Eine größere Gesellschaft, die dort gemütlich beim Vesper saß, wurde plötzlich durch die Dazwifchenkunfl eines großen Bären in Begleitung eines Mädchen überrascht, welche beide ihre zweifelhaften Kunstgenüsse darboteo. Noch vollendeter Produzierung glaubten die Zuschauer ein gute« Werk zu thun, indem sic dem gefräßigen Vierfüßler Abfälle vom Vesper spendeten. Meister Petz, in dem nun der Heißhunger geweckt war, erschienen die Gaben jedoch zu gering; er machte deshalb, da im nichts mehr gereicht wurde, Miene, sich auf den mit den betr. Leckerbissen beladenen Tisch zu stürzen, an welchem Vorhaben ihn jdoch seine Begleiterin hinderte. Hierüber geriet er in unbändigen Zorn, er warf dieselbe zu Boden und wenn nicht ein beherzter Mann rechtzeitig das Ungetüm an den Hinterfüßen von seinem Opfer weggezogen hätte, wäre vielleicht ein Unglück entstanden. ES gelang jedoch dem Mädchen (der Heldenmütige selbst und ein Teil der Gesellschaft hatten inzwischen Reißaus genommen), das Untier zu beschwichtigen und mit demselben weiterzuziehen. Größere Vorsicht ist bei derartigen Gelegenheiten zu empfehlen.
Eßlingen, 22. Aug. (In heutiger Sitzung der bürgerlichen Kollegien) erhöhten dieselben den Gehalt deS Oberbürgermeisters von 8200 auf rund 9000 mit Rückwirkung vom 1. April 1901 an.
Oehringen, 23. Aug. Gestern nachmittag fiel der Zimmergesellt Friedrich Bückert von Eschenthal vom Dach eines HauseS ca. 8 Meter hoch herab und war sofort tot.
Wildberg, 21. Aug. Vor etwa 3 Wochen berichteten wir von einer Knh, die auf hies. Station aus dem Zug ihrem Führer entsprang und durch den Tunnel rennend, sich in den nahen Wald geflüchtet hatte. ES kkingt nuo wie ein Märchen, daß diese Kuh mit einem Kalb, das sie im Walde geworfen, von Kindern auf Emminger Markung angetroffen wurde.
Tübingen, 22. Aug. Ein bedauerlicher Unglücksfall, welcher namentlich die Mütter wiederum zur Vorsicht mahnen soll, ereignete sich hier gestern vormittag. Die Ehefrau eines WeingärtveeS, die einen Ausgang zu machen hatte, ließ ihr 4 Monate alles Kind ohne Aufsicht in einem großen Bett zurück. Bei ihrer Rückkehr fand sie ihr Kind erstickt im Bette vor.
— Die Löwenapotheke in Freudenstadt, die von dem derzeitigen Besitzer Streichele vor 19 Jahren um 95000 gekauft wurde, ging um 225 000 an Apotheker Köhler aus Bad Kisstngen über.
Ulm, 23. Aug. Im benachbarten Ort Buhl wurde die Gastwirtin Bitterolf z. d. ,3 Taubenschligen" von 2 Handwerksburschen mit Holzscheiten erschlagen. Die Verbrecher raubten hierauf 50—60 ^ und flüchteten.
Ravensburg, 22. Aug. Der Mörder Ulrich Geiger ist heute in Feldkirch verhaftet worden.
, Pforzheim, 20. Aug. Sehr häufig kann man auf dem Lande beobachien, daß Maul- würfsfänger wohl als Zeichen, daß sie erfolgreich gearbeitet haben, ihre Beute an Schlingenstöckea im Felde aufhängen, woran sich später Insekten setzen, die dann das Leichengift in sich ausnehmen. Der Stich eines solchen Insekts ist äußerst gefährlich und hat schon häufig Blutvergiftungen und Todesfälle zur Folge gehabt. Es ist daher
zu wünschen, daß dieser Unsitte der Maulfänger von maßgebender Seite auS gesteuert wird.
— Höchst a. M. Der seltene Fall, daß ein Urgroßvater noch einmal Vater wird, hat sich hier ereignet, indem ein 74 Jahre alter Bürger unserer Stadt von seiner jungen Gattin mit einem Mädchen beschenkt wurde. — Sie konnten nicht zusammen kommen.
Eine heitere Scene spielte sich kürzlich auf dem Hauptbahnhcf in Mannheim bei der Ankunft des Basel-Berliner Schnellzugs ab. Eine dicke Dame entstieg einem Coups, eine Reisetasche in der einen Hand, einen Schirm in der anderen. Eine andere dicke Dame, die auf dem Perron geharrt hatte, eilt« freudig bewegt aus die Angekommcne zu und will sie abküssen. Vergebliche Mähe. Beider Korpulenz war zu groß. Die Köpfe kamen nicht zusammen. Sie versuchten es von beiden Seiten, die Mühe war umsonst. Die Liebes- beweise verpafften in der Luft. Die beiden Damen hätten wohl noch weitere Versuche unternommen, sich zu nähern, wenn nicht das schallende Gelächter der Umstehenden sie in die Flucht gejagt hätte.
Horowitz, 21. Aug. (Von einem glühenden Eisen durchbohrt.) Am 14. d. M. er- ereignete sich in dem Walzwerke zu Allhütten ein entsetzlicher Unglücksfall. Dem 19 Jahre alten Arbeiter Emil Kreistnger drang ein acht Meter langes glühendes Eisen durch den Körper, so daß der Unglückliche, bevor ihm noch das Eisen aus dem Leibe gezogen werden konnte, den Geist aufgab.
— Die Vorgesetzte ihres Mannes. Ein eigenartiges RaiigmrhältniS ist durch die Ernennung der Frau Prinzessin Friedrich Karl von Hessen zum Chef deS FüstlterregimentS v. GerSdorf (Hessisches) Nr. 90, zwischen dieser und ihrem Gatten, dem Prinzen Friedrich Karl von Hessen geschaffen worden. Wie alle weiblichen Regimentschefs hat die Prinzessin dem Herkommen gemäS den militärischen Rang eines Obersten und steht über dem betreffenden Regimentskommandeur. Ihr Gemahl, Prinz Friedrich Karl von Hessen, ist jedoch noch lange nicht in einer gleich hohen militärischen Stellung; er ist zur Zeit Hauptmann und Compagniechef im 1. Hessischen Infanterieregiment Nr. 81, dem Brigaderegiment des Regiments seiner Gemahlin.
— Zum Urteil im Gumbinner Prozeß schreibt die »Sozialpolitische Rundschau": Man steht vor einem Rätsel, wenn man das Todesurteil gegen Marten nach der Urteilsbegründung zu verstehen sucht. Sir beweist vielmehr erst recht, daß bestimmte und verläßliche Jndicien gegen Marten nicht vorhanden nnd daß die vermeintlich vorhandenen nicht schlüssig sind. Wie in aller Welt ist aber dann das Urteil doch zu verstehen, wenn man die Annahme, daß die Richter nach bestem Wissen und Gewissen das Urteil gesprochen haben, unter allen Umständen aufrecht erhält? Nur eine psichologische Erklärung vermögen wir für diesen Fall zu konstruieren. Der Gerichtsherr Generalleutnant von Alten, sprach sich unzweideutig dahin aus, daß der Spruch des ersten Gerichts ein Fehlurteil gewesen sei, daß Marten hätte verurteilt werden müssen. Der GerichlSherr ist aber Vorgesetzter der Richter. Im militärischen Leben hat der Untergebene seinem Vorgesetzten gegenüber keine freie Meinung. .. DaS in zweiter Instanz gefällte Urteil beweist, daß der Offizier nicht die Freiheit und
die Qualifikation zum Richter haben kann, da er dem Gerichtsherrn gegenüber gleichzeitig Untergebener ist. Die bürgerliche Rechtspflege ist gerade um der Freiheit des einzelnen Richters willen auf der Unabhängigkeit des Richterstandes aufgebaut. Nun gibt es es wohl zweierlei Tuch, aber nicht zweierlei Gerechtigkeit. Wenn zur Urteilsfindung Unabhängigkeit und Freiheit die erste Voraussetzung für die Richter ist, so zeigt der Fall in Gumbinnen überzeugend, daß in der Mi- litärstrafrechtSpflege die Voraussetzungen zur Ausübung materieller Gerechtigkeit nicht vorhanden find. Unter dem Einfluß der Subordination verstummen alle Einwände der Logik und der verstandeSmäßigrn, eifrigen und nüchternen Erwägung. Der Soldat bleibt Soldat, auch wenn er für einige Stunden berufen wird, in voller Unabhängigkeit Recht zu sprechen.
London, 22. August. DaS Reutersche Bureau meldet aus Smaldeel vom 21. ds.: Vor einigen Tagen überraschten der Oberst Barkcr und der Major Pinecoffin das Kommando HaaSbroekS bei Doornberg. 7 Buren wurden getötet, 2 verwundet und 21 gefangen genommen.
— Was die Kriege kosten. Die Pariser „Lanterne" zählt auf, was Kriege — nicht alle — seit 50 Jahren gekostet haben. Der Krimkrieg im Jahre 1854 kostete 150000 Menschen und etwa 5 Milliarden Gulden, der Krieg in Italien im Jahre 1859 45 000 Menschen und 750 Millionen Gulden, der Krieg in Dänemark im Jahre 1864 3000 Menschen und 87 Millionen Gulden, der österreichisch-preußische Krieg im Jahre 1866 45 000 Menschen und 800 Millionen, der französisch-deutsche Krieg im Jahre 1870—71 215 000 Menschen und 7'/» Millarden, der russisch-türkische Krieg 250 000 Menschen und 2 Millarden 800 Millionen, der südafrikanische Krieg 40 000 Menschen und 2 Milliarden Gulden. Fehlen noch der Krieg der Italiener mit Menelik, der Franzosen in Tongking und in Madagaskar, der chinesische Krieg mit Napoleon, der jetzige chinesische Krieg, die Garibaldischer Feldzüge, der Krieg der Engländer in Afghanistan u. s. w. Aber die oben aufgezählten Kriege allein kosteten schon 784 000 Menschen und 18 Millarden und 837 Millionen Gülden.
- 12 000 Mark Zoll für ein Bild. AuS London wird berichtet: In einem argen Dilemma befindet sich Pierpont Morgan, der glückliche Besitzer des gestohlenen und wteder- erlangten Bildes der Herzogin von Devonshire von GainSborough. Er wollte seinen fast unschätzbaren Schatz nach Amerika zurückbringen; er bekam aber doch einen Schreck, als nicht nur die Newyorker Beamten den höchsten Zoll darauf legten, sondern als man auch noch darauf hinwies, daß Morgan das Doppelte bezahlen sollte, weil das Bild ur- fpringlich .von dem Dieb, der den Steuerbehörden entging", eingeschmuggelt war. Die gewöhnliche Taxe in Newyork auf eingcführte Kunstwerke dieser Art beträgt nicht weniger als 20v. H. Da die „gestohlene Herzogin" von MessrS. Agnew an Pierpont Morgan für 600 000 verkauft wurde, würden die Zollbeamten also nicht weniger als 120000 fordern, eine ganz hübsche Summe für das Privilegium, ein Gemälde in ein Land zu bringen.
(Kritik.) . Im neuen Theater klappt nichts als die Klappstühlr j"