vermeiden. Die vollkommen phantastischen Behauptungen Romain Daurignac's über die Existenz der zwei Crawfords finden ihre Bestätigung durch Frau Therese. Gleichwohl hofft der Untersuchungsrichter baldigst volle Klarheit darüber zu schaffen, wer der Urheber des Craw- fordschwindels ist.
Paris, 8. Tcz. Dem Temps wird aus Havanna geschrieben, daß die dortigen französischen, deutschen, belgischen und spanischen Kaufleute eine internationale Handelskammer gründen wollen, um durch die amerikanischen Prätensionen bedrohten Interessen energisch lzu verteidigen.
London, 6. Jan. Die Central-News meldet aus Madrid: Sagasta starb an einem alten hartnäckigen Bronchialleiden, welches plötzlich akut wurde. Die spanischen Zeitungen haben ihm oft vorgehalten, er schütze nur sein Bronchialleiden vor, wenn er eine schwere politische Angelegenheit verschieben wolle. Sonntag Nacht wurde sein Leiden plötzlich schlimmer. Die Aerzte erklärten sofort, es bestehe keine Hoffnung. Der Tod sei nur eine Frage weniger Stunden. Die Nachricht verbreitete sich sehr schnell. Eine große Anzahl distinguierter Persönlichkeiten versammelte sich bei dem Portal seines Hauses, unter ihnen Silvela, Villaverde und andere Mitglieder des Kabinets. Auch viele Arbeiter kamen und hörten mit Bedauern die Nachricht des populären Führers. In dem königlichen Palais herrschte ebenfalls große Teilnahme. Der König und die Königin-Mutter erkundigten sich alle halbe Stunde. Viele Deputationen ans den Provinzen werden zu dem Begräbnisse erwartet.
— Aus bester Quelle wird mitgeteilt, das in Agram liegende 13. österreichffche Armeekorps habe von Wien den Befehl erhalten, für den Monat Mai schlagfertig zu sein, um im Gebiet von Mitrowicza vorzurücken.
Randers, 7. Jan. Die 18jährige Tochter des Bauern Christinsen Großyoerup wurde heute mit durchgeschnittener Kehle auf der Landstraße in der Nähe von Oerssted ermordet aufgefunden. Die Bevölkerung befindet sich in großer Aufregung.
Bern, 7. Jan. Hier nimmt man an, Deutschland werde im Laufe Februar oder März seine
HandelsverträgemitderSchweiz kündigen. Voraussichtlich werde auch Italien seine Handelsverträge mit der Schweiz kündigen.
— Die Zentral-News meldet aus Lissabon: Das Wasserreservoir ist am 5. Jan. abends plötzlich geborsten. Gewaltige Wassermengen überschwemmten die niederen Stadtteile völlig. Verschiedene Häuser wurden völlig weggewaschen. Das Theater wurde vollständig überflutet. Viele Menschen sind umgekommen. ' Doch ist die genaue Zahl noch nicht festgestellt. Eine große Panik herrscht in der Stadt.
Die Affäre der sächs. Kronprinzessin.
Dresden, 7. Jan. Der bekannte Leipziger Rechtsanwalt Dr. Felix Zehme wird die Kronprinzessin vor dem vom König eingesetzten Ehescheidungsgerichtshof vertreten.
Genf, 6. Jan. Die sächsische Kronprinzessin wird sich über die Legitimität oder Illegitimität des zu erwartenden Kindes in keiner Weise äußern; sie wünscht, nur in der öffentlichen Meinung Deutschland keine Mißdeutung aus- kommen zu lassen, zu erklären, daß sie auf alle umlaufenden Gerüchte nicht reagiere, weil sie es teils für ihrer unwürdig, teils im gegenwärtigen Augenblick für inopportun: halte. Das Prozeßverfahren und die Zukuuft würden über sie und über die Gründe ihres Entschlusses völlige Klarheit bringen.
Genf, 7. Jan. Die.Kronprinzessin von Sachsen hat aus Diferenz gegenüber der königlichen Familie den Wunsch ausgesprochen, während der Dauer ihres Prozesses allein in Genf zu weilen. Infolgedessen reist Giron unverzüglich ab. Er verbleibt bis auf Weiteres in Lausanne.
Der Konflikt mit Venezuela.
Washington, 7. Jan. Die Antwort Deutschlands und Englands ist hier eingetroffen und Castro übermittelt worden. Beide enthalten dieselbenBedingungen, über dieeineVerftändigung zuwege gebracht werden muß, ehe der Fall dem Schiedsgericht unterbreitet wird.
— Es ist ein Prisengericht gebildet worden, welches die Gültigkeit der Beschlagnahme sämtlicher venezolanischen Schiffe prüfen, sowie
den Wert der Prisen festsehen soll. Uu-l-häi'.Pq hievon sind Schritte nmernommen wo,,,-.: zu einer etwaigen Freilassung der Schiff? im F:/e des Zusammentretens des Schiedscu-ichte?.
Caracas, 7. Jan. Die Blockade sw» E ro ist nunmehr verfügt worden. Sie "Cs ds. Mts. ab von einem imueneffw . - -
Auftrag der BCckadcstocke our ? EW?: - >
Newport, 6. Jan. Meldungen aus s. - zuela berichten übereinen großen Sieg, p.n Regierungssoldaten über !890 Jnsurgenu-u erfochten haben sollen. Indessen wird ans anderen Quellen telegraphiert, daß trotz dmer angeblichen Niederlage die Revolutionäre sich Caracas nähern.
Newyork, 6. Jan. Die Eigentümmer l>es Uniondampfers „Caracas" beschwerten sich denn Staatssekretär Hay darüber, daß es dem Damvfer nicht gestattet worden sei in La Gnayra auszu.' laden. Sie verlangen, daß die Angelegenheit untersucht werde.
— Die Finanzpanik, die dadurch entstanden ist, daß die Bank von Venezuela ihre Noten nicht mehr einzulösen vermag, ist vorübergehend dadurch gemildert worden, daß die bedeutendsten Firmen in Caracas, La Guay'a, Valencia und Puerto Cabello sich bereit erklärten, alle Zahlungen in Noten anzunehmen. Diese Hilfeleistung hat einen sehr guten Eindruck gemacht. Tie finanzielle Lage ist jetzt weniger gespannt.
Die Revolution in Marokko.
Madrid, 6. Jan. Wie aus Ceuta gemeldet wird, traten die angesehensten Eingeborenen zusammen und beschlossen, Waffen und Munition anzukausen für den Fall, daß die Benidcr- und Suadere-Kaüylen die Stadt augreifeu würden.
Tanger, 7. Jan. Nachrichten aus Fez vom 1. Jan. melden eitle Besserung der Lage. Ter Mangel an Vorräten hört auf. Einige mächtige Stämme, die sich den Rebellen angeschlossen hatten, gaben ihre Unterwerfung kund.
A?rschtl'dek'?s.
(Vandalismus). Ueber die an verschiedenen Tenkmalsgruppen in Berlin in der Nähe des Marstallgebäudes verübten ruchlosen Bubenstreiche
Ker Kernerndecirzt.
Komk'N ro» M bis born
89) Nachdruck verboten.
Doktor Jellinek und Gisela wagten kein Wörtchen zu sprechen — es rauschte so selig an ihnen vorbei. — Da tönten draußen Frau Mathildens Schritte. Inmitten ihres Schmerzes war ihr der Gedanke eingefallen, der Doktor könne zu .Rudolf gegangen sein. Nachdem, was sie erlebt und gesehen, sollte er Gisela nicht wieder in den Weg kommen.
Sie sah geärgert aus, als sie ins Zimmer trat. Obwohl sie keinen festen Anhaltspunkt hatte, beunruhigte sie Giselas Aussehen — das war kein alltägliches Gesicht.
„Du kannst Deine Sachen packen, Gisela, wir gehen in die Sladt zurück." Damit schickte sie sie fort.
Und Gisela ging.
An der Thür wandte sie sich noch einmal an Eugen. Der stand jetzt wie verwandelt stumm und düster.
Nun sagte ihm Frau Mathilde, daß sie mit ihrem Manne einig geworden sei, morgen nach Wien zurückzugehen.
Es sollten die ersten Autoritäten zu einem Consilium zusammengerufen werden: das ließ sich hier draußen nicht bewerkstelligen."
„Wer wird aber bis morgen die Aufsicht Über ihren Herrn Sohn übernehmen?" fragte Eugen.
„Lassen Sie das meine Sorge sein, Herr Doktor," sagte sie kalt.
Eugens Gesicht wurde ganz finster. Da erging kein einziges Wort an ihn, sich des Kranken weiter anzunehmen.
In seinem verletzten Stolz verabschiedeteier sich schnell.
Er eilte nach Hause»
Dort saß Johanne unter der Veranda.
Ein trauriges Verslein war ihr in der Nacht eingefallen — das schrieb sie nieder.
Eugen trat auf sie zu.
„Fräulein Johanne, wollen Sie ein Liebes- ckverk verrichten?"
! Sie schaute fragend auf.
„Der Kranke im Schloß bedarf einer Pflegerin! Johanne bedachte sich. Ich bin gestern Abend nicht freundlich von Frau Mathilde geschieden; hätte ich sonst wohl den ganzen Morgen hier sitzen können ohne nach Rudolf zu sehen?"
Und sie fragte, wie es mit dem Kranken stehe, Eugen gab eine ernste Antwort. Er sagte auch, daß Onkel Joachim Gertrud in Sicherheit gebracht habe — fort sind sie, vielleicht auf dem Wege nach Amerika."
Johanne sprang auf. Das ist eineHelden- that vcn Joachim.
Eugen sah sie staunend an. „Fräulein Johanne, er hat fremde Rechte verletzt."
„Nein," rief sie begeistert, „er hat das Rechte gethan, und ich möchte ihn dafür segnen!
„Denken Sie doch nur, welch gräßlichem Schicksal Gertrud verfallen war — einen Wahnsinnigen zum Manne und einen Drachen zur Schwiegermutter! — versetzen Sie sich in die Lage."
Ueber Eugens Gesicht huschte ein Lächeln. Das Wort „Drachen" tönte ihm im Ohr.
„Jetzt verstehe ich erst, weshalb Sie mich zu Rudolf schicken möchten," sagte Johanne, „Gertrud war seine Wärterin — gut, ich gehe hin."
S'e räumte eilig ihre Papierstreischen zusammen. „Meine ganze Sicherheit habe ich Rudolf gegenüber verloren," sprach sie dabei, „schaun Sie, Doktor, ich glaube, Gisela könnte besser mit ihm fertig werden als ich."
„Nein!"
Johanne sah verwundert zu ihm auf.
Er hatte das „Nein!" so leidenschaftlich ausgestoßen, wie einen unvollendeten Satz, und jetzt wandte er sich um; er ging im langsamen Schritt
die Terasse aus und ab — Johanne sah's, er war in seinem Innern erregt.
Sie trug ihre Papierschuitzel in's Gaststüb- chm hinauf und kam mit Hut und Sonnenschirm zurück.
Er wanderte da noch immer auf und ab.
„Ich gehe jetzt, Doktor Jellinek."
Sie reichte ihm die Hand.
Er hielt sie sonderbar fest in der seinen „Fräulein Johanne, versprechen Sie mir, Giseia nicht allein mit dem Kranken zu lassen!"
Sie sah ihn groß au — ihr Blick fiel aus seine schwarze Stirnbinde, und da verstand sie, was er meinte.
Sie gelobte, über Gisela zu wachen.
*
H *
Am späten Nachmittage, als Frau Jellmei gerade ihre Rosen begoß, rrat ein Dieustmann ins Gärtlein.
Er verlangte in, Frau von Heidenbrucks Namen die Doktorrechnung.
Der attcn Frau stieg ein flüchtiges Rot in die welken Wangen, als der vierschrötige Manu in feiner groben Mundart den Auftrag hersagte. Sie hatte solch innerlich heilige Achtung vvr dem Berus ihres Sohnes, daß es ihr völlig weh that, wenn so Einer daher kam und ohne Umstände nach der Rechnung fragte, gerade wie bei einem Geschäftsmann, wo ihr Sohn doch nicht am Gelds hing und sich von niemand etwas zahlen ließ, Lem's unser Herrgott nicht reichlich gegeben hatte.
Sie wollce den Dienstmann auch gerade fortschicken, als Eugen von der Praxis zurücklehrte, sodaß er ihm direkt in den Weg lausen mußte.
„Ich soll die Rechnung für Frau von Heiden druck holen!" rief der Mann. Aus W Graste hätten's etwa Vorübergehende hören Uinnen.
Eugen kam hochausgerichlet daher. Er sau den Sendboten vom Schloß scharf an.
(Fortsetzung folgt.)