geladenen Revolver zu schaffen. Plötzlich ging ein Schuß loö und das Geschoß drang dem Knecht in die Herzgegend, so daß er kurze Zeit hieraus stark.

Rottweil, 8. Nov. Das soeben abends 5°/« Uhr im Prozeß v. Münch verkündete Urteil lautet: Der Angeklagte wird in den verbundenen Strafsachen von der Anklage eines Vergehens deS Widerstands gegen die Staatsgewalt und der Beleidigung unter Über­nahme der Kosten auf die Staatskasse frei­gesprochen. Die G ünde besagen: Nach Ansicht deS Gerichts kann eine Bestrafung des Angeklagten überhaupt nicht cintreten, weil der Angeklagte nach Ansicht der Straf­kammer geschützt ist durch §51St.G.B. (Der genannte Paragraph besagt:

Eine strafbare Handlung ist nicht vor­handen, wenn der Thäter zur Zeit der Be­gehung der Handlung sich in einem Zustande Von Bewußtlosigkeit oder krankhafter Störung der GeisteSlhätigkeit befand, durch welchen seine freie Willensbestimmung ausgeschlossen war.)

Pforzheim, 8. Nov. Einen guten Fang machte gestern wieder die hiesige Polizei 15 Personen, sogen. Goldschnipfler, welche ihre Prinzipale bestohlen, resp, Hehlerdienste leisteten, wurden gestern verhaftet. ES sollen sich auch Fabrikanten darunter befinden.

Frankfurt a. M-, 9. Nov. Gestern nacht um */,1l Uhr ist der Personenzug 238, vom Bahnhof Frankfurt kommend, bei Block 11, zwischen Mühlheim und Ofstn- bach auf den dort haltenden D-Zug Nr. 43 aufgefahren. Die letzten Wagen des D-Zugs wurden teilweise zertrümmert, dabei explo­dierten die Gasbehälter. DaS ausströmende Gas entzündete sich und setzte dis zwei letzten Wagen in Brand. Die Reisenden der übrigen Wagen konnten sich retten, während diejenigen der beiden letzten Wagen anscheinend umS Leben gekommen find. Die gefundenen unkenntlichen Ueber- reste lassen auf ungefähr 8 Tote schließen, 3 Reisende und 1 Schaffner erhielbn Ver­letzungen. Die Ursache des bei dichtem Nebel vorgekommenen Unglücks ist noch nicht fest- gestellt. Untersuchung ist eingcleitet.

München, 9. Nov. Bei den Vorbe­reitungen zu einem Vortrag, den Oberin­genieur Schien kim Gewerbcvcrein in Schwein- furt halten sollte, explodierte der Acetylen- eniwickler und zerschmetterte Schlenks Kopf; der Tod trat sofort ein.

In Schwerte bei Hagen i. W. er« eignete sich am Montag ein schwereres Un­glück. Die Familie Beckmann hatte ein Schwein geschlachtet und die Frau nebst der 14jähr. Tochter waren zu einem nahen Teiche ge­gangen, um die Därme zu waschen. Als der Mann, ein Arbeiter, von der Schicht heimkam, fand er Frau und Kind ertrunken im Teich. Wie das Unglück entstanden, konnte noch nicht festgestcllt werden.

Zwei Männer zu W. im Hanauer- land sollten einen Farren nach Hause bringen. Da sic aber zu viel Neuen getrunken hatten, geschah, daß nicht die Männer den Farren, sondern der Farren, ein junges gutmütiges Tier, die Männer nach Hause brachte, indem sich der eine derFührer" an den Hörnern und der andere am Schwanz festhielt.

An einem Bleistift erstickt. Aus Guntramsdorf wird gemeldet: Die 5jähr. Katharina Dworzak, Tochter eines Eis nbahn- bahnoberbauarbeiters, saß vormittags am Tisch

und beschrieb mit einem kurzen Bleistift ein Blatt Papier. In dem Augenblicke nun, als das Kind den Bleistift zum Munde führte, um die Spitze mit derZuuge zu befeuchten, trat ein Hustenanfall ein und der Stift kam dabei dem Kinde in den Mund und drang ihm in die Luftröhre. Nach einer Viertelstunde war das Kind tot.

Generalmajor Gras Moltke, ein Neffe des FetdmarschallS, erließ Namens seiner Familie eine Danksagung an alle, die zu Moltkes 100. Geburtstage ihre Liebe und Verehrung des Verstorbenen bekundet haben.

Beim Zusammentritt deS Reichstages am 14. ds. werden die Parteien in folgender Stärke in den Reichstag einziehen: 49

Deutsch-Konservative, 21 Rcichspartci, 107 Zentrum, 50 Nationalliberale, 13 freisinnige Vereinigung, 27 deutsch-freisinnige Volks­partei, 7 deutsche VolkSpartci, 55 Sozial­demokraten, 14 Polen; der Nest der Mit­glieder ist den beiden antisemitischen Parteien und den Fraktionslosen zuzuzählen.

Ein Kind durch Rattenbisse getötet. An den Folgen von Rattenbifsen gestorben ist in Hamburg das drei Monate alte Söhn- chen eines dort wohnhaften Ehepaares. Vor einigen Wochen wurde die Mutter deS Kindes während der Nacht durch lautes Schreien des Kleinen erweckt. Sie machte Licht und eilte zum Bett des Kindes. Bei ihrem Nahen sprangen mehrere Ratten von dem Bett herunter und entflohen. Die Bestien hatten dem Knaben so schwere Verletzungen betgebrocht, daß das Kind in ärztliche Be­handlung gegeben werden mußte. Aber das zarte Leben konnte nicht erhalten werden.

Ruhrort, 6. Nov. (Eine führerlose Lo­komotive in voller Fahrt.) Ein frivoler Streich, der die schlimmsten Folgen hätte haben können, wurde in Bruckhausen bei Nuhrort, auf Schacht 1 der Gewerkschaft Deutscher Kaiser verübt. Dort wurden an einer im Lokomotivschuppen unter Dampf stehenden Maschine Ventil und Bremse ge­öffnet, worauf sich die Maschine in Beweg­ung setzte und führerlos in voller Fahrt über das GeleiS der Zechendahn dahinsauste. Auf dem Staatsbahnhof Neumühl fuhr die Lo­komotive auf eine Anzahl Güterwagen auf, die durch den heftigen Anprall zertrümmert wurden. Glücklicherweise stauten sich nun die Trümmer vor der Maschine, so daß die Weiterfahrt verhindert wurde, sonst hätte namenloses Unheil angerichtet werden können. Immerhin ist der Materialschaden ganz be­deutend. Ein Rangierer soll das Bubenstück aus Rache gegen seinen Vorgesetzten verübt haben. Der Mann wurde verhaftet, soll je­doch wieder freigelaffen sein.

Pari-, 6. Nov. (Der verkannte Tiger.) Ein schauerliches Abenteuer erlebte vor we­nigen Tagen ein junger Franzose NamenS Leroux. Er hatte den Abend bei einem Freunde in der Rue Lavtonnet in Paris angenehm verbracht und kehrte erst gegen 2 Uhr morgens nach Hause zurück. In der Rue Bochard de Soron, nahe beim Boule­vard Rochehouart, bemerkte er dicht vor sich einen großen Vierfüßler, der mit der Schnauze in einem Müllkasten nach etwaigen Lecker­bissen suchte.Welche prachtvolle dänische Dogge!" murmelte M. Leroux vor sich hin. Nie habe ich ein Exemplar von der Größe gesehen !" Und im Vorübergehen konnte er sich nicht enthalten, dem herrlichen Tier einen freundschaftlichen Klapps zu geben, der je­

doch keine Beachtung fand. Der vermeint­liche Hund war zu sehr in seine angenehme Beschäftigung vertieft. Kaum hatte der Manu einige Schritte weiter gethan, als er vier Männer im Schatten der Häuser mit der Vorsicht eines Apachen auf dem Kriegspfade entlang schleichen sah. Durch das Benehmen der Leute in Unruhe versetzt und, auf das Schlimmste gefaßt, bereitete sich M. Leroux zur Verteidigung vor. Zu seiner Ueber-- raschung aber machten ihm die Männer aller­lei sonderbare Zeichen, und als sie ihm nahe genug waren, flüsterten sie ihm zu:Still, machen Sie kein Geräusch! Da ist er jo!" Und das mysteriöse Vterblatt streckte vier Arme aus, um ans den Unratkasten zu deuten, in dem das bewunderte Tier noch immer eifrig wühlte. Einer der Männer schritt nun mit größter Vorsicht so nahe wie mög­lich heran, und warf dem vierbeinigenNa­turforscher" geschickt ein Netz über den Kopf. Das Tier, das sich in den Maschen ver­wickelt fand, stieß ein furchtbares Geheul aus. Es war ein Tiger, der aus einer am Boulevard Rochehouart vor kurzem etablierten Menagerie entwichen war. Einen Augen­blick später war der Ausreißer gebunden und wurde von den vier Wärtern zurücktrans- porliert. Leroux aber denkt noch mit Ent­setzen daran, wie verhängnisvoll die Lieb­kosung, die er derdänischen Dogge" er­wiesen, für ihn hätte werden können.

Genf, 6. Nov. Heute verstarb hier Frau Maracai, die Besitzerin eines der größten Vermögens von Genf, die jährlich 400 000 bis 500 000 Franken mildthätige Stiftungen zu überweisen pflegte. Die Ver­storbene hat zu Gunsten solcher Stiftungen bede rtende Legale hinterlassen.

Ein englischer Dampfer, der dieser Tag!, von Singapore kommend, in Newyork einlief, hatte während der Ucberfahrt «in seltsames Erlebnis mii einer aus 28 Affen bestehenden Herde. Als die Mannschaft den großen Käfig von seinem Patze nach einer andern Stelle rücken wollte, fiel der Boden aus, und die ganze Affenschar verbreitete sich mit Blitzesschnelle über das Schiff. Mehrere sprangen in das Schiffskamtn und verbrannten. Die Mehrzahl aber besetzte die Küche, wo sofort alle Lebensmittel vertilgt wurden. Da sie von dort nicht zu vertreiben waren, waren die Mannschaften mehrere Tage ohne Nahr­ung und landeten in halbverhungertem Zu­stande.

Ein Eisenbahnzng mit einer Ladung Wasser wurde dieser Tage von Nverden nach Lausanne diligirt, wo seit einiger Zeit wegen des niedrigen Wasserstandcs im Lac de Bret große Waffernot herrscht. Es waren in sechs auf besondere Wagen gestellten Tendern etwa 80 000 Liter Wasser verteilt. Die Ladung ist zur Speisung der Maschinen im Depot von Lausanne bestimmt.

.-. (Passendes Citat.) A :Ihre Frau Schwiegermutter, Herr Rat, ist zu Besuch eingetroffen- B:Ja wissen Sie, wir erwarten nämlich in nächster Zeit die An­kunft eines Stammhalters I"Aha l . ..,Große Ereignisse werfen ihren Schatten voraus'!"

.'. (Ueberflüssig.) Arzt (einen bei der Rauferei arg zugerichteten Bauern verbindend): Nun wollen wir auch das Ohr wieder an­nähen!" Bauer:Ach, lasten Sie das nur, Doktor ... das reißen Sie mir ja doch bet der nächsten Gelegenheit wieder weg.".