Unter dem Publikum, düs der schrecklichen Szene beiwohnte, entstand eine allgemeine Panik.
— Eine berühmte Kathedrale in Gefahr. Aus Madrid wird berichtet: Am 4. Dez. fiel in den frühen Morgenstunden Gips von dem Bogen herab, der das Mittelschiff der Kathedrale von Toledo überspannt, und dabei wurden einige beträchtliche Risse im Mauerwerk sichtbar. Dieser Zufall, der an sich keine besondere Bedeutung hat, ist jedoch eine ernste Warnung. Man hat auch unverzüglich
eine Untersuchung der Gewölbe Ungeordnet. Lange Zeit hatte man es verabsäumt, selbst die notwendigsten Ausbesserungen zu machen, und die Folge ist, daß breite Spalten sich im Mauerwerk vom zweiten Stock des Turmes gebildet haben. Die Eisenklammern, die die Südwand der Kathedrale zusammenhielten, haben sich verbogen, und das Dach der herrlichen Kapelle von Santiago hat infolgedessen ein wellenförmiges Aussehen bekommen und droht einzustürzen. Die Presse verlangt, daß sofortige Maßregeln getroffen werden, um dieses historische Gebäude vor Unglück zu schützen. Die Regierung hat vor einigen Tagen nahezu 100 000 Mk. für Restaurierungsarbeiten ausgesetzt, und man meint, daß einige Teile der Kirche gänzlich neu gebaut werden, wie es mit den Kathedralen von Leon, Sevilla und Cordoba geschehen ist. Die berühmte Kathedrale steht im Herzen der mittelalterlichen Stadt Spaniens und ist von vielen Kirchen und Klöstern umgeben. Ihr Bau wurde im Jahre 1227 von Padro Perez begonnen.
Gemeinnütziges.
Nußbaummöbel schwitzen sehr leicht aus und bekommen dann ein unansehnliche» Aussehen. Sie lassen sich jedoch, wie der „Praktische Wegweiser", Würzburg, schreibt, wieder Herstellen durch Abseisen mit Kernseife und einem weichen Lappen und nachfolgendes Abpolieren mit einem mäßig feuchten Lederlappen, auf dem einige Tropfen Olivenöl eingewrungen wurden
Die durch Automobile drohende Gefahr bei Begegnung mit Pferden kann nach der Erfahrung eines Lesers der Jllustr. Landw. Ztg. vermieden werden, wenn der Automobilführer die Pferde anruft. Ein einfaches „Ho — hoi !" in der bekannten Weise, in der man Pferde zu beruhigen pflegt, vom Automobil- führer ausgerufen, bringt das aufgeregteste Tier zur Ruhe, die Wirkung sei geradezu verblüffend. Es sei interessant, zu beobachten, wie das Mißtrauen seitens der Pferde gegenüber dem ungewohnten und Ungetümen Gefährt im selben Augenblick weiche, als das erkennt, daß nicht ein belebtes Ungeheuer daherrast, sondern auch nur sein von Menschenhand gelenktes Gefährt.
Humori sttsche-
Boshaft. Im Caffee: Bitt schön, ist das Blatt frei? „Es ist sogar sehr frei."
Spekulativ. In der Badeanstalt von Numpershausen schlägt der Blitz ein und verteilt sich auf die Wafferröhren der Anstalt. Der einzige gerade im Wannenbade sitzende Besucher, Rentier Dimpfel, bekam infolgedessen noch einen recht kräftigen Schlag. Ganz bleich vor Schreck tritt er aus seiner Zelle und schildert dem Bademeister den Vorgang. Als er zahlen will, verlangt der Badmeister 2 Mark. — Dimpfel: Nanu?" sonst kost' doch 'n Wannenbad nur 50 Pfg? — Bademeister.: Bitt' schön, der Herr hat'n elektrisches Bad gehabt, kostet überall 2 Mark.
Belehrung. (Szene: Zologischer Garten.) Dame zu ihrem Töchterchen: Sieh, Els- chen, das sind Rehe. Wenn die nun größer werden, dann bekommen sie Geweihe und werden Hirsche.
-s»- W ä t se k e ck e -s»-
Rätsel.
Im Meere ziehen wir dahin, bis uns die Fischer fangen;
Bald sieht man uns, geräuchert schön, beim Händler dann erprangen.
Doch ändert man ein Zeichen nun, lieg ich im Belgenlande,
Als Gau, der seinen Ruhm schon längst hin durch die Lande sandte.
Auflösung folgt in Nummer 148.
Auflösung des Rätsels aus Nr. 142.
Sudan — Sedan.
Reklameteil.
Pl anitz'dramatisches Lebensbild „Großmamas Weihnachten", welches in der letzten Weihnachtssaison in Berlin eine Reihe erfolgreichster Aufführungen erlebte, ist soeben im Verlag von A. Piehler und Co. Berlin erschienen. Da die Ausgabe zugleich als Regiebuch ausgearbeitet ist, so bietet sich damit Vereinen und Privatgesellschaften eine günstige Gelegenheit, dieses neue und dankbare Stück während der diesjährigen Weihnachtsfeiertage auch hier aufzuführen.
Das Enkelkind
Von G. Struder.
(6 Nachdruck verboten.
„Bin ich dann in der Stadt, so werde ich cs schon so einzurichten wissen, daß ich mir, ohne Verdacht zu erregen, ein neues Kleidungsstück nach dem andern anschaffe. Sie sollen bald von mir hören. Haben Sie jetzt nur noch die Güte, das Licht einen Augenblick ins Nebenzimmer zu bringen, damit ich mich unbemerkt entfernen kann."
Sowie Neubert diesem Verlangen nachgekommen war, schwang sich Thomas mit erstaunlicher Gewandtheit auf den Kastanienbaum und ließ sich dann lautlos an dem Stamme desselben hinabgleiten.
Ich nächsten Augenblick war er im Dunkel der Nacht verschwunden.
3. Kapitel.
In dem ausgedehnten Parke der Villa Drachenfels befanden sich drei Personen beisammen, die Frau Baronin von Tiefenbach, eine hübsche, etwas zu bleiche Frau von etwa 28 Jahren, deren Sohn Oskar und Fräulein Irma Winter. Während der jugendliche Stammhalter des Tiefenbach'schen Geschlechts mit einem HSlzernen Pferde sich zu schaffen machte, und demselben durch kräftige Peitschenhiebe vergeblich etwas mehr Feuer und Temperament beizubringen suchte, sahen die beiden Damen, die auf einer Gartenbau! saßen, lächelnd dem Treiben des Knaben zu und unterhielten sich dabei angelegentlich miteinander.
„Mein Mamtz" sagte die Baronin, „hat ja, wie ich Ihnen bereits erzählt, jenem alten Herrn einen Besuch abgestattet und er ist merkwürdigerweise in hohem Grade von demselben eingenommen. Ich sage merkwürdigerweise, wie Sie sowohl, liebe Irma, wie auch Oskar mir mitteilten, Sie hatten sich vor dem alten Herrn
beinahe gefürchtet wegen seines finsteren Gesichtes und -seines abstoßenden Benehmens."
„Daß Oskar sich vor ihm gefürchtet hat, ist ja richtig, gnädige Frau," entgegnete Irma; „was dagegen meine Person anbelangt, so befinden sich die Frau Baronin im Irrtum. Ich habe nur gesagt, daß mir der alte Herr ganz gewaltig imponierte, aber von irgendwelcher Furcht vor ihm war ich damals so weit entfernt, daß es mir herzlich leid tat, als er sich rasch wieder verabschiedete."
„Das muß ja ein ganz wunderbarer Mann sein, Vieser Herr Neubert, der trotz seiner Grobheit alle Menfchenherzen im Sturme für sich einnimmt. Schade,' daß ' er uns nicht einmal besuchen kommt, ich hätte sonst gern die Probe angestellt, ob er auch auf mich einen solchen unwiderstehlichen Eindruck machen würde."
„Nun, unwiderstehlich ist der alte Herr kaum," lachte Irma, „und ich glaube auch nicht, daß er darauf ausgeht, den Ruf um sich zu verbreiten, als ob ihm diese Eigenschaft zukäme."
„In diesem Sinne habe ich auch jenes Wort nicht gebrauchen wollen," versetzte lächelnd die Baronin, „denn über sein Aeußeres und sein Benehmen hat mein Mann mich genügend aufgeklärt. Wie der letztere meint, wäre Herr Neubert durch irgend ein besonders trauriges und schmerzliches Ereignis so menschenscheu und unfreundlich geworden, und die Neugierde, hierüber Näheres zu erfahren, hat in mir den lebhaften Wunsch rege gemacht, den Herrn einmal zu sprechen."
„Ich für meine Person hätte niemals die Courage, den alten Herrn hierüber auszufragen, und ich glaube auch, daß die gnädige Frau, wenn dieselbe Herrn Neubert je gegenüberständen, schwerlich das Herz finden würden, in die Geheimnisse dieses verschlossenen und finsteren Mannes eindringen zu wollen."
„Darauf wollte ich es denn doch ankommen lassen," meinte etwas hochmütig die Baronin. „So ein Mensch aus bürgerlichem Stande, der
anscheinend nur gerade so viel besitzt, um eben auskömmlich zu leben, dürfte sich wohl hoch geehrt fühlen, wenn er von mir wegen seiner Vergangenheit befragt würde."
„Ich fürchte, Herr Neubert ist stolzer und selbstbewußter, als die gnädige Frau nur glauben können," wagte Irma einzuwerfen, worauf die Baronin sehr von oben herab erwiderte:
„Der Stolz eines obskuren Herrn Neubert gegenüber einer Baronin von Tiefenbach wäre doch so schlecht angebracht und so lächerlich, daß es auch wohl dem griesgrämigen Alten schwerlich einfallen würde, mir gegenüber den Stolzen zu spielen. Doch da kommt ja mein Mann und in seiner Begleitung befindet sich mein Vetter Robert. Ah, da werden wir einige angenehme Tage verleben."
Die Baronin war aufgesprungen und ging ihrem Vetter, einem stattlichen Herrn von etwa 30 Jahren mit einem frischen, energischen Gesichte, entgegen, um ihm mck lebhafter Freude die Hand zu drücken. Der Herr Vetter erfaßte leicht die ihm dargebotene Rechte und führte sie galant an die Lippen, wobei er einige schmeichelhafte Worte für das vortreffliche Aussehen seiner Cousine, der die frische Landluft ausgezeichnet zu bekommen schien, an die Baronin richtete.
Noch einige der gewöhnlichen Redensarten, wie sie bei einem solchen Familienbesuche zu fallen pflegen, wurden gewechselt, und dann schlug die Baronin vor, sich gemeinschaftlich nach der Villa zu begeben, damit der gewiß hungrige Gast sich mit Speise und Trank erquicken könne.
Ohne sich weiter um Irma zu kümmmern, verließen die drei den Park in Begleitung Oskars, der aus seinen Later zugceilt war und den dieser aisbald in glücklicher Varerfreude auf seinen Arm genommen hatte.
Wohl noch eme halbe Stunde blieb Irma, die aus ihrem Handkvrbchen eine Stickerei her- > vorgeholt halte, sich emsig mit ihrer Arbeit de»