Sitzung Morgen ä Uhr mit der Tagesordnung: Wahlen des Präsidiums und der Schriftführer.

Toges-Nachrichte».

E i s e n b a h n u n g ck i n Herbolzheim.

Karlsruhe, 2. Dez. Die Maschine eines Arbeiterzuges fuhr heute auf der Station Herbolzheim der Maschine eines Schnellzuges in die Flanke. Die Maschine des Arbeiterzuges wurde vollstänoig zertrümmert, die Schnellzugs­maschine und zwei Personenwagen über die öst­liche Bahnböschung hinuntergeworfen und stark beschädigt. Die anderen Wagen entgleisten. Der Heizer des Schnellzuges, Zanger, der Führer des Arbeiterzuges, Ott, und der Gepäckschaffner Hirschmann wurden getötet, 10 Reisende leicht verletzt.

Ettenheim, 2. Dez. Heute früh ent­gleiste der von Ringsheim kommende Schnellzug Nr. 7 in der Nähe der Kiesgrube. Die Ma­schine und einige Wagen sind umgestürzt. Der Heizer wurde getötet, der Lokomotivführer schwer verwundet. Mehrere Reisende erlitten leichte Verletzungen. Untersuchung ist eingeleitet.

Freiburg, 1. Dez. Hier wurden letzter Zeit nachts Raubanfälle verübt, so wurde ein Knecht seines Geldbeutels mit 34 Mk. In­halt beraubt. Als der Tat dringend verdächtig wurden die Taglöhner Klingler und Binkert, beide von hier, verhaftet. Weiter wurde einem betrunkenen Kutscher seine Barschaft von 155 Mark, sowie Uhr samt Kette abgenommen. Zwei verdächtige Burschen sind verhaftet.

Berlin, 1. Dez. Gegen das freisprechende Urteil im Kwilecki-Prozeß wird die Staatsan­waltschaft beim Landgericht I keine Revision einlegen. Das Urteil wird demgemäß morgen Abend Rechtskraft erlangen. Das Verfahren, das gegen die Damen Frau von Koczorowska und Kacmareck während der Hauptverhaudlung wegen Begünstigung eingeleitet wurde, ist ein­gestellt worden.

Berlin, 1. Dez. Der sozialdemokratische Reichstagsabgeordnete Dr. Herzfeld wurde wegen Verstoßes gegen das Wahlgesetz zu 14 Tagen Gefängnis verurteilt, weil er im Juni bei der Reichstagshauptwahl in Rostock und bei der Stichwahl im ersten Berliner Wahlkreis noch­mals wählte.

Dresden, 1. Dez. Vor dem hiesigen Oberlandesgericht stand heute der erste Termin

Das Enkelkind

Von G. Struder.

(3 N chdnick verboten.

Der alte Neubert wartete diesmal eine Ant­wort nicht ab. Als hätte er bereits zuviel ge­sprochen, kehrte er sich plötzlich um und schritt, mit der Hand leicht seinen abgetragenen Hut berührend, rasch von dannen.

Sichtlich gekränkt durch sein abstoßendes Benehmen schaute ihm das schöne Mädchen noch eine geraume Weile nach, dann erfaßte es des Knaben Hand und sagte:

Komm, Oskar, mir wollen zur Mama zu­rückkehren und ihr erzählen, aus welcher Gefahr wir errettet worden sind."

Auch Neubert hatte den Heimweg einge­schlagen. Seine Stimmung war ernst und nach­denklich und während er gegen seine sonstige Gewohnheit den Kopf sinnend zu Boden ge­richtet hielt, murmelte er vor sich hin:

Es war weiß Gott Zeit, daß ich mich von der Kleinen losriß, denn sie hätte mich am Ende wahrhaftig noch sentimental gemacht, und das soll mir jedenfalls nicht wieder passieren. Für Gefühlsduseleien ist und darf in meinem Herzen kein Raum mehr sein, und so sympathisch mir das Mädchen auch war, die Art und Weise, wie ich es von mir abschüttelte, war doch die einzig richtige. Aber wenn ich nur wüßte, wer eigentlich jener Kerl gewesen ist? Er schien mich zu kennen und auch mir kam sein Gesicht bekannt vor, ohne daß ich mich jedoch zu ent- ffnnen vermöchte, wo ich diese Physiognomie jemals gesehen habe. Nun» vielleicht fällt mir dies gelegentlich wieder ein» und daß ich mir weiter den Kopf darüber zerbreche, daS ist der ganze Kerl nicht wett."

2. Kapitel.

Am nächsten Morgen erhielt der Herr Bürgermeister Wendingtr den Besuch eines hoch­

in dem Ehescheidungsprozeß des Prinzen und der Prinzessin von Schönburg-Waldenburg an. Die Prinzessin, die jüngste Tochter des Don Carlos, war gestern hier eingetroffen. Zu diesem Falle wurden in den letzten Tagen aller­lei Gerüchte verbreitet, die unbewiesen blieben und aus der Umgebung des Prinzen und der Prinzessin bestritten wurden. Die Prinzessin lebt seit einiger Zeit getrennt von ihrem Ge­mahl, der die Klage auf Ehescheidung anhängig machte.

Leipzig, 3. Dez. Feuer vernichtete den größten Teil der bekannten Maschinenfabrik Karl Krause. Der Schaden ist sehr groß.

^ (Frkf- Ztg.)

Kassel, 2. Dez. Der Förster Johann Heinrich Fischer-Friedewald, der am 15. Juni bei einem Rekontre aus der Landstraße den mit ihm verfeindeten Kaufmann Rudolf Peter er­schoß, wurde vom Schwurgericht freigesprochen.

Riga, 4. Dez. In der hiesigen Patronen­fabrik fand eine Explosion statt, durch die 4 Arbeiter getötet, einer schwer und zwei leicht verletzt wurden.

Zur Revision der Dreyfus-Affäre.

Paris, 1. Dez. Mehrere Blätter wollen wissen, daß die französische Regierung im Gegen­sätze zu der von dem Senator Clemenceau und einigen anderen Gönnern Dreyfus' ausge­sprochenen Forderung den Wunsch habe, daß der Kassationshof über die Dreyfusangelegenheit endgiltig aburteile, ohne dieselbe vor ein neues Kriegsgericht zu verweisen. Der Justizminister werde, sobald die Revisionskommission der De­putiertenkammer ihre Ansicht geäußert habe, dem Generalprokurator bei dem Kassationshofe die Weisung erteilen, die Kassation des Urteils ohne Verweisung an ein neues Kriegsgericht zu beantragen. Cavaignac wird morgen die nationalistischen Gruppen der Kammer zusummen- berufen, damit sie sich über ihre Haltung zu der Revision schlüssig machen.

Paris, 2. Dez. Gerüchtweise verlautet, daß der aus dem Dreysusprozeß bekannte Archivar Gribelin Selbstmord verübt hat. Eine Be­stätigung dieser Nachricht ließ sich noch nicht gewinnen.

Eine neue Verschwörung in Serbien.

Belgrad, 2. Dez. Hier herrscht große Aufregung, da man in zahlreichen Kreisen von

gewachsenen Herrn von etwa vierzig Jahren

und von sehr vornehmem, aristokratischem Aus­sehen, der sich ihm als Baron Tiefenbach und Besitzer der Villa Drachenfels in der Nähe von Rübenheim dem Bürgermeister vorstellte und hierauf erklärte, daß er gekommen sei, um mit dem Bürgermeister wegen einer kleinen Privat- Angelegenheit Rücksprache zu nehmen.

Ich stehe ganz und gar zur Verfügung des Herrn Barons," versetzte Herr Wendinger devot.Vermutlich habe ich dis Ehre, mit dem Herrn Sohne des Herrn Barons Cuno von Tiefenbach zu sprechen, welch' letzteren ich per­sönlich zu kennen die Ehre gehabt habe.

Allerdings," erwiderte der erstere in non­chalantem Tone.Mein Vater ist vor. drei Monaten in der Residenz gestorben, und auf Zureden meiner Frau habe ich mich entschlossen, auch einmal einige Monate auf Villa Drachen­fels, dem Lieblingsaufenthaltsort meines Vaters, zuzubringen. Doch ich will kurz zur Sache kommen. Unter unserer Dienerschaft befindet sich auch ein Fräulein Clara Winter, unsere Gouvernante, die gestern Nachmittag mit unserem Kinde Oskar einen Spaziergang in den Wald unternahm. Dabei wurde dieselbe von einem Vagabunden überfallen, der sie berauben wollte und nur der Dazwischenkunft und dem mutigen Auftreten eines älteren Mannes hatte sie es zu verdanken, daß die Sache keinen ernsteren Aus­gang nahm."

Ein Raubanfall hat hier in der Nähe, im Brüske meiner Bürgermeisterei stattgefunden?" rief der erstere erregt aus.Ader so was ist ja ganz unerhört I Ich werde sofort Sorge da­für tragen» daß etwas derartiges nicht mehr vorkommt» und daß der Verbrecher festgenommen wird. Ich werde unsere gesamte Feuerwehr alarmieren lassen, um den Wald zu durchsuchen, ich werde an den Herrn Landrat schreiben» ich werde . .

Das sind alles Ihre Sachen, mein lieber i Herr Bürgermeister»" unterbrach ihn der Baron

einem neuen Umsturz spricht, den die Königs­mörder planen. Angeblich sind die Königs­mörder erbittert über König Peter, der sich von ihnen abgewendet hat. Sie drohen mit Ab­dankung und Einsetzung einer Regentschaft.

Rußland und die Mandschurei, Mashington, 1. Dez. Bezüglich des in Europa zur Erörterung gebrachten Vor­schlags, dem Haager Schiedsgericht die Frage zu unterbreiten, wann und wie, wenn überhaupt, Rußland die Mandschurei räumen solle, wird es für möglich gehalten, daß die Vereinigten Staaten Rußland diesen Plan nahelegen können. Man bekundet hier ein gewisses Interesse an der Frage, wie Rußland diesen Plan aufnehmen würde. Weiteres Interesse erweckt hier das Gerücht, daß die Anregung aus russischer Quelle herrühre.

Petersburg, 2. Dez. DemRussischen Invaliden" zufolge kam es in der Mandschurei wiederum zu Zusammenstößen zwischen russischen Truppen und Chunchusen.

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Deinem Wissensdrange,

Ziehe keine Grenzen,

Denn Dein Wissen kannst Du,

Immerfort ergänzen.

Und je mehr Dein Wissen Ist emporgestiegen,

Lebenskämpfen wirst Du,

Selten dann erliegen.

Mehret sich Dein Wissen,

Mehrst Du Deine Freuden,

Drum im Wiffensdurste Niemals sei bescheiden.

Von der Nottum.

Verschiedenes.

Liebesabenteuer eines Majors. Aus Belgrad wird geschrieben: In der durch den starken Pflaumenhandel bekannten serbischen Stadt K. wohnt seit einigen Jahren ein gewisser David B-. ein aus Ungarn daher übersiedelter biederer Pflaumenhändler mit seiner Gattin Rosa, einer auffallend schönen, eleganten, aber ebenso koketten Frau. Ihrem Geschmack entsprach jedoch am meisten ein Artillenemajor M.. und Frau Rosa schenkte ihm ihr Herz.

etwas ungeduldig,und ich bin nicht zu Ihnen

gekommen, um die Festnahme des Schuldigen zu veranlassen, sondern aus einem anderen Grunde. Ich möchte nämlich durch Sie erfahren, wer jener alte Mann gewesen ist, da ich beabsichtige, ihm persönlich meinen Dank für die Rettung der beiden Menschen aus augenscheinlicher großer Gefahr abzustatten und ihn auch, insofern dies sich empfehlen sollte, in pekuniärer Weise zu belohnen."

Ja, wenn ich das erraten soll, müßten mir der Herr Baron schon einige nähere Mit­teilungen über das Aeußere des betreffenden alten Mannes machen. Es gibt deren aller­dings eine ganz hübsche Anzahl in meiner Bürgermeisterei, aber da ich dieselben sämtliche ziemlich genau kenne, so gelänge es mir viel­leicht doch, den Richtigen herauszusinden."

Wie Fräulein Winter mir erzählte, war jener Mann etwa sechzig Jahre alt, sehr groß, mager, aber kräftig, hatte ein glattrasiertes Ge­sicht, scharfe, durchdringende Augen und trug einen großen Schlapphut auf dem Kopfe. Was dem Fräulein noch besonders auffiel, war das eigentümliche barsche oder, wie sie es nannte, das menschenfeindliche Benehmen des alten Mannes."

O, jetzt weiß ich bereits genau, wer jener Mann gewesen ist, die Beschreibung kann nur auf einen im Dorfe paffen, und das ist der alte Neubert, oder wie sie ihn hier nennen, der alte Grobian. Daß der trotz seiner Jahre Courage und Kraft genug hat, um selbst mit einem handfesten, jungen Burschen es aufzu« nehmen, das sieht man ihm sofort an» und ich traue es ihm daher gern zu, daß er dem Fräulein mutig zu Hilfe geeilt ist. Aber grob» sogar unbeschreiblich grob» ist er auch, so daß ich dem Herttt Baron doch dringend abraten möchte» diesem Menschen einen Besuch ab» zustatten."

Nun, ganz so schlimm» wie Sie mir des Men Benehmen schildern» wird es wohl nicht