löten und den Stadtteil Schanfien zu plündern und niederzubrennen.

London, 28. Juli. Der Agent der rus­sischen Bank in Shanghai hat einen Brief von der Filiale der Bank in Niuckwang er­halten, worin mitgcteilt wird, einer ihrer chinesischen Vertreter sei soeben aus Peking angekommen und habe die Meldung von der Niedermetzelung in Peking bestätigt. Obwohl dieser Mann gefoltert wurde, hat er seine Aussage nicht geändert. Er sagte, alle Ge­sandten seien ermordet. Als sic sahen, daß der Tod unvermeidlich war, da die Chinesen in die Gesandschaften hineinschwärmten, töte­ten die Gesandten im letzten Augenblicke ihre Familien. Sir Robert Hart beging iu der Verzweiflung Selbstmord.

Tokio, 30. Juli, Einem hier aus Schanghai eingetrvffenen Telegramm zufolge verlautetete dort, daß die fremden Missionare und eingeborenen Christen bei Paoting (?) von den Boxern am 8. Juli angegriffen wurden. Ein fremder Arzt, dessen Nationa­lität unbekannt ist und über 2000 einge­borene Christen wurden aiedergemetzelt. Alle ihre Häuser wurden zerstört. Weiter heißt es, daß der chinesische General Lokokkck, der jetzt nach Peking marschiert, den unter seinem Kommando flehenden Soldaten den Befehl gegeben habe, alle Christen, die sie anträfen, z» töten. Ein französischer Pater und 2000 bis 3000 eingeborene Christen seien bereits niedergemetzelt. Man befürchtet jetzt allge­mein, daß durch die Ankunft des chinesischen Generals mit seinen Soldaten in Peking die Gefahr gesteigert und sich die Lage noch kritischer gestaltet habe.

Ncwyork, 30. Juli. DerNewyork Herold" meldet, in Washington ist aus Schang­hai die Nachricht eingetroffen, daß LiHung- Tschang ein vom 24. ds. datiertes Dekret erhalten habe, in dem erklärt wird, die chine­sische Regierung beabsichtige, die fremden Ge­sandten als Geiseln zurückzuhalten. Gleich- zeitig wurde LiHungTschang der Befehl ge- gegeben, eiligst nach Peking zu kommen, um den Oberbefehl über die kaiserlichen Truppen gegen die fremden Truppen zu übernehmen.

Berlin, 30. Juli. Das Wölfische Bu­reau meldet: Der deutsche Konsul in Tient­sin depeschiert unterm 28.: Der deutsche Ge- sandtschaftSsekretär v. Below schreibt vom 21.: Ich danke für die Nachricht vom 19. ds. Der Dolmetscher Cordes befindet sich sehr befriedigend. Die übrigen Mitglieder der Gesandtschaft befinden sich wohl auf. Das Detachement hat 7 Tote und 14 Ver­wundete. Die Häuser der Gesandtschaften sind durch Geschosse stark beschädigt worden» werden aber von uns noch gehalten. Seit dem 16. dS. ist der Angriff der chinesischen Truppen auf uns eingestellt. Schleunigstes Vorrücken der Entsatztruppen ist dringend notwendig. Gutem Vernehmen nach ist die Leiche Kettelers von der chinesischen Regier­ung geborgen.

Rundschau.

Stuttgart, 28. Juli. Ein Konststoral- erlaß ordnet eine Fürbitte für die nach China ausgezogenen Truppen an. Derselbe lautet:

«Zufolge allerhöchsten Entschließung Seiner Majestät des Königs vom 26. ds. MtS. wird hiemit angeordnet, daß in den sonntäglichen Gottesdiensten von jetzt ab bis auf weiteres der nach China abgegangenen Landeskinder in der Weise zu gedenken ist,

daß in dem Gebete nach der Predigt, un­mittelbar hinter der Fürbitte für die Deutsche Kriegsmacht, die Worte eingefügt werden: Behüte insbesondere die nach dem fernen Osten in Kampf und Gefahr ausgezogenen Söhne unseres Vaterlandes; laß sie voll­bringen, wozu sie gesandt sind; wehre dem Blutvergießen und gieb Frieden allenthalben und auf allerlei Weise."

Das landwirtschaftliche Hauptfest wird nach einer Bekanntmachung imSt.-A." vom 10. d. M. am Freitag den 28. Sept. d. I. auf dem Wasen bei Cannstatt abge­halten. Bei demselben findet statt, eine Preis­verteilung für Pferde, Rindvieh, Schafe, Ziegen und Schweine an württembergische Züchter, ferner eine Vorführung von je 6jährigen Hengsten aus dem Kgl. Landge­stüt unter dem Reiter und am Traberwagen, weiter eine Vorführung von Remouten würt- tembergischen Ursprungs vom Remontedepot Bleithülen und endlich ein Vorreiten von älteren Pferden der Kavallerie, sowie das Vorfahren eines bespannten Geschützes der Feldartillerie. Mit dem landwirtschaftlichen Hauptfest wird eine Ausstellung der prämierten Pferde und sämtlicher zur Musterung für die Preisbewerbung zugelassenen Rinder, Ziegen und Schweine, sowie von landwirt­schaftlichen Maschinen und Geräten, von Obst-, Trauben und anderen landwirtschaft­lichen Erzeugnissen verbunden werden.

UlM, 27. Juli. Nachdem seit dem Aus­bau des Hauptturms des Ulnur Münsters, also über 10 Jahre lang, keine Münster- bauiotteric mehr stattfand, wird um eine solche nunmehr nachgesucht. Die Restaurier­ung des Innern und Aeußern des Münsters nebst entsprechender Ausschmückung der Kirche selbst erfordern nämlich die Summe von 1 500 0000 während im Baufonds hie- sür nur 500 000 vorhanden sind. Der Rest soll nun durch Münsterbaulotterien ge­deckt werden und so hat der evangelische Kirchengemeinderat beschlossen, bezügliche Ge­suche um Genehmigung abzulassen, die vom Gemeinderat befürwortet werden.

Friedrichshafen, 30. Juli. Gestern abend nach 8 Uhr ertranken beim Nachenfahren der 23jährige Baugehilfe Bozenhardt aus Wildbad. In dem Nachen waren als Insassen Techniker Müller, Baugehilfe Heim und der Ertrunkene. Dieselben kamen in einen heftigen Gewittersturm und wurden vom Ufer in den See getrieben, wobei der Nachen kenterte. Auf das Hilfegeschrei konnten Müller und Heim durch das Dampfboot «KönigKarl" ausgenommen werden, während Bozenhardt nicht mehr gefunden werden konnte.

Pforzheim, 28. Juli. Gestern und heute früh konnte man hier einen der ostastatischen Freiwilligen mit aufgekrempeltem Strohhut und Kakhi-Uniform sehen, der noch einmal hierhergekommen war, um vor der Ausreise Abschied zu nehmen. Die jedenfalls mehr praklische als schöne Uniform erregte in den Straßen viel Aussehen.

Gaiberg, 26. Juli. Ein schreckliches Un­glück ereignete sich gestern nachmittag auf der Ortsstraße dahier. Der Kutscher eines Müllerfuhrwerks aus Neckargemünd fuhr unvorsichtig in scharfer Gangart das Dorf herab und überfuhr, trotzdem ihm Vorsicht zugerufen worden war, das auf einem Sand­haufen spielende zweijährige Kind des Tag- löhners Müller. Dem armen Kind gingen die Räder des schweren Wagens über den

Kopf, so daß der Tod sofort eintrat. Ob­gleich er sah, welches Unglück er angestellt hatte, fuhr der rücksichtslose Kutscher unge- kümmert weiter.

Eine eigenartige Sparbüchse wurde in Honnef (Rheinprovinz) entdeckt. Ein armer alter Weber, der im Hospital Unter­kommen gefunden hatte, verkaufte seinen alten Webstuhl für 5 an einen Drechsler. Als dieser die Balken auseinanderschlug, rollte ein Päckchen Goldstücke im Betrage von über 1100 heraus. Wie das Geld in das sonderbare Versteck gekommen, ist noch nicht klargestllt.

Eine Villa für den Kronprinzen in Bonn. Der Kaiser hat die Villa Fritz König von dem jetzigen Inhaber Professor Finkler in Bonn käuflich erworben. DaS stolze schloßartige Gebäude an der Wörth- straße mit dem breiten Garten und den Ter­rassen am Rheinwerft wird so in Zukunft die Residenz des Kronprinzen und aller kaiserlichen Prinzen werden, welche zur Uni­versität nach Bonn kommen. Der Kronprinz wird zum Frühjahr die Besitzung beziehen.

Monza bei Mailand, 30. Juli. Heute nacht wurde König Humbert nach der Preis­verteilung bei einem Wetturnen, als er um 10,20 seinen Wagen bestieg, von 3 Schüssen von denen einer ins Herz ging, getroffen. Er starb um 11,20. Der Mörder Angelo Brasst aus Prato in Toskana wurde als­bald verhaftet, er konnte nur mit Mühe der Volkswut entrissen werden; derselbe gestand höhnisch seine That ein. (Umberto König von Italien, war geboren am 14. März 1844, als Sohn des Königs Viktor Emanuel, folgte diesem auf den Thron am 9. Januar 1878. Der einzige Sohn, nunmehrige König, ist Viktor Emanuel, Prinz von Neapel, ge­boren 11. Nov. 1869.)

Balmoral, 27. Juli. Auf dem Marsche ostwärts traf General French südöstlich von Balmoral 2000 Buren, welche jedoch bei unserer Annährung flohen. Die Buren sagen, ihr Feldzugsplan sei den kleinen Krieg bis zur Präsidentenwahl in Amerika fort­zusetzen, da ihnen Intervention versprochen sei, falls die Demokraten siegen.

London, 30. Juli. Das R-Utersche Bureau meldet über Copetown aus PrinS- luoo: 5000 Buren ergaben sich bedingungs­los in FourieSburg.

Las Palmas, 30. Juli. Der Trans­portdampferArondel Castle" ist vom Kap kommend mit 5000 (?) von Lord Roberts aus- gewiesenen Buren, welche nach Colombo ge­bracht werden, hier eingetroffen.

Revolte in Ungarn. In der Ge­meinde Mosorin im Bacser Komitat fand aus Anlaß einer Tanzunterhaltung ein Zu­sammenstoß zwischen Bauern und Gendarmen statt. Letztere machte von der Waffe Ge­brauch und nach einem Kampfe blieben ein Gendarm und drei Bauern tot, 18 Bauern lebensgefährlich verletzt auf dem Platze.

Negcrrevolten in New-Orleans. Der

Polizeihauptmann einer Patruillie, die einen Neger zu verhaften suchte, wurde am Diens­tag von diesem getötet. Infolge dessen wurden die Neger gestern abend von einem Pöbel­haufen verfolgt, der viele von ihnen tötete, andere schwer verwundete. Die Polizei war außer Stande, dies zu verhindern.

Marseille, 29. Juli. Prinz Kanin von Japan trat heute mit Rücksicht auf die Er­eignisse in China die Heimreise an.