er sich aber weigerte denn er kennt den Sin­kender als anständigen und unbescholtenen Mann ch- wurde er zu 10 Mark Geldstrafe verurteilt. Dazu bemerkt derBeob." u. a.:Weil heute irgend ein Verbrechen an einer Person begangen wrrd, über die vor Wochen vielleicht em Blatt etwas gebracht hat, ist der Artikelschreiber und der Täter wohl eine und dieselbe Person und der Redakteur muß zur Feststellung der Täter­schaft mit dem Zeugniszwang bedroht werden! Das ist so horrend, daß sich hiergegen die ganze Presse mit Entschiedenheit verwahren muß."

Tübingen, 12. Nov. Heute früh kurz nach 7 Uhr wurde der Raubmörder Hespeler unter starker Bedeckung vom Schloß Hohtübingen in geschlossenem Wagen nach der Richtstätte ab- geführt, eine Viertelstunde später folgte sein Komplize Räpple. Trotz der noch herrschenden Dunkelheit hatte sich eine große Menge Schau­lustiger eingefunden, um die Ueberführung in Augenschein zu nehmen. Vom Rathaus ertönte das Armensünderglöcklein. Nachdem beide De­linquenten im Anatomiehofe angelangt waren, wurde zuerst Hespeler vorgeführt. Er zeigte sich ziemlich unerschrocken und bat um Ver­zeihung. Landgerichtssekretär Eisenbart verlas nochmals das Urteil und die königliche Be­stätigung desselben. Hierauf wurde Hespeler dem Nachrichter und seinen Gehilfen übergeben und durch das Fallbeil vom Leben zum Tode befördert. Nach erfolgter Reinigung der Ma- schine wurde Räpple vorgeführt. Er schaute überall umher und sagte noch Adieu. Nach Verlesung des Urteils wurde auch er hingerichtet. Der ganze Vorgang der Doppelhinrichtung nahm etwa 12 bis 15 Minuten in Anspruch.

Breitenholz, 11. Nov. Nnglücksfall. Als Oberamtsbaumeister und Zimmermeister Harr von Herrenberg nach Hause fuhren, geriet das Pferd in einen Graben, das Gefährt wurde umgeworfen. Der Oberamtsbaumnster konnte sich wieder emporarbeiten, während Zimmer- meister Harr tot auf dem Platze blieb.

Al 1 ensteig, 11. Nov. Das Testament. Der 20 Jahre alte Otto Theurer, der gestern beerdigt wurde, vermachte testamentarisch wenige Stunden vor seinem Tode sein bedeutendes Bar­vermögen von 65000 Mk. nebst seinem sämt­lichen Inventar, worunter ein Automobil, seinem Pfleger Louis Beck, Gerber, hier. Seine drei Geschwister haben bereits Schritte getan, um daS Testament anzufechten. Unter den Kindern sind die Roten Flecken ausgebrochen und es mußte die Kleinkinderschule bereits geschlossen werden.

Tages-Rachrickteu.

Bühl, 12. Nov. Mit dem gestrigen Tage waren es fünfhundert Jahre, daß die Stadt Bühl Marktgerechtigkeit besitzt. Am St. Mar- tinstaa 1403 Unterzeichnete König Ruprecht von der Pfalz auf der Burg zu Germersheim die Urkunde, wodurch der Ritter Reinhard von der Windeck auf sein Ansuchen mit dem freien Wochenmarkt in dem Dorf Bühl, mit dem Gericht, Geleit rc. daselbst belehnt wurde. Seit­dem besteht der Markt ununterbrochen und heute hat Bühl einen so starken Wochenmarkt, wie kaum eine zweite Stadt Badens. Bühls Obst­märkte sind in ganz Deutschland bekannt.

Lahr, 10. Nov. DaS Kriegsgericht der 39. Division verurteilte den Vizefeldwebel Gemmer vom Infanterie-Regiment Nr. 169 wegen Sittlichkeitsvergehen in 9 Fällen zu 3 Jahren Gefängnis, 2 Jahren Ehrverlust De­gradation und Versetzung in die zweite Klasse des Soldatenstandes.

Schopfheim, 10. Nov. In dem Weiler Blauen, wo am 16. Juni vorigen Jahres bei einer Brandkatastrophe die 7köpfige Familie Wetzel umkam, sind zwei große Häuser, die von den Familien Berger, Kümmerer und Asal be­wohnt wurden, eingeäschert worden. Menschen sind keine verunglückt; dagegen sollen viele Vor« räte und 3 Stück Vieh zu Grunde gegangen sein.

Mundenheim, 10. Nov. Die Frau de- Fabrikarbeiters Wilhelm Brand, Mutter von fünf kleinen Kindern, die sich vor 14 Tagen dadurch erhebliche Brandwunden zuzog> daß sie ein brennendes Streichhölzchen über den Kopf warf, wodurch ihre Kleider in Flammen ge­rieten, ist im städtischen Krattkenhäustz zu Lud» niigshafen ihren Verletzungen erlegen.

Westheim, 10. Nov. Gestern früh brach in dem um 7 Uhr von Landau kommenden Motorwagen Feuer aus, das jedoch, nachdem von einem Fahrgast die Notbremse gezogen worden war und der Wagen stillstand, durch den Führer und Schaffner gelöscht wurde. Ein Fahrgast, der während der vollen Fahrt aus dem Wagen sprang, verletzte sich leicht. Das Feuer scheint durch Kurzschluß entstanden zu sein.

Mainz, 19. Nov. Bei der gestern in Herrnsheim bei Worms stattgehabten Treibjagd des Freiherrn v. Heyl, an welcher auch Prinz Heinrich von Preußen teilnahm, wurden 1050 Hasen und 108 Fasanen geschossen.

Essen a. d. Ruhr, 10. Nov. DaS hiesige Landgericht hat heute die Klage der Fahrzeug, fabrik Eisennach (Ehrhardt) auf Löschung des Kruppschen Gebrauchmusters 174,254 in erster Instanz kostenpflichtig abgewiesen. In dem Prozeß handelte es sich, wie von unterrichteter Seite mitgeteilt wird, darum, der der Klägerin nahestehenden Rheinischen Metallwaren, und Maschinenfabrik die Fabrikation eines bestimm­ten Typs der Oberlafette für Rohrrücklaufge­schütze zu ermöglichen, der durch das erwähnte Gebrauchsmuster für Krupp geschützt ist.

Frankfurt, 10. Nov. Ein aufregender Vorfall ereignete sich gestern in dem von Berlin kommenden Schnellzuge 46. Kurz vor Lollar wurde der Zug plötzlich durch die Notbremse gestellt und als die Schaffner in das Abteil kamen, wo die Bremse gezogen war, stellte sich ihnen ein junger, anständig gekleideter Mann mit einem scharf geladenen Revolver entgegen und bedrohte die Beamten. In Gießen wurde er vom Stationsassistenten mit Hilfe des Per­sonals in Empfang genommen und entwaffnet. Der Revolver war scharf geladen und hatte keine Sicherung. Nur mit Mühe gelang es, den tobenden Mann zu überwältigen und nach der Irrenanstalt zu bringen. Er soll ein Wirts, sohn aus Hannover sein.

Berlin, 11. Nov. Die Schriftsetzers- frau Winterstein, deren Mann sich in der Lun­genheilstätte Belitz befindet, erhängte heute früh ihre 3 Söhne im Alter von 7, 6 und 4 Jahren und stellte sich der Polizei.

Die Operation des Kaisers.

Neues Palais, 11. Nov. Das heute Vormittag ausgegebene Bulletin über das Be­finden des Kaisers lautet: Sr. Majestät dem Kaiser und König ist der gestrige Spaziergang gut bekommen. Die Wunde ist von gutem Aussehen und beginnt sich zu verkleinern.

Aus De u t fch - Südwestafrika:

Berlin, 11. Nov. Eine heute einge­gangene telegraphische Meldung des kaiserlichen Gouverneurs von Deutsch-Südwestafrika besagt nach derFrkf. Ztg.", daß Hauptmann von Koppy am 1, November mit emer keinen Ab­teilung Warmbad erreichte und die Stations­vorräte intakt vorgefunden hat. Der neue Sammelplatz des Feindes sei unbekannt. Schwierige Wasser- und Weideverhältniffe machen größere Operationen nach dem Schauplatz der Unruhen gegenwärtig unmöglich.

Marseille, 11. Nov. Zwischen den hiesigen Sozialisten ist eS zu einem Bruch ge­kommen. Der frühere Bürgermeister FlaissiSres hat sich den Radikalen angeschloffen.

Port Arthur, 11. Nov. Zu der Meldung auswärtiger Blätter über die Besetzung Mukdens durch die Russen wird mitgeteilt, daß lediglich zur Wiederherstellung der Ordnung zwei Rotten (eine Rotte ist eine Kompagnie mit 200 Mann Kriegsstärke) hinbeordert wurden. Andere Maßregeln wurden nicht getroffen. Eine neue Ministerkrise in Italien.

Rom, 11. Nov. Das offiziöse Mittags­blattCapitole" bestätigt, daß Giolitti zum König mit der Absicht reist, seine Demission einzubringen, weil die Sozialisten entschlossen sind, ihn mit Skandal zu empfangen. (Frkf. Ztg.)

Belgrad, 6. Nov. Er wird nicht aus­genommen. Nach dem vergeblichen Versuche einer Darlehensaufnahme des Königs von Ser­bien in Paris in Höhe von 2 Millionen wollte jetzt der Wiener serbische Geschäftsträger bei einer Versicherungsgesellschaft das Leben des Königs in derselben Höhe versichern lassen- was jedoch von dem Direktor der Gesellschaft abge; lehnt wurde.

Rußland und Japan.

London, 10. Nov. Aus Tokio wird ge­meldet: In dortigen gut unterrichteten Kreisen ist man stark geneigt, die in Europa verbreiteten friedlichen Ansichten bezüglich der Lage im äußersten Osten zu bezweifeln. Man glaubt, die Erhaltung des Friedens sei nur möglich, wenn Rußland die japanischen Forderungen be­züglich der Mandschurei annehme. Es wird für die Regierung immer schwieriger, die Er­regung im Volke zu zügeln. Nach einer weiteren Meldung aus Tokio wurde dort ge­legentlich eines Festmahls, an dem 250 Per- sonen teilnahmen, eine Resolution angenommen, in der es heißt, die fortwährende Verschiebung der Regelung der mandschurischen Frage sei schädlich für die nationalen Interessen und für den Frieden im äußersten Osten; die Regierung müsse deshalb prompt und entschlossen Vorgehen.

Verschiedenes.

Guten Morgen, Kollege! Als das Kaiserpaar nach seiner Ankunft in Stettin sich vom Bahnhof zum Schiffe begab, hatte auf diesem Wege der Stettiner Schützen- Verein der Bürger Aufstellung genommen, um den Kaiser als seinen besonderen Herrscher zu begrüßen; der Kaiser hatte nämlich für dieses Jahr bei dem Verein die Schützenkönigswürde angenommen, nachdem bei dem Königsschießen für ihn der beste Schuß abgegeben worden war. Als der Kaiser an dem Verein vorbeischritt, bemerkte er den Schützenkönig, nämlich jenen Schützen, der den besten Schuß für den Kaiser abgegeben hatte, und begrüßte ihn mit einem fröhlichen:Guten Morgen, Kollege!"

Erlebte Ki nd er g e s chichten erzählt dieTägliche Rundschau": Der kleinen Maria, dem Töcht-rchen eines Chirurgen, ist in der Religionsstunde erzählt worden, daß Gott eine Rippe aus Adam nahm und daraus Eva schuf. Maria zu Hause:Vater, hat Gott den Adam auch chloroformiert, ehe er die Rippe ausschnitt?"

Der kleine Otto:Mutter, ist der jüngste Tag sehr klein?" Derselbe, abends im Bett, verschämt:Mutter, wenn ich in den Himmel komme, muß ich da den lieben Gott erst mit Sie anredcu oder darf ich gleich Du sagen?"

Und in derVossischen Zeitung" lesen wir gleichzeitig folgende hübsche Kinderschnurren: Papa, mit der Else werdet Ihr Euch wohl geirrt haben," sagte ein Knabe im Hinblick auf seine Schwester.Die ist so wild, das wird wohl ein Junge sein!" Als vor einiger Zeit einem kleinen Mädchen in der Volksschule die Frage gestellt wurde, wie das Gebot,Du sollst Vater und Mutter ehren," zu verstehen sei, sagte es:Ick habe nur noch 'ne Mutter!"

Lehrerin:Nun also, wie ehrst Du Deine Mutter?" Schülerin:Ick fasse ihr um un drücke se!" Ein älterer Bruder verlangte etwas von einem jüngeren Bruder in grobem, drohendem Tone; der Kleine klagte darauf der Mutter:Er hat es mir nicht mit Lieblichkeit gesagt, sondern mit 'en Muß!" Das Lied von der ^gnadenbringenden Weihnachtszeit" lautete im Munde eines fünfjährigen Mädchens: O, du selige, knabenbringende Weihnachtszeit!"

Mosers S t ie f e l s am m l u n g. Aus der Hinterlassenschaft des kürzlich verstorbenen Schwankverfassers Gustav v. Mosers wird eine der merkwürdigsten Privatsammlungen zur Ver­steigerung kommen an 200 Paare Stiefel aller Arten und Abarten, die der tantiömen- gesegnete Autor mit derselben Leidenschaft sammelte wie Mascagni seine berühmten Kra­watten. Sämtliche Schuhmachermeister der Stadt Görlitz kannten die Marotte des alten Herrn, besonders feine oder historisch interessante Stie- fel auszukundschaften und mit schönem Gelbe zu bezahlen. Sie luden ihn infolgedessen von Zeit zu Zeit zu einer Besichtigung ihrer Lager- bestände ein, und Moser ließ lieber seine zahl­reichen Premiören links liegen, um nur nicht eine Bereicherung seiner Sammlung zu versäu­men. Wenn ergeschäftlich" in Berlin zu tun hatte, pflegte er die Auslaaefenster großer Schuhwarengefchäfte mit derselben Genauigkeit zu besichtigen» wie ein Kunstfreund die Galerien, und mit dem MigateN Lorbeer wunderte regel­mäßig eine Partie Schuhe in seine Behausung, um dort in einem bibliotheksaalartigen Raum