Mandarinen entschlüpfen und die Lage in China würde schlimmer werden als je zuvor.
Rundschau.
— Bei dem nunmehrigen frühen Eintrin der Dunkelheit sind die Hiusfrau-M, vor allem aber die Hausbesitzer, an die Beleuchtung der Hausfluren und Treppen zu errinner». Postboten und ZeitungSträger, auch wenn sie selbst Lichter mit sich führen, verdienen diese Rücksichtnahme. Zudem können Sie durch Unterlassung der Beleuchtung vorkommenden Körperverletzungen Strafen und Z> vilansprüche nach sich ziehen. Nach reichsgerichtlichen Urteilen kann für jedes aus Nicht- beleuchtung entstandene Unglück der Hauseigentümer rechtlich haftbar gemacht werden.
— Die Neuwahlen zum Landtag finden am Freitag den 7. Dezember statt. Der Zusammentritt des neuen Landtags soll in der zweiten Woche des Januar 1901 erfolgen.
— Warnung. Ein Fall, der zur Warnung dienen möge, sei hier mitgetcilt: Der im 41. Lebensjahre st-h-nde Bauer Georg Bachmaier von Zell bei Aibling trank im Gasthause einige GlaS Bier und aß kurze Zeit später Zwetschgen. Nach dem Genüsse dieser Zwetschgen bekam er heftige Leibschmerzen und der Arzt konstatierte Gedärm-Entzündung. Alle angewendeten Mittel blieben erfolglos und Bachmaler starb einen Tag später nach schmerzlichem Leiden.
Göppingen, 3. Okt. Gestern abend ereignetet« sich an dem Bahnübergang der Staatsstraße zwischen hier und Faurndau ein schreckliches Unglück, dem leider auch ein Menschenleben zum Opfer fiel. Der dort stationierte Bahnwart Schurr hatte nach der Durchfahrt eines Güterzugs die Schranke geöffnet, um ein Fuhrwerk von Ebcrsbach durchzulassen, als der 5.12 Uhr hier fällige Schnellzug heranbrauste. Er suchte die Pferde noch zurückzureißen, wurde aber in demselben Augenblick von der Maschine erfaßt und sofort getötet. Auch eines der beiden Pferde blieb tot auf dem Platze. Der Verunglückte hinterläßt eine Witwe mit 9 Kindern.
Oberndorf, 4. Okt. Am 1. Oktober halten die Domkapitulare Eisenbarth und Stiegele und mit ihnen ReichStagsabgeordneter Kommerzienrat Mauser-Oberndorf mit Frau Privataudienz beim Papst in Rom. Sie überreichten den Peterspfennig der Diöcese Rottenburg.
Blanbeuren, 2. Okt. Das Verschwinden eines Bräutigams am Tage der Hochzeit hat sich dahin aufgeklärt, daß der Vermißte und schmerzlich Gesuchte mit einer Dirne von München aus durchgebrannt ist. Der Vater der Braut hat die Möbel von München wieder geholt.
Rottweil, 3. Okt. Ein 65jähr. Bauer von Hausen o. R. hatte gestern hier zu schaffen und 160 Mark in der Tasche. Beim Wechseln eines KouponS sahen 2 HandwerkS- burschen das Geld. Der Bauer kam nachts 3 Uhr blutüberströmt mit zwei Schußwunden nach Hause, seiner Barschast beraubt. Er erzählte, daß er unterwegs angesallen und angeschosscn wurde.
Seebach, 4. Okt. Am verflossenen Samstag wurde ein hier beschäftigter Italiener, Namens Passcrini, von einer Spinne in den Hals gebissen, worauf Hals, Brust und Ohren dermaßen anschwollen, daß ärztliche Hilfe notwendig wurde und für den Armen
größte Lebensgefahr besteht. Er wurde von mehreren Ohnmachtsfällen befallen und ist heute in daS Spital Achcrn überführt. Wie die „Mittelb. N." heute Mitteilen, ist Pas- serini im Spital bereits gestorben.
— In Pforzheim hat am 1. Oktober Musikdirektor E. Ruschweyh sein vierzigjähriges Kapellmcisterjubiläum gefeiert. Er dirigierte früher die Militärkapelle des 2. niederschlrstschen Infanterieregiments Nr. 47, van 1869—85 die Kapelle des 3. Garde- Grenadierregiments, machte als Kapellmeister die Feldzüge 1866 und 1870 mit und befindet sich seit 1885 in Pforzheim, wo er sich namentlich als Organisator der Feuer- wehrkapelle, die er zu ihrer heutigen angesehenen Stelle emporhob, verdient machte und die er heute noch mit Erfolg leitet. In seinem gestrigen Konzert im Saalbau wurde jede einzelne Programmnummer lebhaft beklatscht, und seine Komposition „Die Schlacht bei Sedan* fand eine besonders beifällige Aufnahme.
Mühlacker, 4. Okt. In der Papierfabrik in Niefern ereignete sich heute Nacht ein schwerer Unglücksfall mit tätlichem Aue- gang. Der 65 Jahre alte Arbeiter Jak. Wallinger war an einer Maschine beschäftigt und geriet so unglücklich zwischen den sog. Holländergang, daß er buchstäblich zu Tode gedrückt wurde. Der Verstorbene war ein nüchterner fleißiger Mann.
Mühlacker, 5. Okt. Die Frau des in Niefern tödlich verunglückten Arbeiters Wallinger ist infolge des Schreckens und der Aufregung ebenfalls gestorben.
- DaS deutsche Bukdesslhießen in Dresden hat einen Fehlbetrag von etwa 150 000 Mark ergeben. Auch die noch bis Milte Oktober währende deutsche Bauausstellnng wird mit einem bedeutenden Fehlbetrag abschließen.
— Der Reichstag wird auch nichteinen Tag eher einberufen werden, als in friedlichen Zeiten. Das steht fest. Schmeichelhaft ist es für den Reichstag nicht, so bei Seite geschoben zu sein, und man kann sich auf heftige Auftritte gefaßt machen, sobald die ReichstagSabgcordneten nur erst zu Worte kommen können. Reicht die Entrüstung, die auf der Linken und im Zentrum besteht, tief in die Rechte hinein, so ist cs nicht ausgeschlossen, daß der Reichstag die nachträgliche Zustimmung zu den China-AuSgaben verweigert. Dann hätten wir den Konflikt in bösester Form.
— Die Fabrik künstlicher Kohlen in Hvckenhcim bei Mannheim wird schon im November Ware liefern können. Der Zentner dieses neuen, hauptsächlich aus einer Thonmischung hergestellten Heizmaterials stellt sich auf 1 ^
— Die gute alte Zeit kehrt wieder zurück, wie ein Inserat des Gasthauses zur „Jlge" in Stein a. Rhein beweist; darin werden 8 Glas Most, 1 Portion Käse, 1 Brot und 2 Stumpen um 80 offeriert l — Der Herzog von Marlborough hat ebenfalls am Transvaalkrieg teilgcnommen und ist soeben von Afrika zurückgekehrt. Dies oder die Eroberung der Buren-Goldfelder hat seinen Schwiegervater, den Milliarden- schweren Amerikaner Vanderbilt so sehr gefreut, daß er seiner Tochter, der Frau Herzogin, zum würdigen Empfang des Helden einen Check über 500 000 Dollar gleich 4 Millionen Mark sandte.
— Zwei Kinder von Ratten angenagt. Ein bedauerlicher Vorfall wird aus Hamburg gemeldet. Die beiden Kinder eines dort in der Kastanienallee wohnhaften Gastwirts sind in der Nacht in ihren Betten von Ratten angenagt worden. Einem acht Wochen alten Säuglinge haben die gefräßigen Nager sehr gefährliche Bißwunden im Gesicht und an den Händen beigebracht, so daß sein Zustand äußerst bedenklich ist; ein älteres Kind ist im Nacken angenagt worden und hat ebenfalls schwere Verletzungen davongetragen. Da die Eltern bis spät in die Nacht hinein in ihrem Wirtschaftöbelriebe thätig waren so haben sie das Geschrei ihrer Kleinen nicht hören können.
— Ein schweres Verbrechen ist in Zarskoje Ssclo (Rußland) verübt worden. Dieser Tage erschien eine Baronin W., Frau eines früheren Mitglieds der russischen Gesandtschaft in Madrid, auf der Polizei und erklärte, daß sie ihre Schwester ermordet habe. Als die Polizei sich in die Wohnung derselben begab, fand sie die Leiche des erschossenen 18 Jahre alten Mädchens am Eingang zum Kinderzimmer liegend. Im Speisezimmer entdeckte man noch 2 Kugeln, eine in einem Tisch, die andere in der Wand. Die Baronin ist eine Spanierin von 28 Jahren und sie hatte ihre jüngere Schwester aus Madrid mit nach Petersburg genommen. Eifersucht war der Grund der That, denn die Baronin hatte ihrer Schwester wiederholt vorgeworfen, daß sie ihren Mann abspenstig machen wolle. Auch mit diesem hatte sie Streit, wenn er sich in den Zank der Schwestern mischte. Aus den »»zusammenhängenden Erklärungen der Frau vor der Polizei ging hervor, daß sie Selbstmord verüben wollte und man hat sie vorläufig ärztlicher Beobachtung im Gefängnishospital unterworfen. Die Baronin ist Mutier von 3 Kindern, von denen das älteste 5 Jahre und das jüngste 6 Monate alt ist.
— Die industrielle Weltproduktion. Das Arbeitsministerium der Vereinigten Staaten hat eine Statistik über den Wert der industriellen Produktion in den hauptsächlichsten Ländern der Welt, sowie über verschiedene damit zusammenhängende Fragen veröffentlicht. Danach ist der schätzungsweise Wert der industriellen Produktion der hauptsächlichsten Länder der folgende: Vereinigte Staaten 7000 Millionen Dollars, Großbritannien 4100 Mill. Dollars, Deutschland 2915 Mill. Dollars. Frankreich 2245 Mill. Dollars, Rußland 1815 Mill. Dollars, Oesterreich-Ungarn 1625 Mill. Dollars, Italien 605 Mill. Dollars, Belgien 510 Mill. Dollars, Spanien 425 Mill. Dollars, die Schweiz 160 Millionen Dollars. Die Produktion der Vereinigten Staaten soll deshalb eine so außerordentlich große sein, weil die amerikanischen Arbeiter, besonders infolge besserer Methoden und Benutzung viel vollkommener Maschinen, bedeutend mehr leisteten als die europäischen. Eine andere Ursache wäre auch der niedrige Preis der Rohmaterialien. Die bewegende Kraft, welche zur Benutzung gelangt, ist in den Vereinigten Staaten die bei weitem größte, und zwar stellt sie sich dort und in den verschiedenen Staaten folgendermaßen: Vereinigte Staaten 18 Millionen Pferdekraft, Großbritanien 12, Deutschland 9, Frankreich 5, Oesterreich- Ungarn 2,5, Rußland 2,5, Belgien 1,5 Millionen Psrrdekrast.