mehrere Stuhlbeine zerbrochen und gingen eine Wette ein, der l'/r Stunden entfernt wohnende Arzt werde zu mitternächtlicher Stunde und bei schlechtestem Wetter einem telephonischen Ruse folgen, wenn man ihm sage, es habe einer ein Bein gebrochen. Der Arzt ließ einspannen, kam, sah den Schaber­nack, legte den Stuhlbeinen einen regelrechten GipSverband an, besuchte die Patienten meh­rere Male und stellte dann eine Rechnung, welche den übermütigen Burschen die Lust zu derartigen Wetten sür immer benehmen dürste. Der Arzt hatte einen Teil des Betrages einem wohlthätigen Zwecke zugewendcl.

Ueber die Schulzustände in der Pro­vinz Posen wird geschrieben: So traurige Zustände wie hier giebt es in keiner Pro­vinz der preußischen Monarchie. Es fehlen bei uns, wenn ordnungsmäßig jede Klasse ihren Lehrer haben sollte, nicht weniger als 1532 Lehrer. Man hilft sich dadurch, daß man häufig einem Lehrer zwei Klassen über­trägt. Dazu kommt noch, daß mehr als ein Viertel aller Schulkinder in überfüllten Schulklassen unterrichtet werden müssen. In vielen Schulen werden 150175 Kinder von einem Lehrer unterrichtet.

Kaiser Wilhelm bat wegen seines Thuns und Redens schon viel Tadel erfahren, bet keiner Gelegenheit aber so viel und so aus allen Schichten der Bevölkerung kom­mend w>e gegenwärtig, da er Hals über Kopf nach England reiste und sich rorl wochenlang als Englands getreuesten Freund und Bundesgenossen feier i läß'. Dem dent- scheu Volke ist die engltch? rücksicvtSlose Art zuwider, und weiter weiß eS, daß Deutsch­land aus einem Zusammengehen mit Eng­land noch nie einen Nutzen erfuhr. Eng land hat schöne Worte nur wenn es Freunde braucht; schwindet dieses Bedürfnis dann ist kein Volk brutaler und abstoßender gegen den Freund wie das englische. England kennt nur seinen Vorteil, Freundschaft aus moralischen oder idealen Grünten ist ihm unbekannt. Allerdings ist diejenige Politik eine verfehlte, der die nüchterne Erwägung abgeht. Politik ist Jntereffevkampf. Doch kann auf noble Weise gekämpft werden und auf schofle. Englands politische Kampfes­art wird zu der letzteren gerechnet.

Haag, 7. Febr. Bei der Ziviltrauung richtete der Justizmintster an die Königin und den Prinzen Heinrich kurze Ansprachen. Zum Prinzen Heinrich sagte er:Aus Liebe zu Ihrer königlichen Braut haben Sie Ihr Ihnen teures Mecklenburg verlassen und versprochen, der Königin treu z» sein. Der Liebe und Dankbarkeit des nieder­ländischen Volkes dürfen Sic versichert sein". Zur Königin sich wendend, sagte der Minister: DaS niederländische Volk hat Sie heran­wachsen sehen Von der Wiege an, Zhaen bei der Krönung gehuldigt und teilt heute Ihre Freude und fleht zu Gott, daß alles, was Sie beglücken kann, Ihnen zu teil werde und daß Ihre Vermählung dem Vatcrlande zum H-il und Segen gereichen möge.

Haag, 7. Febr. Die Königin hat an­läßlich ihrer Vermählung eine Amnestie er­tasten, durch welche 364 Verurteilten die Strafe ganz oder zum Teil erlassen wird.

Dem Baumeister Moser in Bern find, nach derFrks. Ztg.", 165 000 Frcs. aus seiner Wohnung gestohlen worden.

Nizza, 7. "Febr. Ein Wagen der elek­trischen Straßenbahn von Montccarlo ent­

gleiste während der Thalfahrt und zerschellte an einer Mauer. 3 Personen wurden da­bei getötet, mehrere sind verletzt.

Beim Dorfe Hinterrhein (Graubün- den) wurden vier Knaben infolge Abbruches einer sog.Gewächtc" (überhängende Schnee­maste) verschüttet. Drei davon konnten nach mehrstündiger Nachgrabearbcit durch Dorfbe­wohner gerettet werden, der vierte wurde leb­los hcrvorgeholt.

London, 6. Febr. (Reutermeldung aus Bloemsontein vom 5. Febr.) Pin De- wet, der Präsident der Fricdenskommissio», richtete an Christian Dewet die inständige Bitte, sich zu ergeben.

London, 8. Febr. DemStandard" wird von einem Korrespondenten vom 7. Fedr. gemeldet: Ich erfahre von vertrauens­würdiger Seite, daß die Meldung von einer Hungersnot in dkl, Provinzen Kansu und Scheust von den chinesischen Behörden ab­sichtlich übertrieben sei zu dem Zweck, die Mächte von der beabsichtigten Expedition nach Singonsu abzuschrecken.

Kapstadt, 8. Februar. Reuterweldung. Wie gemeldet wird, drängen die britischen Truppen den Feind in die Kapkolonie zurück Ein ouegrdchntcr Fronlvormarsch der Ka­vallerie auf beiden Flanken säubert das ganze Gelände. Unabhängig von dieser Bewegung sind auch die in dem südlichen Distrikt be­findlichen Truppen in ei«h:!tlichrin Vorrücken begriffen.

London, 7. Febr. Das Dckrtt des Kaisers von China, weiches, wie aus einem aissührlichen AuSzuge des Bureaus Lassan hervorgeht, einen durgrcifeud resvrmsti reichen Charakter hat, ist nach einer Meldung des Standard" aus Shanghai vom Kaiser auf­gesetzt, scheint aber von der Kaiserin Witwe unterdrückt worden zu sein. Die Beweis- dafür, daß die Kaiserin-Witwe nicht die Ab­sicht hat, die Bedingungen der Verbündeten zu erfüllen, mehren sich.

London, 7. Febr. DieTimes" mel­det aus Peking vom 5. dS, Mts.: Die Ge­sandten beraten gegenwärtig die Frage der Kriegsentschädigung. Die meiste Zustimm­ung findet der Vorschlag, der bahingeht, daß ein Pauschalbetrag festgesetzt und jeder ein­zelnen Regierung ein Teilbetrag zugewiesen werde. Es wird veranschlagt, China könnte ohne "besonders schwere Belastung 4 Mill. Pfund Sterling extra für den Anleihedienst zahlen» was einer Kriegsentschädigung von 80 Millionen Pfund Sterling entspräche.

Der Löwe kommt. Unangenehme Gäste beherbergte vor einigen Togen der Bahnhof Allee-Berte in Belgien. Am Abend waren 4 Wagen mit Löwen angrkommen, welche des nachts vor Hunger einen solchen Lärm machten, daß das ganze Städtchen nicht schlafen konnten, zugleich fürchtend, die Bestien würden ausbrechen. Erst am Mor­gen erschien endlich der Wärter fütterte und beruhigte die Tiere.

Der Tod in der Wüste. Eine Ge­schichte von furchtbaren Leiden, denen 90 Mann zum Opfer fielen, wird aus Belud- schistan berichtet. Eine Gesellschaft von 100 Händlern aus Beludschistan war mit einer großen Karawane von Kamelen und diele» wertvollen Waren noch Afghanistan gezogen. Sie fielen in di: Hände einer Barde von afghanischen Räubern, die sie allro ihrer Habe beraubten und ihnen auch olle Nahr­ungsmittel forlnahmen. Daun schlugen st>

sie mit Sperren und trieben sie auS dem Gebiet des Emirs aus. Als die unglück­lichen Händler nun in ihr Land zurückkchren wollten, verirrten sie sich in der Wüste zwischen Kandahar und Peishin. Fünf Wochen «änderten sie umher und litten entsetzlich unter Hunger und Durst. Nachdem ihr letztes Kameel gelötet war, wurden viele ver­rückt und bis auf zehn starben alle nach einem furchtbaren TodcSkampf. Die Ueber, lebenden kamen in jämmerlicher Verfassung nach Peishin. Ihre Hände und Kniee waren völlig aufgerifsen; denn da sie schließlich unfähig waren zu gehen, waren sie die letzten zwölf Meilen ihrer schrecklichen Reise ge­krochen.

Aus Jerusalem wird derKöln. Volksztg." vom 19. Jan. berichtet: Seit gestern morgen liegt in Jerusalem fußhoher Schnee. Ein seltener Anblick hierzulande! Die armen Landleute ziehen mit ihren nackten dünnen Beine» durch den nassen Schnee, den Kopf bis über die Ohren mit ihr-m Mantel umhüllend. Ein fünftägiger heftiger Sturmwind hat alle Postverbindungen in Un­ordnung gebracht, da kein Schiff in Jaffa landen kann.

Vou der Erde verschlungen. Ein schrecklicher Unglücksfall ereignete sich in der Nähe der Domsdorfer Preßkohlenfabrik bei Liebenwerda. Ein junger Mann aus Preste- witz, welcher mit dem Werksgeschirr beim Kiesfahren beschäftigt war, versank plötzlich samt beiden Pferden und dem Wagen in die Tiefe, so dcß nichts mehr zu sehen war. Wahrscheinlich war das Geschirr dem vom Bergbau untei Höllen Gelände zu nahe ge­kommen. Mann und Roß fanden einen plötz­lichen Tod.

Nur" 15 Millinen Dollars. Das von dem verstorbenen Philipp Armour in Chicago hinter!offene Vermögen beziffert sich, wie derHerald" berichtet, aufnur" 15 Milionen Dollars (etwa 63 Milloncn Mark). In Amerika scheint jetzt Jemand, der nicht mindestens ein dreizifferiges Millionenver­mögen hat, nicht als reich zu gelten.

Um i eines Kusses willen ums Leben gekommen ist kürzlich ein Mr. Franc Sloan in Newyork. Er hotte beim Blindekuhspietc eine junge Dame Miß Ella Boonc, als sie gerade das augenverhüllendc Tuch trug, vor der ganzen Gesellschaft umarmt und ihr einen schallenden Kuß gegeben. Außer sich vor Entrüstung griff das Mädchen nach ihrer Hutnadel und stach damit den jungen Mann oberhalb des Knies in den Schenkel. Die Nadel brach in mehrere Stücke und kannte trotz aller Anstrengungen der Arzte nicht aus dem Fleische entfernt werden. Es trat Blutvergiftung ein, der Mr. Sloan bald darauf im Hospitale erlag.

Eine graphische Darstellung der Er­gebnisse der jüngsten Landtagswahlen ist von Bauamtswerkmeister Hammer in Stutt­gart herausgegeben worden. Sie rubriziert die einzelnen Wahlbezirke und ihre Vertreter unter die im Landtage vertretenen Parteien, so daß die Stärke der letzteren sofort ersicht­lich ist. Ergänzt wird die Liste durch Ta­belle über den Wahlausfall in den vier Kreisen Württemberg und die Gesamtstim- menobgabe für die einzelnen Parteien, sowie durch Aufzählung der Privilegierten. Preis 20 Zu haben bei G. Riexinger, Buch­binder.