Winnenden, 16. Jan. Auf bis jetzt un­aufgeklärte Weise brach heute nacht 11 Uhr in dem zusammengebauten Wirrschafts- und Brauerei­gebäude des G. Striekel Feuer ans, welches, da das Gebäude ziemlich außerhalb der Stadt liegt, und deshalb nicht mit der städt. Wasser­leitung in Verbindung sieht, bei anfänglichem Wassermangel das ganze Gebäude vollständig zerstörte; eine nebenstehende Scheune und eben­so das MMliar konnte gerettet werden. Der Besitzer ist versichert.

Tages-Nachrichtcu.

Klingenberg, 16. Jan. Wie leichtfertig derzeit die Menschheit ein Menschenleben an­schlägt, zeigt ein gestern hier vorgekommener Vorfall. Auf der Landstraße zwischen Bückingen und Klingenberg wurde abends gegen 8 Uhr der hier bei Gutspächter Hagenbucher bedienstete Milchbauer Karl Merkte von zwei unbekannten Männern in räuberischer Absicht angesallen, ihm sein Geld abverlangt und mit einem Dolch nach ihm gestochen. Mantel und Juppe sind durch­bohrt, der Manu aber selbst ist nicht verletzt. Wenn der Uebersallene nicht ein thatkräsliger junger Mann gewesen wäre, so hätte es chm sein Leben kosten können. Untersuchung ist ein­geleitet.

Fr ei bürg, i. B-, 16. Jan. Der allein stehende Handelsmann Burgheimer wurde gestern Abend in seinem Zimmer ermordet aufgefunden.

Köln, 16. Jan. In dem im Umbau be­findlichen Hotel, wo man gestern, wie bereits berichtet, unter dem Fußboden zwei Skelette ausfand, wurden heute abermals zwei Skelette ausgefunden. Bereits vor 2 Jahren war ein Schädel aufgesunden worden, ohne daß damals diesem Funde wesentlich Bedeutung beigemessen wurde. Die Staatsanwaltschaft ist lt. Frfk. Ztg. eifrig beschäftigt, Licht in die Angelegenheit zu bringen.

Schleswig, 16. Jan. Der seit vorgestern verschwundene Kassierer der hiesigen Spar- und Hilssbank Clausen stellte sich selbst dem Staats­anwalt in Flensburg. Er gestand ein, seit 20 Jahren Veruntreuungen in Höhe von 100,000 Mk. verübt zu haben.

Sinsheim, 15. Jan. Eine Mißgeburt eltenster Art brachte die Kuh des Bierbrauerei­

besitzers I. Geiser zur Welt. Das Kalb, ein Zwilliugsstier mit einem Rumps und einem Magen, besitzt nämlich 2 Köpfe, 8 Beine und 2 Schweife. Nicht minder bemerkenswert ist, daß das Tierchen zur einen Hälfte männlichen zur andern noeiblichen Geschlechts ist.

S. Georgen, 16. Jan. Der seit dem in. November v. I. in Untersuchungshaft gewesene Holzarbeiter Beha von Nnterkiruach, wohnhaft in Langcnschiltach, ist wieder auf freien Fuß ge­setzt worden. Die gegen ihn erhobenen An­schuldigungen, wonach er an dem vor 15 Jahren in Nnterkirnach geschehenen Mord mitschuldig gewesen sein soll, erwiesen sich als grundlos. Es sollen sich im Lause der Untersuchung schwer­wiegende Verdachtsmomente gegen einen früheren Holzhauer-Akkordanten Namens E. Wursthorn von Unterkirnach angesammelt haben. Derselbe habe kurz nach dem Mord sein Anwesen ver­kauft und sei nach Amerika ausgewandert.

Berlin, 17. Jan. Zum Untererzieher der Söhne des Kronprinzen, welche Stellung bis Anfang Dezember Andre Giron bekleidete, ist der Oberstleutnant im Gardereiter-Regiment Freiherr von Humbracht-Alt ernannt worden.

Svrau, ! 7. Jan. Heute vormittag wurden 2 Streckenarbeiter vom Cottbuser Schnellzug überfahren. Einer wurde vollständig zermalmt; der andere ist ebenfalls seilten Verletzungen er­legen.

Lüttich, 15. Jan. In der Kohlengrube Wertster stürzten infolge plötzlichen Anhaltens des Förderkorbes eine Anzahl Bergarbeiter in die Tiefe des Schachtes. Bis heute Vormittag wurden 2 Arbeiter todt und zahlreiche verletzt aufgefunden.

Berlin, 16. Jan. Der Klempnergeselle Moser, der am 23. Nov. vor. Jahres im Bank­geschäft Schwerdseger in der Friedrichstraße, un­weit dem Bahnhof Friedrichstraße den allein an wesenden Salzwedel zu ermorden und den Geld­barbestand zurauben versuchte, wurde vom Schwur­gericht wegen versuchten Raubmordes zu 14 Jah­ren Zuchthaus und wegen verschiedener Diebstähle zu einer Zusatzstrase von 1 Jahr Zuchthaus und Stellung unter Polizeiaufsicht für die Dauer von 10 Jahren verurteilt.

js Die italienische Regierung bestätigt jetzt die zuerst von der Korrespondenz des Handels-

Die rechte Erbin.

Roman von I. Pia.

Nachdruck verboten

Ein oder zwei Mal, als Irma zufällig auf­sah, begegnete sie Dülzens Augen, welche mit so seltsamen Ausdruck von Teilnahme und Inte­resse auf ihr ruhten, daß sie schnell die Lider halb verlegen senkte.

Sich mit ihrer Müdigkeit entschuldigend, zog Irina sich gleich nach beendeter Mahlzeit wieder in ihr Zimmer zurück, wo Lisette ihr wieder be­hilflich war.

Trotz der Baronin Verbot konnte Irma sich doch nicht enthalten, derselben mit ein paar herz­lichen Worten zu danken.

„Es war zu gut von Ihnen, Lisette", sagte sie, „mir all' die Sachen für die lange Fahrt in den Wagen zu legen."

Zu ihrem Erstaunen aber erhielt sic zur Ant­wort: „Das war war ja ich doch nicht, gnädiges Fräulein. — Hier ist nur Einer im Hause, der immer der Gute ist, und das können Andere nicht ertragen. Wenn aber der alten Lisette ge­sagt worden ist, sie soll den Mund halten, so kann sie auch schweigen."

Hierauf war auch nichts weiter aus ihr über die Sache herauszubringen; doch Irma wußte nun, daß die Baronin ihr die Unwahrheit ge­sagt hatte! Wer aber war dieser geheimnisvolle „Eine", auf den Lisette anspielte.

Das war der letzte Gedanke, über den Irma an diesem Abend einschlummerte, als sie sich heilig zu Bett begeben hatte.

6 .

„Du mußt doch zugeben, Adele, daß das Mädchen reizend ist!" bemerkte eines Tages der von seinem Gichtanfall wieder genesene Baron von Steinfels zu seiner Gemahlin.

„Sie gefällt mir viel besser, als ich gefürchtet habe", entgegnete diese in herablassendem Tone, ftich bin sowohl von ihrer äußeren Erscheinung

wie von ihrem ganzen We;en angenehm über­rascht, doch hat sie absolut nichts Vornehmes, nichts Aristokratisches in ihrem Auftreten."

„Das wird sie sich schon, allmählig aneignen. Ueberdies kannst Du glauben daß selbst Deiner vollkommenen Klementine —"

„Bitte, laß Klementine aus dem Spiel!" fiel die Baronin ihrem Gatten ungeduldig ins Wort.

Es waren kaum vierzehn Tage vergangen, als Irma im Schlosse weilte, und schon wiederholt hatte sich die Liebe des Vaters für sein Kind und die Liebe der Tante für ihre Nichte, die wie sie meinte, einer Fremden halber als Erbin beseite geschoben werden sollte, als eine Art Eifersucht geltend geinacht.

Der Schloßherr und die Schloßherrin stan­den oben auf der Veranda, während Klementine unterc im Garten mit ihrem Verlobten Croquet spielte und Irina in ihrer Bescheidenheit und übergroßen Gutmütigkeit, sich damit begnügte, die zu weit fortrollenden Kugeln, wieder zu holen.

„Sie können uns die Kugeln aufnehmen, wenn Sie wollen, hatte Klementine gemeint, als Irma das erste Mal ihrem Spiele zusah, und diese war gern bereit gewesen, der stolzen Schönen, die so wenig Notiz von ihr nahm, gefällig sein zu können.

„So passen Sie doch auf!" ries Klementine.

Die eine der Kugeln war weit fortgerollt, mitten in ein Beet voll dichter Rododendrun.

Irma lief der Kugel schnell nach, aber während sie sich noch bemühte, dieselbe aus dem dichten Gebüsch hervorzuholen, kam Dülzen ihr zu Hilfe.

„Ich kann es gar nicht mehr mit ansehen, wie Sie diesen dummen Kugeln nachlaufen," sagte er. Warum sollen wir nicht den Gärtnerburschen dazu holen, der hat es doch früher auch für uns getan.

„Aber es Macht mir ja Vergnügen, ich tue es wirklich gern", entgegnete Irma, während sie beide zwischen dem Rhododendron herumsuchten.

Vertragsvereins gebrachte Nachrich', daß d'e Verhandlungen auch zwischen Deutschland und Italien in Rom stattsmdc» werden, wie -4 der Minister Prinetti gewünscht hatte und wie -S auch für die Verhandlungen zwilchen Jm'ica und Oesterreich-Ungarn im Prinzip sch":; stst- steht. Rum wird also etwa vom 1. Mäm an der Mittelpunkt der Handelsvertragskämpfe und Verhandlungen sein.

Aix, 14. Jan. Heute wurde d"" pm. pme verurteilte Frauenmörder Vital, den Präsu-uck Loubet zu lebeüStänguckvau chNchavs mm'm hat, zum chmnpmtr.. - V : u'n. am - mr Verlesung des BegnaoiguugsdeUms beizuwvhn.ri. Eine Menge von etwa 2000 Pmsvuen ürernel die Gendarmen, welche Vital führten, warfen diesen zu Boden und schlugen ihn blutig. Es mußte eine Kompagnie Soldaten nach dem Justizpalast beordert werden und nur mit Mühe konnte Vital der Vvlkswut entzogen werRm. Die Erregung der Menge ist wohl zum Teil darauf zurückzuführen, daß Vital, der eine ganze Anzahl von Lustmorden begangen Halle, begnadigt worden war, während gleichzeitig ein anderer wegen eines einzelnen Mordes verurteilter Ver­brecher das Schaffot besteigen mußte.

Madrid, 16. Jan. In der Nähe von Ferrel wurden l 5 mit Tunnelarbeiten beschäf­tigte Arbeiter durch einen Erdrutsch verschüttet. Hülfe ist abgesandt.

London, 16. Jan. Das GouverncmeutS- gebäude in Alterschot, der Sitz des Generalkom­mandos deZ ersten Armeekorps wurde durch eine Feuersbrunst gänzlich zerstört.

Saint Briuce, 16. Jan. lieber neun Geistliche wurde Gehaltssperre verhängt, weil sie sich beim Predigen und beini Katechismns- uuterricht der bretonischen Sprache bedienten.

Newyork, 16. Jan. In Columbia, der Hauptstadt Süd-Caroliuas schoß der stellver­tretende Gouverneur Tillmann den Journalisten Gonzals, der ihn in einem Artikel und öffent­lichen Reden scharf angegriffen hatte, in den Unterleib und verwundete ihn schwer. Tillmann wurde verhaftet.

Der Konflikt mit Venezuela.

Berlin, 17. Jan. Wie die Nordd. Ztg. erfährt, werden die^eutscheu Schulschiffe „Char­lotte" und „Stosch" am 28. Januar von Vene­zuela die Heimreise amreteu.

„So komm' dvch, Atsous", rief Ktememine, „Irma wird die Kugel schon finden; verschwende dvch damit nicht die Zeit" —

Dülzen aber, ohne ihres Rufens zu achten, fuhr in gedämpftem Tone fort:

„Wenn Sie nur wüßten, wie verhaßt es mir ist, wenn ich mit anseheu muß, wie Sie gleich einwn Dienstboten behandelt werden!"

^ Diese Worten berührten Irma seltsam, halb erfreuten, halb schmerzten sie dieselben, und ihre Augen wurden feucht, als sie zu Dülzen auf­blickte.

Jener aber, der Niemand leiden sehen konnte und nicht ahnte, daß grade seine Worte es waren, die sie bekümmerten, fuhr leise und mit einem innigen Ausdruck in seinen braunen Augen fort: „Sie Arme, Sie fühlen sich gewiß recht unglück­lich hier! Was gäbe ich darum, wenn ich Ihnen helfen könnte! Wenn Sie einen Freund in mir sehen wollten!"

„O, Sie sind so gut!" murmelte Irma mit den Thränen kämpfend, — sie sind hier Alle so kalt, so streng gegen mich, so ganz anders als ich es von früherher gewöhnt bin; Sie sind der Einzige, der je ein freundliches Wort für mich hat."

„Ich möchte einmal ruhig mit Ihnen reden, wie wir das ändern, wie wir Sie glücklich machen können! — nicht jetzt," fuhr er hastig fort, „vielleicht heute Abend, ich rauche immer, wenn die Andern sich zurückgezogen haben, hinken im Garten noch eine Zigarre — da könnten wir einmal ungestört miteinander reden."

„Findet Ihr denn die Kugel nimmermehr?" rief da eine ärgerliche Stimme, und mit finster zusammengezogener Stirne kam Klementine schnell auf die Beiden zu.

„Hier ist sie," sagte Irma, die Kugel, die sie schon seit zwei Minuten in der Hand hatte, in die Höhe haltend, während Dülzen, halb schuldbewußt, niit verlegener Miene ein paar Worte über das dichre Gebüsch dir- sÄnen Kugeln murmette.